28. August 2015

Du bist Deutschland. Du bist das Pack. Ein Gedankensplitter zu Pflichten und den Pflichten anderer.



SiggiPop, der ja immer wieder für den einen oder anderen Satz ausgesprochener Blödheit gut ist, hat einen interessanten Satz von sich gegeben, in seiner „Rede“, in der er erklärt hat, welches Pack demnächst eingesperrt werden muss. Er sagte: „Das sind Leute, die haben mit Deutschland nichts zu tun."

Prankenhieb: Erstaufnahmeeinrichtungen

Um den unkontrollierten Strömen auf die völlig überlasteten Flüchtlingsunterkünften Herr zu werden, wird vorgeschlagen, jetzt Erstaufnahmeeinrichtungen zu errichten - für Politiker.

"Wir sind am Ende unserer Kräfte", so eine Sozialpädagogin, die zusammen mit ehrenamtlichen Helfern in einer Flüchtlingsunterkunft tätig ist. "Wir haben hier sowieso schon alle Hände voll zu tun. Und dann vergeht kein Tag, an dem nicht mindestens ein Landrat oder eine Wahlkreisabgeordnete mit Fotografen und Reportern im Schlepptau hier aufkreuzt".

Dem soll nun entgegengewirkt werden. "Eine zentrale Aufnahmeeinrichtung würde uns sehr entlasten", erklärt der Geschäftsführer des Caritas-Verbandes in einer mittleren Großstadt, der ebenfalls anonym bleiben möchte. Auch dem Vorschlag, die Mandatsträger dort nach Parteien zu trennen, kann er etwas abgewinnen: "Es kommt öfter zu hitzigen Diskussionen, einmal wäre beinahe ein Handgemenge entstanden, als ein Linken-MdL eine Seite aus dem CDU-Programm gerissen hat".

Als Standorte für die Einrichtung sind Mainz oder Berlin-Mitte im Gespräch, vorrangig aufgrund der guten Erreichbarkeit für Medienvertreter. Zusätzlich sollen in einem Pilotversuch 100 Flüchtlinge mit einer provisorischen Arbeitserlaubnis ausgestattet werden, um für gemeinsame Fototermine bereitzustehen. "Das schafft Arbeitsplätze und ist zugleich ein wichtiger Schritt zur Integration", betont der Caritas-Mann. "Denn so lernen die Flüchtlinge, die Anliegen der Politiker besser zu verstehen".
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Meister Petz

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27. August 2015

JA – ABER

Eine Online-Petition begleitet die Amtseinführung des neuen Bischofs der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Dr. Carsten Rentzing: „JA-zur-Amtseinführung-ABER“. Die Unterzeichner möchten deutlich machen, dass sie für eine andere Kirche stehen, als Rentzing sie repräsentiert, der u. a. erst unlängst seine Vorbehalte gegen die Gleichbehandlung von Homosexuellen in der Kirche zum Ausdruck gebracht hatte. Nun halte ich grundsätzlich nicht viel von dieser wohlfeilen Art der Online-Mobilisierung, wo man schnell für dies oder das unterschreibt. Hier wird aber nicht mehr als eine Befindlichkeit artikuliert. Also – was soll’s! Ich wünsche meinem neuen Landesbischof Gottes Segen ohne Wenn und Aber. Und wenn es an seiner Amtsführung etwas zu kritisieren geben sollte, dann kann ich das zu gegebener Zeit auf verschiedenen Wegen immer noch artikulieren.

Eigentlich geht es mir in diesem Beitrag um etwas ganz anderes, um ein anderes JA-ABER. Und das beginnt mit einer Äußerung des scheidenden sächsischen Bischofs, Jochen Bohl. Evangelisch.de berichtet:

"Flüchtlinge haben ein Recht darauf, als Menschen in Not Hilfe und Unterstützung zu erhalten", sagte der stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Jochen Bohl, der "Rheinischen Post" in Düsseldorf. "Wir werden uns durch Brandstifter in unserem Engagement nicht einschüchtern oder entmutigen lassen", fügte der sächsische Landesbischof angesichts der jüngsten Brandanschläge hinzu. Es könne keine Rede davon sein, dass der Wohlstand des Landes durch Flüchtlinge bedroht wäre.

