31. Juli 2009

Zitat des Tages: "Die Medien dürfen kein Klima der Unsicherheit schaffen". Wie Hugo Chávez die Meinungsfreiheit endgültig beseitigen will

[Los medios] no pueden ser utilizados para cometer hechos punibles ni para ayudar, tampoco para generar alteración de la paz social o del orden público, no pueden generar clima de inseguridad, ni generar a través de la noticia sensación de impunidad, por el contrario deben cumplir una función educativa.

([Die Medien] dürfen nicht dafür benutzt werden, Straftaten zu begehen oder ihnen Vorschub zu leisten, ebensowenig dafür, den sozialen Frieden oder die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Sie dürfen auch kein Klima der Unsicherheit schaffen oder über Nachrichten ein Gefühl der Gesetzlosigkeit erzeugen. Vielmehr müssen sie eine erzieherische Funktion erfüllen).

Die venezolanische Justizministerin Luisa Ortega Díaz laut einem heutigen Bericht der venezolanischen Zeitung El Universal vor dem Parlament in Caracas bei der Einbringung eines neuen Mediengesetzes.

Kommentar: In diesem Blog habe ich mich immer wieder - zuletzt hier, hier und hier - mit der Strategie von Chávez zur kommunistischen Machtergreifung beschäftigt: Kein Putsch, kein Bürgerkrieg, sondern das schrittweise Abwürgen des Rechtsstaats und der wirtschaftlichen Freiheit. Salamitaktik also. Immer knapp unterhalb der Schwelle, bei der sich die Weltöffentlichkeit empören würde.

Jetzt schnippelt Chávez wieder, und diesmal ist die Salamischeibe schon von einer beträchtlichen Dicke. Denn der Entwurf des neuen Mediengesetzes, das die Justizministerin eingebracht hat, bedeutet nicht weniger als das Ende jeder Presse- und Medienfreiheit.

Sie vermuten, daß ich übertreibe? Sie können, sofern sie Spanisch lesen, sich diesen Gesetzentwurf ansehen. Hier sind zwei Paragraphen mit meiner Übersetzung.

Erstens, was ist ein Mediendelikt?
Artículo 4: Definición de delitos mediáticos. Constituyen delitos mediáticos, las acciones o omisiones que lesionen el derecho a la información oportuna, veraz e impartial, que atenten contra la paz social, la seguridad e independencia de la nacion, el ordén público, estabilidad de las instituciones del Estado, la salud mental o moral pública, que generen sensación de impunidad o de inseguridad y que sean cometidas a través de un medio de comunicación social.

Artikel 4: Definition von Mediendelikten. Mediendelikte sind Handlungen oder Unterlassungen, die das Recht auf angemessene, wahrheitsgemäße und unparteiliche Information verletzen, die den sozialen Frieden, die Sicherheit oder die Unabhängigkeit der Nation, die öffentliche Ordnung, die Stabilität der Institutionen des Staats, die mentale oder moralische Gesundheit der Bevölkerung gefährden, die den Eindruck von Gesetzlosigkeit oder Unsicherheit hervorrufen und die mittels eines öffentlichen Mediums begangen werden.
Zweitens, was hat derjenige zu gewärtigen, der ein Mediendelikt begeht?
Artículo 6: Manipulación de Noticias. Toda persona que manipule o tergiverse la noticia, generando una falsa percepción de los hechos o creando una matriz de opinión en la sociedad, siempre que con ello so hubiere lesionado la paz social, el orden público o la salud mental o moral pública, será castigada con una pena de prisión de dos a quatro años.

Artikel 6: Nachrichtenmanipulation. Wer Nachrichten manipuliert oder verfälscht und damit eine falsche Wahrnehmung der Tatsachen bewirkt oder in der Gesellschaft Meinungsmuster hervorruft, sofern durch diese der soziale Friede, die öffentliche Ordnung oder die mentale oder moralische Gesundheit der Bevölkerung beeinträchtigt werden, wird mit Freiheitsstrafe zwischen zwei und vier Jahren bestraft.



Übrigens: "Nach Kuba weckt auch Venezuela zunehmend das Interesse von Solidaritätsaktivisten aus Europa" (die sozialistische Tageszeitung "Neues Deutschland", herausgegeben von Lothar Bisky, in ihrer Ausgabe vom 23. Juni 2009).



Für Kommentare bitte hier klicken. Mit Dank an Lemmy Caution.

Wie im Jahr 1972 in Bochum eine Kulturrevolution Einzug hielt. Erinnerungen an Peter Zadek

Als Peter Zadek im Jahr 1972 nach Bochum kam, hatte das dortige Schauspielhaus in 53 Jahren zwei Intendanten gehabt: Saladin Schmitt von 1919 bis 1949 und Hans Schalla von 1949 bis 1972. Beide waren herausragende Theaterleute gewesen und hatten mit dem Bochumer Schauspiel eines der besten, der angesehendsten deutschen Theater geschaffen.

Schmitt und Schalla waren ebenso exzellente wie konservative Regisseure. Bis Zadek die Intendanz übernahm, war Bochum ein typisches bürgerliches Abonnement- Theater. Mit einem weiten Einzugsbereich im Ruhrgebiet und darüber hinaus; in Bochum selbst aber außerhalb des Bildungsbürgertums eher ein Fremdkörper.

Zumal 1972, als Bochum Universitätsstadt geworden war. Die Ruhr- Universität hatte zum Wintersemester 1965/66 den Lehrbetrieb aufgenommen. Studenten gingen zu Schallas Zeiten kaum ins Theater; auch ich, damals Assistent an der Uni, fand dieses Theater nicht sehr aufregend.

Nicht sehr aufregend, und spießig dazu. Man legte, das verstand sich von selbst, einen dunklen Anzug an; es herrschte die Atmosphäre einer Weihestunde. Theater eben als moralische Anstalt. Gelacht wurde nur, wenn man ganz sicher sein konnte, daß an der betreffenden Stelle Lachen vorgesehen und erwünscht war.



Dann kam Zadek. Nein, das ist zu schwach ausgedrückt. Er fiel ein in Bochum; er und seine schrille, verrückte, begeisterte, ganz auf ihn fixierte Truppe. Er nahm das Theater im Handstreich und ließ keinen Stein auf dem anderen.

Da bekam nicht ein Theater einen neuen Intendanten, sondern da kam ein Intendant, der ein neues Theater wollte. Nicht einfach nur neue, andersartige Inszenierungen, sondern wirklich ein neues Theater.

Flugs wurde das Theater umgetauft: Aus dem Schauspielhaus Bochum wurde "BO-Theater". BO, das ist das KfZ- Kennzeichen von Bochum. Dieses neue Theater bot keineswegs nur Inszenierungen. Es wurde eine Art populäres Kulturzentrum; das Zentrum einer bunten, oft chaotischen, immer spannenden Kultur.

Beispielsweise führte Zadek das "BO- Weekend" ein. Zwei Tage lang Spektakel aller Art im Theater - Zauberer, Tanztruppen, Musikanten, Hypnotiseure, wilde Diskussionen (einmal saß Rainer Werner Fassbinder auf dem Podium und bot seine unnachahmliche Mischung aus Arroganz und Flegelei dar).

Man löste einmal eine Eintrittskarte und konnte damit zwei Tage - und teils Nächte - lang nach Belieben kommen und gehen; auch jederzeit die Darbietung im Großen Haus verlassen und nachsehen, was gerade in den Kammerspielen los war, oder wo immer gerade gespielt und diskutiert wurde. Oder - statt im Foyer an seinem Piccolo zu nippen- sich auf dem Theater- Vorplatz mit Currywurst, Pommes, Erbsensuppe oder Fiege Pils stärken.

Innerhalb von Monaten veränderte sich das Publikum. Schüler und Studenten strömten ins Theater, nicht mehr im Kleinen Schwarzen und dunklen Anzug, sondern in Pullover und Jeans. Es gab eine Zusammenarbeit mit dem Fußballverein VfL Bochum. Dessen Mitglieder durften verbilligt ins Theater.

Viele kauften kein klassisches Abonnement mehr, sondern als Wahlmieter eine bestimmte Zahl von Gutscheinen, die man beliebig innerhalb der betreffenden Preisgruppe verwenden konnte. Beispielsweise, wenn einem der Sinn danach stand, indem man eine Gruppe Freunde einlud und alle Gutscheine an einem einzigen Abend aufbrauchte.

Und Zadek war immer mittendrin. Jeder, der häufiger ins Theater ging, kannte ihn, wie er mal vorn saß, mal während der Aufführung leise hereinkam und an der Tür stand, mal in der Pause durch das Foyer wanderte und mit Diesem und Jenem ein paar Worte wechselte. Immer den Pullover um die Schultern gelegt; das war sein Markenzeichen.

Er war der Hausherr in einem sehr wörtlichen Sinn; es war klar, daß das Theater sein Zuhause war, so wie die Truppe seine Familie.



Und was für eine Truppe! Rosel Zech, Eva Mattes, Hannelore Hoger, Carola Regnier; Ulrich Wildgruber, Hermann Lause, Heinrich Giskes, Fritz Schediwy, Hans Mahnke.

Viele Schauspieler auch, die später im Film und im TV Karriere machten: Diether Krebs, Christoph Eichhorn, Robert Atzorn; Marie Luise Marjan, Brigitte Janner, Elisabeth Wiedemann. Und ein gewisser Herbert Grönemeyer, der - damals ging er noch auf ein Bochumer Gymnasium - in einer Beatles- Revue sein Debüt als Schauspieler und Bühnenmusiker gab.

Und was für Regisseure, kreativ wie Zadek selbst! Der Tscheche Jiří Menzel, der eine fulminante Inszenierung der "Lysistrata" hinlegte. Werner Schroeter, mit seinem unverwechselbaren Regiestil hart an der Grenze zum Kitsch. Hans Neuenfels.

Und Joachim Preen, ein junger Mann, Schüler von Zadek, der gern Revuen inszenierte; zum Beispiel "Schwarzer Jahrmarkt", von Günter Neumann (dem "Insulaner") im Jahr 1947 geschrieben. Eine witzig- nachdenkliche, vor allem aber eine musikalische Schilderung der Umstände, unter denen man damals in Deutschland lebte. Eine "Revue der Stunde Null", so der Untertitel.

Und dann natürlich die Inszenierungen von Zadek selbst. Wir haben keine ausgelassen; jede war ein Erlebnis.

In den gestrigen Nachrufen - am besten hat mir der von Gerhard Stadelmaier in der FAZ gefallen - wurden immer wieder die Shakespeare- Inszenierungen hervorgehoben. Zu Recht:

Der "Kaufmann von Venedig" mit dem grandiosen Hans Mahnke als einem Shylock, der glaubt, besonders schlau zu handeln, und der am Ende von den einander die Bälle zuspielenden Christen gnadenlos niedergemacht wird. Der "König Lear", den Zadek nicht als einen gebrechlichen alten Mann spielen ließ, sondern den er mit dem lauten, ungebärdigen Ulrich Wildgruber besetzte. Selten hat man entsetzliches Leid so auf der Bühne gesehen.

Dann natürlich Zadeks Abschiedsinszenierung in Bochum, der "Hamlet", den er in einer stillgelegten Fabrik im Arbeiterbezirk Bochum- Hamme aufführte, mit der grandiosen Eva Mattes als Königin, und als Polonius Rosel Zech, die einen grauen, sabbelnden Besserwisser in Szene setzte.

