31. Juli 2012

Zitat des Tages: "Spiegel-Online" über Romneys Reise. Als Gegenmittel dazu eine amerikanische Stimme

Die Palästinenser werfen ihm Rassismus vor, die Briten sind sauer, Polens Solidarnosc mag ihn nicht: US-Präsident­schafts­kandidat Mitt Romney hat in Europa und Nahost eine Woche der Pannen und Patzer hingelegt.
Vorspann zu einem Artikel in "Spiegel-Online" zu Mitt Romneys Reise nach Israel und Europa.

Kommentar: Wie fast die gesamte deutsche Bericht­erstattung zu dem republikanischen Kandidaten Romney könnte auch dieser Artikel direkt im Wahlkampf-Hauptquartier Obamas gefertigt worden sein.

Marginalie: Stratfor zu Hintergrund und Bedeutung der Schlacht um Aleppo

Bereits am vergangenen Freitag hat Stratfor mit Berufung auf eine Quelle in der syrischen Regierung vorhergesagt, daß an diesem Tag oder am Samstag eine Offensive der Regierungstruppen gegen Aleppo beginnen werde. So ist es gekommen.

Diese Schlacht um Aleppo wird, so Stratfor, entscheidend für den weiteren Fortgang des Bürgerkriegs sein.

Marginalie: In Simbabwe bekommt man leichter Arbeit als in Dänemark. Schlußlicht Europa. Ausnahmefall Deutschland. Ergebnisse einer Gallup-Erhebung

Gallup hat gestern die Ergebnisse einer weltweiten Umfrage zu den Aussichten auf dem Arbeitsmarkt veröffentlicht. Mit überraschenden Ergebnissen.

Den Interviewten in 146 Ländern wurde dieselbe Frage gestellt: "Nun zur Situation auf dem Arbeitmarkt in der Stadt oder Region, in der Sie gegenwärtig wohnen - würden Sie sagen, daß es im Augenblick leicht oder schwer ist, Arbeit zu finden?"

Bei der Auswertung nach Weltregionen ist Europa das Schlußlicht (20 Prozent "leicht"; 72 Prozent "schwer"). An der Spitze liegt (Nord- und Süd-)Amerika mit 38 Prozent "leicht", gefolgt von Schwarzafrika (35 Prozent), Asien (34 Prozent), Nordafrika/Naher Osten (28 Prozent) und den Staaten der früheren Sowjetunion (23 Prozent).

Dies sind natürlich nur grobe Indikatoren. Innerhalb der Regionen gibt es teilweise massive Unterschiede. Aufschluß­reicher ist die Aufgliederung nach Staaten:

30. Juli 2012

Zitat des Tages: "Eindruck einer Irreführung von Parlament und Öffentlichkeit". Das Kleingedruckte im ESM-Vertragsentwurf.

Begrenzt der Vertrag die Haftung Deutschlands auf 190 Milliarden Euro? Der Bundesfinanzminister wird nicht müde, diese Belastungsobergrenze zu betonen, doch findet sie im Vertrag keine Stütze. (...) Aufgrund der Nachschusspflicht kann die Belastung Deutschlands auf 700 Milliarden Euro steigen; aufgrund eines erhöhten Ausgabekurses auch weit darüber hinaus. (...)

Weitere Punkte verstärken den Eindruck einer Irreführung von Parlament und Öffentlichkeit, etwa die seit Wochen diskutierte Frage, ob der ESM eine Banklizenz erhalten solle. Artikel 32 Absatz 9 befreit den ESM von jeder Zulassungs- und Lizenzierungspflicht als Kreditinstitut. Eine Banklizenz ist überflüssig.
Kernsätze eines Artikels von Stefan Homburg in der gestrigen F.A.S. erschienen ist.

Kommentar: Was Homburg beschreibt, der als Professor für Öffentliche Finanzen an der Leibniz-Universität Hannover Spezialist für dieses Thema ist, das liest sich wie ein Horror-Szenario. Er bezweifelt, daß die Bundesregierung und Abgeordnete des Bundestags die Konsequenzen dieses ESM-Vertrags, sollte er geschlossen werden, überhaupt überblicken. Wie ist so etwas möglich? Homburg:

Zettels Meckerecke: Günter Wallraff, demaskiert? Ja, warum hat man ihm denn seine Maskerade abgenommen? Es ist doch seit 25 Jahren alles bekannt

In der heutigen Ausgabe des gedruckten "Spiegel" ist eine Geschichte zu lesen, deren wesentlichen Inhalt Sie auch bei "Spiegel-Online" finden. Danach beschuldigt ein ehemaliger Mitarbeiter des Journalisten Günter Wallraff diesen, ihn jahrelang schwarz beschäftigt zu haben. Er bezog in dieser Zeit zugleich Arbeitslosengeld I und später Hartz IV.

Die Tätigkeit dieses Mannes, André Fahnemann, wird bei "Spiegel-Online" als "eine Art Privatsekretär" beschrieben. Halb Sekretär, halb Butler würde die Sache wohl besser treffen. Im gedruckten "Spiegel" wird seine Arbeit für Wallraff so charakterisiert

29. Juli 2012

US-Präsidentschaftswahlen 2012 (29): Romney und Obama aus Sicht der Israelis. Wie werden sich im November die jüdischen Wähler entscheiden?

Heute besucht Mitt Romney Israel. Solche Auslands­besuche von Kandi­daten dienen in der Regel einem doppelten Zweck: Der Kandidat will sich mit ausländischen Staatsmännern bekannt machen und ein Bild von der Lage in ihrem Land gewinnen; als Vorbereitung darauf, Präsident zu werden. Zugleich sollen die Besuche natürlich seinen Wahlkampf befördern.

Sie werden sich gewiß an den triumphalen Auftritt des Kandidaten Barack Obama vor fast vier Jahren in Berlin erinnern (siehe Obama in Berlin. Und auch bei McCain ging es gestern deutsch zu; ZR vom 25. 7. 2008). Auch in Israel war Obama damals, im Juli 2008, und sagte dort übrigens Seltsames (siehe Barack Obama auf dem Weg vom Erhabenen zum Lächerlichen; ZR vom 27. 7. 2008).

In der vergangenen Nacht also traf Mitt Romney in Israel ein.

28. Juli 2012

Zitat des Tages: DDR-Nostalgiker, Stasi-Deppen und das einstige Interhotel "Mercure" in Potsdam

Ist einer ein Kommunist, nur weil er nicht jedes Gebäude, welches zur Zeit der DDR errichtet wurde, sofort niederreißen, abbrennen, total vernichten will? Ist einer ein alter Stasi-Depp, ein hoffnungsloser DDR-Nostalgiker, wenn er darauf besteht, dass von dem, was die DDR gebaut hat, bitte etwas stehenbleiben soll - nicht unbedingt, weil es so schön wäre. Sondern damit es uns fremd und irgendwann historisch werde.(...) Und ist einer ein ästhetischer Analphabet, wenn er bereit ist, denn [sic] einen oder anderen Bau der DDR auch elegant und interessant, womöglich schön zu finden?
Beginn eines Artikels in der heutigen F.A.S., den deren Feuilletonchef Claudius Seidl geschrieben hat. Überschrift: "Architekturpolitik - Die letzten Spuren der DDR".

Kommentar: Der Artikel befaßt sich mit einem Hotelbau aus der Zeit der DDR, der jetzt abgerissen werden soll, dem Interhotel Potsdam, jetzt Hotel "Mercure". Ob man diesem Klotz das Prädikat "elegant und interessant, womöglich schön" zuerkennen sollte, können Sie sich hier selbst ansehen.

Mal wieder ein kleines Quiz:Ein Kompaß für den Gast

In bayerischen Hotels finden Gäste manchmal als Willkommens­­geschenk einen Kompaß vor. Warum?

27. Juli 2012

Wissenschaftler kritisieren den Klimawahn: Ankündigung einer neuen Serie


Dieses Foto, das in der neuen Serie das Titelbild sein wird, zeigt radikale Klimaschützer bei einer Aktion im Jahr 2009. Nähere Angaben zu den Umständen, unter denen das Foto aufgenommen wurde, habe ich leider nicht gefunden. Aber es scheint mir sehr geeignet, das zu visualisieren, worum es in dieser neuen Serie gehen wird:

Unsere Medien vermitteln uns nachgerade täglich den Eindruck, daß "die Wissenschaft" sich einig sei: Proportional zu wachsenden Emissionen von CO2 wird sich die Erde erwärmen, mit verheerenden Folgen. Es muß deshalb alles getan werden, um den Ausstoß von CO2 zu vermindern.

Dazu dienen in Deutschland zahllose Maßnahmen und Entscheidungen; vom Glühbirnen-Verbot bis zum Entschluß gutwilliger - und gutgläubiger - Menschen, mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zu fahren; oder gar alles, was sie kaufen, auf seinen "CO2-Fußabdruck" hin zu überprüfen.