Das ist ein JA ohne ABER. Ein Bekenntnis zur Hilfe für Menschen in Not, ein Bekenntnis zum Einsatz und zur Unterstützung für die, die als Flüchtlinge zu uns kommen – gegen Kritik und Krawall.
Ich stehe dazu und finde das selbstverständlich.
Am kommenden Sonntag ist das bekannte Gleichnis vom Barmherzigen Samariter Predigttext in den Evangelischen Kirchen, und ich weiß eigentlich gar nicht, was ich angesichts der Ereignisse in Heidenau, Freital, Nauen usw. als Pfarrer anderes tun sollte, als diese Geschichte mehrmals hintereinander laut vorzulesen.
Wo Menschen in existenzielle Not geraten sind, unter die Räuber gefallen sind, da ist es Christen- und Menschenpflicht zu helfen, zu verbinden, Raum und Geld zur Verfügung zu stellen. Und ebenso ist es Christen- und Menschenpflicht, denen entgegenzutreten und zu widersprechen, die diese selbstverständliche Hilfe in Not ablehnen, behindern, bekämpfen und verunglimpfen.

ABER, und auf dieses ABER kommt es mir an: Wir haben kein Recht und keine Pflicht, uns und die anderen zu belügen über die Größe der Probleme, der Aufgaben und der Kosten, die da auf uns zu kommen.
Es könne keine Rede davon sein, dass der Wohlstand des Landes durch Flüchtlinge bedroht wäre. – So ein Satz ärgert mich. Hilfe für Hunderttausende, mittelfristig mehrere Millionen Flüchtlinge kann keiner aus der Portokasse bezahlen. Darum MUSS nachgerade endlich davon die Rede sein, was die Flüchtlingskatastrophe uns kostet.
Und damit meine ich nicht nur die finanziellen Kosten für die öffentlichen Haushalte und das Wohlstandsniveau eines Landes, sondern viel mehr auch die Kosten für die Demokratie und für den öffentlichen Frieden. Es muss davon gesprochen werden, was es bedeutet, wenn von den Millionen, die zu uns kommen, Hunderttausende kein Verständnis für demokratische, rechtsstaatliche und freiheitliche Verhältnisse und Lebensformen mitbringen, oder was es heißt, wenn sie die Konflikte, denen sie in ihren Herkunftsländern entflohen sind, mit zu uns bringen. Die Ereignisse in Suhl sollten da wach und hellhörig machen. Und nicht zuletzt muss auch im Blick sein, dass mit den Flüchtlingen auch islamistische Kämpfer und Terroristen kommen bzw. bewusst eingeschleust werden.
Nach Jahrzehnten ist es nur teilweise gelungen, Immigranten aus bestimmten Herkunftsländern und -regionen in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Wie schwierig wird das erst mit den Millionen werden, die jetzt kommen?
Mit den hilfsbedürftigen Menschen kommen Kosten und Probleme, riesige Kosten und Probleme, von den wir heute nicht wissen, ob wir ihnen gewachsen sein werden. Das ist das große ABER.
Wer dieses ABER nicht sagt, der macht sich mitverantwortlich dafür, dass sich die „besorgten Bürger“ belogen und betrogen vorkommen.

Wenn wir das menschlich geforderte JA zur Hilfe für Menschen in existenzieller Not sagen, dann erfordert das für unsere Gesellschaft eine gewaltige Kraftanstrengung. Dass alles so bleiben könnte, wie es ist, ist eine Illusion, und mit dieser Illusion die Beunruhigten ruhig stellen zu wollen, wird nicht funktionieren. Das würde ich meinem Noch-Bischof und all den Willkommens-Enthusiasten dieser Tage gerne sagen.
Und den „besorgten Bürgern“ würde ich gerne sagen: „Vielleicht habt ihr mit allen euren Befürchtungen recht; und trotzdem habt ihr als Menschen die verdammte Pflicht, eure Mitmenschen in Not menschlich zu behandeln!“

21. August 2015

Eine kleine Anmerkung zur Moral und warum einem nicht jeder leid tun muss.