Aber das war nur die eine Seite dieses BO-Theaters. Zadek kam ja vom Boulevard- Theater; und immer wieder inszenierte er das Leichte. Zum Auftakt 1972 eine Revue von Tankred Dorst nach "Kleiner Mann, was nun?" von Hans Fallada. (Ein Jahr danach folgte eine Dorst- Uraufführung; das Stück "Eiszeit", in dem O.E. Hasse einen altersstarren, in seiner Kälte eindrucksvollen Knut Hamsum spielte). Später Brendan Behans "Die Geisel", voll irischer Musik. Oder ein dramatisierter "Professor Unrat"; irgendwo zwischen Heinrich Manns Orginal und dem "Blauen Engel" angesiedelt.

Dann gab es die Klassiker, mit denen sich Zadek immer besondere Mühe gab: Wedekinds "Frühlings Erwachen". Tschechows "Möwe", nicht als die übliche traurig- komische Beziehungskiste inszeniert. Nein, da flogen die Fetzen, die psychischen.

Und vor allem Ibsens "Hedda Gabler" mit der umwerfenden Rosel Zech in der Titelrolle, mit Ulrich Wildgruber und Hermann Lause (und der kleinen, damals schon hochbetagten Johanna Hofer als Tante Julle). Jede Szene ausgefeilt. Wochenlang hatte Zadek mit seinen Schauspielern jede Rolle diskutiert, die Motive der Handelnden zu verstehen versucht, den Text auf Andeutungen und Doppelsinn abgeklopft.

Er war ein fordernder Regisseur, aber kein Dompteur wie Fassbinder. Er ließ die Schauspieler sich entfalten

Oder vielmehr: Er ermunterte sie, alles aus sich herauszuholen, an ihre Grenzen zu gehen. Seine Schauspieler waren oft keine Verwandlungskünstler; Wildgruber spielte immer Wildgruber, Hoger war mit ihrer warmen, mütterlichen Stimme immer Hannelore Hoger. Aber wie spielten sie das! Und sie wurden vom Publikum geliebt; auch der immer mürrische, immer irgendwie verdruckst wirkende große leise Schauspieler Hermann Lause.



Ich bin damals, in dieser Zeit des BO- Theaters zwischen 1972 und 1979, für das Theater sozialisiert worden. Theater ist für mich seither vor allem ein Vergnügen. Wenn ich ins Theater gehe, dann möchte ich überrascht werden; ich möchte mich am Unerwarteten, Verblüffenden, an Regieeinfällen freuen. Ich möchte Inszenierungen sehen, die nicht ihre Interpretation sozusagen auf die Stirn geschrieben tragen; über die man nach dem Theater diskutieren, vielleicht streiten kann.

Vielschichtige Inszenierungen also. Solche, denen man anmerkt, wie Regisseur und Schauspieler gemeinsam gearbeitet haben, statt daß der Regisseur die Schauspieler das "spielen läßt", was er sich ausgedacht hat.

So waren die Inszenierungen Zadeks. Oft mit Brüchen, manchmal aus dem Ruder laufend. Die Grenzen der Genres sprengend; mit Lustigem in der Tragödie, mit Sozialkritik in Revue und Musical. Nur eines waren sie nie: langweilig. Langeweile ist tödlich für das Theater. Das war das Credo von Peter Zadek.



Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Das Bochumer Schauspielhaus, Saladin- Schmitt- Platz. Vom Autor Stahlkocher unter GNU Free Documentation License, Version 1.2 freigegeben. Bearbeitet.

29. Juli 2009

Piraterie als Geschäftsidee. Ein somalischer Pirat beschreibt, wie seine Branche funktioniert.

Ein Somalier verdient, so kann man es in der Internet- Ausgabe des Wired Magazine lesen, im Durchschnitt sechshundert Dollar im Jahr. Der einfache somalisiche Pirat verdient um die zehntausend Dollar. Piraterie ist also eine einträgliche Branche.

Jedenfalls die Piraterie der Somalier. Denn sie haben ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Statt, wie ihre Vorgänger über die Jahrtausende, Schiffe auszurauben, kapern sie das ganze Schiff, um für seine Freigabe Lösegeld zu erpressen.

Dieses neue Geschäftsmodell ist derart erfolgreich, daß sich der Profit pro gekapertem Schiff seit 2005 verhundertfacht hat, schreibt Wired Magazine. Die Zockerei der Finanz- Bankiers ist ein Klacks dagegen.

Erfolgreich ist ein Geschäftsmodell nur dann, wenn es von den Geschäftspartnern akzeptiert wird. Die Geschäftspartner der Piraten sind Reeder, Versicherungen und die Seestreitkräfte, die vor der Küste Somalias kreuzen.

Diese letzteren wollen, können oder dürfen mit den Piraten nicht so umspringen, wie es das Schicksal früherer Piraten war: Wer als Pirat aufgegriffen wurde, der hatte sein Leben verwirkt. Meist wurde der Pirat aber gar nicht aufgegriffen, sondern starb im Seegefecht.

Heute wird jedes Gefecht peinlich vermieden; gewaltsame Befreiungsaktionen sind seltene Ausnahmen. Erwischt ein patroullierendes Schiff Piraten auf frischer Tat, dann vertreibt man sie. Das heißt, sie kehren zu ihrem Stützpunkt zurück und werten die Erfahrung aus, um es beim nächsten Mal besser zu machen.

Soviel zum Kampf gegen die Piraterie; kürzlich hörte ich einen Kommentator sagen, es dürfe gar kein Militär eingesetzt werden, vielmehr sei die Polizei zuständig. Schimanski jagt Piraten; ein erheiternder Gedanke.

Was die Reeder und Versicherer angeht, so sind sie zuverlässige Geschäftspartner der Piraten. Denn sie verlieren weit mehr Geld, wenn sie nicht zahlen und dadurch das Schiff lange Zeit festsitzt, als wenn sie es möglichst bald auslösen. Für welchen Preis? Für den jeweiligen Marktpreis, an den sich die Piraten herantasten, indem sie zunächst ein Vielfaches (siehe unten) dessen verlangen, was sie gern erlösen würden.

So sind alle Seiten zufrieden: Die Geschäftspartner glauben, den Preis drastisch heruntergehandelt zu haben. Die Piraten bekommen einen nicht nur kostendeckenden, sondern vielmehr einen Preis, der einen hübschen Profit garantiert. Davon wird ein Teil an die Mitarbeiter ausgeschüttet; ein großer Teil wird aber reinvestiert: In schnellere Boote, bessere Waffen, vor allem auch eine Verbesserung der Kommunikations- Struktur.



Das Wired Magazine pflegt gründlich zu recherchieren. Also erschien vergangenen Dienstag zusätzlich zu dem Artikel, dem ich die obigen Informationen im wesentlichen entnommen habe, ein Interview mit einem Piraten.

Der umherschweifende Reporter Scott Carney, der es geführt hat (Spezialgebiet: Recherchen im Bereich des internationalen organisierten Verbrechens), versichert, daß die publizierte Version wörtlich mit dem Gespräch übereinstimmt, das er mit einem - natürlich anonym bleibenden - somalischen Oberpiraten geführt hat.

Den Erfolg des Geschäftsmodells erläuter der Pirat so:
Once you have a ship, it’s a win-win situation. We attack many ships everyday, but only a few are ever profitable. No one will come to the rescue of a third-world ship with an Indian or African crew, so we release them immediately. But if the ship is from Western country or with valuable cargo like oil, weapons or [the like] then its like winning a lottery jackpot. We begin asking a high price and then go down until we agree on a price.

Wenn wir erst einmal ein Schiff haben, können wir nur noch gewinnen. Wir greifen jeden Tag viele Schiffe an, aber nur wenige sind überhaupt profitabel. Niemand wird ein Schiff aus der Dritten Welt mit einer indischen oder afrikanischen Besatzung auslösen; also lassen wir es sofort wieder frei. Aber wenn das Schiff aus einem westlichen Land kommt oder eine wertvolle Ladung wie Öl, Waffen oder [dergleichen] hat, dann ist das, wie wenn man in der Lotterie den Jackpot knackt. Wir verlangen zunächst einen hohen Preis und gehen dann herunter, bis wir uns auf einen Preis verständigen.
Die anfängliche Forderung liege ungefähr beim Zehnfachen dessen, was die Piraten sich wirklich als Lösegeld erwarten.

Die Angriffe sind militärisch organisiert. Beteiligt sind zwölf Mann, je sechs im Angriffsboot und in einem Reserveboot, das bereitsteht, falls es Probleme gibt. In der Regel gibt es aber keine Probleme: Potentielle Opfer werden mit "sophisticated equipment" (hochwertigen Geräten) geortet. Zunächst schwingt sich ein besonders kletterfähiger Pirat an Bord. Er wirft ein Tau oder eine Strickleiter nach unten, zur Bequemlichkeit derer, die ihm folgen.

"It works best when he is'nt resisted" - am besten klappe das, wenn der Erstkletterer auf keinen Widerstand treffe. Tja, das kann man sich denken.

Billig ist eine solche Operation nicht. Für einen einzigen Angriff mit zwölf Mann müsse man, sagt der Pirat, rund dreißigtausend Dollar rechnen. Und nur bei einem von drei oder vier Angriffe hätte man Glück, d.h. erwische ein westliches Schiff und/oder ein Schiff mit wertvoller Fracht.

Das rechnet sich also erst, wenn die Lösgelder deutlich über hunderttausend Dollar liegen. Hinzu kommt die Gefahr. Manchmal verhungert eine Mannschaft auf offener See oder ertrinkt, wenn sie ein Schiff zu entern versucht.

Und Widerstand der Besatzung? Ja, auch dadurch könne jemand umkommen, meint der Pirat. Am wenigsten fürchten sich die Piraten vor den kreuzenden Schiffen der internationalen Kriegflotten. Denn man greife ein Schiff erst dann an, wenn man durch Aufklärung sicher sei, daß kein Kriegsschiff in der Nähe ist. Erst ein einziges Mal seien Piraten durch Militär zu Schaden gekommen, als französische Spezialeinheiten gegen sie vorgingen.

Und die Geiseln? Unter welchen Umständen man sie töten würde, fragte Scott Carney. Antwort:
Hostages — especially Westerners — are our only assets, so we try our best to avoid killing them. It only comes to that if they refuse to contact the ship’s owners or agencies. Or if they attack us and we need to defend ourselves.

Geiseln - vor allem westliche - sind unser einziger Aktivposten, also geben wir uns große Mühe, sie nicht zu töten. Dazu kommt es nur, wenn sie sich weigern, den Schiffseigner oder Agenturen zu kontaktieren. Oder wenn sie uns angreifen und wir uns verteidigen müssen.
Nicht wahr, da kann man nicht meckern. Faire Geschäftsleute sind sie, die Piraten aus Somalia.



Für Kommentare bitte hier klicken. Mit Dank an Gorgasal. Titelvignette: Piratenflagge; von den Autor Manuel Strehl und jlandin unter GNU Free Documentation License, Version 1.2 freigegeben.

Kurioses, kurz kommentiert: "Ich sehe viele unserer gefallenen Helden im Publikum". Eine kleine Sammlung von Obamismen

Nicht wahr, das wissen wir alle? George W. Bush war ein dummer, ungebildeter Präsident, der ständig Bushisms produzierte - Versprecher, falsche Satzkonstruktionen, sachliche Fehler.

Barack Obama dagegen! Harvard-Absolvent, Intellektueller, ein gefeierter Buchautor!

Barack Obama dürfte in dem halben Jahr, das er jetzt im Amt ist, mehr Schnitzer dieser Art produziert haben als Bush in seiner ganzen ersten Amtszeit. Nur mangelt es ein wenig am Sammeleifer im Web; nur fehlt es an einer Kampagne, die auch diesen Präsidenten als einen Dummerjahn zeichnen möchte.

Zeit also, ein wenig gegenzusteuern. Im American Thinker hat das vorgestern Clarice Feldman mit einer hübschen kleinen Sammlung von Obamismen - diese Bezeichnung schlage ich vor - getan.