Gutgläubig sind diese Menschen, weil sie "der Wissenschaft" vertrauen.

Zettels Meckerecke: Strandschwulst. Die praktizierte Schwafelkunst des Feuilletonchefs der FAZ

Mit Nils Minkmar, seit Beginn dieses Jahres Feuilletonchef der FAZ, habe ich mich schon gelegentlich befaßt; manchmal zustimmend und manchmal kritisch; Letzteres, als er sich vor Begeisterung für Barack Obama kaum einkriegen konnte ("Endlich ein Erwachsener").

Was Minkmar gestern zu Papier gebracht hat, liefert allerdings nur noch Stoff für eine Meckerecke: "Die Dinge des Sommers - Die praktizierte Anarchie der Menschen am Strand", so heißt der Artikel.

Ja gewiß, es ist Saure-Gurken-Zeit.

26. Juli 2012

Marginalie: In NRW dürfen Hunde auf Waldwegen jetzt frei laufen, entschieden Richter in NRW. Aber Gegenmaßnahmen sind bereits eingeleitet

Was spaltet die deutsche Nation? Ob man links ist oder konservativ; wie in den USA oder Frankreich? Ob man Christ ist oder Nichtchrist? Oder sind wir gar noch immer in Ossis und Wessis geteilt?

Nein. Es gibt zwei Fronten, die Deutsche von Deutschen trennt: Die Raucherfront und die Hundefront. Nirgends wird so viel verbale Militanz entwickelt, als wenn empörte Nichtraucher gegen Raucher wettern, aggressive Hundefeinde gegen die Hundebesitzer und ihren vierbeinigen Gefährten.

Seit einigen Stunden gibt es Anlaß, im Hundekrieg eine neue Schlacht zu schlagen, jedenfalls wieder einmal ein Scharmützel zu eröffnen:

Kleines Klima-Kaleidoskop (30): Für 7,62 Euro können Sie auf 430 Seiten lesen, was gegen die Theorie der menschengemachten globalen Erwärmung spricht

Es ist auf ein Buch hinzuweisen, das der Klimadiskussion eine neue Qualität gibt; das zwischen den Anhängern der dominierenden Theorie und ihren Kritikern gewissermaßen Waffengleichheit herstellt.

Das Problematische an der gegenwärtigen Klimaforschung und vor allem ihrer Selbst­darstellung gegenüber der Öffentlich­keit ist nicht, daß die Anhänger einer bestimmten Theorie dominieren; nämlich der Theorie der menschengemachten globalen Erwärmung (anthropogenic climate change, ACC).

Das ist ein häufiger Zustand in einer Wissenschaft. Die jeweils dominierende Theorie erweist sich oft als richtig, manchmal als falsch.

25. Juli 2012

Marginalie: Das Urteil des BVerfG - "Schlappe für Schwarz-Gelb"? Nein, eingebaute Mängel des Wahlrechts. Dessen grundlegende Reform wäre wünschenswert

Daß das heutige Urteil des BVerfG zum Wahlrecht von der Opposition und den mit ihr verbündeten Medien als "Schlappe für Schwarz-Gelb" dargestellt werden würde, war zu erwarten gewesen.

Das Wahlrecht, dessen Mängel das Gericht kritisiert - sehr zu Recht kritisiert - ist aber bekanntlich kein Produkt von Schwarzgelb, sondern existiert so seit der Gründung der Bundesrepublik. Die Bundesregierung hatte lediglich, einer früheren Vorgabe aus Karlsruhe folgend, Mängel zu beheben versucht. Das ist nicht ausreichend gelungen; so sagt es der Zweite Senat des BVerfG.

Diese Mängel sind eingebaute Probleme eines komplizierten Wahlrechts

Zitat des Tages: "Sträfliche Naivität, schlichte Ignoranz". Warum werden wir durch die deutschen Medien so schlecht über die Syrien-Krise informiert?

Man kann nur staunen über das Ausmaß an fast schon sträflicher Naivität oder auch nur schlichter Ignoranz, das viele Beurteiler der Syrien-Krise an den Tag legen (...) Folgt man der Darstellung des Konflikts in weiten Teilen der westlichen Welt, dann scheint es sich lediglich um die Frage zu handeln, ob es gelingt, die syrische Bevölkerung von einem blutigen Diktator zu befreien. Vor allem in Deutschland scheint die Unkenntnis, mit der diese Auseinandersetzung derzeit diskutiert wird, grenzenlos zu sein (...)
Hans-Christof Kraus, Professor für Neuere und Neueste Geschichte, in der FAZ über die Berichterstattung zu Syrien.

Kommentar: Wenn Sie die Serie Aufruhr in Arabien verfolgt haben, dann wissen Sie, wie nur allzu richtig Kraus' Diagnose ist.

Die deutschen Medien vermitteln überwiegend dieses Bild; nicht nur in Bezug auf Syrien: In Arabien herrschten bis Ende 2010 "Tyrannen" oder "Diktatoren". Dann begann, zuerst in Tunesien, "das Volk" sich gegen sie zu erheben, danach auch in anderen Ländern. Und nun hoffen wir alle, daß das Volk überall gewinnt und eine Demokratie errichtet.

So dürfte man noch nicht einmal Kindern die Welt erklären.

Marginalie: Assads Chemiewaffen: Wann würde der Westen intervenieren? Die Lage ist anders als in Libyen

Die Politik des Westens zielt auf den Sturz Assads; so, wie sie in Libyen auf den Sturz Gaddafis zielte. Aber der Übergang soll anders stattfinden.

In Libyen war der Westen damit einverstanden gewesen (und hat es militärisch unterstützt), daß die Rebellen die Militärmacht und die Herrschaftsstrukturen Gaddafis zerschlugen; eine Entwicklung in Richtung Demokratie werde sich dann schon ergeben. In Syrien aber sind intensive diplomatische Bemühungen im Gang mit dem Ziel, eine geordnete Machtübergabe zu erreichen; unter Inkaufnahme einer Übergangsregierung, in der Kräfte aus dem jetzigen Regime weiter Macht ausüben würden.

Woher diese unterschiedlichen strategischen Zielsetzungen? Ein wesentliches Motiv ist die Existenz von Chemiewaffen in Syrien.

24. Juli 2012

Marginalie: Noch einmal 1.200 Soldaten mehr zu Schutz der Olympischen Spiele. Aber warum sollten Terroristen gerade in London zuschlagen?

Solche Olympischen Spiele hat es noch nicht gegeben: In der FAZ können Sie heute im Detail lesen, welche gewaltigen militärischen Anstrengungen die britische Regierung zum Schutz der Spiele der 30. Olympiade unternimmt.

Bis gestern waren rund 17.000 Soldaten im Einsatz - fast doppelt so viele wie derzeit in Afghanistan.

Aktuell nun meldet AP, daß diese Truppen aufgrund eines heutigen Kabinettsbeschlusses noch einmal um 1.200 Mann aufgestockt werden.

Zitat des Tages: Christen in Syrien und "radikalislamische Freiheitskämpfer"

Sie wurden von syrischen Rebellenkämpfern getötet, erzählen die Frauen. Ermordet, weil sie Christen waren, und somit aus der Sicht der radikalislamischen Freiheitskämpfer keinen Platz im neuen Syrien haben.
Aus einem Bericht von Ulrike Putz über eine christliche Flüchtlingsfamilie aus Syrien, deren Männer von Rebellen ermordet wurden; zu lesen seit gestern Abend in "Spiegel-Online".

Kommentar: Zu loben ist an diesem Bericht, daß er immerhin auf das Schicksal der Christen in Syrien eingeht. Bemerkenswert ist auch, daß Ulrike Putz nicht verschweigt, daß in Syrien ausländische Dschihadisten gegen Assad kämpfen; denn deutsche Presse- und TV-Berichte vermitteln oft den Eindruck, es handle sich lediglich um einen Aufstand der von Assad Unterdrückten gegen dessen Diktatur.

Ist Ihnen aber die skandalöse Formulierung in diesem Zitat aufgefallen?

23. Juli 2012

Marginalie: Wie warm waren die letzten Sommer? Wie kalt die letzten Winter? Das hängt von der politischen Einstellung ab. Jedenfalls in den USA

Anders als in Deutschland gehört es in den USA nicht zum vorgeblichen Allgemeinwissen, daß es eine menschen­gemachte globale Erwärmung (anthropogenic climate change, ACC) gibt. Manche Amerikaner halten das für sicher, andere nur für wahrscheinlich. Viele sehen keinen hinreichenden Grund, daran zu glauben.

