Als ich vor drei Monaten in Peking war, lernte ich bei dem italienischen Gesandten am einem lustigen Gesellschaftsabend dem reichen Herrn Li-Ban-Schin kennen, der als Wetterprophet im Land des Zopfes ein großes Ansehen genießt.
Die vornehmen Chinesen sind heute den Europäern gegenüber nicht mehr so diplomatisch zugeknöpft wie vor zehn Jahren noch. Auch im Osten des asiatischen Kontinents ist vieles anders geworden. Und so kam es, daß Li-Ban-Schin mich noch an demselben Abend, an dem er mich kennen lernte, einlud, ihn an einem der nächsten Tage in seiner Villa zu besuchen.
Er sandte mir eines Morgens ganz früh, gleich nach Sonnenaufgang, sein Automobil, und nach dreistündiger Automobilfahrt empfing mich Herr Li-Ban-Schin im Portal seiner Villa zwischen zwei großen weißen Porzellanhunden.
Die Villa war eine Porzellan-Villa – außen blau und innen hellgelb. Schwarzer Sammetbelag bedeckte überall den Fußboden. Und die Hälfte aller Porzellanfliesen war sowohl innen wie außen bemalt. Die Möbel bestanden aus geschnitztem Ebenholz – tief schwarz, aber nicht poliert. Das Köstlichste steckte in den großen bunten plastischen Porzellanfrüchten, die in dekorativen Kränzen mitten in den Wänden und an Tür- und Fensterrahmungen innen wie außen das ganze belebten; diese Weintrauben, Pfirsiche, Pflaumen, Aepfel, Kirschen und Aprikosen erinnerten ein wenig an die italienische Renaissance, obwohl da der Farbenreichtum lange nicht so üppig hervortrat wie hier. Daß diese Porzellan-Villa in China entstand, dafür sprachen die Malereien, die durchaus in rein chinesischem Stil blieben – und zwar in einem ganz alten, dem man Verwandtschaft mit dem modernen Geschmack nicht nachsagen konnte.
Ich mußte zunächst mit Hern Li-Ban-Schin frühstücken. Es gab Tee, Cognac und mindestens dreißig chinesische Delikatessen – dazwischen Zigaretten und Zigarren. Ich hatte jedoch gar keine Zeit, dieses Frühstück viel zu betrachten, denn der Herr des Hauses war sehr gesprächig. Er hatte sich in jüngeren Jahren sehr lange in Berlin aufgehalten und sprach fließend Deutsch.
„Man hält mich hier,“ sagte er lächelnd, „für einen Wetterpropheten. Aber ich bin eigentlich etwas mehr. Mir ist es eigentlich ganz gleichgültig, ob es regnet oder schneit, ob es windig oder nicht windig ist.“