Hier eine Auswahl; ich beschränke mich auf die Gebiete Geographie und Geschichte. Die Zitate sind in dem Artikel von Feldman nachgewiesen, in dem man auch Amüsantes zu anderen Bereichen (Wirtschaft, Sprache, Juristisches) findet.


Geographie
  • "I've now been in 57 states -- I think one left to go."

    "Ich war jetzt in 57 Staaten [der USA] - ich glaube, einer fehlt noch"

  • "Eau Claire [Wisconsin] is a big important state."

    "Eau Claire [Wisconsin] ist ein großer, wichtiger Staat.

  • "We only have a certain number [Arabic translators] of them and if they are all in Iraq, then it's harder for us to use them in Afghanistan"

    Wir haben nur eine bestimmte Zahl von ihnen [von Arabisch- Übersetzern], und wenn sie alle im Irak sind, dann ist es schwieriger für uns, sie in Afghanistan einzusetzen.

    [In Afghanistan spricht man bekanntlich nicht Arabisch]

  • "[I]t was also interesting to see that political interaction in Europe is not that different from the United States Senate. There's a lot of -- I don't know what the term is in Austrian, wheeling and dealing."

    Es war auch interessant, zu sehen, daß der politische Umgang miteinander in Europa nicht so sehr verschieden von dem im US-Senat ist. Es gibt eine Menge - ich weiß nicht, welches der Begriff im Österreichischen ist - wheeling and dealing [etwa: Kungelei].

  • Geschichte:
  • On this Memorial Day, as our nation honors its unbroken line of fallen heroes -- and I see many of them in the audience here today -- our sense of patriotism is particularly strong.

    An diesem Volkstrauertag, an dem unsere Nation ihre ungebrochene Folge gefallener Helden ehrt - und ich sehe viele von ihnen heute im Publikum - ist unser patriotisches Empfinden besonders stark.

  • I had a uncle who was one of the, who was part of the first American troops to go into Auschwitz and liberate the concentration camps....

    Ich hatte einen Onkel, der einer der ..., der zu den ersten amerikanischen Truppen gehörte, die nach Auschwitz eindrangen und die Konzentrationslager befreiten.

    [Auschwitz wurde bekanntlich von der Roten Armee befreit]

  • I'm always worried about using the word 'victory,' because, you know, it invokes this notion of Emperor Hirohito coming down and signing a surrender to MacArthur...

    Ich habe immer meine Schwierigkeiten, das Wort "Sieg" zu verwenden, denn sehen Sie, es erzeugt die Vorstellung, wie Kaiser Hirohito herabsteigt und gegenüber MacArthur die Kapitulation unterzeichnet.

    [Hirohito hat nie eine Kapitulation unterzeichnet].

  • Was Barack Obama sich sonst noch in einem halben Jahr Amtszeit an Ungeschicklichkeiten, an Verschwendung von Steuermitteln, an Fehlern und Schnitzern aller Art geleistet hat, das stellt Gorgasal in Zettels kleinem Zimmer fortlaufend und liebevoll zusammen.



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    28. Juli 2009

    Zitat des Tages: "Sie versprachen uns, daß die Flüchtlinge schon bald zurückkehren würden". Über den Exodus der Palästinenser aus Israel 1947/1948

    The leaders and the elites promised us at the beginning of the 'Catastrophe' in 1948 that the duration of the exile would not be long, and that it would not last more than a few days or months, and afterwards the refugees would return to their homes, which most of them did not leave only until they put their trust in those "Orkubian" promises made by the leaders and the political elites.

    (Die Führer und Eliten versprachen uns am Beginn der "Katastrophe" im Jahr 1948, daß das Exil nicht lange dauern werde und daß es nicht länger sein werde as ein paar Tage oder Monate, und danach würden die Flüchtlinge in ihre Häuser zurückkehren. Die meisten verließen diese erst, nachdem sie diesen "orkubianischen" [Orkub ist in der arabischen Folklore ein notorischer Lügner; Zettel] Versprechen ihrer Führer und politischen Eliten Glauben geschenkt hatten.)

    Der Journalist Mahmoud Al-Habbash am 13. Dezember 2006 in der palästinensischen Tageszeitung Al-Hayat Al-Jadida, zitiert im Informationsdienst Palestinian Media Watch am 23. Juni 2009; zusammen mit anderen ähnlichen Aussagen. Darauf aufmerksam geworden bin ich durch den Blog von Daniel Pipes.

    Kommentar: In "Zettels kleinem Zimmer" gab es kürzlich eine Diskussion über die Vorgeschichte der Gründung des Staats Israel und die Flucht der Araber aus Israel.

    Es herrscht immer noch weithin die Vorstellung, daß die Israelis diese Araber systematisch vertrieben hätten. Tatsächlich sind die Vorgänge sehr viel komplizierter gewesen: Es gab die Flucht vor der Haganah, aber es gab auch Anordnungen von arabischen Führern und Behörden, Israel zu verlassen, bis eine Rückkehr wieder möglich sein würde.

    Die Historiker streiten über die Einzelheiten dieser Vorgänge seit Jahrzehnten; seit die Archive in Israel weitgehend geöffnet sind, hat sich diese Diskussion ein wenig versachlicht. Ausführliche Informationen findet man in den Wikipedia- Artikeln über die Geschichte Israels, den Bürgerkrieg 1947/1948, den palästinensischen Exodus 1948 und die Ursachen des palästinensischen Exodus 1948. Vor allem der letztgenannte Artikel geht ausführlich auf die Kontroversen der Historiker ein.



    Ist dies ein aktuelle Thema? Ja. Präsident Obama versucht gegenwärtig, eine Friedenslösung im Nahen Osten zustandezubringen. Dabei spielt der Friedensplan des saudischen Königs Abdullah aus dem Jahr 2002 eine zentrale Rolle, den sich die Arabische Liga zu eigen gemacht hat und den die USA laut dem Nahost- Beauftragte von Präsident Obama, George Mitchell, in ihren eigenen Friedensplan "einarbeiten" wollen. Dieser Plan sieht eine "gerechte Lösung" des Flüchtlingsproblems vor, was aus arabischer Sicht die Rückkehr der Flüchtlinge - das heißt ganz überwiegend von deren Nachkommen - nach Israel bedeutet.

    Ungefähr 700.000 Araber haben 1947/1948 Israel verlassen (und ungefähr genauso viele Juden sind übrigens in den Jahren danach aus arabischen Staaten nach Israel geflohen oder eingewandert). Aus diesen 700.000 hat die demographische Entwicklung inzwischen 4 Millionen gemacht.

    Israel hat gegenwärtig ungefähr 5,6 Millionen jüdische und 1,5 Millionen arabische Bürger.



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    27. Juli 2009

    Marginalie: Dienstwagen-Affäre? Ich sehe keine

    Diesem Wahlkampf fehlt es bisher an Themen. Also holt die SPD das Thema AKW aus der Mottenkiste; nur kann sie mit diesem verstaubten Wullewatz niemanden mehr schrecken. Also stürzen sich jetzt Opposition und CDU gleichermaßen auf das, was sie gern zu einer "Dienstwagen- Affäre" machen würden.

    Kommunisten und solche, die es einmal waren, scheinen allerdings eine Vorliebe für schnieke, schwere Limousinen zu haben; vielleicht ein kleines Stücklein vorweggenommenen Nomenklatura- Daseins.

    Sarah Wagenknecht (früher SED, jetzt "Die Linke") ließ sich im Wahlkampf in einem Audi A8 mit Chauffeur durch die Lande fahren. Jürgen Trittin (früher Kommunistischer Bund, jetzt "Die Grünen") hatte als Minister einen Audi A8 sowie einen Volkswagen Phaeton als Dienstwagen zur Verfügung.

    Und die Ministerin Ulla Schmidt (früher Kommunistischer Bund Westdeutschlands, jetzt SPD) benutzt, so ist es zu lesen, wohl einen Mercedes der S-Klasse als Dienstwagen; die Bezeichnung "Luxuslimousine" scheint da nicht verkehrt. Oder vielmehr: Sie benutzte ihn, bevor er abhanden kam und damit den jetzigen Trouble auslöste.

    Es war übrigens ein Sondermodell, die gepanzerte Ausführung. Es könnte ja sein, daß erboste Ärzte ihn mit Mullbinden bewerfen.

    Bisher gab es diesen Versuch wohl nicht. Aber erboste Ärzte, die offenbar nur auf eine Gelegenheit warteten, schlossen sich bereitwillig denen an, die jetzt unisono auf die Ministerin eindreschen. Der Präsident der "Freien Ärzteschaft", Martin Grauduszus, laut "Spiegel- Online": "Eine Ministerin, die nicht müde wird, auf angeblich korrupte Ärzte hinzuweisen, kann es sich keinesfalls erlauben, auch nur einen Hauch des Verdachts auf Missbrauch von Steuergeldern auf sich zu ziehen".

    Peng! Da ist sie, die Retourkutsche. Und da sind die Äußerungen der Wahlkämpfer ringsum. Aber was ist Ulla Schmidt vorzuwerfen? Exakt nichts.

    Es gelten die "Richtlinien der Bundesregierung gemäß § 52, Satz 2, Bundeshaushaltsordnung vom 2. Juli 1975 in der Fassung vom 14. Mai 1976". Danach werden Minister und Staatssekretäre als immer im Dienst betrachtet; sie haben "Dauerdispositionsbefugnis über ihr Dienstkraftfahrzeug".

    Private Nutzung muß allerdings selbst bezahlt werden. Es gibt bisher keinen Hinweis darauf, daß Ulla Schmidt das unterlassen hätte. Mag sein, daß noch etwas herauskommt, das ihr vorgeworfen werden kann. Das, was bisher bekannt wurde, ist jedenfalls nicht vorwerfbar.

    Nur heiße Luft, hineingepumpt in einen Wahlkampf, der bisher vor sich hin schlappt.



    Nachtrag am 28.7., 10.30: Als ich den Artikel schrieb, lag eine Mitteilung des Ministeriums von Ulla Schmidt vor: "Bei privaten Fahrten wird das selbstverständlich gemäß den Bestimmungen auch privat abgerechnet". Darauf hatte ich mich mit der Aussage "Private Nutzung muß allerdings selbst bezahlt werden" bezogen.

    Inzwischen haben Journalisten sich die einschlägigen Bestimmungen besorgt, und es stellte sich heraus, daß Bundesminister, anderes als ihre Beamten, für die private Nutzung ihrer Dienstfahrzeuge gar nichts zahlen. Sie müssen lediglich den geldwerten Vorteil versteuern.

    Jetzt darf man gespannt sein, ob Ulla Schmidt Zahlungen leistet, die in den Bestimmungen gar nicht vorgesehen sind (wenn ja, wie wird das dann verbucht?), oder ob man in ihrem Ministerium die Bestimmungen über die Nutzung von Dienstfahrzeugen nicht kennt.



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    26. Juli 2009

    "Sie leben und sterben in Lumpen". Über den Gulag Nordkoreas

    "Sie leben von Gerste und Salz. Die Zähne fallen ihnen aus, ihr Zahnfleisch wird schwarz. Ihre Knochen verlieren ihre Festigkeit. Sie werden krumm. Die meisten arbeiten zwölf bis fünfzehn Stunden am Tag. Sie sterben meist im Alter von fünfzig Jahren an Folgekrankheiten der Unterernährung. Es ist ihnen nur eine einzige Kleidung erlaubt. Sie leben und sterben in Lumpen, ohne Seife, Socken, Unterwäsche und ohne Monatsbinden."

    Ein Schreckensbild aus Nazi-KZ, aus dem Gulag, aus den Arbeitslagern Mao Tse Tungs? Nein. Das ist Gegenwart. Es ist die Gegenwart der Demokratischen Volksrepublik Korea. Es ist eine Gegenwart, die von der Weltöffentlichkeit auf eine nachgerade skandalöse Weise ignoriert wird.