Die Prozentwerte für diese einzelnen Gruppen, wie sie von den Demoskopen ermittelt wurden, schwanken je nach der genauen Formulierung der Frage. Pew Research ermittelte beispielsweise im Jahr 2011, daß nur 38 Prozent der Befragten der Thesen vom ACC zustimmten. Allerdings waren insgesamt 63 Prozent der Meinung, es sei in den letzten Jahren wärmer geworden; jedoch führten das 24 Prozent auf natürliche oder unbekannte Ursachen zurück.

In einer Umfrage von Gallup aus dem Jahr 2010 äußerten 48 Prozent die Meinung, die Bedeutung einer globalen Erwärmung werde "weit übertrieben" (greatly exaggerated).

Mal wieder ein kleines Quiz: "Eine Revolution der amerikanischen Wirtschaft steht bevor". Wodurch?

Über die wirtschaftliche Zukunft der USA ist seit gestern in der Internetausgabe einer großen deutschen Zeitung dies zu lesen:
... die USA haben sich in der Vergangenheit immer wieder neu erfunden, haben immer wieder gezeigt, dass sie aus Krisen letztlich gestärkt hervorgehen. Und es gibt Anzeichen, dass dies erneut gelingt, auch wenn sich das bisher die wenigsten vorstellen können.

Es sind bereits Entwicklungen im Gange, die das Zeug haben, Amerikas Wirtschaft und auch den weltweiten Handel zu revolutionieren. Noch werden diese Veränderungen nur von wenigen wahrgenommen. Sie könnten die USA aber binnen weniger Jahre zu einer neuen Erfolgsgeschichte für Unternehmen, Sparer und Anleger machen.
Worauf gründet der Autor, der dies schrieb, seinen Optimismus?

Europas Krise (11): Wa(h)lfisch Europa. Zur Bundesstaatlichkeit der EU. Ein Gastbeitrag von Noricus


Die Schuldenkrise in der Eurozone hat eines deutlich gemacht: Der gegenwärtige Integrationsstand der Union ist unbefriedigend; ein Vor oder Zurück scheint unausweichlich. Es verwundert kaum, dass in dieser Situation gewichtige Stimmen der deutschen Polit- und Publizistenprominenz für die Schaffung eines europäischen Staates eintreten, wobei nicht jede dieser Forderungen ernst gemeint ist.

Jenseits pragmatischer Effektivitätserwägungen und diplomatischer Bluffs wird darüber spekuliert, ob die Union de facto nicht schon längst ein Bundesstaat geworden sei.

22. Juli 2012

Zitat des Tages: Gerhard Schröder lacht. Er hat die Eurokrise nicht verstanden, nicht seine eigene fatale Rolle

Mit Lachen – Jetzt wollen wir die Kirche doch mal im Dorf lassen! – quittiert Schröder, wenn man ihn daran erinnert, dass es neben Frankreich ein Deutschland unter seiner Führung war, das die Maastricht-Kriterien für Verschuldung verletzt hat. 2003/04 war das, im Jahr der Agenda. (...)

Damals habe er genau das getan, was die Länder, die heute in Schwierigkeiten seien, auch tun müssten, sagt Schröder: Strukturreformen machen, ohne den Aufschwung kaputtzusparen.
Tina Hildebrandt in einem Artikel über Gerhard Schröder in der "Zeit"-Ausgabe der vorletzten Woche, der seit gestern auch bei "Zeit-Online" zu lesen ist. Titel: "Ihm geht's gold".

Kommentar: An dieser Stelle ihres Artikels, der hauptsächlich ein Gespräch mit Schröder zusammenfaßt, kann sich auch Tina Hildebrandt, die Schröders Wirken als Kanzler einst als "Spiegel"-Redakteurin begleitet hatte und die in dem jetzigen Artikel ein höchst wohlwollendes Bild von ihm entwirft, eine richtigstellende Anmerkung nicht verkneifen:

Marginalie: Jetzt produziert auch der Reaktor Nummer vier im japanischen Oi wieder Strom

Das ist doch einmal eine Meldung! Ich habe es zunächst als Kurzinformation bei Stratfor gelesen und dann ausführlichere Berichte gefunden; zum Beispiel in der Singapurer Online-Zeitung AsiaOneNews: In Japan ist seit dem gestrigen Samstag auch der Reaktor Nummer vier im KKW Oi (Provinz Fukui) wieder am Netz. Zuvor war schon der Reaktor Nummer drei wieder in Betrieb genommen worden.

In dieser Jahreszeit hat die iranische Moralpolizei Hochsaison. Hidschab, Manteau und keine Wasserpfeife. Ahmadinedschad gibt sich gemäßigt

Was trägt man diesen Sommer im Iran? Als Frau erkundigt man sich besser nicht bei seinem Couturier oder bei der Redaktion einer Mode­zeitschrift, sondern bei der Polizei.

Alljährlich, wenn es in Persien heiß wird - in Teheran liegt die durchschnittliche Tagestemperatur im Juli bei 37 Grad; Temperaturen über 40 Grad sind nicht selten -, wächst bei den Frauen die Versuchung, es bei der Kleidung ein wenig lockerer angehen zu lassen. Der Sommer ist folglich die Hochsaison der Moralpolizei, deren männliche und weibliche Beamte, in gemischten Streifen unterwegs, in dieser Jahreszeit ihren religiösen Eifer verdoppeln.

Von der Moralpolizei verhaftet werden kann jede Frau, die in der Öffentlichkeit nicht mindestens den Hidschab trägt, das um Kopf und Hals geschlungene Kopftuch (siehe Titelvignette); dazu eine lange Jacke, die mit dem französischen Wort Manteau (Mantel) bezeichnet wird. Man kann aber in persischen Städten auch Frauen sehen, die so gekleidet sind:

21. Juli 2012

Warum machen wir Liberalen so wenig aus unserem Status als Minderheit? Über eine Idee des Philosophen Daniel Dennett. Über Minderheiten überhaupt

Gehören Sie einer Minderheit an? Natürlich. Sollten Sie beispielsweise in Cottbus wohnen, dann gehören sie sogar einer winzigen Minderheit an, denn nur ungefähr 0,125 Prozent der Deutschen sind Cottbuser. Allerdings ist Ihre Minderheit dann immer noch größer als die der Dänen in Schleswig. Das sind, hoch gerechnet, vielleicht 50.000 Menschen; also halb so viele, wie es Cottbuser gibt.

Minderheiten sind allgegenwärtig. Deutschland besteht nachgerade aus Minderheiten - der Bayern-Fans, der Vegetarier, der Zahnärzte, der Zeugen Jehovas, der VW-Arbeiter, der Homosexuellen, der Rentner, der Moslems, der Golfspieler, der Sinti, der Katholiken, der Roma, der FKK-Anhänger, der Schrebergärtner, der Bodybuilder; und so weiter, und so fort.

Sie finden diese Liste arg bunt; ziemlich zusammengewürfelt? Ja, das ist sie.

Beschneidung und kein Ende. Geht es denn nicht ein wenig pragmatischer? Muß die Aussteigernation nun auch noch zur Vorhautschutznation werden?

Eigentlich hatte ich gedacht, das Thema sei erledigt: Deutschland wird sich nicht zum Gespött der Welt machen, indem es als einziges Land auf diesem Erdenrund die Beschneidung verbietet; wir werden nicht zur "Komikernation" (so die Kanzlerin) werden wollen.

Ein Kölner Gericht hatte ein Urteil gefällt, das juristisch vermutlich korrekt war und auf eine Gesetzeslücke aufmerksam machte; auch auf einen Wertekonflikt, über den man durchaus streiten kann

20. Juli 2012

Marginalie: Endspiel in Syrien. Der bevorstehende Fall Assads. Die starke Position Putins

In verschiedenen Artikeln befaßt sich Stratfor gestern und heute mit der Lage in Syrien. Seine Analyse: Assad kann sich nicht mehr halten. Es geht jetzt darum, den Übergang zu regeln. Dabei spielt Rußland eine zentrale Rolle.

Anzeichen für einen bevorstehenden Kollaps des Regimes kommen weniger von der Front gegen die Aufständischen als aus dem Regime selbst.

Zettels Meckerecke: "Zu teuer, zu langsam, zu unsicher". Eine gespenstische Debatte bei Maybrit Illner

An der Oberfläche war es eine muntere Diskussion, die da gestern bei Maybrit Illner unter dem Titel "Zu teuer, zu langsam, zu unsicher - Geht der Ökowende schon die Energie aus?" stattfand. Es wurde kontrovers diskutiert; es gab sogar mit Wolfram Weimer einen Kritiker der "Energiewende" unter den Gästen.

Und dennoch war es eine gespenstische Debatte.

