30. September 2012

Marginalie: Frankreich auf dem Weg zur Metropole des Zigarettenschmuggels

Am morgigen 1. Oktober werden die Zigarettenpreise in Frankreich erneut drastisch steigen. Die Regierung von François Hollandes Premier Jean-Marc Ayrault hat eine Verordnung erlassen, die mit einer durchschnittlichen Verteuerung von 7,6 Prozent die größte Erhöhung der Tabaksteuer seit 2003/2004 festsetzt.

Die damalige Serie von Preiserhöhungen, durch die eine Schachtel um rund 40 Prozent verteuert worden war, wurde seinerzeit mit gesundheitspolitischen Zielen begründet. Diesmal ist man ehrlicher:

Zitat des Tages: Der Minister Altmaier zieht das Ei des Columbus aus der Tasche. Es riecht etwas faul

Ich schlage vor, dass wir eine Bürgerdividende beim Ausbau der Netze einführen. Die Bürger sollen die Möglichkeit haben, sich mit ihrem Kapital zu einem festen Zinssatz zu beteiligen. (...) Die Einlagen sollten mit einem Satz von fünf Prozent verzinst werden. Das ist realistisch, wenn die Netzbetreiber ihre Rendite von maximal neun Prozent nach Abzug der eigenen Kosten an die Bürger weitergeben.
Umweltminister Peter Altmaier heute im Interview mit der F.A.S. über die Verteilung der Erlöse aus dem Ausbau des Stromnetzes, der durch die "Energiewende" erforderlich geworden ist.

Kommentar: Da werden sich die Netzbetreiber aber freuen.

Der Ausbau der Offshore-Windkraft stockt schon jetzt u.a. deshalb, weil eine Investition in Windräder potentiellen Kapitalgebern nicht hinreichend rentabel erscheint

Marginalie: "Die Verteilungspolitik wird im Wahlkampf 2013 ein zentrales Thema sein". Die Linke macht mobil

Zu den Sachbüchern, die ich als Schüler mit dem größten Gewinn gelesen habe, gehörte ein schmales List-Taschen­buch:
Ludwig Reiners, Die Sache mit der Wirtschaft. Briefe eines Unternehmers an seinen Sohn.
Es war 1956 als 82. Band der Taschenbuchserie "List Bücher" erschienen; sie kosteten den einheitlichen Preis von 1,90 DM und wurden mit dem Slogan "Aus der Tasche in die Hand" beworben.

Das erste Kapitel - also der erste Brief - hieß "Können wir den Reichtum aufteilen?", das zweite "Können wir die Armut abschaffen?".

29. September 2012

Zettels Meckerecke: Nachrichten aus der Dunkelmänner-Republik Deutschland

Die Aufklärung ist bekanntlich eine Erhellung: Es klärt sich auf, wie wenn Wolken der Dummheit und des Obskurantismus (also des Verdunkelns, von obscurare, verdunkeln) vom Himmel wegziehen oder besser: hinweggezogen werden. Englisch heißt die Aufklärung enlightenment; da steckt also das Licht im Wort. Französisch heißt sie noch direkter l'âge de la lumière, das Zeitalter des Lichts.

Heutzutage haben Dunkelmänner uns Europäern der EU im Wortsinn das Licht genommen, das klare, helle der Glühbirne. Ein Akt voller Symbolismus. Nicht nur die Willkür der Obrigkeit kommt in ihm zu Ausdruck, gegen die der Kampf der Aufklärung wesentlich gerichtet gewesen war; sondern es ist eben buchstäblich dunkler geworden in unseren Häusern, in denen man beim Anknipsen einer Lampe oft zunächst eine Art Dämmerzustand erzeugt. Dämmerzustand - auch das ja ein Wort von schönster Doppeldeutigkeit.

Nun zwei Meldungen, die ich heute gelesen habe.

Zitat des Tages: Steinbrücks Ankündigung, for the record

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will im Falle einer Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 nicht in eine große Koalition eintreten. Für ein Kabinett Merkel sei er nicht zu gewinnen, sagte Steinbrück am Samstag beim Landesparteitag der nordrhein-westfälischen SPD in Münster.
Heute in FAZ.Net zu lesen.

Kommentar: Zur Wiedervorlage am Abend des 15. oder 22. September 2013; dies sind die wahrscheinlichsten Termine für die Bundestagswahlen 2013.

28. September 2012

Kandidat Steinbrück - der deutsche Romney? Keine schlechte Wahl, Genossen!




Es war abzusehen gewesen, daß die SPD am Ende keine Wahl haben würde, als Peer Steinbrück auf den Schild zu heben.

Gabriel konnte es nicht werden, angesichts seiner verheerenden Umfragewerte; zumal im Vergleich mit der Kanzlerin. Steinmeier wollte es nicht, aus persönlichen Gründen.

Marginalie: Sind Sie ein Obama-Fan? Wollen Sie Mitt Romney als Präsidenten? Hier finden Sie die jeweiligen erfreulichen Informationen. Stand des Wahlkampfs

Am 6. November wählen die Amerikaner ihren neuen Präsidenten, der vielleicht - beim gegenwärtigen Stand des Wahlkampfs kann man sagen: wahrscheinlich - der alte sein wird. Aber noch ist die Schlacht für Mitt Romney nicht ganz verloren.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und zur Hoffnung der Anhänger des einen wie des anderen Kandidaten hat sich Mark Josef Stern, Praktikant beim Internet-Magazin Slate, etwas Hübsches einfallen lassen:

27. September 2012

Die "Spiegel-Affäre" vor fünfzig Jahren. Eine persönliche Erinnerung. Teil 3: Die Besetzung des "Spiegel" und das Ende der Nachkriegszeit


Im ersten und zweiten Teil habe ich mich mit der Vorgeschichte der "Spiegel"-Affäre befaßt: Mit dem anfänglich kritisch-distanziert berichtenden "Spiegel", der Ende der fünfziger Jahre zu einem politischen Kampfblatt mutierte; mit dem unerbittlichen persönlichen Feldzug Rudolf Augsteins gegen Franz-Josef Strauß, der aus seiner Sicht, würde er jemals Kanzler werden, Deutschland ins Verderben führen werde.

Als in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1962 gemeldet wurde, daß eine - so hieß es damals - "Razzia" gegen die Redaktion des "Spiegel" im Gang sei, dachte ich (wie vermutlich viele andere) sofort, daß das jetzt Strauß' Gegenschlag sei.