    Ich habe diese Passage aus einem Artikel von Blaine Harden in der Washington Post vom 20. Juli übersetzt. Der Artikel ist sorgfältig recherchiert; die folgenden Angaben habe ich weitgehend ihm entnommen. Aufmerksam geworden bin ich auf das Thema durch die aktuelle Kolumne von Jonah Goldberg in der Los Angeles Times.



    Wie das Sowjetsystem in Rußland basiert die koreanische Wirtschaft wesentlich auf der Ausbeutung von Häftlingen, die sich zu Tode arbeiten und ständig durch frische ersetzt werden. Wenn Sie diesen Artikel über den Gulag lesen, den ich 2007 aufgrund von Material aus dem Nouvel Observateur geschrieben habe, dann wissen Sie schon viel über das koreanische System der Konzentrationslager; denn es ist die exakte Kopie des Gulag.

    In den fünfziger Jahren (also als Stalin längst tot war) befanden sich ungefähr zwei Millionen Menschen als Arbeitssklaven im Gulag; das war rund ein Prozent der damaligen Bevölkerung der UdSSR. Die Zahl der Arbeitssklaven in den Lagern Nordkoreas wird im Augenblick auf 200.000 geschätzt, ebenfalls rund ein Prozent der Bevölkerung.

    Die beiden Grundpfeiler des Systems sind identisch: Die Häftlinge kosten den Staat fast nichts, weil ja gar nicht versucht wird, sie lange am Leben zu erhalten; Ersatz steht jederzeit reichlich zur Verfügung. Und dieser Ersatz wird durch willkürliche Verhaftungen besorgt; so daß neben dem wirtschaftlichen Nutzen der zweite Effekt dieses Systems ist, die Herrschaft der Kommunisten zu sichern.

    Jeder Bürger weiß, daß er schon beim geringsten Anlaß in einem KZ verschwinden kann. Auch hohe Funktionäre kann es treffen; der Versuch einer Auflehnung gegen den Lieben Führer Kim Jong Il wäre also selbstmörderisch.

    Willkür ist ja die Grundlage jeder kommunistischen Herrschaft; sie allein erzeugt die für deren Aufrechterhaltung erforderliche Angst in der Bevölkerung. In der DDR war das die Willkür des MfS; in Korea ist dieses Prinzip bis in seine scheußlichsten Formen hinein verwirklicht.

    Blaine Harden schildert das Schicksal einer ehemaligen Insassin, Kim Young Soon. Sie überlebte das KZ, aber ihre Eltern verhungerten dort, und ihre ältester Sohn starb ebenfalls. Die gesamte Familie war in das KZ geschickt worden.

    Das ist der Regelfall; es geht auf ein Wort von Kim Il Sung zurück: "Klassenfeinde, wer immer sie sind, müssen über drei Generationen ausgerottet werden". Also kam nicht nur Kim Young Soon in das Lager, sondern auch ihre Eltern und ihre vier Kinder.

    Was war der Anlaß? Kim Young Soon erfuhr ihn von einem Funktionär nach ihrer Freilassung. Sie war verhaftet worden, weil sie mit der ersten Frau von Kim Jong Il befreundet gewesen war. Man fürchtete, sie könnte etwas über das Privatleben des Lieben Führers ausplaudern. Für dieses "Verbrechen" verlor sie fast ihre ganze Familie. Ihr Mann versuchte bei ihrer Verhaftung, nach China zu fliehen und wurde erschossen. Ihr jüngster Sohn wurde nach der Entlassung aus dem KZ ebenfalls erschossen.



    Solche einzelnen Berichte ehemaliger Häftlinge muß man sicherlich immer kritisch sehen. Über das KZ-System der Demokratischen Volksrepublik Korea liegt aber inzwischen so viel Material vor, daß die Fakten als gesichert gelten können.

    Menschenrechtsorganisationen und vor allem die Vereinigung (süd-)Koreanischer Rechtsanwälte (Korean Bar Association) befragen systematisch Zeugen, neben Überlebenden vor allem auch ehemalige Funktionäre und Wärter, die sich in den Westen abgesetzt haben. Hinzu kommen die Ergebnisse amerikanischer Luftaufklärung. Sogar auf Google Earth sind die Lager zu sehen.

    Anfangs waren es vierzehn Lager gewesen. Inzwischen hat man das auf fünf große KZ reduziert. Das größte, Lager 22 nahe der chinesischen Grenze, beherbergt 50.000 Arbeitssklaven auf einer Fläche von ungefähr 50 mal 40 Kilometern.

    Viele Häftlinge gelangen in ein solches Lager, nachdem sie zuvor gefoltert wurden. Einer der Überlebenden, Jung Gwang Il, beschreibt diese Folter als noch schlimmer als das Lager selbst.

    Er war Funktionär im Außenhandel gewesen und beschuldigt worden, ein Spion zu sein. Die Bowibu (die nordkoreanische Stasi) folterte ihn systematisch; ihm wurden die Zähne ausgeschlagen und er erlitt mehrere Schädelbrüche. Er hatte mehr als 80 kg gewogen; am Ende der Tortur, als er in ein Lager eingeliefert wurde, wog er noch 40 kg. Er überlebte, weil es ihm gelang, eine Schreibtisch- Funktion zugeteilt zu bekommen.

    Begeht ein Insasse Selbstmord, dann werden seine Angehörigen zu hohen Strafen verurteilt. Den Wärtern ist ausdrücklich erlaubt, Häftlinge nach Belieben zu schlagen, zu vergewaltigen und zu ermorden. Bringt eine Frau im Lager ein Kind zur Welt, dann wird es getötet. Den Wärtern wird - so die Aussage eines ehemaligen Wärters - eingeschärft, daß jede Regung des Mitleids gegenüber Gefangenen zu ihrer eigenen Verhaftung führen würde.

    Hinrichtungen sind an der Tagesordnung. Sie finden öffentlich statt. Die Häftlinge müssen sich in unmittelbarer Nähe des Hinrichtungsorts aufstellen und zusehen. Den Delinquenten werden Kiesel in den Mund gestopft, und es wird ihnen eine Kapuze übergezogen. Drei Wärter geben dann je drei Schüsse auf das Opfer ab.



    Genug der Einzelheiten. Es erscheint mir richtig, sie zu erwähnen, denn man muß sich solche Zustände im Detail vorstellen, wenn man sie richtig beurteilen will.

    Und wie beurteilt sie die Weltöffentlichkeit? Gar nicht. Nordkorea bestreitet die Existenz der Lager. Es sei unmöglich, das Thema in Gesprächen auch nur zu erwähnen, sagt ein altgedienter amerikanischer Diplomat. Die Nordkoreaner würden sofort "an die Decke gehen" (go nuts).

    Selbst die südkoreanische Regierung hat das Thema lange Zeit peinlich vermieden, um die Beziehungen zu Nordkorea nicht weiter zu verschlechtern. Erst seit letztem Jahr hat sich diese Politik unter Ministerpräsident Lee Myung-bak zu ändern begonnen.

    Unter Präsident Clinton haben die USA das Thema der KZ ebenfalls vermieden; man wollte sich mit den Nordkoreanern so gut wie möglich stellen, um sie dazu zu bewegen, auf eine Atomrüstung zu verzichten.

    Anders Präsident Bush. Er rechnete Nordkorea bekanntlich zur "Achse des Bösen" und empfing demonstrativ Überlebende der KZ. Fünf Jahre verweigerten die USA jedes Gespräch mit Nordkorea. Das änderte sich erst, als die Nordkoreaner 2006 ihre erste Atombombe zündeten.

    Für die Regierung Obama sind die KZ in Nordkorea, so formuliert es Blaine Harden, "a non-issue". Ein Nicht-Thema also.



    Nachtrag: Einen umfassenden Bericht über den koreanischen Gulag auf dem Stand von 2003 hat das Committee for Human Rights in North Korea vorgelegt. - Mit Dank an Kallias, der in "Zettels kleinem Zimmer" auf diesen Bericht aufmerksam gemacht hat.



    Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Gemälde im Museum für den Siegreichen Vaterländischen Krieg in Pjöngjang; in der Mitte Kim Il Sung (Ausschnitt). Vom Autor Kok Leng Yeo unter Creative Commons Attribution 2.0 License freigegeben.

    25. Juli 2009

    Zitat des Tages: "Der Absatz von Glühlampen steigt". Hamstern als Akt des Widerstands. Nebst einem Kauftip

    Das vom 1. September an geltende EU- Vermarktungsverbot für Glühlampen geht nach hinten los: Statt auf energiesparende Produkte zu wechseln, decken sich die Verbraucher derzeit massiv mit konventioneller Ware ein. Bundesweit hat der Absatz an Glühlampen laut GfK zwischen Januar und April um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugenommen

    Aus einer Vorabmeldung des "Spiegel"; Überschrift "Hamsterkäufe bei Glühlampen".

    Kommentar: Wie lange hat es in Deutschland keine Hamsterkäufe mehr gegeben! Ich vermute, daß selbst das Wort der jüngeren Generation fremd geworden ist.

    Gehamstert wurde in der Nachkriegszeit, als es nichts zu essen und kein Heizmaterial gab. Wenn doch einmal etwas zu ergattern war, dann besorgte man sich davon so viel, wie man kriegen konnte. Was man selbst nicht brauchte, würde man schon auf dem Schwarzen Markt eintauschen können.

    Dann gab es Hamsterkäufe zur Zeit des Kalten Kriegs, wenn wieder einmal die Gefahr eines Heißen Kriegs am Horizont auftauchte. Man hamsterte dann das, was erfahrungsgemäß in Kriegszeiten knapp wird: Zucker, Mehl, Öl, Dosenwurst; dergleichen.

    Vielleicht wurde auch in der DDR gehamstert, wenn es etwas "gab". Das weiß ich nicht so genau.

    Jedenfalls: Daß ich noch einmal in Deutschland eine Zeit der Hamsterkäufe erleben würde, hätte ich nicht gedacht.

    Aber der Öko-Wahn macht's möglich. Falls Sie von diesem Wahn noch nicht genug haben, mögen Sie vielleicht das eine oder andere aus meiner Serie "Deutschland im Öko- Wahn" lesen.



    Es ist freilich eine andere Art von Hamstern, die unter der Herrschaft des - so habe ich es in diesem Artikel einmal genannt - "Struwwelpeter- Prinzips" auftritt.

    Die Struwwelpeter- Geschichten führen uns exemplarisch Kinder vor, die nicht eigenverantwortlich handeln können; also bleibt nur das Verbieten, um sie vor Schäden zu schützen, die sie sonst anrichten oder selbst erleiden.

    So sieht die EU uns Bürger: Unfähig zur Eigenverantwortung. Nicht einmal die Entscheidung, ob wir zwecks Umweltschutz auf "Sparleuchten" umsteigen wollen, können wir eigenverantwortlich treffen, meinen diese Bürokraten und Politiker. Man muß uns schon zwingen, wie Paulinchen und Friederich, den Wüterich.

    Darauf mit Hamstern zu reagieren ist nicht - wie früher das Hamstern - die nackte Anpassung an die Not des Lebens; sondern es ist ein Akt der Auflehnung gegen die Unverschämtheit dieser Bürokraten. Es ist ein leiser, ein wenn man so will passiver Widerstand. Aber immerhin.

    Und nun möchte ich Ihnen noch ein wenig Lebenshilfe bieten: Hier können Sie günstig Glühbirnen hamstern. Den Tip verdanke ich Meister Petz.



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    24. Juli 2009

    Über Klischees über rassistische Klischees. Präsident Obama und der Fall Henry Louis Gates

    Raten Sie einmal, welches Thema im Augenblick auf Platz eins der Top Stories bei den amerikanischen Google News steht.

