"The surface of Venus is a place of crushing pressure and hellish temperatures. Rise above it, though, and the pressure eases, the temperature drops. Fifty kilometers above the surface, at the base of the clouds, the temperature is tropical, and the pressure the same as Earth normal. Twenty kilometers above that, and the air is thin and polar cold.
"Drifting between these two levels are the ten thousand cities of Venus."
(Geoffrey A. Landis, "The Sultan of the Clouds", 2010)
"An der Oberfläche der Venus herrschen ein ungeheuerer Druck und infernalische Temperaturen. Aber weiter höher läßt der Druck nach und es wird kühler. In fünfzig Kilometer Höhe über der Oberfläche, unterhalb der Wolkendecke, entspricht die Temperatur der in den Tropenbereichen der Erde, und der Druck dem an der Erdoberfläche. Weitere zwanzig Kilometer darüber ist die Luft dünn und kalt wie an den Polen.
"Innerhalb dieser Zone schweben die zehntausend Städte der Venus."
("Der Wolkensultan")
Als an dieser Stelle vor kurzem auf den möglichen Nachweis von Spuren organischen Lebens auf dem "Schwesterplaneten" der Erde berichtet wurde (wohlgemerkt: nicht wahrscheinlich, aber immerhin möglich), hieß es:
Es wird die Aufgabe künftiger Raumsonden-Missionen sein, daß ihr Instrumentarium so ausgelegt wird, daß es Antworten auf diese Fragen liefern kann. (Denkbar wären etwa Ballon-Sonden, die in der Zone zwischen 70 und 50 Kilometern treiben und für längere Zeit Daten übertragen könnten.)
Als ich das schrieb, war mir das Projekt noch unbekannt, das zwei für die amerikanische Weltraumagentur tätige Ingenieure, Dale Arney und Chris Jones, vor fünf Jahren, 2015, in einer Projektstudie unter dem Kürzel HAVOC (für "High Altitude Venus Operational Conecpt") vorgestellt haben, und das eine detaillierte Ausarbeitung eines Aspektes eines umfassenderen Konzepts darstellt, das der ebenfalls für die NASA tätige Ingenieur und SF-Autor Geoffrey A. Landis zuerst auf einer Konferenz in Albuquerque im Jahr 2001 präsentiert hat. Es geht dabei um ein auf den ersten Blick völlig irreales, grosteskes Vorhaben, wie es nur einem drauflos fabulierenden Verfasser von Zukunftsphantasien in den Sinn kommen mag: die Erkundung des Morgensterns durch Menschen selbst und die anschließende Errichtung beständig bemannter Basen. Diese sollen allerdings nicht wie in den wenigen Fällen, in denen sich die spekulative Literatur sich diesen unwirtlichen Nachbarplaneten zum Reiseziel nimmt, tief unter der Oberfläche eingegraben vor den höllischen Bedingungen geschützt werden - eine Temperatur von 450° Celsius, ein Atmosphärendruck, der dem hundertfachen auf der Erdoberfläche entspricht, und Niederschlag aus konzentrierter Schwefelsäure, die auf allen Oberflächen kondensiert, die kälter als die Umgebung sind. (Solche Kunsthöhlen finden sich etwa in Fredrik Pohls "The Merchants of Venus", 1972 oder Michael Swanwicks "Tin Marsh", 2006.) Stattdessen sollen die Stationen als gigantische Freiballons in der oben beschriebenen oberen Atmosphäre der Venus schweben, im oberen Bereich der Troposphäre. Grundlage der Überlegung ist die Tatsache, daß ein Gasgemisch wie auf der Erde, mit einem Anteil von gut einem Sechstel bis gut einem Viertel an Sauerstoff mit dem Hauptanteil Stickstoff leichter ist als das Gemisch, aus dem die Gashülle der Venus (96,5% Kohlendioxid und 3,5% Stickstoff) besteht und daher als Traggas wirken würde. Wir reden hier freilich nicht von Gaszellen der Größenklasse, wie man sie an schönen Sommertagen in ländlichen Gegenden wie der unseren über Land fahren sieht (Ballons "fliegen" in der Sprache der Luftschiffer nicht, sondern "fahren"), sondern von Hüllen mit einem Innendurchmesser von mehreren hundert Metern. Die fliegenden Städte, die Landis für seine Erzählung "The Sultan of the Clouds" projektiert hat, tragen kreisförmige Plattformen mit einem Durchmesser von gut einem Kilometer. (Man muß im Hinterkopf behalten, daß der Verdoppelung des Durchmessers einer Kugel gemäß der Formel 4/3πr³ der Inhalt um den Faktor Acht wächst; je größer also die Hülle ausfällt, desto ungleich stärker wird die Tragfähigkeit.) Der Sauerstoff für das Traggas und die Versorgung der Besatzung wird der Umgebung entnommen: die Oberfläche der mehrgeschossigen Plattformen nehmen Gewächshäuser ein, für deren Pflanzen das Kohlendioxid das Lebenselixir darstellt. Landis' Konzept sieht zudem eine Raumstation im Orbit um die Venus vor; an der Raumschiffe, die den Shuttledienst für Material und Besatzung zwischen Venus und Erde erledigen, andocken und von denen man mit Gleitern, die im Vakuum per Raketenantrieb angetrieben werden und in der Atmosphäre durch Jetantrieb operieren.