Irgend etwas Derartiges hatte ich von Strauß erwartet. Das, was sich im Lauf des 27. Oktober - eines Samstag - und an den folgenden Tagen herausschälte, war aber von einem anderen Kaliber, als ich es mir hatte vorstellen können.

Über Reparationen

"Wie lange sollen also die Deutschen für alles Mögliche zahlen?" war die Frage, die Zettel vor einigen Wochen zitierte. Die Frage hatte der ehemalige slowakische Parlamentspräsident Sulik in Zeit-Online gestellt und er kam letztlich zum Schluß, daß Deutschland schon genug gezahlt habe und eine weitere Haftung für die Vergehen früherer Generationen unangemessen sei.

Die Gegenposition ist nun ebenfalls auf Zeit-Online zu lesen.
"Schulden wir den Griechen noch einige Milliarden?" fragt der deutsche Professor Ritschl. Und kommt letztlich zum Schluß, daß die Deutschen noch beliebig lange für alles Mögliche zahlen sollten.

Zitat des Tages: "Gartenzwergvoltaire". Gero von Randow über die Frage eines Aufführungsverbots für den Mohammed-Film

Gewiss, der aufgeklärte Deutsche, gut beschützt von seinen Ordnungskräften, mag er auch den Film "primitiv" finden und überhaupt Blasphemie eher "unnötig", er kann als Gartenzwergvoltaire auftreten und sagen: Ich bin zwar nicht für solche Sachen, aber ich würde diese Freiheit bis zum letzten Blutstropfen verteidigen. Nun ja. Würde er es wirklich? In einigen arabischen Ländern jedenfalls fürchten Deutsche tatsächlich um ihr Leben. Wollen wir, dass sie eventuell Märtyrer der Freiheit werden?
Gero von Randow gestern in "Zeit-Online" zu der Frage, ob die von "Pro Deutschland" angekündigte Aufführung des Mohammed-Films verboten werden sollte. Überschrift: "Soll denn die Freiheit weichen?"

Kommentar: Gero von Randow, Sohn des langjährigen Chefs des Wissenschafts­ressorts der "Zeit" Thomas von Randow ("Zweistein"), ist einer der klügsten deutschen Journalisten.

Die "Spiegel-Affäre" vor fünfzig Jahren. Eine persönliche Erinnerung. Teil 2: Rudolf Augsteins Feldzug gegen Franz-Josef Strauß


Im ersten Teil habe ich geschildert, wie ich vor der "Spiegel"-Affäre als Student zur Politik gestanden hatte: Interessiert, aber überhaupt nicht engagiert; wie viele meiner Kommilitonen. Das war die skeptisch-distanzierte Haltung, die auch der damalige "Spiegel" zeigte: Kritisch gegen alle politischen Akteure; keinem von ihnen und keiner politischen Strömung oder Richtung verbunden. Liberal nur in dem Sinn, daß das Geschehen auf der Bonner Bühne und auf der Weltbühne ohne eine einheitliche politische Linie des Blatts berichtet und analysiert wurde; sieht man von seiner strikt freiheitlich-demokratischen Orientierung ab.

Seit der Gründung des "Spiegel" hatte es nur eine Ausnahme gegeben: Die Kommentare Rudolf Augsteins (anfangs als "Jens Daniel" und dann auch "Moritz Pfeil"); schon grafisch klar als solche gekennzeichnet. Das allerdings war Meinungsjournalismus; und er sollte bewußt im Kontrast stehen zum sonstigen Blattinhalt.



Diese kritische, aber unvoreingenommene Haltung hatte der "Spiegel" zunächst auch gegenüber dem Nachwuchspolitiker Franz-Josef Strauß an den Tag gelegt, dessen Stern aufzugehen begann, als er 1953 zunächst Minister ohne Geschäftsbereichs wurde, auch genannt "Minister für besondere Aufgaben" (der "Spiegel" verballhornte das gern zu "Minister ohne besondere Aufgaben"); zwei Jahre später dann Atomminister und nach einem weiteren Jahr Bundes­minister der Verteidigung.

26. September 2012

Steinbock als Gärtner

Es war einmal ein deutscher Finanzminister, der völlig überrascht wurde von einer Finanzkrise und der Schieflage diverser Banken, für deren Aufsicht er in verschiedenen Funktionen zuständig war.
Und der sich dann in völliger Panik keinen Rat mehr wußte, als die üblichen Regeln der Eigentümer- und Aktionärshaftung in den Wind zu schießen und die in Schieflage geratenen Institute mit Milliarden an Steuergeldern zu "retten". Weswegen er in linken Kreisen inzwischen als "Finanzexperte" gilt.

Einige Jahre später ist nun Wahlkampf. Mehrere SPD-Genossen rangeln um die Kanzlerkandidatur, darunter eben jener Ex-Finanzminister Steinbrück.
Und weil ihm nun - wie seinen Kollegen - nichts Konstruktives einfällt zu den Problemen unseres Landes, will er sich mit Anti-Banken-Rhetorik profilieren. Denn in den deutschen "Qualitätsmedien" ist längst ausgemachte Sache, daß nur die pösen Banken die Schuld tragen an allen Finanz- und Schuldenkrisen.

Also legt Steinbrück Vorschläge vor, damit der Staat mehr Einfluß auf die Banken bekommt und damit angeblich künftig das passieren kann, was er selber abgelehnt hat: Die Haftung für Bankenprobleme soll wieder bei den Eigentümern liegen, nicht beim Steuerzahler.

Marginalie: Der mutmaßliche Täter von Neuss ist marokkanischer Herkunft. Wußten Sie das?

Als ich - zuerst bei "Spiegel-Online" - von der Bluttat in Neuss las, bei der ein Arbeitsuchender (neudeutsch "Kunde") in einem Arbeitsamt (jetzt "Jobcenter") heute morgen eine Sachbearbeiterin erstach, hat mich interessiert, was über den mutmaßlichen Täter bekannt ist.

Ich habe folglich die Meldung sorgfältig gelesen. Dringend verdächtig ist ein inzwischen festgenommener Mann, über den man erfährt:

Marginalie: Verletzte Menschen, gekilltes Klima

Daimler kehrt zum Klimakiller zurück.
Titel eines Artikels, der seit gestern Abend in "Zeit-Online" zu lesen ist.

Kommentar: Worum geht es? Der Vorspann zu dem Artikel verrät es:

25. September 2012

Marginalie: "Energiewende" - Aktuelles für Häuslebauer, Hintergründiges für die Geschichtsbücher

Über die verheerenden Folgen der "Energiewende" könnte man fast täglich einen Artikel schreiben. Aktuell zum Beispiel darüber, wie sie sich auf diejenigen Bürger auswirkt, die ein Eigenheim bauen wollen; auch auf diejenigen, die Miet­wohnungen in neu erbauten Häusern beziehen.