    Nein, nicht das Gesundheitsprogramm des Präsidenten, das in Schwierigkeiten steckt. Nicht Afghanistan, nicht die Wirtschaftskrise. Sondern der Vorfall in Cambridge, Massachusetts.

    Gut möglich, daß Sie von diesem Vorfall noch gar nichts gehört oder gelesen haben. Denn so recht scheint er noch nicht in unsere Medien gedrungen zu sein. Die USA aber bewegt er. Es gibt eine heftige, eine fast leidenschaftliche Diskussion.

    Folgendes hat sich zugetragen: Am 16. Juli kehrte Henry Louis Gates kurz nach Mittag von einer Chinareise nach Cambridge, Massachussetts zurück. Sein Fahrer, ein großer, kräftiger Mann, fuhr ihn mit dem Gepäck zu seinem Haus.

    Als er die Tür öffnen wollte, stellte er fest, daß sie klemmte. Es gelang ihm nicht, sie mit dem Schlüssel zu öffnen; das Schloß schien beschädigt. Er bat daraufhin seinen Fahrer, die Tür mit den Schultern einzudrücken; was diesem auch gelang, er war ja ein großer, kräftiger Mann.

    Gates ging dann zum Telefon, um seinem Vermieter den Schaden zu melden. Plötzlich stand ein Polizist vor der Tür. Noch mit dem Telefon in der Hand ging Gates zu ihm und fragte, ob er ihm helfen könne. Der Polizist bat Gates, vor die Tür zu treten. Dieser weigerte sich.

    Es kam zu einem Wortwechsel. Gates verlangte den Namen und die Dienstnummer des Polizisten. Andere Polizisten kamen hinzu. Gates trat dann doch vor die Tür, um Namen und Dienstnummer eines der anderen Polizisten zu verlangen.

    Er verließ damit sein Haus und den Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung. Die Polizisten nahmen ihn fest und brachten ihn zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf das Revier. Er mußte rund vier Stunden in einer Zelle verbringen, bevor er gegen 5 Uhr wieder entlassen wurde. Die Polizei entschuldigte sich für das Versehen.



    Wie war es zu dem Versehen gekommen? Als Gates und sein Fahrer die Tür gewaltsam zu öffenen versuchten, waren sie von einer Passantin beobachtet worden. Diese zog den naheliegenden Schluß, daß es sich um einen Einbruchsversuch handelte, und rief unter der Notrufnummer die Polizei. Diese hatte Gates und seinen Fahrer für Einbrecher gehalten.

    So weit, so gut; ich habe den Vorfall so wiedergegeben, wie Gates selbst ihn schildert. die Berichte in der Presse (zum Beispiel in der Los Angeles Times) stützten sich bisher im wesentlichen auf die Darstellung von Gates. Auf eine andere Darstellung komme ich am Ende des Artikels zurück.

    Solche Irrtümer kann es geben. Warum beschäftigt nun aber dieser Vorfall seit Tagen die USA? Weil Gates ein Schwarzer ist, wie auch sein Fahrer. Weil Gates Professor in Harvard ist, und ein enger Freund von Präsident Obama.

    Und weil Präsident Obama auf einer Pressekonferenz von der Journalistin der Chicago Sun-Times Lynn Sweet am vergangenen Mittwoch auf den Fall angesprochen wurde. Und weil Obama dabei sagte: "The Cambridge police acted stupidly in arresting somebody when there was already proof that they were in their own home"; die Polizei von Cambridge habe sich dumm benommen, als sie jemanden festnahm, obwohl schon bewiesen war, daß er sich in seinem eigenen Haus befand.

    Gates hatte nämlich den Polizisten seinen Ausweis der Universität Harvard und seinen Führerschein gezeigt. Und er hatte während des Vorfalls nach seinen eigenen Angaben gesagt, man behandle ihn so nur wegen seiner Rasse. Für ihn war klar, warum der Polizist sich so verhielt:
    Now it's clear that he had a narrative in his head: A black man was inside someone's house, probably a white person's house, and this black man had broken and entered, and this black man was me.

    Es ist ja klar, daß er ein Schema im Kopf hatte: Ein Schwarzer war in einem fremden Haus, vermutlich dem Haus eines Weißen, und dieser Schwarze hatte die Tür aufgebrochen und war eingedrungen, und dieser Schwarze war ich.
    Einem Weißen gegenüber, so Gates, hätte die Polizei sich nicht so verhalten.



    Gates erhebt also den Vorwurf dessen, was man in den USA racial profiling nennt: Da Schwarze überproportional an Verbrechen beteiligt sind, werden Schwarze auch von Polizisten oft eher eines Verbrechens verdächtigt als Weiße. Das ist inzwischen verpönt; und die Polizisten werden eigens darin geschult, racial profiling peinlich zu vermeiden.

    Der Fall hatte zunächst in den USA ein gewisses Aufsehen erregt, aber kein sehr großes. Nachdem nun aber auch der Präsident sich mit einem Kommentar eingeschaltet hatte, kochte er hoch. Und es kamen Details ans Licht, die nicht zu der These vom racial profiling passen.

    Es stellte sich nämlich heraus, daß der Polizist, der die Festnahme von Gates angeordnet hatte, alles andere als ein Rassist ist. Mehr noch: Dieser Police Sergeant James Crowley ist sogar Dozent an einer Polizeischule - und lehrt dort Polizeischüler, wie sie racial profiling vermeiden. Er wurde von einem schwarzen Vorgesetzten für diese Aufgabe ausgesucht.

    Crowley stellt den Vorfall auch anders dar als Gates: Dieser hätte ihn beschimpft, ihn wiederholt des Rassismus bezichtigt und "sich herabwürdigend über seine Mutter geäußert" - jeder Amerikaner weiß, welches Schimpfwort damit gemeint ist.

    Die Polizeiführung von Cambridge stellt sich hinter Crowley, hat aber zugleich eine Untersuchung des Falls angeordnet.

    Soeben meldete New England Cable News weitere Details:
    Sgt. Crowley spoke out on WEEI radio yesterday to Dennis and Callahan. He said Gates, "was arrested after following me outside the house, continuing to tirade even after being warned multiple times - probably a few more times than the average person would have gotten."

    Then his commissioner Robert Haas finally broke his silence and defended his officer. "I don't believe Sgt. Crowley acted with any racial motivation at all," said Commissioner Haas, "I believe he assessed the situation, he tried to de-escalate the situation, and made a determination that the only way to stop the situation was to make an arrest."

    Crowley äußerte sich gestern bei der Radiostation WEEI gegenüber [den Moderatoren] Dennis und Callahan. Er sagte, Gates sei "festgenommen worden, nachdem er mir aus dem Haus heraus folgte und fortfuhr zu schimpfen, nachdem er wieder und wieder verwarnt worden war - vermutlich ein paarmal mehr als man das bei einem Normalbürger gemacht hätte".

    Inzwischen brach sein vorgesetzter Kommissar Robert Haas doch noch sein Schweigen und verteidigte seinen Beamten: "Ich glaube nicht, daß Sergeant Crowley überhaupt aus irgendeiner rassistischen Motivation heraus handelte", sagte Kommissar Haas. "Ich glaube, daß er die Situation bewertete, daß er versuchte, die Situation zu entspannen, und daß er zu der Entscheidung kam, daß der einzige Weg, diese Situation zu beenden, die Festnahme war".



    Soweit die Fakten. Mein Kommentar: Es gibt rassistische Klischees, wie sie sich im racial profiling äußern können. Aber es gibt auch Klischees über rassistische Klischees. Nicht immer, wenn ein Schwarzer von der Polizei festgenommen wird, muß diese sich rassistisch verhalten. Übrigens können Sie hier ein Foto von der Festnahme sehen; der Polizist im Vordergrund ist selbst ein Schwarzer.

    Warum erregt der Fall in den USA dieses ungeheure Aufsehen? Vielleicht, weil Präsident Obama sich eingeschaltet hat; und zwar voreilig, ohne die Fakten wirklich zu kennen. Mit seiner Wahl zum Präsidenten schien das Thema Rassismus überwunden. Jetzt hat es die USA wieder eingeholt.




    Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Erstausgabe von Uncle Tom's Cabin; in der Public Domain, da das Copyright erloschen ist.

    Marginalie: Jordanien bürgert Palästinenser aus

    Die Jerusalem Post berichtete es am Montag, UPI brachte am Dienstag eine Meldung, und ich habe es erstmals gestern im American Thinker gelesen: Jordanien hat damit begonnen, Palästinensern die jordanische Staatsbürgerschaft zu entziehen.

    Ausgewiesen werden sollen die Betroffenen allerdings - jedenfalls vorerst - nicht; sie erhalten einen gelben Ausweis als Staatenloser.

    Der Autor des Artikels im American Thinker, Joel B. Pollak, weist darauf hin, daß der jetzige israelische Außenminister Lieberman im Jahr 2004 Empörung auslöste, als er vorschlug, in Israel lebenden Arabern die israelische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Jetzt macht das Königreich der Haschemiten dasselbe - und die Reaktion ist Schweigen.



    Die offizielle Begründung für die Maßnahme ist laut Jerusalem Post:
    The Jordanians have justified the latest measure by arguing that it's aimed at avoiding a situation in which the Palestinians would ever be prevented from returning to their original homes inside Israel.

    Die Jordanier haben die jüngste Maßnahme mit dem Argument gerechtfertigt, sie ziele darauf, eine Situation zu vermeiden, in der die Palästinenser je daran gehindert werden könnten, in ihre einstigen Wohnungen in Israel zurückzukehren.
    Man wird das wohl so verstehen dürfen, daß im Zug der von Präsident Obama vorangetriebenen Umgestaltungen im Nahen Osten staatenlose Palästinenser ein stärkeres Druckmittel wären als solche, die Jordanier geworden sind.

    Joel B. Pollak vermutet allerdings ein ganz anderes Motiv: Seit dem Erfolg der Demokratie im Irak und besonders seit den Unruhen im Iran fürchten die Haschemiten um den Bestand ihrer Monarchie. Die Palästinenser gelten als ein potentieller Unruheherd.

    Übrigens: Paragraph 15 der Erklärung der Menschenrechte verbietet es, einem Menschen seine Staatsbürgerschaft zu entziehen. Das Haschemitische Königreich Jordanien ist Mitglied des Rats für Menschenrechte der Vereinten Nationen.



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    23. Juli 2009

    Zitat des Tages: Worin sich britische Universitätsdozenten und Neonazis einig sind. Ein Blick auf Europa von jenseits des Atlantik

    Never mind Iran's crackdown on peaceful protestors, China's killings of ethnic Uighurs or the epidemic murders of Kremlin critics. When it comes to Europe's bien pensants, the only country that really seems to engage their moral indignation is Israel. Calling for Israel to be sanctioned may be the one cause that unites British university lecturers and Scandinavian union activists with radical Islamists and neo-Nazis.

    (Was kümmern sie das gewaltsame Vorgehen des Iran gegen friedlich Protestierende, die Morde der Chinesen an Angehörigen des Volks der Uiguren, die ständigen Ermordungen von Kritikern des Kreml. Bei den Gutmenschen in Europa ruft nur ein einziges Land wirklich moralische Entrüstung hervor - Israel. Die Forderung nach Sanktionen gegen Israel dürfte die einzige Sache sein, in der sich Dozenten britischer Universitäten und skandinavische Gewerkschafter mit radikalen Islamisten und Neonazis einig sind.)

    Das Wall Street Journal gestern in einem Kommentar unter der Überschrift "Israel on their minds" (Sie denken nur an Israel).

