31. Oktober 2020

W. W. Jacobs, "Das Zollhaus" (1907)



"Das ist doch alles Unfug," sagte Jack Barnes. "Natürlich sind Leute in dem Haus gestorben. Das kommt in jedem Haus vor. Und was die Geräusche angeht - Wind im Kamin und Ratten hinter der Vertäfelung können einen schon die Nerven kosten. Gieß mir noch mal eine Tasse Tee ein, Meagle."

"Erst sind Lester und White dran," sagte Meagle, der in den "Drei Federn" die Tischrunde leitete. "Du hast schon zwei gehabt."

Lester und White ließen sich aufreizend lange Zeit, legten zwischen den Schlückchen Pausen ein, um das Aroma zu inhalieren und sorgfältig Alter und Geschlecht der "Neuankömmlinge" zu ermitteln, die in einger Zahl in der Flüssigkeit kreisten. Mr. Meagle goß ihnen randvoll ein, dann drehte er sich zu Barnes um, der ungeduldig wartete, und bat ihn, nach heißem Wasser zu klingeln.

"Wir werden mal versuchen, deine Nerven auch weiterhin zu schonen," bemerkte er. "Ich selbst glaube ja so halbwegs an übernatürliche Dinge."

"Das tut jeder, der bei Verstand ist," sagte Lester. "Eine meiner Tanten hat einmal einen Geist gesehen."

Wenn das staatliche Fernsehen mit Unterstützung der Bundeskanzlerin Hetze betreibt

ein Gastbeitrag von Frank2000.

Da ich kaum noch Fernsehen schaue, ist dieser Vorfall an mir vorbeigegangen.
ZDF heute: "Was nun?" vom 04.06.2020

https://youtu.be/bc0YI_M8ND4?t=1008

Peter Frey:
"Die USA werden seit Tagen von Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt erschüttert. Wieviel Anteil an dieser Eskalation trägt nach ihrer Einschätzung Donald Trump, der Präsident, zum Beispiel durch seine gewaltverherrlichenden Tweets an dieser Entwicklung?"

Merkel:
"Also erst einmal ist dieser Mord an Georg Floyd etwas ganz ganz schreckliches, Rassismus ist etwas schreckliches, und die Gesellschaft in den Vereinigten Staaten ist sehr polarisiert. Ich glaube - oder meine Ansprüche sind immer an Politik, dass man versucht auch zusammenzubringen"

Ich bin derart fassungslos, dass ich dafür doch noch mal einen Gastbeitrag schreibe - obwohl ich eigentlich gar nicht mehr bloggen will.

29. Oktober 2020

Venus zum Zweiten. Das schwebende Haus auf dem "Morgenstern".

"The surface of Venus is a place of crushing pressure and hellish temperatures. Rise above it, though, and the pressure eases, the temperature drops. Fifty kilometers above the surface, at the base of the clouds, the temperature is tropical, and the pressure the same as Earth normal. Twenty kilometers above that, and the air is thin and polar cold.

"Drifting between these two levels are the ten thousand cities of Venus."
(Geoffrey A. Landis, "The Sultan of the Clouds", 2010)

"An der Oberfläche der Venus herrschen ein ungeheuerer Druck und infernalische Temperaturen. Aber weiter höher läßt der Druck nach und es wird kühler. In fünfzig Kilometer Höhe über der Oberfläche, unterhalb der Wolkendecke, entspricht die Temperatur der in den Tropenbereichen der Erde, und der Druck dem an der Erdoberfläche. Weitere zwanzig Kilometer darüber ist die Luft dünn und kalt wie an den Polen.

"Innerhalb dieser Zone schweben die zehntausend Städte der Venus."
("Der Wolkensultan")

Als an dieser Stelle vor kurzem auf den möglichen Nachweis von Spuren organischen Lebens auf dem "Schwesterplaneten" der Erde berichtet wurde (wohlgemerkt: nicht wahrscheinlich, aber immerhin möglich), hieß es:

Es wird die Aufgabe künftiger Raumsonden-Missionen sein, daß ihr Instrumentarium so ausgelegt wird, daß es Antworten auf diese Fragen liefern kann. (Denkbar wären etwa Ballon-Sonden, die in der Zone zwischen 70 und 50 Kilometern treiben und für längere Zeit Daten übertragen könnten.)