Die "Welt" hat darüber am vergangenen Donnerstag berichtet; Überschrift: "Energiewende macht Eigenheim-Traum unbezahlbar".

Warum macht sie das, die Energiewende?

Zitat des Tages: "Knallthesen Sarrazin'scher Qualität". Güllner und die Grünen

Manchmal hilft es der Auseinandersetzung, wenn man die Lautstärke herunterdreht. Also keine schäumende Empörung über "Gutmenschen", über "Ich will die Grünen um Gottes willen nicht mit den Nazis vergleichen", oder über eine "grüne Diktatur", die den zweiten Versuch gefährde, "die Demokratie in Deutschland dauerhaft zu etablieren". Denn all diese von Manfred Güllner im Spiegel-Interview geäußerten Knallthesen Sarrazinscher Qualität sind so spannend wie ein vernutztes Sockenbündchen.
Karsten Polke-Majewski in "Zeit-Online"

Kommentar: Touché!

Die "Spiegel-Affäre" vor fünfzig Jahren. Eine persönliche Erinnerung. Teil 1: Politik und der "Spiegel" vor der Kampagne gegen Strauß


Im Oktober 1962 hatte mein fünftes Semester begonnen. An seinem Ende wollte ich das Vordiplom machen und war mit den Experimenten zu meiner Arbeit beschäftigt; auch mit dem Lernen für das Examen. Da blieb wenig Zeit für Anderes, zumal für Politik.

Ich war bis dahin politisch sehr interessiert, aber überhaupt nicht politisch engagiert gewesen.

Schon recht früh hatte ich mit der Lektüre des "Spiegel" begonnen; später las ich als Schüler, wenn ich es mir finanziell leisten konnte, außerdem Time Magazine. Meine Eltern hatten meist drei Tageszeitungen abonniert; die FAZ, die "Welt" und eine Lokalzeitung. Ich hörte regelmäßig, oft stündlich die Radio-Nachrichten; wenn es am Ort möglich war, vor allem auch AFN.

Ich befaßte mich also recht genau mit Politik; aber in der Rolle des interessierten Beobachters.

24. September 2012

Vom Nachgeben gegenüber islamistischen Gewalttätern und der Ethik der Bergpedigt

... in vollem Bewusstsein eigener innerer Stärke und in Abwägung mit anderen schutzwürdigen Interessen der Rücksicht auf religiöse Gefühle Vorrang zu geben,

das fordert, wie Zettel zitiert, Ludwig Greven in der Zeit.

Das scheint in der gegenwärtigen Debatte um den Mohammed-Film und gewalttätige Ausschreitungen in islamischen Ländern eine typische Stimme zu sein: Der Klügere gibt nach. Wir nehmen auf Schwächere Rücksicht. Wir müssen nicht provozieren, wenn wir wissen, dass unser Gegenüber zur Gewalttätigkeit neigt.

Marginalie: Charlie Hebdos Karikaturen, Frankreichs geschlossene Botschaften und ein klares Wort aus Washington

Charlie Hebdo ist derzeit in den Medien. Wenn man den Namen der Zeitschrift beispielsweise bei der Internet-Ausgabe der FAZ als Suchbegriff eingibt, dann erhält man als erstes Artikel mit den folgenden Titeln geliefert:

23. September 2012

Zitate des Tages: Gabriel bessert nach, Steinbrück räumt Vorwürfe ein. Agitprop bei "Süddeutsche.de"

"Reform der Altersvorsorge - Gabriel bessert Renten-Konzept nach". — — "Umstrittener Spendenaufruf für Schachturnier - Steinbrück wehrt sich gegen Vorwurf des Amtsmissbrauchs"
Aktuelle Schlagzeilen bei Süddeutsche.de. Der Gabriel-Artikel ist derzeit der Aufmacher.

Kommentar: Die Kür des SPD-Kanzlerkandidaten geht in die heiße Phase. Wer von der SZ gestützt wird, darüber brauchen wir nun nicht länger zu grübeln.

US-Präsidentschaftswahlen 2012 (33): Wachsendes Interesse an Politik, mehr Mißtrauen gegen die Medien. Warum Mitt Romney noch gewinnen kann

Seit der Jahrtausendwende ist das Interesse der Amerikaner für Politik deutlich gewachsen.

Gallup stellt regelmäßig die Frage: "Alles in allem - wie genau folgen Sie Nachrichten zur Innenpolitik: sehr genau, einigermaßen genau, nicht sehr genau oder gar nicht?".

Im Jahr 2001 wurde diese Frage zu verschiedenen Zeitpunkten wiederholt. Der Prozentsatz derer, die "sehr genau" sagten, lag bei 26, 19, 23 und nochmals 23 Prozent. Gegenwärtig sind es 39 Prozent. Als Grafik können Sie das hier sehen.

Allerdings ist der Anstieg nicht monoton.

22. September 2012

Marginalie: "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität". Am Montag wird der Horror-Bericht einer Enquete-Kommission publiziert. Was tun gegen den "Rebound"-Effekt?

In seiner 77. Sitzung am 1. Dezember 2010 hat der 17. Deutsche Bundestag eine Enquete-Kommission mit dem schönen Namen "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft" eingesetzt. Sie hat fleißig gearbeitet und wird am kommenden Montag, dem 24. September, ihren Abschlußbericht diskutieren; und zwar in einer öffentlichen Sitzung.

Was in diesem Bericht stehen wird, ist in den Grundzügen bereits bekannt, denn der Vorsitzende einer der Projekt­gruppen der Kommission, der Abgeordnete Dr. Hermann Ott (Bündnis 90/Die Grünen) hat es dargelegt.

21. September 2012

Zitat des Tages: 27 - 1 = 20. Ein schöner Spruch. Ein Parteimann als Minister

20 von 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben einen Mindestlohn – nur Deutschland nicht.
Aus einem Artikel in den Nachrichten des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Technologie "Wirtschaft - Innovation - Ressourcen". Titel des Artikels: "Ein flächendeckender Mindestlohn für Deutschland".

Kommentar: Dieser schöne Satz - ich bin auf ihn durch Beiträge in Zettels kleinem Zimmer aufmerksam geworden - erinnert an die unsterblichen Sprüche von Fußballern à la "Zwei Chancen, ein Tor - das nenne ich hundertprozentige Chancenauswertung" (Roland Wohlfahrt).