    Kommentar: Der Anlaß für dieses Editorial des WSJ ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg von vergangener Woche. Es weist die Klage des ehemaligen Bürgermeisters von Seclin in Frankreich, Jean- Claude Willem, ab, der von einem französischen Berufungsgericht zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt worden war, weil er den Boykott von Waren aus Israel in seiner Gemeinde angekündigt hatte.

    Seclin ist eine kleine Stadt in Nordfrankreich, in der Nähe von Lille nahe der belgischen Grenze. Also altes Industriegebiet. Die Stadt ist fest in kommunistischer Hand. Der jetzige Bürgermeister Bernard Debreu ist Kommunist, und ebenso ist es sein Vorgänger Jean- Claude Willem.

    Dieser Bürgermeister Willem nun hatte am 3. Oktober 2002 in einer Sitzung des Stadtrats einen Boykott israelischer Waren verkündet; und zwar - wie er in einer späteren Erklärung erläuterte - als "Protest gegen die täglichen Massaker und Morde" an Palästinensern. Dies und alle sonstigen Details des Falles findet man im französischen Juristenblog Actualités du Droit beschrieben.

    Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Strafverfahren gegen Willem ein, das sich auf Diskriminationsverbote im französischen Recht stützte; eines davon in einem Gesetz, das bereits seit 1881 gilt.

    Das erstinstanzliche Gericht in Lille sah die betreffenden Straftatbestände nicht als erfüllt an und sprach Willem frei. In zweiter Instanz wurde er vom Berufungsgericht in Douai zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt.

    Dagegen war er vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen, der die Entscheidung des Berufungsgerichts aber bestätigte (Entscheidung vom 16. Juli 2009, Az 10883). Willem habe nicht als Privatperson oder Politiker seine Meinung geäußert, sondern in seiner Funktion als Bürgermeister die Gemeinde Seclin auf einen Boykott festgelegt, der diskriminatorischen Charakter gehabt habe.



    In Europa hat dieser Fall außerhalb Frankreichs kaum Aufmerksamkeit gefunden. Eine Google- Suche in deutschen WebSites liefert keinen einzigen Treffer. Das Wall Street Journal aber findet ihn wichtig genug, um ihm ein Editorial zu widmen; einen namentlich nicht gezeichneten Kommentar also, der die Meinung der Redaktion wiedergibt.

    Woher diese Diskrepanz? Warum findet man in den USA etwas wichtig, das in Europa noch nicht einmal ein Achselzucken auslöst?

    Was wohl jenseits des Atlantik überhaupt nicht verstanden wird, das ist die Einseitigkeit, mit der sich moralische Empörtheit gegen Israel richtet.

    Man hat Vertändnis dafür, daß Israel kritisiert wird; warum nicht. Aber welche Gemeinde in Europa ruft zum Boykott russischer Waren auf, weil dort unter offensichtlicher Duldung, wenn nicht Förderung durch offizielle Stellen kritische Journalisten ermordet werden? Wo wird zum Boykott iranischer, cubanischer, syrischer, sudanesischer Waren aufgerufen, weil in diesen Ländern die Menschenrechte mit Füßen getreten werden?

    Die unsäglichen Zustände in Darfur, in Simbabwe, im Sudan lassen das moralische Empfinden der meisten Europäer unberührt. Wenn aber Israel, um sich gegen ständige Aggressionen aus Gaza zu wehren, dort einmarschiert - dann auf einmal ist es hellwach, dieses Gewissen.

    Am Schluß des Editorial schreiben die Autoren:
    Laws against discrimination have their uses and abuses, and we would rather have seen Mr. Willem voted out of office than sanctioned by a court. But to the extent that the judges' ruling exposes the atavistic fixations of some Europeans with the Jewish state, it does the Continent a service.

    Gesetze gegen Diskriminierung haben ihren Nutzen und ihre Nachteile, und uns wäre es lieber gewesen, wenn Willem abgewählt worden wäre, statt daß man ihn gerichtlich bestraft hat. Aber in dem Maß, in dem das Urteil dieser Richter die atavistischen Fixierungen einiger Europäer auf den Staat Israel offenlegt, tut es dem Kontinent einen Gefallen.
    Daß die Bürger von Seclin ihren kommunistischen Bürgermeister abgewählt hätten, weil er sich gegen Israel geäußert hat, ist ein frommer Wunsch von jenseits des Atlantik. Ansonsten scheint mir diese Passage die Sache zu treffen.

    Oder vielmehr: Sie würde die Sache treffen, wenn dieses "Offenlegen" von den Europäern überhaupt bemerkt worden wäre.



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    22. Juli 2009

    Marginalie: Kaum ein US-Präsident hatte ein halbes Jahr nach Amtsantritt so wenig Zustimmung wie jetzt Barack Obama

    Hieße der Präsident nicht Barack Obama, sondern George W. Bush, dann wäre diese Marginalie überflüssig: Jeder politisch Interessierte wüßte es dann; die Tagesschau hätte berichtet, "Spiegel-Online" hätte es als Aufmacher gebracht. Das Ergebnis nämlich der jüngsten Umfrage zur Beurteilung der Politik von Präsident Obama durch die amerikanischen Wähler.

    Gallup hat sie im Auftrag von USA Today durchgeführt, das gestern darüber berichtete. Danach stimmen nur noch 55 Prozent der Befragten der Politik des Präsidenten zu. Ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt hatten von den zwölf amerikanischen Präsidenten seit dem 2. Weltkrieg nur zwei eine noch geringere Zustimmung.

    Im Einzelnen:
  • Im Mai hatten noch 55 Prozent Obamas Wirtschaftspolitik zugestimmt und nur 42 Prozent sie abgelehnt. Jetzt hat sich das umgekehrt: 49 Prozent Ablehnung, noch 47 Prozent Zustimmung.

  • Mit 50 zu 44 Prozent lehnen die Befragten die Gesundheitspolitik des Präsidenten ab.

  • 59 Prozent sind der Meinung, daß Obama zu hohe Staatsausgaben anstrebt; 52 Prozent fürchten, daß er zu viel Macht für die Regierung sucht.
  • Persönlich ist der Präsident immer noch populär; aber seine Politik wird immer mehr kritisiert.

    Eine einzige Umfrage sollte man nicht überbewerten. Aber diese Umfrage ist repräsentativ für einen Trend, der sich durchgängig zeigt. Wenn Sie auf diese Seite bei Pollster.com gehen und ganz nach unten scrollen, dann finden Sie die aggregierten Daten aller Institute.

    Die durchgezogenen Linien zeigen die von Gallup täglich gemessenen Werte (Gallup daily tracking) seit der Amtsübernahme von Präsident Obama. Die Punkte geben die Werte anderer Institute wieder. Man sieht einen stetigen, allerdings relativ langsamen Abfall der Zustimmung (approval) und einen steileren Anstieg der Ablehnung (disapproval) der Politik des Präsidenten.

    Immer mehr Amerikanern scheint es zu dämmern, daß sie einen Präsidenten gewählt haben, der im Wahlkampf als der große Einiger in der Mitte auftrat, der jetzt aber wieder - siehe diesen Artikel vom April hier im Blog - zu der linken Politik zurückkehrt, für die er als Senator gestanden hatte.

    Obama strebt eine Sozialdemokratisierung der USA an; mit einem vom Staat kontrollierten Gesundheitssystem, einer weitgehenden staatlichen Lenkung einer ergrünenden Wirtschaft, mit Reichensteuer und Strafsteuern für Widersetzliche. Es scheint nicht, daß die Mehrheit der Amerikaner bereit ist, diesen Weg mitzugehen.



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    21. Juli 2009

    Zitat des Tages: "Verbraucherschützer verkaufen uns für dumm". Zugleich eine Meckerecke

    Woche für Woche verkaufen Verbraucherschützer uns für dumm. (...)

    Um ihre Existenz zu rechtfertigen, reden sie uns nun ein, die Welt der Produkte sei so kompliziert, dass wir jemanden brauchen, der für uns prüft, denkt und entscheidet, bevor wir etwas kaufen. Der ständig warnt: Fallt nicht auf die Werbung herein.

    Und wenn sich kein Skandal findet? Dann wird einer inszeniert.


    Bettina Weiguny in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom vergangenen Wochenende; aktuell zu lesen in FAZ.Net

    Kommentar: Bettina Weiguny ist Freie Journalistin und Mutter dreier Kinder. Als Wirtschaftsjournalistin kennt sie die professionelle Seite des Themas. Zugleich ist sie Angehörige der Zielgruppe der Verbraucherschützer. Sie weiß also, worüber sie schreibt; in diesem Artikel, den zu lesen ich sehr empfehle.

    Als die Verbraucherzentrale, schreibt Weiguny, vor fünfzig Jahren gegründet wurden, da haben ehrenamtliche Mitarbeiter über neue Haushaltsgeräte und dergleichen informiert. Inzwischen gibt es dort Festangestellte, die Rechtsberatung anbieten dürfen und die Branche nach Branche eroberten: "Gesundheit, Energie, Ernährung und Nachhaltigkeit stehen ganz oben auf der Agenda".

    "Wollen wir uns entmündigen lassen?", fragt die Autorin. "Können wir keinen Handytarif mehr eigenständig auswählen, keinen Kleiderschrank?"

    So weit Weiguny. Nun ist mir noch nach ein wenig eigenem Meckern zumute.



    Es sind ja nicht nur die Verbraucherzentralen. Hinzu kommen diverse Ministerien, Bundesinstitute, Öko- Institute, Schutzverbände aller Art, kommunale Stellen zur Ernährungs- und Energieberatung. Hinzu kommen vor allem zahllose auf derlei Lebenshilfe spezialisierte JournalistInnen mit ihren eigenen Sendeplätzen im TV.

    Kaufberatung, Verbraucherberatung, Ernährungsberatung und Gesundheitsberatung, Energieberatung - das ist inzwischen eine regelrechte Branche geworden; und zwar eine boomende.

    Was ist das Ziel? Natürlich vor allem, Stellen für die BeraterInnen zu schaffen. Überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert, gelegentlich auch zusätzlich aus Spenden. Um diese Stellen zu bekommen und zu halten, muß man einen Bedarf nachweisen; jedenfalls den Eindruck eines Bedarfs erwecken.

    Also gehört es zum Berufsbild der Gilde der BeraterInnen, Probleme erst einmal schaffen: Wo ist etwas drin, das für irgendwen schädlich sein könnte - ach was, das nicht weit genug unterhalb der ohnehin schon extrem niedrig angesetzten Grenzwerte liegt? Wo ist nach Ansicht der BeraterInnen etwas zu teuer, eine Verpackung zu groß, eine Werbung irreführend? Und auf geht's! Halali!

    Die Industrie hat längst gelernt, auf solche Attacken nicht mit Verteidigung zu reagieren, sondern mit stiller Demut. Denn sich verteidigen - das führt nur zu weiteren Attacken, und am Ende ist das Image ruiniert. Shell hat das im Fall der Brent Spar erfahren, der Nudelhersteller Birkel im sogenannten "Flüssigei- Skandal". Eine spätere gerichtliche Klärung erwies alle Vorwürfe als eindeutig falsch; aber das Image der Firma war auf Jahre geschädigt.



    Und die Verbraucher? Wer sich dem Diktat der BeraterInnen und SchützerInnen unterwirft, für den ist Einkaufen kein Vergnügen mehr, sondern harte Pflicht.

    Wir alle kennen jenen Typus des Kunden (meist ist es eine Kundin) im Supermarkt, der eine Ware nicht einfach in den Einkaufswagen tut, sondern zunächst einmal sorgfältig studiert, was aufgedruckt ist. Stimmen die Werte? Ist am Ende gar das Teufelszeug Zucker drin? Zusatzstoffe? Ist die Verpackung zu aufwendig? Darf man von der Hersteller- Firma überhaupt etwas kaufen? Wie steht es mit dem Herkunftsland?