Marginalie: Deutsche und Amerikaner. Die Gretchenfrage

Gibt es einen wirklich fundamentalen Unterschied zwischen den Deutschen und den Amerikanern? Ja. Er betrifft die Gretchenfrage. Also die Frage nach der Religion:

19. Juli 2012

Marginalie: Philipp Lippe, Antony Rougier, Marcel Pohl. Exzellent! Die Deutschen und die Leistung

Was haben die beiden Deutschen Phillip Lippe und Marcel Pohl gemeinsam? Was haben sie gemeinsam mit dem Franzosen Antony Rougier? Wenn Sie Stammleser von ZR sind und wenn Sie in den vergangenen Tagen aufmerksam die Presse verfolgt haben, dann könnten Sie es wissen.

18. Juli 2012

Marginalie: Aus eins mach zwei, mach drei, mach vier: Sollte es in Deutschland Parallelwährungen zum Euro geben?

Hin und wieder liest man das: Die Idee, den Euro nicht abzuschaffen, sondern durch Parallelwährungen in Gestalt der alten nationalen Währungen zu ergänzen. Also nicht Euro oder D-Mark, sondern Euro und D-Mark; nicht Euro oder Drachme, sondern Euro und Drachme. Beispielsweise.

Jetzt bin ich auf den Text eines Autors aufmerksam gemacht worden, den ich schätze und der diese Lösung befürwortet, Sascha Tamm von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Marginalie: Das beste politische Quiz, das ich kenne. Sogar meine 100 Prozent Übereinstimmung mit Obama wurden richtig erkannt

Testen Sie gern einmal Ihre politische Einstellung? Interessieren Sie sich ein wenig für die Wahlen in den USA und lesen Sie Englisch? Dann habe ich einen Tip für Sie:

Das Land der Griechen mit der Seele suchend. Das Griechenland in unseren Köpfen - wie real ist es?

Ausgerechnet Griechenland!

Stellen Sie sich vor, wir hätten eine Bulgarien- oder eine Rumänienkrise. Das wäre ein ökonomisches, vielleicht auch ein politisches Problem. Aber eine Griechenland-Krise ist mehr. Sie ist auch ein psychologisches - oder sollte man gar sagen: ein philosophisches? - Problem für uns. Für uns Deutsche, für andere Europäer.

Denn es gibt dieses Griechenland in unseren Köpfen. Das antike Griechenland, sich mischend mit dem modernen, dem Urlaubs-Griechenland. Halb Iphigenie auf Tauris, halb diese entzückende kleine Pension auf der pittoresken Insel mit Blick auf das endlose Blau des Ägäischen Meers.

17. Juli 2012

Kurioses, kurz kommentiert: "Man fragt sich schon, was die zu verbergen haben". Intransparente Piraten. Nebst einem Schuß Psychoanalyse

Man fragt sich schon, was die zu verbergen haben.
Frank Rieger, Erster Vorsitzender des Deutsche Journalisten-Verbands (DJV) Niedersachsen, über eine Regelung, die von der "Piratenpartei Deutschland" für ihren niedersächsischen Parteitag am kommenden Wochenende vorgesehen ist: Journalisten sollen von dem Parteitag keine Video-Aufnahmen machen dürfen, außer in einer abgegrenzten "Mixed Zone".

Kommentar: Wollte man mit psychoanalytischen Kriterien an diese Partei herangehen, dann wäre hier das zu diagnostizieren, was Freud einen "Ambivalenzkonflikt" nannte.

Diese Partei will Transparenz bis in den letzten Winkel, und sie will zugleich extremsten Schutz vor Transparenz. Sie ähnelt darin - um noch einmal die Psychopathologie zum Vergleich (nur zum Vergleich!) heranzuziehen - dem Voyeur, der sich selbst ängstlich verbirgt.

Zitat des Tages: "Wie Goethes Zauberlehrling". Thilo Sarrazin erklärt die Euro-Krise. Und nennt einen schlitzohrigen Ausweg ...

Sollte der Euro scheitern, dann würde nicht Europa scheitern, sondern lediglich ein waghalsiges Experiment, das mit dem Maastricht-Vertrag 1992 ins Werk gesetzt wurde. Die europäischen Staatsmänner, die dies damals entschieden, und ihre heutigen Nachfolger haben die Implikationen dieses Experiments entweder nicht durchschaut oder nicht ernst genommen. Sie haben sich benommen wie Goethes Zauberlehrling, indem sie etwas in Gang setzten, dessen Ablauf sie nicht beherrschten.
Thilo Sarrazin heute in der FAZ zur Euro-Krise. Überschrift des Artikels: "Geburtsfehler Maastricht".

Kommentar: In der Blogosphäre gibt es das ironische Kommando "Lesebefehl!".

Ich weiß, als aufgeklärter Leser von ZR lassen Sie sich nichts befehlen. Aber vielleicht lassen Sie sich ja verführen: Nehmen Sie sich die Zeit und lesen diesen Artikel. Sie kommen dann in den Genuß der folgenden Vorteile:

Zettels Meckerecke: Energiewende - Nach der kollektiven Besoffenheit kommt jetzt der Katzenjammer

Allmählich zeichnen sich die Konturen dessen ab, was der Bundestag, getragen von der kollektiven Besoffenheit der deutschen Nation, am 30. Juni 2011 mit fast allen Stimmen der demokratischen Parteien beschlossen hat.

Der Wahnwitz dessen, was damals auf den Weg gebracht wurde, war einer Minderheit von vornherein klar. In diesem Blog konnten Sie immer wieder davon lesen; beispielsweise in der Serie "Deutschland im Öko-Würgegriff". Ausgezeichnete, fachlich detailliertere Artikel zu diesem Thema findet man im deutschen Sprachraum vor allem im ScienceSkepticalBlog. Jetzt aber erreicht die Nachricht endlich die breite Öffentlichkeit.

Marginalie: Ist Mahmud Dschibrils als liberal geltende NFA der vermutliche Wahlsieger in Libyen? Vielleicht wirklich nur der "vermeintliche"!

Was war das so schön gewesen! Freie Wahlen in Libyen; und dann siegt auch noch die - wie es heißt - "liberale" Allianz NFA von Mahmud Dschibril, der einst in Pittsburgh Professor war. So las und hörte man es vor einer Woche in unseren Medien.

Als Leser von ZR wissen Sie, daß es so schön nicht ist. Zwar hat die NFA mehr Sitze von den 80 gewonnen, die für Parteien reserviert sind, als jede andere Gruppierung (die übrigen 120 gehen an Einzelkandidaten). Aber von einer absoluten Mehrheit im Parlament ist sie weit entfernt; und es sieht immer weniger danach aus, daß sie eine Koalitions­regierung unter ihrer Führung wird zusammenbringen können.

16. Juli 2012

US-Präsidentschaftswahlen 2012 (28): Tritt Romney gemeinsam mit Condoleezza Rice an?

Seit dem späten Donnerstag kursiert das Gerücht in den US-Medien: Mitt Romney könne Condoleezza Rice als seinen running mate auswählen; als die Kandidatin für das Amt des Vize­präsidenten. Was ist dran an diesen Mutmaßungen?

Zunächst muß man wissen, daß der jeweilige Kandidat nach amerikanischer Tradition völlig frei darin ist, wen er zum running mate bestimmt; wen er gemeinsam mit seinem Namen auf dem ticket stehen haben will, dem "Kärtchen", auf dem sein Name zusammen mit dem des vorgesehenen Stellvertreters dem Wähler zur Entscheidung vorgelegt werden wird.

Nicht selten verblüffen Kandidaten das Publikum mit einer Lösung, an die kaum jemand gedacht hatte; John McCain zum Beispiel vor vier Jahren mit der Entscheidung für die zu dieser Zeit weithin unbekannte Provinz-Gouverneurin Sarah Palin.

Zitat des Tages: Sonne und Mond

Der Ausbau der Energieerzeugung durch Photovoltaikanlagen wird Deutschlands Stromkunden mindestens 111 Milliarden Euro kosten. Das ergeben neue Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), die der F.A.Z. vorliegen.
Beginn eines Artikels in der heutigen FAZ.

Kommentar: Das vermutlich größte technologische Projekt des 20. Jahrhunderts, das Mondprogramm "Apollo" der USA, hat - alle Mondlandungen eingeschlossen - von 1959 bis 1973 zwanzig Milliarden Dollar gekostet; nach heutigem Geldwert rund 100 Milliarden Dollar.
Zettel



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15. Juli 2012

Zitat des Tages: Altmaier sieht "Rückschläge bei der Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels". Einen Rückschlag gibt es aber eher bei der globalen Erwärmung

Mit Blick auf das Ziel der Weltgemeinschaft, die Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten auf zwei Grad zu begrenzen, äußerte Altmaier Skepsis. "Das Zwei-Grad-Ziel war von Anfang an ein sehr ehrgeiziges Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn alles gemäß Drehbuch verläuft", sagte Altmaier der Deutschen Presseagentur. Es habe aber viele Rückschläge gegeben.
tagesschau.de heute über Stellungnahmen des Umweltministers zur globalen Erwärmung.