Zettels Meckerecke: Nein, der "Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" sind keine Qualitätsmedien. Nicht im internationalen Vergleich. Über Eier, Mehl, Omelett

Durch die Konkurrenz des Internet wird das Anzeigengeschäft für die Printmedien schwieriger. Zwei davon haben daraus jetzt eine bemerkenswerte Konsequenz gezogen.

Der Branchendienst Cision meldete gestern:
Bei einem gemeinsamen Auftritt vor Werbekunden kündigten "Spiegel"-Chefredakteur Georg Mascolo und der Chefredakteur der "SZ" ("Süddeutsche Zeitung") Kurt Kister eine strategische Partnerschaft unter dem Motto 'Qualitätsjournalismus' an.

20. September 2012

Marginalie: "Spiegel-Online" über Romney - die Desinformation geht weiter

"Spiegel-Online" leistet sich zwei Korrespondenten in den USA, Marc Pitzke in New York und Sebastian Fischer in Washington. Manchmal hat man den Eindruck, daß die beiden sich in einem Wettbewerb befinden, wer am besten über den US-Wahlkampf desinformiert; wer es schafft, die Fakten mehr zu Gunsten von Obama und zu Ungunsten von Romney zurechtzubiegen.

Gestern habe ich über einen Artikel berichtet, in dem Sebastian Fischer desinformierte. Heute sucht ihn Marc Pitzke zu toppen.

Zitat des Tages: "Pussy Riot" und der Mohammed-Film. Absurdes Messen mit zweierlei Maß

Umso schwerer tut sich die breite Mehrheit mit denen, die nach wie vor einem Gott, Allah oder Jaweh anhängen und dies nicht verbergen. Das wurde schon in der Beschneidungsdebatte deutlich. Das zeigte sich erneut im Unverständnis im Westen darüber, dass Mitglieder der russischen Frauen-Punk-Gruppe Pussy Riot wegen ihres provokativen Protestes in einer orthodoxen Kirche verurteilt wurden (...) Und das zeigt auch jetzt die aufgeregte Diskussion über ein Verbot des antimuslimischen Videomachwerks eines Islamhassers.
Ludwig Greven gestern in "Zeit-Online" in einem Artikel mit der Überschrift "Mehr Respekt bitte!"

Kommentar: Da schert nun einer über einen Kamm, was nicht über einen Kamm zu scheren ist. 

Die Gruppe Pussy Riot ist bekanntlich in eine Kirche eingedrungen, und zwar in die Khram Khrista Spasitelya in Moskau, die Kathedrale Christi des Erlösers, die von den Kommunisten zerstört worden war und nach deren Sturz mit den Spenden von mehr als einer Million Moskauer wieder aufgebaut wurde; eine Kirche also, die für die russischen orthodoxen Christen eine besondere Bedeutung hat.

19. September 2012

Mal wieder ein kleines Quiz: Tote Jäger in Frankreich

Ein britischer Journalist hat am Montag über die Jagd in Frankreich berichtet; unter anderem über Jagdunfälle. Quizfragen:

Zitat des Tages: Romneys "Geheimvideo". Wie "Spiegel-Online" wieder einmal desinformiert

Die Peinlichkeiten nehmen für Mitt Romney kein Ende. Das nun veröffentlichte Geheimvideo entlarvt den Obama-Rivalen als zahlenfixierten Technokraten, dem es an Mitgefühl mangelt. Die Republikaner müssen fürchten, ihren einst sicher geglaubten Sieg schon verspielt zu haben.
"Spiegel-Online" gestern Abend als Vorspann zu einem Artikel des Washingtoner Korrespondenten Sebastian Fischer.

Kommentar: Davon stimmt so gut wie nichts.

18. September 2012

Deutschland im Öko-Würgegriff (34): Die ernüchternden Fakten zur Offshore-Windenergie. Nebst einer Erinnerung an George Dandin

Der Aufsatz, den ich Ihnen empfehlen möchte, beginnt so: "Wie wir alle schon mehrfach hörten, soll die Windkraft das Herzstück der Energiewende werden – und die Offshore-Windkraft soll den größten Anteil davon zur Verfügung stellen. Die Pläne sind 'ehrgeizig'; das ist im Öko-Sprachgebrauch das Synonym für überzogen und realitätsfern. Die zu diesen ehrgeizigen Offshore-Ausbauplänen gehörenden Zahlen sind die folgenden:".

Und es folgen Zahlen, Fakten, Berechnungen. Dieser Artikel ist das Gründlichste, das Überzeugendste und fachlich Kundigste, das ich bisher zum Thema "Offshore-Windenergie" gelesen habe.

Zettels Meckerecke: Im Zweifel link. Wie Jakob Augstein die islamistische Gewalt mit den US-Republikanern und Israel in Verbindung zu bringen sucht

Sich über die Dummheiten des Jakob Augstein aufzuregen, der seine journalistische Prominenz nicht seiner Feder, sondern seiner Familie verdankt - ist das nicht müßig?

Er hat seine Gefolgschaft; wie anders. Wer andererseits selbst denkt, der liest seine Kolumne bei "Spiegel-Online" höchstens dann, wenn er masochistische Anwandlungen hat.

Bei den einen rennt Kritik an Augstein offene Türen ein; die anderen werden weiter im Gleichklang mit diesen Dummheiten schwingen, was immer Kritiker schreiben. Also wozu sich die Mühe der Kritik machen?

Aufruhr in Arabien (31): Christenverfolgung in Ägypten

Als der ägyptische Talkshow-Moderator Sheikh Khalid Abdullah am Samstag vor einer Woche die Sendung zu dem Film The Innocent Muslim brachte, die am Beginn der jetzigen Unruhen und Gewalttaten stand, da stellte er eine Verbindung zwischen dem Film und den Kopten her. Er goß damit Öl ins Feuer; in ein Feuer, das bereits lichterloh brennt.

Denn zu den Folgen der ägyptischen Revolution gehört es, daß die christlichen Kopten zunehmend Verfolgungen und Repressalien ausgesetzt sind. Es findet dabei das statt, was "Kollektive Bestrafung" genannt wird:

17. September 2012

Zitat des Tages: "Beleidigung anderer Religionen". Anmerkung zu einem Satz von Dr. jur. Guido Westerwelle

Ich bin der Überzeugung, dass die Beleidigung anderer Religionen nicht nur dem Strafgesetzbuch nach untersagt ist, sondern dass das auch immer eine Frage der Wahrung der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Friedens ist.
Außenminister Guido Westerwelle gestern Abend im Bericht aus Berlin.