    Wie ein unerfahrener Pilzsucher jeden Pilz penibel darauf untersucht, ob er auch zu einer eßbaren Sorte gehört, so verfahren diese dressierten VerbraucherInnen mit den Waren. Immer im Kopf, was sie gehört, gelesen, im TV darüber gesehen haben, was "man beachten sollte". Immer von der Sorge geplagt, etwas Falsches zu kaufen.

    Man kann sich freilich freikaufen von allen diesen Sorgen und Problemen: Indem man ein Bio- Produkt nimmt. Das ist zwar teuer, aber man erwirbt für den Mehrpreis eben die Befreiung von der Last des Prüfens.

    Es ist ein bißchen wie bei einer frommen Helene, die ihre Bücher grundsätzlich nur in einer religiösen Buchhandlung kauft, weil sie da vor allem Unzüchtigen sicher ist.



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    20. Juli 2009

    Marginalie: Das sowjetische Programm für den bemannten Mondflug und sein dramatisches Ende

    Die Geschichte der amerikanischen Mondlandung wird in diesen Tagen wieder und wieder erzählt. Viel weniger bekannt ist die Geschichte der sowjetischen Mondlandung.

    Der sowjetischen Mondlandung? Ja, gewiß, sie fand nicht statt. Aber fast hätte sie stattgefunden; wenn auch in einer sehr speziellen Variante. Es war ein hektischer Wettlauf mit den Amerikanern.

    Die Sowjets machten gewaltige Anstrengungen, die USA auf den letzten Metern zu schlagen. Am Ende ging alles in einem riesigen Feuerball auf. Er habe geweint, sagte der Kosmonaut Chrunow, der es mit ansehen mußte.

    Die faszinierende Geschichte des sowjetischen Mond- Programms haben vor drei Jahren in der Fachzeitschrift für Raumfahrt- Geschichte Quest Peter Pesavento und Charles Vick beschrieben. Ihre Ergebnisse findet man in der Encyclopedia Astronautica zusammengefaßt.

    Als sie den Wettlauf zum Mond verloren hatten, haben die Sowjets behauptet, sie hätten nie ein Programm für eine bemannte Mondlandung gehabt. Das war schlicht eine Propaganda- Lüge. Dokumente, die seit dem Ende des Kommunismus in Rußland freigegeben wurden und Material aus der US-Spionage erlauben es heute, wie Pesavento und Vick zeigen, dieses Programm im Detail zu rekonstruieren.



    Das Programm wurde parallel zum Soyuz-Programm und im Zusammenhang mit diesem entwickelt. Es bestand aus zwei Teilen: L1, das zur bemannten Umrundung des Mondes führen sollte und wofür man die Proton- Rakete verwenden wollte und L3, für das die noch stärkere N1 eingesetzt werden sollte; vergleichbar der Saturn 5, mit der das Apollo- Raumschiff zum Mond gebracht wurde. L3 bestand ähnlich wie bei Apollo aus einem den Mond umkreisenden Raumschiff und einer Landefähre.

    Das Problem der Sowjets war, daß beide Raketen - Proton und N1 - noch in der Erprobung und entsprechend unzuverlässig waren, als die Termine für die Mondumkreisung (Dezember 1968) und die Mondlandung (Juli 1969) durch die Amerikaner näher rückten. Im Grunde war man noch nicht so weit; aber aus Prestigegründen sollte unbedingt versucht werden, den Amerikanern zu beiden Terminen zuvorzukommen.

    Man kam deshalb auf den Gedanken, die schweren Mondgefährte von diesen unzuverlässigen Raketen in den Orbit hieven zu lassen und die Mannschaft getrennt mit einer Soyus- Kapsel hinterherzuschicken; getragen von einer zuverlässigeren Soyuz- Rakete. (Nebenbei: Just dieses Konzept haben die Amerikaner jetzt wieder in dem Projekt Orion aufgegriffen). Im Orbit würde dann die Mannschaft umsteigen und zum Mond fliegen.

    Nach den Recherchen von Pesavento und Vick haben die Russen versucht, den Amerikanern im Dezember 1968 auf diese Weise mit einer Umrundung des Mondes zuvorzukommen. Spionagefotos zeigen in dieser Zeit sowohl eine Soyuz- als auch eine Proton- Rakete auf ihren jeweiligen Abschußrampen. Aber offenbar gab es technische Probleme, und die Mission wurde abgebrochen.

    Aber man hoffte immer noch, die Amerikaner wenigstens bei der Mondlandung zu schlagen. Jedenfalls auf eine gewisse Weise.

    Das Mondlande- Gefährt L3, das dem amerikanischen LEM entsprach, war zwar noch lange nicht flugreif. Aber man dachte sich etwas aus, was immerhin einen Teil der Aufmerksamkeit vom amerikanischen Erfolg ablenken sollte: Auf dem Mond landen und Mondgestein zurückbringen sollte eine unbemannte Luna- Sonde. Zeitgleich sollte eine bemanntes L1-Kapsel um den Mond kreisen und mit Luna kommunizieren.

    Man hätte das dann vermutlich der Welt als eine besonders elegante Verbindung von automatischer und bemannter Raumfahrt verkaufen können.

    Das automatische Landgefährt wurde auch gestartet; am 13. Juli, also eine Woche vor der Landung von Apollo 11 (es wurde später Luna 15 genannt; der Flug war ein halber Erfolg). Der bemannte Teil der Mission aber scheiterte.

    Das Gefährt, das den Mond umkreisen sollte - L1 -, sollte mit der Riesenrakete N1 gestartet werden; die Mannschaft getrennt mit einer Soyuz- Rakete. Die N1, die zuvor noch nie erfolgreich geflogen war, erhob sich nur 200 Meter und explodierte dann in einem gewaltigen Feuerball, der mit der Energie einer kleinen Atombombe die gesamte Startanlage zerstörte.

    Die Amerikaner hatten gewonnen. Und den Sowjets blieb allein die Lüge, sie hätten nie ein Programm für den bemannten Mondflug gehabt.



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    High Noon in Kiel, wieder einmal. Zwei Geschichten (narratives). Was die lokale Presse meint. Mein Fazit

    Wenn Deutschland einmal nach Kiel schaut, dann ist entweder Kieler Woche, oder es gibt Zoff in der Landespolitik.

    Da war erst die Affäre Barschel (ab 1987), die 1993 in eine Affäre Engholm ("Schubladen- Affäre") überging. Engholms Nachfolgerin wurde Heide Simonis. Sie wurde Opfer des "Heide- Mords", der Illoyalität eines anonymen Abgeordneten, der ihr bei der geheimen Wahl des Ministerpräsidenten die Stimme verweigerte. So wurde Peter Harry Carstensen Regierungschef, der heute versuchen wird, seine eigene Regierungszeit vorzeitig zu beenden.

    Von den vier letzten Regierungschefs des Landes Schleswig- Holstein kam also der erste innerhalb einer Affäre ums Leben; der zweite mußte wegen dubioser Machenschaften zurücktreten; die dritte wurde Opfer eines Heckenschützen in (wahrscheinlich) der eigenen Partei; und der vierte scheiterte vor dem Ende seiner Amtszeit an koalitionsinternen Querelen. Keiner brachte seine Zeit im Amt ordentlich zu Ende.

    Nicht wahr, da ist ganz schön viel los in diesem friedlichen, ländlich- beschaulichen Urlaubsland Schleswig- Holstein, meerumschlungen. Stoff für Gerüchte, Stoff für Phantasien, teils auch Stoff für Verschwörungstheorien.

    Irgendwie erinnert das alles ein wenig an die Karl- May- Festspiele in Bad Segeberg in der Holsteinischen Schweiz. Hauen und Stechen. High Noon. Der Schurke Barschel gegen den edlen Engholm; oder war der gar nicht so edel? Die tapfere Lady Heide Simonis aus dem Hinterhalt gemeuchelt.

    Und jetzt? Jetzt stehen sich zwei narratives gegenüber.



    Wenn Ereignisse die Öffentlichkeit beschäftigen, dann entstehen solche narratives; Geschichten, die den Rahmen zur Interpretation der Ereignisse liefern. Sie entstehen; sie werden auch von interessierter Seite lanciert.

    In der Affäre Barschel/Engholm dominierte zuerst die Geschichte vom Schurken Barschel, dessen Machenschaften vom ehrlichen Reiner Pfeiffer aufgedeckt wurden. Später erwies sich Pfeiffer als gar nicht so ehrlich und die SPD sich als auch nicht so ganz unbeteiligt.

    Für die Geldzahlungen des SPD-Ministers Jansen an Pfeiffer wurde die narrative vom "guten Menschen" Jansen gestrickt, der den armen Pfeiffer nicht darben sehen konnte. Andere verbreiteten die Geschichte, an Pfeiffer sei Schweigegeld gezahlt worden, weil er die Verstrickungen der SPD in die Barschel- Affäre gekannt habe.

    So ist das eben; jeder hat seine Story. Und auch jetzt werden wieder narratives verbreitet.

    Die eine handelt von einem machiavellistisch agierenden Peter Harry Carstensen, der den Bruch seiner eigenen Koalition arglistig herbeiführte, um unter günstigen Bedingungen - Neuwahlen zeitgleich mit der Bundestagswahl - ein gutes Wahlergebnis zu erhalten und dann mit der FDP zu regieren.

    Die andere narrative schildert einen SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner, der sich innerhalb der Koalition ständig illoyal verhält, der deren Beschlüsse nach außen nicht mitträgt und der damit das Koalitionsklima so vergiftete, daß es schließlich so nicht mehr weitergehen konnte und Carstensen das Handtuch warf.



    Es ist schwer, von außen zu beurteilen, welche der beiden Geschichten die plausiblere ist. Man kennt die Akteure zu wenig.

    Aber die lokale Presse kennt sie besser. Und was ich dort lese - in der "Schleswig-Holsteinischen Zeitung" -, das scheint mir Licht auf die beiden narratives zu werfen:
    Carstensen selbst - er wirkt an diesem Tag in sich gekehrt. Wie abwesend blickt er starr geradeaus - so, als wolle er gar nicht hören, welcher Abgesang auf seine Koalition da über die Bühne geht. Carstensen, der Harmoniemensch, der "stolz" ist auf sein "ordentlich arbeitendes Kabinett", soll Tränen in den Augen gehabt haben, als er der Fraktion am Mittwoch seinen Entschluss zur Aufkündigung der Koalition mitteilte. In die Debatte greift er nicht ein. (...)

    Auch in der SPD wissen sie, dass nicht ganz falsch ist, was Wadephul [der Vorsitzende der CDU-Fraktion; Zettel] erklärt: Dass das seit Jahren von Krisen geschüttelte Bündnis immer wieder von Carstensen über die Runden gerettet worden sei - nicht selten gegen Widerstände aus der Union. Die wäre längst ausgestiegen, wenn "Peter Harry" sich nicht quer gestellt hätte.
    Gewiß, eine Stimme unter vielen. Mir kommt das aber plausibel vor. Dem bodenständigen Peter Harry Carstensen, Landwirt und von der Insel Nordstrand stammend, traue ich machiavellistisches Verhalten nicht zu; wohl aber das Bemühen um Einigkeit.

    Ralf Stegner, der sich mit Fliege statt Schlips und immer herabgezogenen Mundwinkeln zu dinstinguieren weiß, der mit einer Arbeit über "Theatralische Politik made in USA" promovierte und der 2005 einen in der Tat theatralischen "Offenen Brief" an den anonymen Abweichler verfaßte - diesem Mann traue ich intrigantes Verhalten zu.

    Was dieser seltsame Offene Brief, der von Injurien nur so wimmelte ("schäbige[r] und charakterlose[r] Verrat"; "aus egozentrischer Geltungssucht"; "ehrlose Schweinerei"), damals sollte, darüber kann man ins Grübeln kommen. Vielleicht sollte er dem (völlig unbewiesenen) Verdacht entgegentreten, Stegner selbst sei der "Heidemörder".