Eine Geschichte, die es vielleicht nicht in die Top-Schlagzeilen dieser Tage geschafft hat, aber immerhin dennoch in den meisten Zeitungen zu finden war, ist der vor gut einem Monat ausgeführte Hack der Ashley-Madison Webseite. Oder vielmehr weniger der Hack als die Veröffentlichung der Nutzerdaten.

19. August 2015

Begegnung in Kazimierz

Bei einer Polenreise ist der Besuch in Krakau auf jeden Fall ein Höhepunkt. Historisch eines der glänzendsten Kulturzentren Europas und von Kriegen unzerstört. Die Altstadt, die Museen, der riesige Marktplatz, der Dom mit dem Veit-Stoß-Altar, die Königsburg - eine Fülle von touristischen Leckerbissen.

Und Kazimierz, das alte jüdische Viertel. Vor dem Krieg die größte jüdische Gemeinde in Europa mit einer großen kulturellen Tradition.
Dann kamen die Massenmörder. Von 3 Millionen Juden in Polen überlebten nur einige hunderttausend die Nazi-Herrschaft. Die aber ebenfalls nicht bleiben konnten. Beim Thema Antisemitismus waren sich die meisten Polen recht einig mit den deutschen Besatzern. Kurz nach dem Ende der KZ-Morde gab es schon wieder Pogrome, spätestens nach der antisemitischen Kampagne der kommunisten Führung 1968 war das Land "judenrein".

16. August 2015

Serien in Zettels Raum: Umweltschutz reloaded. Die Sache mit dem Dosenpfand.


Können Sie sich noch an das Dosenpfand erinnern, lieber Leser ? Natürlich können Sie das, schliesslich werden Sie Tag für Tag damit konfrontiert (zumindest wenn Sie ihren Wohnsitz noch in Deutschland haben).

13. August 2015

Das Universum stirbt


Eigentlich handelt es sich bei der Meldung, die uns aus den Kreisen der Wissenschaft über das Universum erreicht, um eine Nachricht, die alleroptimalst geeignet scheint, das Sommerloch mit leichtem Wellenschlag zu beleben, eine roßbreitenähnliche mediale Kalmenzone, in der sonst nur das Ungeheuer von Loch Ness, die Kleinen Grünen Männchen (als es sie, Jahrzehnte ist das her, noch gab), Claudia Roth oder ähnliche Phänomene für folgenlose Kurzweil sorgten, deren Irrlichtern ohne Bedeutung für das wirkliche Leben in der sublunaren Sphäre am Grunde des Luftozeans ist. Somit handelt es sich auch um das natürliche Biotop der Astronomie, jedenfalls den Teil der Sternenguckerei, von dem die Großen Medien glauben, daß es für das breite Publikum von interesse sein könnte. Vom amerikanischen Regisseur Cecil B. DeMille, dem Vater des Breitwandspektakels, stammt der Ratschlag, daß ein guter Film mit einem Erdbeben anzufangen und sich dann langsam zu steigern habe: "Start with an earthquake and work to a climax." Großformatiger als mit dem gesamten Universum kann man wirklich nicht beginnen, und sein Untergang stellt die denkbar dramatischste Wendung dar.

Und so lauteten denn auch die Aufmacher in diversen Medienportalen wie folgt:
"The Universe Is Dying" (IFL Science, 10. August 2015)

9. August 2015

Zitat des Tages: Der Realitätssinn der Grünen

"Für uns Grüne ist das leider ein harter Realitätstest. Es hat uns schon öfter erwischt, dass wir mit großem Enthusiasmus hehre Ziele verfolgt haben und dann hat die Wirklichkeit sich nicht danach gerichtet."

Boris Palmer, grüner OB in Tübingen, zum Thema Abschiebungen.

Kommentar:

Jedem, der sich auch nur ein bisschen in der Philosophie auskennt, springt beim Lesen dieses Satzes sofort eine eindeutige Assoziation ins Auge. Diese Denkfigur Palmers hat nämlich einen sehr berühmten Vorläufer, witzigerweise sogar einen Landsmann Palmers, der zwar ziemlich genau 200 Jahre früher, aber keine 20 Kilometer entfernt von ihm das Licht der Welt erblickt hat - Hegel.