Kommentar: Dieser Satz hat mich gewundert. Die "Beleidigung anderer Religionen" ist dem Strafgesetzbuch nach verboten? Die Beleidigung der eigenen also nicht?

Ein Blick ins Strafgesetzbuch; § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltan­schau­ungs­vereini­gungen:

16. September 2012

Marginalie: Wie begann die Affäre um den Mohammed-Film "The Innocence of Muslims?"

Der Film The Innocence of Muslims (man kann ihn sich im Internet ansehen; ein übles Machwerk und filmisch miserabel) wurde am 1. Juni an die Öffentlichkeit gebracht. Wie kommt es, daß er erst jetzt die Aufmerksamkeit erfährt, die zu den aktuellen Krawallen und Gewalttaten führte? Am Freitag hat Stratfor den Hintergrund analysiert.

15. September 2012

Die Münsteraner stimmen morgen über ihren Hindenburgplatz ab. Wie sich die politische Korrektheit jetzt der Straßennamen bemächtigen will


Seit 85 Jahren hat Münster seinen Hindenburgplatz. Jeder, der in Münster studiert hat, kennt ihn; denn wenn man vom Hauptgebäude der Universität - dem Schloß - in die Innenstadt möchte, dann überquert man ihn. Entweder geht es dann durch die Überwasserstraße oder durch die Frauenstraße ins Zentrum; man kann auch etwas weiter südlich die Universitätsstraße nehmen.

Nein, so ist es nicht ganz richtig. Nicht mehr.

Zitat des Tages: Sind Menschenrechte wichtiger als das Völkerrecht? Aus einem Gespräch mit einem der bedeutendsten Konservativen Deutschlands

Schmidt: ... bin ich sehr skeptisch, wenn ich das neue Schlagwort der responsibility to protect höre. Dieses Prinzip propagiert einen Verstoß gegen geltendes Völkerrecht.

di Lorenzo: Es geht von der Vorstellung aus, dass Menschenrechte unteilbar sind und es eine Verantwortung zum Schutz des Menschen gibt.

Schmidt: Es geht von der Vorstellung aus, dass Menschenrechte wichtiger sind als das Völkerrecht.

di Lorenzo: Ist Freiheit in Ihren Augen nicht so wichtig wie Wohlstand?

Schmidt: Das Freiheitsideal, das Ideal der einzelnen Person ist eine Erfindung der europäischen Neuzeit – mit der Tendenz zur Ausbreitung auf der ganzen Welt.
Helmut Schmidt im Gespräch mit Giovanni di Lorenzo. Diese Folge der Gesprächsreihe "Verstehen Sie das, Herr Schmidt?" ist im aktuellen "Zeit-Magazin" (38/2012 vom 13. 9. 2012) und bei "Zeit-Online" zu lesen.

Kommentar: An einer Stelle des Gesprächs sagt di Lorenzo: "Sie merken, dass ich immer wieder Schwierigkeiten habe, Ihnen zu folgen"; Schmidts lakonische Antwort: "Sie müssen ja nicht!".

Solche Dialoge durchziehen diese Gespräche. Denn immer wieder ist di Lorenzo sichtlich verstört darüber, daß Schmidt sich dem verweigert, was im heutigen Deutschland als Konsens gilt.

Schmidt ist ein Konservativer; der vielleicht bedeutendste, sicher aber der angesehenste konservative Denker, den wir gegenwärtig in Deutschland haben.

14. September 2012

Marginalie: Der Angriff gegen das US-Konsulat in Bengasi - eine Chance für die USA? Über die libysch-amerikanischen Beziehungen

Es war nicht eine "aufgebrachte Menschenmenge", die das US-Konsulat im libyschen Bengasi angriff und den amerikanischen Botschafter sowie drei weitere Amerikaner tötete.

Die Attacke war von langer Hand geplant und wurde von einer der Kaida nahestehenden Gruppe von Terroristen ausgeführt; vermutlich - so CNN - den Omar Abdul Rahman-Brigaden.

13. September 2012

Ziemlich beste Tattoos

Anscheinend gab es kürzlich einen Film des Titels "Ziemlich beste Freunde", und ein Buch von Bettina Wulff, in dem sie neben anderen Themen ihr Tattoo behandelte.

Das eine veranlasste Harald Martenstein, Chefspötter der Zeit, und das andere Ulf Poschardt, Cheflyriker der Welt, zu je einer Meckerecke zum Thema Originalität. Nichts sei weniger originell, als der Versuch, originell zu sein, und jeder Spießer beeile sich, nicht als Spießer zu erscheinen, so die These der beiden Autoren, wer mit Tätowierungen oder der inzwischen beliebten Sprachmarotte von den "ziemlich besten" aufzufallen versucht, befinde sich gemeinsam mit allen anderen, die das tun, auf einem Holzweg.

Marginalie: In Holland siegt der Rechtsliberale Mark Rutte. Schlappen für die Linkssozialisten und die Grünen. Geert Wilders fällt fast vom Stuhl

In Holland sind jetzt 97 Prozent der Stimmen ausgezählt. Die auf dieser Grundlage errechnete Sitzverteilung dürfte der endgültigen sehr nahe kommen.

Über die Lage unmittelbar vor den Wahlen und die Aussichten der Parteien habe ich gestern berichtet. Auf diesen Artikel beziehe ich mich jetzt:

12. September 2012

Was ist von den Wahlen in den Niederlanden zu erwarten? Eine kleine Handreichung. Holland plus Hollande

Bisherige Sitzverteilung

Die heutigen Wahlen in den Niederlanden sind von großer europapolitischer Bedeutung.

Der bisherige Ministerpräsident Mark Rutte von der rechtsliberalen VVD gehörte zu den letzten Verbündeten Angela Merkels im Kampf um einen europäischen Sparkurs. Ihr Hauptverbündeter Sarkozy ist Geschichte; sein Nachfolger François Hollande hat Frankreich ins Lager der südeuropäischen Länder geführt, die von einer Inflation profitieren würden und sie also wollen; sie zumindest in Kauf nehmen. Siegt in Holland Mark Ruttes Widerpart Diederik Samsom von der sozialdemokratischen PvdA, dann wird sich Holland dieser Koalition anschließen; zumal Samsom mit der linkssozialistischen PS regieren würde.

Merkels europäische Koalition besteht dann noch aus Deutschland und Finnland.



