(William K. Hartmann, "Dusk of Mars (after Frederic Church)," (2000))
„Cry ‚Havoc!’ and let slip the dogs of war.”
Marcus Antonius’ berühmt-berüchtigter Satz in der ersten Szene des dritten Aufzugs von Shakespeares Historiendrama „Julius Cäsar,“ und von August Wilhelm Schlegel leicht sinnverfremdend als „Mord rufen und des Krieges Hund entfesseln!“ wiedergegeben, ist wohl die bekannteste klassische symbolische Kopplung des Hundes mit der abstrakten Idee des Krieges. Und ebenso „klassisch“ ist die Vorstellung, den kosmischen Nachbarn der Erde, den Planeten Mars, wegen seiner schon mit bloßem Auge erkennbaren blutroten Einfärbung mit der Vorstellung des Kriegs und der Vernichtung in Verbindung zu bringen und entsprechend in seinem Auftreten am Nachthimmel und den Begegnungen mit den anderen Wandelsternen böse Vorzeichen erkennen zu wollen. Das geht weit über die Verbindung mit dem griechischen Gott des Krieges, Ἄρης, hinaus, dessen Pendant im römischen Pantheon, dem Mars, der Planet seinen heute gebräuchlichen Namen verdankt. Schon in der babylonischen Sternkunde, der die griechische vieles verdankte, war der Planet eine Verkörperung oder ein Symbol für den Kriegsgott Nergal – und auch im alten China galt das Auftauchen des „Feuersterns,“ des 火星 (Huǒ Xīng) als Ankündigung von „Krieg, Tod und Vernichtung.“ Asaph Hall, der 1877 die beiden Monde des Mars entdeckte, reihte sich in diese Tradition ein, indem er ihnen die Bezeichnungen der traditionellen Begleiter des Krieges, Furcht und Schrecken, Phobos und Deimos, verlieh.
Eine zweite, handfestere, aber nicht weniger symbolträchtige Verklammerung ergibt sich aus der leicht frivolen Feststellung, daß es im gesamten uns bekannten Universum genau zwei Planeten gibt, auf denen sich Zeichen von technologischer Aktivität , von zielgerichteter Manipulation der Umwelt, kurz: von intelligentem Leben gibt – und daß der Mars der einzige Weltkörper in diesem bekannten Universum darstellt, dessen Bevölkerung ausschließlich aus Robotern besteht. Als nach der Mitte des 19. Jahrhunderts, zumindest im Westen, die Vorstellung populär wurde, daß des sich bei den Planeten unseres Sonnensystems um bewohnbare Welten nach dem Muster der Erde handeln könnte, deren Leben sich entsprechend der Darwinschen Entwicklungslehre an seine spezifischen Umwelten angepaßt hat, überwog die auf der von Simon Laplace und Immanuel Kant entwickelte Vorstellung, diese „Vielzahl der bewohnten Welten“ sei sukzessive entstanden, indem sich die Gaswolke, aus der die Planeten des Sonnensystems kondensierten, „von außen her“ abkühlten und den Weg des Lebens einschlugen, sobald die Zustände vor Ort dafür erträglich geworden waren. In dieser Sicht stellte der Mars eine „alte Welt“ dar, an der man die Zukunft der Erde bereits heute sehen konnte: eine einstmals blühende Welt, deren Ozeane verdunstet und der zur lebensfeindlichen Wüste geworden war. (Daß die Forschung durch Raumsonden, die dies seit nunmehr einem halben Jahrhundert vor Ort nachprüfen, einerseits durchaus bestätigt worden ist, andererseits hier Zeitmaßstäbe nicht von Jahrtausenden oder Jahrmillionen gelten, sondern von Jahrmilliarden, zählt zu den hübschen Ironien der Wissenschaftsgeschichte.) Insofern könnte man versucht sein, beim Mars tatsächlich „die Zukunft der Erde“ vorweggenommen zu sehen – jedenfalls in Jahrmilliarden, wenn die sich aufheizende Sonne die Ozeane tatsächlich zum Verdunsten bringt und die einzigen „Lebensformen,“ die dann noch an der Oberfläche tätig sein könnten, tatsächlich Roboter oder ähnlich beschaffene Automaten sein könnten.