    Daß Peter Harry Carstens solch ein Brimborium hätte zu Papier bringen können, kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Mir erscheint er als der glaubwürdigere der beiden Kontrahenten.



    Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Ausschnitt aus einem Plakat zur Show Bufflo Bill's Wild West (1890). In der Public Domain, da das Copyright abgelaufen ist.

    19. Juli 2009

    Der EADS-Chef Gallois schlägt eine eigene europäische bemannte Raumfahrt vor. Warum ich das für grottenfalsch halte

    Durch den bevorstehenden 40. Jahrestag der ersten Mondlandung ist in diesen Tagen wieder viel von bemannter Raumfahrt die Rede.

    Der Chef des europäischen Raumfahrt- Konzerns EADS, Louis Gallois, hat also den Zeitpunkt für das Plädoyer günstig gewählt, das man seit gestern in "Spiegel- Online" lesen kann: Ein Plädoyer allgemein für eine Erweiterung der europäischen Raumfanrt und speziell dafür, daß Europa eine eigene bemannte Raumfahrt entwickelt.

    Gewiß waren schon viele europäische Astronauten im All. Aber sie waren sämtlich Passagiere in Raumfahrzeugen entweder der Russen oder der Amerikaner. Zahlende Passagiere in der Regel, die noch dazu warten müssen, bis für sie einmal wieder ein Platz in einem Shuttle oder einer Soyuz- Kapsel frei ist.

    Europa hat zwar sozusagen sein eigenes Appartement in der ISS - das Modul "Columbus"-; aber es kann dieses nicht ohne fremde Hilfe erreichen und verlassen. Was liegt also näher, als daß es ein eigenes Raumfahrzeug entwickelt, in dem Menschen transportiert werden können?

    Es wäre etwas, das nach den Russen und den Amerikanern nun auch schon die Chinesen geschafft haben. Im Oktober 2003 flog der erste chinesische Astronaut in einem Shenzou- Raumschiff. Eine solche Leistung sollte doch auch dem hochtechnisierten Europa möglich sein.

    Nicht nur möglich, sondern auch notwendig, meint Gallois:
    Die zentrale Frage für die Zukunft der europäischen Raumfahrt lautet, wie viel Bedeutung wir bemannten Missionen beimessen: Haben wir den Mut - gemeinsam mit anderen - dieses größte aller Abenteuer zu wagen? Oder lassen wir uns von anderen abhängen?

    Unsere gemeinsamen europäischen Anstrengungen müssen dem jahrhundertealten europäischen Geist gerecht werden, das menschliche Wissen zu erweitern und seine Grenzen zu überwinden. Bemannte Raumfahrtexpeditionen sind der beste Beweis für unser Vertrauen in die Zukunft, für unser Vertrauen in Europa.
    Etwas pathetisch formuliert, aber einleuchtend, jedenfalls auf den ersten Blick. Zumal Europa bereits über die meisten Voraussetzungen verfügt: Eine hinreichend starke Trägerrakete, die Ariane 5, und auch schon ein großes Raumfahrzeug, das im Raum navigieren kann: Den unbemannten Raumtransporter ATV, dessen erstes Exemplar Jules Verne im Frühjahr 2008 Versorgungsgüter zur ISS brachte.

    Mit Modifikationen (zusätzliche Sicherheitssysteme, Fähigkeit zur Rückkehr auf die Erde) könnte man daraus ein bemanntes Raumfahrzeug entwickeln, das geräumiger wäre als die russische Soyuz.



    So weit, so gut. Nur beantwortet Gallois in seinem Artikel eine einfache Frage nicht: Wozu überhaupt bemannte Raumfahrt?

    Die Raumfahrt hat in einem halben Jahrhundert unser Leben verändert. Das Satelliten- Fernsehen bringt uns eine Fülle an Sendern ins Haus, die zuvor undenkbar gewesen wäre. Daten aller Art fließen via Kommuniations- Satelliten rund um die Welt. Die Wettervorhersage hat sich dank Wettersatelliten dramatisch verbessert.

    GPS, vor wenigen Jahrzehnten noch eine James- Bond- Utopie, ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Die Astronomie hat mittels Raumteleskopen und Raumsonden zu den Planeten gewaltige Fortschritte gemacht. Die Miniaturisierung von Geräten, die Entwicklung leistungsfähiger Rechner wurden durch die Raumfahrt vorangetrieben.

    Aber für keinen dieser Fortschritte spielte die bemannte Raumfahrt eine nennenswerte Rolle. Gewiß, das Projekt Apollo lieferte der Wissenschaft Mondgestein. Aber schon 1970 kehrte die automatische russische Sonde Luna 16 mit Mondgestein zur Erde zurück.

    Gewiß, in der ISS läuft manches interessante wissenschaftliche Experiment; wie zuvor schon in den russischen Stationen Salyut und Mir. Aber keines davon hat bisher einen wissenschaftlichen oder technologischen Durchbruch gebracht.

    Viele dieser Experimente dienen im übrigen der Erforschung der Reaktionen des menschlichen Körpers im Weltraum. Sie untersuchen also Fragen, die ohne die bemannte Raumfahrt erst gar nicht gestellt zu werden brauchten. Andere Experimente könnten auch automatisiert in unbemannten Satelliten durchgeführt werden.

    Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, daß ich immer wieder gegen die bemannte Raumfahrt Position bezogen habe - in Bezug auf die ISS, in Bezug auf einen bemannten Flug zum Mars sowie in diesem Artikel, den ich Ihrer Aufmerksamkeit empfehle, falls Sie erfahren wollen, warum die Titelvignette des jetzigen Artikels ein Werbeplakat zur Anwerbung von Reitern des Pony Express (ca 1860) ist.



    Wenn das so ist - warum werden dann trotzdem viele Milliarden in die bemannte Raumfahrt gesteckt? Warum bereiten die USA jetzt sogar neue Flüge zum Mond vor, warum wird ernsthaft über einen Flug zum Mars diskutiert?

    Mit Wissenschaft und Technik hat das wenig zu tun; umso mehr mit Politik.

    Die UdSSR erkannte als erste Macht die ungeheure Propaganda- Wirkung, die mit der bemannten Raumfahrt zu erreichen war, und zwang damit die USA in einen Wettlauf um den ersten Menschen im All.

    Die UdSSR gewann und lag danach noch jahrelang vorn; für viele damals der ultimative Beweis für die Überlegenheit des Sozialismus. Die USA schlugen mit dem Projekt Apollo zurück und bewiesen mit der Mondlandung die Überlegenheit einer freien Gesellschaft.

    Ein zweites Motiv für die bemannte Raumfahrt war ihre militärische Bedeutung. Was man über die Raumfahrt der UdSSR erfuhr, war sozusagen nur die zivile Spitze des Eisbergs. Innerhalb des Almaz- Programms gab es beispielsweise bemannte Raumstationen, die nicht nur mit Spionage- Geräten, sondern gar mit einer Kanone und Raketen ausgerüstet waren. Da wurde wirklich der "Krieg der Sterne" vorbereitet.

    Vergangenheit? Jedenfalls weitgehend; allerdings gibt es Hinweise darauf, daß die chinesische bemannte Raumfahrt auch militärische Ziele verfolgt.

    Dominierend ist aber hier, wie einst bei der UdSSR, die Propaganda- Dimension. Die Sowjetunion wollte mit den Erfolgen ihrer Raumfahrt die Überlegenheit des Sozialismus und die Macht ihres Staats zeigen. China will heute damit demonstrieren, daß es in den Kreis der Weltmächte gehört.

    Und zwar nicht nur, indem man aufzuholen versucht. Sondern man will überholen; nämlich mit dem Mondprogramm. China hat eine umfangreiche Erforschung des Mondes begonnen, deren Ziel sehr wahrscheinlich die Landung von Menschen auf dem Mond ist; vielleicht zwischen 2025 und 2030.

    Da wollen sich die USA nicht noch einmal von einem kommunistischen Konkurrenten schlagen lassen. Die erste bemannte Mondlandung innerhalb des Programms Constellation ist für den 19. Juni 2019 vorgesehen.



    Es geht also bei der bemannten Raumfahrt wieder, wie zur Zeit des Kalten Kriegs, überwiegend um Machtpolitik. Hat Europa es nötig, sich in dieses machtpolitische Spiel einzuschalten? Ich sehe dazu keinen Anlaß. Das Ansehen und der Einfluß Europas hängen nicht daran, ob wir eine eigene bemannte Raumfahrt betreiben.

    Allenfalls könnte man argumentieren, daß wir, da wir nun einmal an der ISS mit Astronauten beteiligt sind, diese doch auch eigenständig transportieren können sollten; ohne weitergehende Pläne.

    Aber das wird mit dem, was Gallois vorschlägt, kaum möglich sein. Denn die ISS ist für eine Lebensdauer bis 2015 ausgelegt. Wahrscheinlich wird man ihr noch ein paar Jahre mehr geben. Ein europäisches bemanntes Raumschiff könnte nicht früher als 2017 oder 2018 einsatzfähig sein.

    Gerade rechtzeitig, um von dort aus der ISS beim Verglühen zuzuschauen.



    Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Werbeplakat für den Pony Express (ca 1860). Frei, da das Copyright erloschen ist.

    18. Juli 2009

    Marginalie: German angst? Das war einmal. La peur française! Wer fürchtet sich vor der Schweinegrippe?

    Ist Ihnen das auch schon aufgefallen? Es tut sich was in Deutschland.

    Seit den siebziger Jahren, gipfelnd in der Zeit der rotgrünen Koalition, waren wir Deutschen ein Volk von Angsthasen. Wir wurden ganz dem Bild gerecht, das man im Englischen mit German angst verbindet.

    Glykol im Wein, Maden im Fisch, Feinstaub in der Luft, verstrahlte Pilze aus Polen, kindermordende Kampfhunde, Leukämie verursachende AKWs - es vergingen kaum ein paar Monate, in denen nicht irgendeine German angst grassierte.

    Und jetzt? Es scheint, daß wir unter der Ruhe und Kompetenz ausstrahlenden Kanzlerin zu einem gelassenen Volk geworden sind. Es ist ein wenig wie einst unter Konrad Adenauer. Der Alte wird's schon richten, das war damals die Grundstimmung.

    Man sieht das beispielsweise daran, daß der Versuch der SPD, einen ungefährlichen Zwischenfall im KKW Krümmel zu einer Beinahe- Katastrophe aufzubauschen, auf nicht eben viel Resonanz gestoßen ist. Man sieht es daran, daß die Wirtschaftskrise bisher die allgemeine Stimmung nicht wirklich getrübt hat.



    Und man sieht es an der Angst vor der Schweinegrippe. Oder vielmehr deren Abwesenheit.

    Demoskopen haben - es ist heute im Nouvel Observateur zu lesen - in 19 Ländern der Erde dieselbe Frage gestellt: Wieviel Sorgen machen Sie sich wegen der Schweinegrippe?

    Die Reaktionen waren extrem verschieden. Am meisten Sorgen ("besorgt oder sehr besorgt") machten sich die Chinesen (64%) und die Bolivianer (59%). In Europa macht man sich am wenigsten Sorgen in den Alpen: Schweiz 7%, Österreich gar nur 3%.

    Wer ist Spitzenreiter in Europa? Frankreich, das Land der - so meinen wir es ja - gelassenen Rotwein- Trinker und Gitanes- Raucher; das Land des savoir vivre. 40% Prozent der Franzosen sind besorgt oder sehr besorgt.

    Und wir Deutschen? Ganz so gelassen wie unsere schweizer und österreichischen Vettern sind wir noch nicht. Aber mit 14% doch schon recht nah dran.



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