Der NRC Handelsblad faßt in seiner heutigen Ausgabe die Aussichten der Parteien zusammen:

Wo ist Xi Jinping? Und was würde es bedeuten, wenn er ausfällt? Eine Anmerkung zum politischen System Chinas

Es ist wie in den alten Zeiten der Kreml-Astrologie.

Damals, zur Zeit des Kalten Kriegs, passierten seltsame Dinge in der UdSSR, die offiziell unerklärt blieben; und eine ganze Riege von westlichen Fachleuten - eben die Kreml-Astrologen - machten sich daran, hinter das Geheimnis zu kommen. Was bedeutete es beispiels­weise, wenn die "Prawda" plötzlich ihre Losung zu Jugoslawien änderte? Einen schweren Machtkampf im Kreml bedeutet es; so deuteten es Kreml-Astrologen im Dezember 1963.

Das heutige China wird manchmal schon als ein postkommunistisches Land betrachtet. Aber die politischen Machtstrukturen sind immer noch die einer klassischen kommunistischen Diktatur. Dazu gehört, daß in Peking, wie einst in Moskau, seltsame Dinge geschehen, von denen die Öffentlichkeit nichts erfährt; eine Einladung zur Peking-Astrologie.

11. September 2012

Marginalie: Obama schwänzt

Wirklich nur eine Marginalie, aber doch die gegenwärtig meistgelesene Meldung in der Washington Post:

Amerikanische Präsidenten erhalten täglich den sogenannten Presidential Daily Brief (PDB).

10. September 2012

Deutschland im Öko-Würgegriff (33): Vor dem Blackout


Zu unseren letzten Anschaffungen gehören LED-Lampen, deren Akku man durch Kurbeln auflädt. Taschenlampen; auch eine hübsche Grubenlampe, die unsere Küche erhellen wird, wenn es so weit ist. Auch ein Kurbelradio steht bereit. Ein Campingkocher, betrieben mit Gaskartuschen, wird es erlauben, die Vorräte aus dem allmählich tauenden Tiefkühlschrank wenigstens zum Teil zuzubereiten, bevor sie verderben.

Mag sein, daß diese Maßnahmen ein wenig übertrieben sind.

Marginalie: "Übles Geraune von Tagesschau und Co." Wie seriöse Medien die Gerüchte um Bettina Wulff verbreiteten

"Also, Frau Meier, ich gebe ja nichts auf Klatsch und Tratsch. Ich würde das nie weitererzählen, was da gemunkelt wird. Nämlich, daß die Frau X ...". Und so fort.

Das ist die unterste, die widerwärtigste Form des Tratschens. Man gibt das Gerücht nicht weiter, sondern man sagt ja nur, daß es das Gerücht gibt. Das wird man doch noch dürfen.

Als die Affäre begann, die schließlich zum Rücktritt des Bundespräsidenten Wulff führte, kursierten die Gerüchte über Bettina Wulff schon lange auf Schmuddelseiten des Internet. Nach Recherchen der "Süddeutschen Zeitung" gehen sie zurück auf das Jahr 2006, als es Machtkämpfe innerhalb der niedersächsischen CDU gab. Die Gerüchte seien in die Welt gesetzt worden, um Wulff zu schaden.

Jedenfalls war dieses Getratsche bekannt, als Mitte Dezember die ersten Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten Wulff auftauchten. Kein seriöses Medium, kein anständiger Blogger erwähnte das.

9. September 2012

Zitat des Tages: "Es war ein Fehler, Griechenland aufzunehmen". Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing zur Krise Europas

Schmidt: Als der Vertrag von Maastricht 1992 unterzeichnet wurde, hatte die EU zwölf Mitgliedstaaten. Und diese zwölf haben den Fehler gemacht, jedermann in Europa zum Beitritt einzuladen, auch zur gemeinsamen Währung. (...)

Giscard: Ganz ehrlich, es war ein Fehler, Griechenland aufzunehmen. Griechenland war einfach nicht reif. Griechenland ist im Grunde ein orientalisches Land. (...)

Giscard: Ich hoffe, dass wir so schnell keine weiteren Mitglieder aufnehmen werden – vielleicht mit einer Ausnahme: Polen.
Kernsätze eines Gesprächs, das die "Spiegel-Redakteure" Romain Leick und Georg Mascolo mit Helmut Schmidt und Valérie Giscard d'Estaing führten; zu lesen im "Spiegel" der kommenden Woche (37/2012 vom 10. 9. 2012, S. 106 - 110).

Kommentar: Bemerkenswerte Einsichten von zwei großen Elder Statesmen.

US-Präsidentschaftswahlen 2012 (32): Die Lage nach den beiden National Conventions. Versuch einer Bilanz

Die National Conventions in den USA haben wenig Ähnlichkeit mit den Wahl­parteitagen, wie wir sie in Europa kennen.

Zwar wird ein Wahlprogramm verab­schiedet (die platform); zwar geht es natürlich zentral um die Kür des Kandidaten für die Präsidentschaft.

Aber die platform wird im allgemeinen schon im Vorfeld des Parteitags ausgehandelt; auch wenn danach noch Änderungen möglich sind.

Nicht immer, aber oft steht auch der Kandidat schon fest, bevor der Parteitag beginnt; sei es aufgrund des Ergebnisses der Vorwahlen, sei es, weil er der incumbent ist, der amtierende Präsident. Dieser wird, wenn er noch einmal antreten darf (also nach seiner ersten Amtszeit, danach ist das nicht mehr möglich) fast automatisch erneut aufgestellt; auch wenn es im Vorwahlkampf gelegentlich Gegenkandidaten gegeben hat.

Was soll dann eigentlich ein aufwendiger Parteitag, der sich über drei oder vier Tage erstreckt? Er hat zwei Haupt­funktionen:

8. September 2012

Mal wieder ein kleines Quiz: Hausfrau oder Berufstätigkeit? Eine Umfrage in den USA

Gallup fragt stellt regelmäßig die folgende Frage:
Wenn Sie die freie Wahl hätten, wäre Ihnen dann einen Berufstätigkeit außer Hauses lieber, oder würden Sie es vorziehen, zu Hause zu bleiben und sich um den Haushalt und die Familie zu kümmern?
Frage 1: Wieviel Prozent der befragten Amerikanerinnen sagten, sie würden bei freier Wahl lieber Hausfrau sein?