Kommentar: Altmaier meinte wohl das "Drehbuch" einer weltweiten Senkung des Ausstoßes von CO2. Davon kann in der Tat keine Rede sein. Dieser Ausstoß steigt weiter an. Die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre wächst unverändert; und zwar nicht linear, sondern beschleunigt.

Das ist so, auch wenn wir keine Glühbirnen mehr kaufen und wenn die Deutschen Windräder rotieren lassen, was der Wind hergibt. Es ist schlicht deshalb so, weil diese, man möchte fast sagen rührenden, Anstrengungen in Europa mehr als kompensiert werden durch eine zunehmende Freisetzung von CO2 vor allem in Asien.

Marginalie: Müder Romney, offensiver Obama. Mitt Romney trägt an den Folgen des Vorwahlkampfs

"Als Gefühlskanone scheint er seinem Gegner Mitt Romney allemal überlegen. Da müsste Romney schon seinen 'inneren Ronald Reagan' entdecken, um kontern zu können", schrieb heute in Zettels kleinem Zimmer Juno über den Wahlkämpfer Barack Obama.

In der Tat kann man als Beobachter dieses jetzt langsam in die heiße Phase gehenden Wahlkampfs den Eindruck gewinnen, daß nicht Romney der Herausforderer ist, sondern Obama. Obama attackiert. Romney wirkt müde.

Kein Wunder.

Marginalie: "Blutlachen in Tremseh" - was ist wirklich bekannt?

"Massaker an Zivilisten - Uno-Fahnder berichten von Blutlachen in Tremseh" war bis vor einer Stunde der Aufmacher von "Spiegel-Online".

Es geht wieder einmal um einen dieser Vorfälle, wie sie in den Medien nachgerade zum Topos geworden sind, zum festen Szenario:

14. Juli 2012

Mal wieder ein kleines Quiz: Worin sieht Barack Obama den Fehler seiner Amtszeit?

In einem Interview am Donnerstag hat Präsident Obama gesagt, was er als "the mistake of my first term", den Fehler seiner ersten Amtszeit, betrachtet. Worin bestand er nach Aussage Obamas?

Zitat des Tages: "Dieses Recht wurde grob mißachtet". Zur EU-Krise eine glänzende Analyse von Paul Kirchhof. Allerdings ...

Die Europäische Union ist eine Gemeinschaft des Rechts. Sie stützt sich auf den verfassungsrechtlichen Auftrag ihrer Mitgliedstaaten zur europäischen Integration, ist durch einen rechtsverbindlichen Vertrag gegründet worden, empfängt aus diesem Vertrag ihre Handlungsaufträge und Hoheitsbefugnisse und wird von den Mitgliedstaaten in parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren fortentwickelt. (...) Dieses Recht wurde grob missachtet.
Paul Kirchhof am Donnerstag in der FAZ in einem längeren Artikel mit der Überschrift "Verfassungsnot!"

Kommentar: Kirchhof ist wie kaum ein anderer in Deutschland qualifiziert, zugleich die verfassungsrechtliche und die finanzpolitische Seite der gegenwärtigen Euro-Krise zu beurteilen. Denn er ist beides: Staatsrechtler und Finanzrechtler; als Staatsrechtler zwölf Jahre lang Richter am Bundesverfassungsgericht, als Finanzexperte Leiter der "Forschungsgruppe Bundessteuergesetzbuch" an der Universität Heidelberg. 2005 wurde er bundesweit bekannt, als Angela Merkel ihn in ihr "Kompetenzteam" berief; für den Fall einer schwarzgelben Koalition war er als Finanzminister vorgesehen gewesen.

Ich empfehle Ihnen, den Artikel von Kirchhof zu lesen.

Marginalie: Was ist eigentlich aus den Wahlen in Libyen geworden? Sie werden vermutlich überrascht sein (Aktualisierte Fassung)

Es ist jetzt fast eine Woche her, daß am 7. Juli in Libyen gewählt wurde.

Und? Was ist denn herausgekommen? Man erfährt davon aus unseren Medien bemerkenswert wenig. Wer für Informationen nicht zu den Quellen geht, der ist vermutlich auf dem Stand dessen, was am vergangenen Montag gemeldet wurde:

13. Juli 2012

Marginalie: Warum wird die EU beim Bürger immer unbeliebter? Ein aktuelles Beispiel

Die EU-Kommission will gegen unsichere Fahrzeuge auf Europas Straßen vorgehen und deswegen die Fahrer älterer Autos künftig einmal im Jahr zur Hauptuntersuchung schicken. "Diese Autos, von denen potenziell eine tödliche Gefahr ausgeht, wollen wir ganz einfach nicht auf unseren Straßen haben", sagte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas.
Beginn eines heutigen Artikels in "Zeit-Online".

Kommentar: Geht es Ihnen auch so? Wenn ich so etwas lese, dann ist meine Reaktion: Was in aller Welt geht es einen EU-Kommissar an, in welchen Abständen in Deutschland Autos zum TÜV müssen?

Die deutsche Regelung ist gut; sie hat sich bewährt. Warum, das können Sie der Stellungnahme des ADAC entnehmen, die in dem Artikel zitiert wird. Was berechtigt die EU dazu, diese Regelung auszuhebeln und sie durch eine von ihr oktroyierte zu ersetzen?

12. Juli 2012

Marginalie: Die Naivität der Piraten. Ein Vater Staat, ganz wie Papa zu Hause

Als ich kürzlich wegen eines anderen Artikels ein Heft des "Spiegel" von Anfang Mai wieder in die Hand nahm, bin ich auf eine Gesprächs­passage gestoßen, die in wenigen Sätzen das erhellt, was die Piratenpartei kennzeichnet; ihre Naivität, ihre Widersprüchlichkeit:

Zettels Meckerecke: Latrinenhumor bei "Titanic". Was tun gegen journalistische Schmutzfinken? Nebst einer Erinnerung an die Mohammed-Karikaturen

Nicht jedem, der sich für einen Satiriker hält, ist die Gabe des Witzes gegeben, oder gar die Gabe des Humors.

Ich habe beispielsweise selten einen humorloseren, verkrampft-ängstlicheren Journalisten erlebt als den früheren Chefredakteur von "Titanic" Martin Sonneborn, als er in der WDR-Sendung "Zimmer frei!" auftrat. Da gab es nichts zu lachen; es sei denn, man fand es lustig, daß jemand sich beständig danebenbenahm.

Sich nicht an Spielregeln zu halten, vor allem nicht an die Regeln des Anstands, ist keine Satire, sondern Flegel­haftigkeit. Es gibt freilich eine Art des Humors, der von seiner Unanständigkeit lebt; im Deutschen heißt das Latrinenhumor.

11. Juli 2012

Zettels Meckerecke: "Radioaktiv verseuchtes Wasser erreicht bald die USA"

Wie macht man aus einer guten Nachricht eine alarmistische Meldung? Die "Frankfurter Rundschau" zeigt es mit der heutigen Schlagzeile "ATOMKATASTROPHE FUKUSHIMA - Radioaktives Wasser erreicht bald die USA". Die mit ihr kooperierende "Berliner Zeitung" hat dieselbe Schlagzeile. Darunter jeweils die Zusammenfassung:

Kurioses, kurz kommentiert: Sarrazinesk. Auf den Spuren eines Wortes

Gestern habe ich ein neues Wort gelernt. Es heißt "sarrazinesk". Eine Wortschöpfung, offenkundig "kafkaesk" nachgebildet; dieses seinerseits ein Abkömmling von Wörtern wie "grotesk".

Ich las das Wort in der "Financial Times Deutschland" (FTD) als Reaktion auf den Aufruf der (anfangs) 160 Ökonomen:

10. Juli 2012

Marginalie: Bankenunion - sind die Professoren sich wirkich uneinig? Nicht in ihrer Analyse. Nur im Grad ihrer Skepsis

In der FAZ können Sie jetzt die aktuellen Stellungnahmen im Wortlaut lesen, die auf den Aufruf der Ökonomen vom vergangenen Donnerstag folgten. Als ich am selben Tag über diesen Aufruf schrieb, waren es 160. Inzwischen ist die Zahl der Unterzeichner auf über 200 angewachsen.

Seit gestern gibt es dazu einen Kommentar des Bonner Ökonomen Martin Hellwig und 14 weiterer Unterzeichner sowie eine Erwiderung von Hans-Werner Sinn und Walter Krämer, den Initiatoren des ursprünglichen Aufrufs.

Wenn man diese beiden Texte vergleichend liest, dann fällt auf, daß sie in der Analyse weitgehend übereinstimmen.