7. August 2015

Kein ganz schlechter Eckpunkt

Die SPD hat eine Idee, wie man das Asylverfahren entlasten könnte. Wie die "Rheinische Post" mitteilt, sollen Einwanderer aus dem "Westbalkan" Arbeitsvisa erhalten, wenn sie einen Arbeitsvertrag haben, "der ein Einkommen oberhalb des Mindestlohns (1460 Euro brutto im Monat) sichert und nach Tarif oder branchenüblich bezahlt werden". So steht es in einem "Eckpunkte-Papier", das die Ministerpräsidenten und der Bundesvorsitzende am 3.8. beschlossen haben. (Rheinische Post, 6.8.2015)

6. August 2015

Das nackte Gute

Wenn mich gestern jemand gefragt hätte, was ich an diesem Tag vor fünf Jahren erlebt habe, hätte ich passen müssen. Da aber die Wikipedia-Startseite eine Rubrik "Jubiläen" hat, habe ich mich zumindest daran erinnert, was ich exakt 69 Tage später erlebt habe, und es war eine schöne Erinnerung.

Ich habe morgens vor dem Fernseher gesessen und mit Tränen der Rührung und Freude die Ausfahrt der 33 chilenischen Bergleute aus dem Schacht in San José verfolgt, die zuvor drei Monate dort gefangen waren. Komplett, auch nach der zehnten Ausfahrt habe ich mir zu keinem Zeitpunkt gedacht, "jetzt habe ich es gesehen, jetzt kann ich wegschalten".

Warum hat mich das so fasziniert? Ich erkläre es mir damit, dass diese Bilder in ihrer unmittelbaren Wucht etwas transportieren, das ich mangels eines besseren Begriffes "das nackte Gute" nennen möchte. Religiöse Menschen könnten es auch als Gotteserfahrung bezeichnen.

5. August 2015

Vom Bundesanwalt und der Unerträglichkeit.

 „Es entbindet Journalisten nicht von der Einhaltung der Gesetze“.
 
                                               --- Harald Range, 2015

Einen schönen Satz hat Herr Range da getan. Der Journalist ist nicht von der Einhaltung der Gesetze entbunden. So trivial wie richtig. Und dennoch ein Satz der ganz hervorragend in das Rechtsverständnis lupenreiner Demokratien unserer Tage passt, wie man sie am Bosporus oder in Vorderasien finden kann. 

4. August 2015

Meckerecke: Die PRD

Das sogenannte System Merkel wird ja vorrangig dadurch charakterisiert, dass die Kanzlerin sich "vom Volk entfernt", "unserem Ansehen Schaden zufügt" (hauptsächlich in einer bestimmten Mittelmeerrepublik) usw., vor allem aber, dass sie bevorzugt gar nichts tut oder erst dann, wenn die Sache schon gelaufen ist. 

Für Angela Merkel mag letzteres in gewisser Hinsicht sogar zutreffen. Und ich habe den Verdacht, dass das der Grund dafür ist, warum sie der Großteil des medial-politischen Berlins nicht leiden kann. Weil sie nicht über jedes Stöckchen springt, das ihr hingehalten wird. Und wenn sie es in der Vergangenheit getan hat, hat sie in der Regel daraus gelernt. Jedenfalls hat man seit dem Atomausstieg keine energiepolitische Äußerung mehr von ihr gehört - da lässt sie lieber den Kollegen Gabriel mit schöner Regelmäßigkeit ins offene Messer rennen, genauer gesagt in den offenen Hirschfänger aus München.

Ähnliches gilt noch für Schäuble, der einfach sein Ding durchzieht, ob es irgendwem passt oder nicht.

Ansonsten gleicht das politische Berlin, das in einer nie da gewesen Symbiose mit dem journalistischen Berlin lebt, einem aufgescheuchten Hühnerhaufen, das vor nichts mehr Angst zu haben scheint als vor dem Shitstorm, den irgendein Redaktionspraktikant lostritt und von seinen genauso unbedeutenden Followern geteilt wird.