7. September 2012

Die Geschichte hinter Eastwoods Leerer-Stuhl-Auftritt, jetzt im einzelnen enthüllt vom "Carmel Pine Cone"

Clint Eastwood spricht sein Schweigen, so titelt CNN. Wo hat er es gebrochen? Gegenüber einem Provinzblättchen mit dem schönen Namen The Carmel Pine Cone, der Carmeler Pinienzapfen; es erscheint einmal die Woche in Carmel-by-the-Sea.

Carmel-by-the-Sea ist eine kleine Stadt mit einer Künstler­siedlung an der Küste Kaliforniens zwischen San Francisco und Los Angeles. Es hat knapp 4000 Einwohner, gilt als besonders hundefreundlich und hat ein Verbot erlassen, ohne Erlaubnis High Heels zu tragen. Bis 1986 war es dort auch verboten, auf den Straßen Eiscreme zu verkaufen. Ich komme darauf zurück.

Zitate des Tages: "Überraschender Job-Aufschwung stärkt Obama". Wie "Spiegel-Online" desinformiert

Überraschender Job-Aufschwung stärkt Obama
Überschrift eines Artikels, der seit heute 14.57 Uhr bei "Spiegel-Online" zu lesen ist.
US-Wirtschaft schafft enttäuschend wenig neue Jobs
Überschrift eines Artikels, der seit heute um 15.09 Uhr in "Zeit-Online" zu lesen ist.

Kommentar: Beide Artikel verwenden dasselbe Agentur­material von dpa und Reuters; "Spiegel-Online" dazu noch AP, "Zeit-Online" AFP. Aber lesen Sie:

6. September 2012

Marginalie: "Spiegel-Online" vor Ort auf dem Parteitag der Demokraten. Vom Leiden des Journalisten. Blogger, du hast es besser

In "Spiegel-Online" kann man heute eine rührende, Mitleid erheischende Geschichte lesen. Sie handelten vom Leid der beiden Journalisten Sebastian Fischer und Marc Pitzke, die sich nach Charlotte, North Carolina, aufgemacht hatten, um von der National Convention der Demokraten zu berichten.

Auszüge aus ihrer Leidensgeschichte:

Enteignung

Früher ging es bei Enteignungen eher rustikal zu: Gewalttätige Leute, meist mit roten oder braunen Parolen, erklärten das Vermögen ihrer Opfer für konfisziert bzw. einer guten Sache (sprich: der maroden Staatskasse) zugeführt. Der Einfachheit halber wurden die Vorbesitzer meist anschließend liquidiert oder in irgendein Lager gesteckt.

Heute geht es distinguierter zu. Die Forderung nach Enteignung kommt von Journalisten, die sich über eine Lösung der Schuldenkrise Gedanken machen. Aber sie wollen eine Lösung, bei der die Ursache des Problems (überhöhte Staatsausgaben) nicht angetastet wird. Da bleibt dann nur die Enteignung der Gläubiger.

Immerhin: Keine komplette und sofortige Enteignung wird gefordert, sondern nur eine teilweise und schleichende.
Ist ja bisher auch schon gut angelaufen: Seit Krisenbeginn sind die Zinsen so drastisch gesunken, daß die Sparer direkt (über ihre Geldanlagen) und indirekt (über Versicherungen und Fonds) fette zweistellige Milliardenbeträge eingebüßt haben. Jetzt noch die Inflation hochgeschraubt, und dieser Schaden kann noch deutlich vergrößert werden.

Aber immerhin: Es soll niemand liquidiert werden. Ist ja auch vernünftig, schließlich sollen die Enteigneten auch weiter brav Steuern abliefern.
R.A.



© R.A.. Für Kommentare bitte hier klicken.

Marginalie: Bill Clintons beste Rede. Was aber hält er wirklich von Obama? Die vermutlichen Folgen

Wolf Blitzer von CNN sagte nach der Rede: Seit ich 1992 Korrespondent in Washington war, habe ich viele wichtige Reden Bill Clintons erlebt. Diese war die beste.

Ein Video der Rede können Sie hier sehen; das Transkript gibt es hier.

Clinton hat damit die Latte für Obama sehr hoch gelegt, der heute Nacht spricht.

Der Somst. Mit einem Gemälde als Zugabe

In diesen Tagen beginnt meine Lieblings-Jahreszeit. Sie ist keine der "Vier Jahreszeiten", sondern eine Zeit weit minderen Rangs - nur eine Zwischenzeit, eine Zeit des Übergangs. Im Deutschen heißt sie erst Spätsommer und dann, wenn sie fortschreitet, Frühherbst. Ein anderer Name ist Altweibersommer (Das ist, wie wir der Wikipedia entnehmen können, gemäß Urteil des Landgerichts Darmstadt keine ältere Damen diskriminierende Bezeichung).

In England nennt man sie ganz gleichartig Old Wives' Summer. Der Indian Summer in den USA und in Canada (dort also auch Été Indien) umspannt unseren Frühherbst, ja ragt teilweise bis spät in den Herbst hinein; denn bis in den November findet man dort in bestimmten Gegenden das, was diese Zeit des Jahres ausmacht: Das spezifische Wetter, den spezifischen Zustand der Vegetation.

Wie also diese Zeit nennen? "Somst", schlage ich vor. Zusammengezogen aus Sommer und Herbst. Wie der smog aus smoke und fog.

5. September 2012

Marginalie: Michelle Obamas fulminanter Auftritt; dazu zwei Links. Die Demokraten rücken von Israel ab. Umriß ihrer Strategie

In diesem Fall sollten Sie sich nicht mit dem Lesen des Redetexts begnügen, sondern sich das Video der Rede ansehen.

Ich hatte Michelle Obama noch nie bei einer längeren Rede erlebt. Sie ist fulminant.

Zitat des Tages: "Die europäischen Nationen kann man nicht verschmelzen". André Glucksmann zur Europapolitik

Die europäischen Nationen ähneln sich nicht, deshalb kann man sie nicht verschmelzen. Was sie verbindet, ist nicht eine Gemeinschaft, sondern ein Gesellschaftsentwurf. Es gibt eine europäische Zivilisation, ein westliches Denken. (...)

Europa stellte nie eine nationale Einheit dar, nicht einmal im christlichen Mittelalter. Die Christenheit blieb immer gespalten – römisch, griechisch, später protestantisch. Ein europäischer Föderalstaat, eine europäische Konföderation ist ein Fernziel, das in der Abstraktion des Begriffs verharrt. Sie anzustreben halte ich für eine falsch gestellte Aufgabe.
Der französische Philosoph André Glucksmann in einem "Spiegel"-Gespräch mit dem Titel "Kontinent des Kummers" (Heft 34/2012vom 20. 8. 2012, S. 124 - 127).