Hellwig und Mitautoren schreiben:

Besser als Chuck Norris

Mir war gar nicht bewußt, an wievielen Verbotsschildern man im täglichen Leben so alles vorbeiläuft.

Bis ich gestern auf einem der unzähligen "Rauchen Verboten"-Symbolen einen kleinen Aufkleber sah: "Helmut Schmidt würde hier rauchen".

Würde er wohl.

Als Nichtraucher fehlt mir diese Option. Trotzdem sollte man sich täglich fragen: Heute schon ein blödes Verbot mißachtet?
R.A.



© R.A.. Für Kommentare bitte hier klicken.

9. Juli 2012

Marginalie: Sturm im Wasserglas. Die Aufgeregtheit um das Meldegesetz ist unbegründet. Aber der Ruf nach Schutz braust wie Donnerhall

So funktioniert die Mediendemokratie:

Im Bundestag wird ein Gesetz in dritter Lesung verabschiedet. Einem Internet-Nachrichtenportal fällt anhand eines Videos etwas auf - wie schnell das ging; wie wenige Abgeordnete anwesend waren; daß es sich um das Aufreger-Thema Datenschutz handelte. In "Welt-Online" greift das ein Journalist auf und skandalisiert es:

Der sozial denkende Obama, der sozial kalte Mitt Romney? Etwas aus dem Leben der beiden Kandidaten, das Sie vermutlich nicht wissen

Vor vier Wochen hatte der "Spiegel" eine Titelgeschichte, die einen Tiefpunkt in der Geschichte des Blatts markierte. Das Thema war der Wahlkampf von Barack Obama gegen Mitt Romney; geschildert vor dem Hintergrund von Obamas Bilanz in seiner zu Ende gehenden Amtszeit.

Die Autoren dieses Artikels - Ullrich Fichtner, Marc Hujer und Gregor Peter Schmitz - versuchten gar nicht erst den Eindruck einer fairen Berichterstattung zu erwecken.

Der Artikel hätte vom Wahlkampfteam Obamas erstellt worden sein können; mit der Botschaft: Ohne die Obstruktion durch die Republikaner hätte Obama eine erfolgreiche Präsidentschaft hingelegt. Weil diese und vor allem die Tea Party ihm, wo sie nur konnten, Knüppel zwischen die Beine warfen, konnte er leider nicht alle seine für die USA doch so wichtigen Ziele erreichen.

8. Juli 2012

Nach der Reue

Unser verehrter Gastgeber hat zur Euro-/Schulden-Krise so schön zitiert: "Hänge dich auf oder hänge dich nicht auf, du wirst beides bereuen." Die genaue Formulierung und der Urheber des Zitats sind hier nebensächlich, es gibt ähnliche Aussagen in vielen Varianten und Sprichwörtern.Auf jeden Fall paßt das gut zur Situation.

Es ist letztlich nicht mehr wichtig, wer nun alles wieviel Schuld an den Mißständen trägt. Wann man hätte wie anders entscheiden müssen, um einen besseren Verlauf zu erzielen. Wahrscheinlich ist auch inzwischen unwichtig, ob die Eurobonds dieses oder nächstes Jahr kommen, ob noch ein paar Auflagen verhandelt werden oder nach der nächsten Bundestagswahl die Sozialisten in Deutschland und Frankreich gemeinsam Gas geben, bevor sie vor die Wand fahren.

Der Problemberg ist zu groß, als daß es noch ein gutes Ende geben könnte. Aber das Potential Europas ist andererseits groß genug, daß es keine Katastrophe geben wird.

Zitate des Tages: "Feiern bis spät in die Nacht". Die Wahlen in Libyen und die wirklichen Machtverhältnisse. Nebst einer Erinnerung an den Irakkrieg

Bis spät in die Nacht feierten die Menschen in vielen Städten Libyens den Abschluss der ersten demokratischen Wahl des Landes. Auf dem Märtyrerplatz in Tripolis, wo vor genau einem Jahr über 1000 Libyer beim Kampf um die Freiheit des Landes von Gaddafis Schergen getötet wurden, freuten sich Tausende Fahnen schwenkend über den historischen Tag, erstmals frei gewählt zu haben.
Der ARD-Korrespondent Peter Steffe in seinem Bericht über die Wahlen in Libyen am gestrigen 7. Juli 2012.

I reported on the first elections, which were a flurry of dancing, tears, chanting, colorful traditional attire, halhooleh, camera flashes, children demanding inked fingers and overall joy and awe from all entering the polling station.

(Ich berichtete über die ersten Wahlen, die ein Durcheinander von Tanzen, Tränen, Singen, farbigen traditionellen Gewändern, Halhooleh, Kamerablitzen, Kindern, die Tinte auf ihre Finger wollten, und allgemeiner Freude und Bewegtheit aller war, welche die Wahllokale betraten).
Eine irakische Journalistin, die seit 1995 den Blog Iraq Chick betreibt, in dem sie seit 1995 aus dem Irak berichtet, über die dortigen Wahlen am 15. 12. 2005.

Kommentar: Die Stimmung im Irak war damals wie diejenige heute in Libyen. Aber nach diesen Wahlen Ende 2005 begannen die schwierigsten Jahre des Irak; geprägt durch Aufstände extremistischer Schiiten und Sunniten, durch den Terror der Kaida und von einstigen Schergen des Ba'ath-Regimes.

Vieles spricht dafür, daß Libyen jetzt ähnlich schwere Zeiten bevorstehen.

Pierre Moscovici, Frankreichs Superminister für Wirtschaft und Finanzen. Die Karriere eines Linken. Eine Elitekarriere

Photo: Bresson Thomas

Der Herr, der da am 14. Juni dieses Jahres in der Art der Kommunisten die linke Faust hebt, wenn auch mit verhaltenem Gesichtsausdruck, ist einer der mächtigsten Männer Europas. Es ist Pierre Moscovici, 55, seit dem 21. Juni Frankreichs Ministre de l'Économie et des Finances, Superminister für Wirtschaft und Finanzen (zwischen dem 16. Mai und dem 21. Juni hatte er auch noch die Zuständigkeit für Außenhandel gehabt, die er dann aber an Nicole Bricq abgab).

Wer ist dieser Mann, der Gegenspieler Wolfgang Schäubles, mit dem er sich nach Informationen des "Spiegel" nach dem Rotationsprinzip die Nachfolge Jean-Claude Junckers als Chef der Euro-Gruppe teilen wird?

7. Juli 2012

Zitat des Tages: "Wird Deutschland jetzt eingekreist? Zerbricht die deutsch-französische Achse?" Der Präsident Hollande und Europa

Wird Deutschland jetzt eingekreist? Zerbricht die deutsch-französische Achse? Auf dem Brüsseler EU-Gipfel hatten sich Italien und Spanien vor einer Woche mit Frankreich zusammengetan, um Deutschland erhebliche Zugeständnisse abzuringen. (...)

Das war kein Unfall. Dass so etwas passieren könnte, wurde bereits Anfang des Jahres angekündigt, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Ein Wirtschaftsdiplomat aus dem Lager des damaligen sozialistischen Präsidentschaftskandidaten brachte die neue Denkweise auf den Punkt: Der größte Fehler Nicolas Sarkozys sei gewesen, "keine Koalition gegen Angela Merkel geschmiedet" zu haben – Hollande hingegen werde andere Saiten aufziehen.
Gero von Randow, der für die "Zeit" aus Paris berichtet, in deren aktueller Ausgabe ("Die Zeit" 28/2012 vom 5. 7. 2012). Der Artikel ist auch in "Zeit-Online" zu lesen.

Kommentar: Gero von Randow ist ein kluger politischer Analytiker. Früher als viele andere hat er die Gefahren gesehen, die mit einer Wahl Hollandes auf Europa und speziell auf das deutsch-französische Verhältnis zukommen würden ("Mein wahrer Gegner ist die Finanzwelt". Der sozialistische Kandidat François Hollande, trefflich kommentiert von Gero von Randow; ZR vom 3. 2. 2012). Sein jetziger Artikel ist unbedingt lesenswert.

Hollande hat sich im Wahlkampf auf eine Ausweitung der französischen Staatsausgaben festgelegt; beispielsweise soll das Renten-Eintrittsalter auf 60 Jahre gesenkt und sollen 60.000 neue Stellen im Bildungsbereich geschaffen werden; Staatsdiener, versteht sich. Zugleich wird es Steuer­erhöhungen geben, die Frankreich in Richtung auf eine wirtschaftliche Talfahrt befördern dürften.

Marginalie: Seemanöver im Pazifik. Die U-Bootwaffe und die strategische Situation Chinas

Stratfor befaßt sich in einem aktuellen Artikel mit dem groß­angeleg­ten Seemanöver RIMPAC, das im Abstand von zwei Jahren in der Region von Hawaii stattfindet, und geht dabei besonders auf die Bedeutung der U-Bootwaffe ein.