Als ich das schrieb, war mir das Projekt noch unbekannt, das zwei für die amerikanische Weltraumagentur tätige Ingenieure, Dale Arney und Chris Jones, vor fünf Jahren, 2015, in einer Projektstudie unter dem Kürzel HAVOC (für "High Altitude Venus Operational Conecpt") vorgestellt haben, und das eine detaillierte Ausarbeitung eines Aspektes eines umfassenderen Konzepts darstellt, das der ebenfalls für die NASA tätige Ingenieur und SF-Autor Geoffrey A. Landis zuerst auf einer Konferenz in Albuquerque im Jahr 2001 präsentiert hat. Es geht dabei um ein auf den ersten Blick völlig irreales, grosteskes Vorhaben, wie es nur einem drauflos fabulierenden Verfasser von Zukunftsphantasien in den Sinn kommen mag: die Erkundung des Morgensterns durch Menschen selbst und die anschließende Errichtung beständig bemannter Basen. Diese sollen allerdings nicht wie in den wenigen Fällen, in denen sich die spekulative Literatur sich diesen unwirtlichen Nachbarplaneten zum Reiseziel nimmt, tief unter der Oberfläche eingegraben vor den höllischen Bedingungen geschützt werden - eine Temperatur von 450° Celsius, ein Atmosphärendruck, der dem hundertfachen auf der Erdoberfläche entspricht, und Niederschlag aus konzentrierter Schwefelsäure, die auf allen Oberflächen kondensiert, die kälter als die Umgebung sind. (Solche Kunsthöhlen finden sich etwa in Fredrik Pohls "The Merchants of Venus", 1972 oder Michael Swanwicks "Tin Marsh", 2006.) Stattdessen sollen die Stationen als gigantische Freiballons in der oben beschriebenen oberen Atmosphäre der Venus schweben, im oberen Bereich der Troposphäre. Grundlage der Überlegung ist die Tatsache, daß ein Gasgemisch wie auf der Erde, mit einem Anteil von gut einem Sechstel bis gut einem Viertel an Sauerstoff mit dem Hauptanteil Stickstoff leichter ist als das Gemisch, aus dem die Gashülle der Venus (96,5% Kohlendioxid und 3,5% Stickstoff) besteht und daher als Traggas wirken würde. Wir reden hier freilich nicht von Gaszellen der Größenklasse, wie man sie an schönen Sommertagen in ländlichen Gegenden wie der unseren über Land fahren sieht (Ballons "fliegen" in der Sprache der Luftschiffer nicht, sondern "fahren"), sondern von Hüllen mit einem Innendurchmesser von mehreren hundert Metern. Die fliegenden Städte, die Landis für seine Erzählung "The Sultan of the Clouds" projektiert hat, tragen kreisförmige Plattformen mit einem Durchmesser von gut einem Kilometer. (Man muß im Hinterkopf behalten, daß der Verdoppelung des Durchmessers einer Kugel gemäß der Formel 4/3πr³ der Inhalt um den Faktor Acht wächst; je größer also die Hülle ausfällt, desto ungleich stärker wird die Tragfähigkeit.) Der Sauerstoff für das Traggas und die Versorgung der Besatzung wird der Umgebung entnommen: die Oberfläche der mehrgeschossigen Plattformen nehmen Gewächshäuser ein, für deren Pflanzen das Kohlendioxid das Lebenselixir darstellt. Landis' Konzept sieht zudem eine Raumstation im Orbit um die Venus vor; an der Raumschiffe, die den Shuttledienst für Material und Besatzung zwischen Venus und Erde erledigen, andocken und von denen man mit Gleitern, die im Vakuum per Raketenantrieb angetrieben werden und in der Atmosphäre durch Jetantrieb operieren.

26. Oktober 2020

Wir werden alle sterben. Ein Gedankensplitter.

Was haben COVID-19, das Waldsterben, die Klimaerwärmung und die wachsende Weltbevölkerung gemeinsam?

24. Oktober 2020

Streiflicht: Wenn der Schwachsinn Normalität wird

Über den Irrsinn der derzeitigen Entwicklung wurde gerade erst hier geschrieben. Heute mal ein kleines Streiflicht auf dem täglichen Corona-Irrenhaus, anekdotenhaft, simpel, nicht repräsentativ und vermutlich am Ende eines sehr gute Beschreibung des realen Alltags.

22. Oktober 2020

Neues vom Erdtrabanten

Die amerikanische Weltraumbehörde NASA, die "National Aeronautics and Space Administration," macht es (oder: "mag es") in dieser Woche geheimnisvoll: gestern, am Mittwoch, dem 21. Oktober 2020, kündigte sie an, am kommenden Montag, den 26., um 18:00 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, auf einer Pressekonferenz, die sich weltweit auf dem YouTube-Kanal der NASA verfolgen lassen wird, Einzelheiten zu "einer aufregenden neuen Entdeckung über den Mond" mitzuteilen. In ihrem Bulletin hielt sich die Behörde mit näheren Angaben bedeckt und ließ nur wissen, daß diese "wichtige neue Entdeckung Auswirkungen auf die Bemühungen der NASA hat, neue Erkenntnis im Hinblick auf den Mond im Hinblick auf die Erforschung des erdferneren Weltraums" haben wird ("This new discovery contributes to NASA's efforts to learn about the moon in support of deep space exploration"). Wie bei anderen Behörden ist man auch bei der NASA seit langem darin geübt, mit scheinbar präzisen Wendungen jede konkrete Inhaltsangabe zu umgehen. Klar ist nur, daß mit dem Programm der Raumforschung, die mit dem "Reiseziel Mond" genannt ist und weiter hinausweist, das Artemis-Programm gemeint ist, das darauf abzielt, ab dem Jahr 2024 wieder Astronauten zu dem Erdtrabanten landen zu lassen - 55 Jahre, nachdem zum ersten Mal ein Mensch seine Spuren im Mondstaub hinterließ - und im weiteren Verlauf dort eine Bais für eine beständige menschliche Präsenz aufzubauen. Soviel wurde gestern noch mitgeteilt: daß sich diese neuen Erkenntnisse den Beobachtungen mit dem fliegenden "Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie" (Englisch: Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy), abgekürzt SOFIA handelt.