Kommentar: Im Internet ist das Gespräch in seiner Originalversion für Nichtabonnenten nicht verfügbar. Es gibt aber eine englische Übersetzung bei Spiegel-Online International.

Ist Glucksmann, wie es das Zitat vermuten läßt, ein Euroskeptiker?

4. September 2012

Die Achse des Bösen? Romney/Ryan im (Zerr)-Spiegel deutscher Berichterstattung. Ein Gastbeitrag von Juno

Loyalität zum "eigenen" Lokal- oder Nationalteam ist in der Sportberichterstattung selbstverständlich. "Wir" sollen natürlich gewinnen, und "wir" jubeln und leiden deshalb gemeinsam. Selbst im Sportjournalismus ist es allerdings heute üblich, die Qualitäten des Gegners halbwegs objektiv darzustellen und zu analysieren. Aus Gründen der Fairness, aber auch, weil "wir" uns ein realistisches Bild vom Stand der Dinge machen wollen. Es hilft ja nichts, über die Spanier nur zu lästern, wenn sie uns aufm Platz dann doch wieder vorführen.

In der Berichterstattung über den US-Wahlkampf ist das seltsamerweise anders. "Wir" - jedenfalls laut Umfragen 80 bis 90 Prozent der deutschen Bürger - sind loyale Obama-Fans (auch wenn er "uns" zuletzt doch ziemlich enttäuscht hat). Und die Medienberichterstattung über den Gegner vom Team Romney/Ryan besteht in wesentlichen Teilen nur aus Hohn und Karikatur.

Marginalie: Goebbels-Vergleich, betrunkene Delegierte. Patzer und Pannen im Vorfeld des Parteitags der Demokraten

Warum ich diese beiden Meldungen bringe, werde ich am Schluß sagen.

Noch bevor der Parteitag der Demokraten begonnen hat, gab es schon die ersten Patzer und Pannen.

Zitate des Tages: Ankauf von Daten-CDs. Leutheusser-Schnarrenberger hat in der Sache Recht. Aber politisch war ihr Alleingang denkbar unglücklich

Der Kauf von gestohlenen Daten durch die Obrigkeit verleiht dem Datendieb eine ungerechtfertigte Legitimation. Der Staat fährt taktisch wie moralisch auf der gleichen Schiene wie der Dieb.
Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Wolfgang Ewer, zitiert in der gestrigen FAZ.
Bei uns können fiskalische Interessen nicht über rechts­staat­liche Prinzipien gestellt werden.
Erbprinz Alois von Liechtenstein am 19. Februar 2008, damals zitiert in ZR.
Der Staat setze sich mit dem Datendieb an einen Tisch. Er belohnt für das Delikt, erzeugt einen ganzen Markt krimineller Datensammler und macht sich nebenbei auch noch selbst zum Datenhehler. Kurz gesagt: Um eine mittelschwere Straftat (Steuerbetrug) zu verfolgen, begehen Organe des Rechtsstaats selbst Straftaten (Hehlerei, Begünstigung, Beihilfe zur strafbaren Verwertung von Geschäftsgeheimnissen, Hehlerei).
Aus einem Artikel in der F.A.S. vom 31. Januar 2010, damals zitiert in ZR.

Kommentar: Der Vergleich der Zitate zeigt, wie alt die Diskussion ist, die jetzt wieder um Steuerflucht und die Verfolgung von Steuerflüchtigen geführt wird.

3. September 2012

Marginalie: Morgen beginnt in den USA der Wahlparteitag der Demokraten. Eine Vorschau

Morgen beginnt in Charlotte im Staat North Carolina die National Convention der Demokraten, auf der am Donnerstag Präsident Obama zum Kandidaten für eine zweite Amtszeit gewählt werden wird. Alle Informationen dazu finden Sie, laufend aktualisiert, hier.

Die Ausgangslage hat Jim Rutenberg in der New York Times analysiert. Auf seinen Artikel stütze ich mich teilweise.

Zitat des Tages: "Golgatha ist keine Zahnpasta". Ein ausgezeichneter Artikel zu unserer christlichen Tradition

Golgatha ist keine Zahnpasta, und Sodom und Gomorrha sind kein Ehepaar. Noah ist nicht bloß der Vorname von Boris Beckers Sohn und Hiob nicht allein der Titel eines Romans von Joseph Roth. Ostern ist nicht das Fest von Jesu Hochzeit und Pfingsten nicht das seiner Auferstehung.

Viele Bewohner des sogenannten christlichen Abendlandes wären sich da allerdings nicht so sicher.
Beginn eines Artikels von Christine Brinck, der zunächst in der gedruckten "Zeit" erschien und seit gestern auch bei "Zeit-Online" zu lesen ist.

Kommentar: Ich möchte Ihnen sehr empfehlen, diesen Artikel zu lesen. Er ist ein glänzendes Plädoyer gegen das, was ich in einem anderen Zusammenhang Traditions­vergessen­heit genannt habe.

Dort ging es um die Vernachlässigung der geschichtlichen Tradition vor allem in Deutschland. Christine Brinck befaßt sich mit der Vernachlässigung der religiösen Tradition; insbesondere mit der wachsenden Unkenntnis der Bibel.

2. September 2012

Marginalie: Unter dem Präsidenten Hollande sind die Franzosen so pessimistisch wie selten zuvor

Kaum jemals hatte ein Präsidentschaftskandidat den Franzosen eine so schöne Zukunft versprochen wie François Hollande. In der Debatte mit Nicolas Sarkozy konnte er gar nicht aufhören, zu schildern, welche großartigen Dinge er tun werde ("Ich als Präsident ..."). Sie konnten seinen Wahlkampf in diesem Blog in der Serie "Frankreichs Wahljahr 2012" verfolgen.

Hollande hat vor gut einem Vierteljahr sein Amt angetreten, am 15. Mai. Jetzt besagt eine Umfrage, daß die Franzosen noch nie in der Zeit nach der Amtsübernahme eines Präsidenten so pessimistisch waren wie jetzt.

1. September 2012

Marginalie: Wie kam es zu Clint Eastwoods Rede?

Wenn Sie im Augenblick auf die Startseite der Washington Post gehen, dann finden Sie als die beiden meistgelesenen Artikel das Transkript der Rede von Clint Eastwood und einen Artikel über seinen Auftritt.

Diesen habe ich gestern kommentiert. Er war erbärmlich. Aber wie konnte so etwas passieren?