Beteiligt sind an dem Manöver, das seit dem 27. Juni läuft und noch bis zum 7. August andauern wird, neben den USA auch Japan, Südkorea, Australien und weitere Nationen - insgesamt 21. Aber nicht China.

Dieser Umstand beleuchtet den Hintergrund:

Marginalie: Volkswirtschaft, verständlich erklärt: Hans-Werner Sinn zur Eurokrise

Hans-Werner Sinn gehört zu den Wissenschaftlern, die ihr Fachgebiet so souverän beherrschen, daß sie die Zusammenhänge in einfachen Worten schildern können, in plastischen Bildern. Fachchinesisch muß nur reden, wem es an einem solchen überlegenen Verständnis fehlt.

Mir war als jemandem, der sich nie mit Ökonomie befaßt hat, lange unklar gewesen, wie es zur Eurokrise gekommen ist; wie die politischen und ökonomischen Faktoren in ihrer Wechselwirkung zu der jetzigen schwierigen Situation geführt haben.

Vieles habe ich verstanden, nachdem ich Sarrazins Euro-Buch gelesen hatte

6. Juli 2012

Leichter rein als raus

Seit Beginn der "Eurokrise" wird immer wieder locker empfohlen, daß die Griechen (oder die Deutschen) den "Euroraum verlassen" und eine andere Währung einführen sollten. Allgemein scheint die Einstellung vorzuherrschen, daß ein solches Verlassen einer Währungsunion grundsätzlich problemlos machbar wäre - wenn man es politisch will.

Diesen Optimismus habe ich nie verstanden. Die Bildung der Währungsunion aus den diversen Altwährungen war schon ein hochkomplexer Prozeß, der sich über viele Jahre hinzog und enormen Vorbereitungsaufwand erfordete. Und trotzdem war das noch trivial gegenüber der Auflösung einer Währungs­union, wo über den Verbleib bzw. die Aufteilung von Milliarden Einzelguthaben bzw. Schulden entschieden werden muß.

Wie schwer das ist, illustriert eine aktuelle Nachricht: Über eine Viertelmillion Pfund hat da ein Vorschlag zur Auflösung der Währungsunion gewonnen. Der nach Meinung einer offenbar kundigen Jury besser ist als zwei Dutzend weiterer Vorschläge.

Das scheint also die beste bisher bekannte Lösungsidee zu sein - und ist doch ziemlich unbrauchbar.

Marginalie: Linksterrorismus, Rechtsterrorismus, islamistischer Terrorismus. Eine Anmerkung zur Verurteilung von Verena Becker

Politik und Verbrechen sind über Jahrtausende miteinander verbunden gewesen. Sich mit Gewalt durchzusetzen, den Gegner physisch zu vernichten - das war das Übliche, das Wesen der Politik. Man tat es durch Giftmord, beispielsweise; oder dadurch, daß man den Gegner aufs Schafott brachte.

So haben es noch die Nazis und die Kommunisten gehandhabt.

5. Juli 2012

Marginalie: Die Paranoia des Internet

Gestern kam ich nicht mehr in mein eigenes Forum.

Die Software hatte in ihrer unergründlichen Weisheit eine "Sicherheitsabfrage" beschlossen, der ich nicht gewachsen war. Ein System­neustart half in diesem Fall.

Marginalie: China und Kuba wollen Kooperation "vertiefen"

Raúl Castro ist in China, und man hat eine engere Zusammenarbeit beschlossen.

China konzentriert sich auf seinem Weg zur Supermacht überhaupt nicht nur auf Asien. Es betreibt eine weltweite Hegemonialpolitik mit den Schwerpunkten Afrika und Lateinamerika.

Siehe dazu:

Kurioses, kurz kommentiert: Sind Einwanderer besser ausgebildet als Deutsche?

Arbeitsmarkt - Einwanderer sind besser ausgebildet als Deutsche
Überschrift eines Artikels, der seit heute, 13.31 Uhr, bei "Spiegel-Online" zu lesen ist.

Kommmentar: Wirklich?

Von den 6.75 Millionen Einwanderern in Deutschland (Stand: 2006), sind 1.739 Millionen Türken, 535.000 Italiener, 362.000 Polen und 317.000 Serben und Montegriner. 304.000 sind Griechen und 228.000 Kroaten. (Das ist jeweils das Herkunftsland; unabhängig davon, ob sie die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben).

Und wie heißt es in der Meldung? Es heißt so:

Zitat des Tages: Von Abelshauser bis Zimmermann. 160 Ökonomen gegen eine Bankenunion. Der Kanzlerin wird der Rücken gestärkt

Werner Abelshauser (Bielefeld)
Klaus Adam (Mannheim)
Thomas Apolte (Münster)
Lutz G. Arnold (Regensburg)
Ludwig von Auer (Trier)

Sascha Becker (Warwick)
Gerard J. van den Berg (Mannheim)
Annette Bergemann (Mannheim)
Norbert Berthold (Würzburg)
Thomas Beißinger (Hohenheim)
Martin Biewen (Tübingen)
Charles B. Blankart (Berlin)
Eckhart Bomsdorf (Köln)
Michael Braulke (Osnabrück)
Friedrich Breyer (Konstanz)
Jeanette Brosig-Koch (Duisburg-Essen)
Carsten Burhop (Köln)

Volker Caspari (Darmstadt)
Dieter Cassel (Duisburg/Essen)
Norbert Christopeit (Bonn)

Manfred Deistler (Wien)
Alexander Dilger (Münster)
Klaus Diller (Koblenz)
Jürgen B. Donges (Köln)
Axel Dreher (Heidelberg)

Jürgen Eichberger (Heidelberg)
Peter Egger (Zürich)
Wolfgang Eggert (Freiburg)
Mathias Erlei (Clausthal-Zellerfeld)

Hans Fehr (Würzburg)
Stefan Felder (Basel)
Bernhard Felderer (Wien)
Andreas Freytag (Jena)
Jan Franke-Viebach (Siegen)
Michael Fritsch (Jena)
Markus Frölich (Mannheim)
Wilfried Fuhrmann (Potsdam)
Michael Funke (Hamburg)

Gerhard Gehrig (Frankfurt)
Egon Görgens (Bayreuth)
Volker Grossmann (Freiburg/Schweiz)
Joachim Grammig (Tübingen)
Wolf-Heimo Grieben (Würzburg)
Thomas Gries (Paderborn)
Josef Gruber (Hagen)
Erich Gundlach (Hamburg)

Hendrik Hakenes (Bonn)
Gerd Hansen (Kiel)
Andreas Haufler (München)
Harry Haupt (Bielefeld)
Nikolaus Hautsch (Berlin)
Burkard Heer (Augsburg)
Arne Heise (Hamburg)
Christoph Helberger (Berlin)
Florian Heiss (Mainz)
Thomas Hering (Hagen)
Carsten Herrmann-Pillath (Frankfurt)
Helmut Herwartz (Kiel)
Hans Hirth (Berlin)
Stefan Hoderlein (Boston)
Stefan Homburg (Hannover)

Jürgen Jerger (Regensburg)
Uwe Jirjahn (Trier)

Leo Kaas (Mannheim)
Alexander Karmann (Dresden)
Gebhard Kirchgässner (St. Gallen)
Oliver Kirchkamp (Jena)
Roland Kirstein (Magdeburg)
Kai Konrad (Berlin)
Walter Krämer (Dortmund)
Tim Krieger (Paderborn)
Hans-Martin Krolzig (Canterbury)
Jens Krüger (Darmstadt)
Jörn Kruse (Hamburg)

Franz Peter Lang (Braunschweig)
Bernd Lucke (Hamburg)
Helmut Lütkepohl (Berlin)

Ernst Maug (Mannheim)
Dirk Meyer (Hamburg)
Georg Milbradt (Dresden)
Gertrud Moosmüller (Passau)
Karl Mosler (Köln)
Georg Müller-Fürstenberger (Trier)
Marc-Andreas Muendler (San Diego)

Bernhard Neumärker (Freiburg)
Werner Neus (Tübingen)
Dirk Niepelt (Gerzensee)
Volker Nitsch (Darmstadt)

Peter Oberender (Bayreuth)
Walter Oberhofer (Regensburg)
Ingrid Ott (Karlsruhe)
Max Otte (Graz)

Wolfgang Paffenberger (Bremen)
Hans-Georg Petersen (Potsdam)
Dietmar Petzina (Bochum)
Wilhelm Pfähler (Hamburg)
Michael Pickhardt (Cottbus)
Winfried Pohlmeier (Konstanz)
Mattias Polborn (Urbana-Champain)
Olaf Posch (Aarhus)
Birger P. Priddat (Witten-Herdecke)