15. Oktober 2020

Irrsinn, zweite Runde.

Am 22. März diesen Jahres, also vor knapp sechs Monaten, beschloss die deutsche Regierung in direkter Zusammenarbeit mit den Bundesländern den Lockdown, die wohl massivste Freiheitseinschränkung der Nachkriegsgeschichte auf dem Boden der BRD. Und damit einen epischen Fehlschlag mit gigantischen Proportionen. 

11. Oktober 2020

Louise Glück: Sechs Gedichte

***

Teleskop

Es gibt einen Augenblick, wenn du den Blick abwendest
in dem du nicht mehr weiß, wo du bist
denn du hast, so scheint es, woanders
gelebt: im Schweigen des Nachthimmels.

Du bist nicht länger auf dieser Welt.
Du bist anderswo,
da, wo Menschenleben nichts mehr bedeuten.

Du bist kein Lebewesen mehr, in einem Körper.
Du existierst wie die Sterne,
bist Teil ihres Schweigens, ihrer Unermesslichkeit.

Jetzt bist du wieder Teil der Welt,
in der Nacht, auf einem kalten Hügel
und baust das Teleskop ab.

Hinterher wird dir klar,
daß nicht dieses Bild falsch ist,
sondern daß der Bezug falsch ist.

Du siehst wieder, welche Distanz
zwischen allen Dingen der Welt liegt.

(aus: Averno, 2006)

8. Oktober 2020

Warum mich "female reboot" und Quotenschauspielerinnen ärgern

Ein Gastbeitrag von Frank2000. 

Hollywood dieser Tage hat schon einen deutlich sichtbaren Einschlag. Die Mehrzahl der veröffentlichten Filme und Serien hat weibliche Superheldinnen und weibliche Kämpfer. Nicht nur, dass so ziemlich jeder Actionfilm, der jemals mit einem Mann gedreht wurde, jetzt eine Neufassung mit einer Frau bekommt. Sondern auffällig dabei ist, dass in diesen neuen Filem und Neuverfilmungen die Männer "auf ihrem eigenen Gebiet" geschlagen werden sollen.

6. Oktober 2020

Zum Nobelpreis für Roger Penrose, Reinhard Genzel und Andrea Ghez

"Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn jemals irgendwer genau herausfindet, wozu das Universum da ist und warum es da ist, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch noch etwas Bizarreres und Unbegreiflicheres ersetzt.

Es gibt eine andere Theorie, nach der das schon passiert ist."


- Douglas Adams, Das Restaurant am Ende des Universums



Heute sind in Stockholm die Träger des diesjährigen Nobelpreises für Physik bekannt gegeben worden. Die Namen der Preisträger finden sich in den Meldungen sämtlicher Medien; es erübrigt sich, sie hier vorzustellen. Statt dessen möchte ich mir bei dieser Gelegenheit einige spontane assoziative Überlegungen gönnen. Wie schon im vorigen Jahr geht es um Forschungen und neue Erkenntnisse im Bereich der Astronomie und der Kosmologie - also jenem Bereich zwischen Beobachtung und theoretischer Modellbildung, die sich damit befaßt, wie "das große Ganze" des Weltbaus bis jenseits des fernsten Sterns und dem Ende der Zeiten beschaffen sein mag. Und wie auch 2019 ähnelt sich die Konstellation der Ausgezeichneten. Vor einem Jahr wurde James Peebles für seine Forschungen zum Bereich der "dunklen Materie", die nach heutiger Erkenntnis den Großteil der Masse des Universums ausmacht, geehrt: ein "elder Statesman" der Physik, und ein Theoretiker; während die Schweizer Michel Mayor und Didier Queloz für den ersten Nachweis eines Exoplaneten, eines Planeten außerhalb des Sonnensystems, den ersten von mittlerweile über 4300 aufgefundenen, damit bedacht wurden. Praktiker also, die Beobachtungen durchführen, Daten erheben, gewissermaßen Feldforschung betreiben (sofern man im Bereich der Sternkunde davon sprechen kann).