Bernd Raffelhüschen (Freiburg)
Olaf Rank (Freiburg)
Franko Reither (Hamburg)
Til Requate (Kiel)
Rudolf Richter (Saarbrücken)
Gerhard Rübel (Göttingen)
Ralf Runde (Siegen)

Wolf Schäfer (Hamburg)
Bernhard Scherer (London)
Burkhard C. Schipper (University of California)
André Schmidt (Witten-Herdecke)
Gunther Schnabl (Leipzig)
Ronnie Schöb (Berlin)
Klaus Schöler (Potsdam)
Siegfried G. Schoppe (Hamburg)
Matthias Graf von der Schulenburg (Hannover)
Christian Seidl (Kiel)
Franz Seitz (Weiden)
Friedrich L. Sell (Neubiberg)
Gernot Sieg (Braunschweig)
Hans-Werner Sinn (München)
Peter Spahn (Hohenheim)
Georg Stadtmann (Frankfurt/Oder)
Joachim Starbatty (Tübingen)
Thomas Steger (Leipzig)
Martin Steinrücke (Greifswald)
Erich Streißler (Wien)
Wolfgang Ströbele (Münster)
Hans Gerhard Strohe (Oppen)

Tymon Tatur (Bonn)
Theresia Theurl (Münster)
Stephan Thomsen (Hannover)
Karl-Heinz Tödter (Frankfurt)
Stefan Traub (Bremen)

Harald Uhlig (Chicago)

Stefan Voigt (Hamburg)

Andreas Wagener (Hannover)
Gerhard Wagenhals (Hohenheim)
Adolf Wagner (Tübingen/Leipzig)
Martin Wagner (Graz)
Klaus Wälde (Mainz)
Martin Wallmeier (Freiburg/Schweiz)
Gerhard Wegner (Erfurt)
Joachim Weimann (Magdeburg)
Thomas Wein (Lüneburg)
Robert K. von Weizsäcker (München)
Frank Westermann (Osnabrück)
Michael Wolf (Zürich)
Elmar Wolfstetter (Berlin)

Klaus F. Zimmermann (Bonn)
Liste der Unterzeichner des Offenen Briefs, den Sie hier lesen können.

Kommentar: Ich bringe als Zitat diese Liste, statt eines Auszugs aus dem Text, weil sie mir das Interessantere zu sein scheint: Wenn 160 Fachleute, viele davon Universitäts­professoren, sich entschließen, in dieser Weise an die Öffentlichkeit zu gehen, dann hat das Gewicht.

Ich denke, daß die Kanzlerin sich über diesen Vorstoß freuen wird.

Faszination des Verbrechens. Wo kommt sie her?

Zu dem gestrigen Artikel über die Bluttat von Karlsruhe hat mir ein Leser eine Mail geschickt und sich "über ein bißchen viel Boulevard" enttäuscht gezeigt. Ich habe ihm geantwortet, er möge doch einen Beitrag in ZR, dessen Thema ihn nicht interessiert, einfach nicht lesen.

Mich jedenfalls hat gestern die Meldung über dieses Bluttat interessiert; und ich habe mich sofort daran gemacht, Näheres in Erfahrung zu bringen. Das Thema hat mich beschäftigt; so, wie es offenbar viele in Deutschland beschäftigt hat. Die Hauptausgabe der Tagesschau brachte es gestern Abend als Aufmacher.

Das Verbrechen fasziniert uns.

4. Juli 2012

Marginalie: Die Bluttat von Karlsruhe. Ein vorläufiger Kommentar. Aktualisierte Fassung: Pressekonferenz der Polizei

Noch sind die Einzelheiten der Bluttat von Karlsruhe unklar. Die ersten Meldungen sind kaum eine Stunde alt.

Nach dem, was bisher bekannt ist, könnte es sich um einen, kriminologisch gesehen, klassischen Ablauf handeln:

Zitat des Tages: 74 Prozent der Deutschen sind gegen Vereinigte Staaten von Europa. Das Euro-Dilemma

74 Prozent der Bundesbürger wollen nach einer Umfrage für das Hamburger Magazin stern nicht, dass sich die EU langfristig zu einem einheitlichen Bundesstaat nach dem Vorbild der USA entwickelt. Lediglich 22 Prozent befürworten eine Aufgabe des Nationalstaats zugunsten einer vereinigten EU. Vorbehalte haben die Befragten auch gegen einen vom Volk gewählten EU-Präsidenten, wie ihn kürzlich Finanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagen hat: 63 Prozent sind dagegen, nur 33 Prozent dafür.
Ergebnis einer Umfrage, die heute "stern.de" zitiert.

Kommentar: Diese Umfrage macht das Dilemma deutlich, in das uns die Einführung des Euro gebracht hat.

Er war von vornherein darauf angelegt gewesen, die Rolle des Vorreiters für die Vereinigten Staaten von Europa zu spielen.

July 4, 1776


IN CONGRESS, JULY 4, 1776
The unanimous Declaration of the thirteen united States of America


When in the Course of human events it becomes necessary for one people to dissolve the political bands which have connected them with another and to assume among the powers of the earth, the separate and equal station to which the Laws of Nature and of Nature's God entitle them, a decent respect to the opinions of mankind requires that they should declare the causes which impel them to the separation.

We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.

Schwefelhölzer, Fenchel, Bricken – Die Deutschen und ihr Nationalgefühl. Ein Gastbeitrag von Noricus

In unregelmäßigen Abständen, häufig aber zu Fußball­großereignissen, flammt in Deutschland eine Diskussion auf, die man boshaft als querelle d’Allemand bezeichnen könnte und die mit Etiketten wie Nationalstolzdebatte oder Patriotismusstreit versehen wird. Auf den ersten Blick mag man vermuten, dass diese rezidivierende Kontroverse irgendwann nach 1945 ausgebrochen sein muss. Allzu einleuchtend scheint die Annahme, dass das "patriotische Problem" der Deutschen etwas mit der "Kriegsvergangenheit" zu tun habe. Blickt man jedoch weiter zurück in die Geschichte, und zwar in die Werke der für unser Land angeblich so charakteristischen Dichter und Denker, bekommt dieses klare Bild einige Risse.

3. Juli 2012

Margot Werner ist tot

Hier finden Sie eine WebSite; wohl nicht die ihrige, sondern eine über sie. Ein treffliches Bild gibt es hier. Ein gemeinfreies habe ich leider nicht gefunden; deshalb bleibt dieser kleine Artikel unillustriert.

Aktuelles zum Krieg der Dschihadisten (12): Wenn Rebellen sich zurückziehen. Strategie und Taktik in asymmetrischen Kriegen

In den letzten Wochen wurden in etlichen Ländern islamistische Aufständische gezwungen, sich aus Städten zurückzuziehen, die sie erobert hatten. Das sind Niederlagen für die Dschihadisten; aber bei weitem nicht so schlimme, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.

Bei Stratfor hat jetzt Scott Stewart dazu eine Analyse geschrieben; auf sie stütze ich mich im folgenden zum Teil.

Marginalie: Was demnächst auf Ihrer Stromrechnung stehen wird. Eine ausbaufähige Idee des Wirtschaftsministers

Bei der "Energiewende" knirscht es bekanntlich gewaltig; vor allem beim Ausbau des Leitungsnetzes.

Anders als konventionelle Kraftwerke kann man "Windparks" nicht dort bauen, wo der Strom benötigt wird; sondern man muß sie (überwiegend) dort hinstellen, wo ein kräftiger Wind weht. Also ins Wattenmeer. Von dort wird der Strom dann quer durch die Republik transportiert. Der dadurch erforderliche Ausbau des Leitungsnetzes ist erstens teuer und zweitens mit technischen und rechtlichen Problemen verbunden.

Wenn jemand nun in Windräder investiert, dann möchte er seinen Strom natürlich auch verkaufen. Was aber, wenn die erforderliche Leitungskapazität noch nicht da ist?

2. Juli 2012

Das Neuerlied

Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
wie Schwertgeklirr und Wogenprall:
Zum Tor, zum Tor, zum deutschen Tor!
Wer steht dem deutschen Kasten vor?

Lieb Stürmerstar, magst ruhig sein,
Lieb Mittelfeld, magst ruhig sein:
Doch, doch, der Neuer wacht,
da geht nichts rein!
Doch, doch, der Neuer wacht,
da geht nichts rein!

Kurioses, kurz kommentiert: "In den Zimmern eines Bordells wird nicht geruht". Das Finanzgericht Düsseldorf urteilt aus der Lebenserfahrung

Die ermäßigte Umsatzsteuer für Hoteliers gilt nicht für Bordelle. Das hat das Finanzgericht Düsseldorf in einem Urteil klargestellt. Die Begründung: In den Zimmern werde nicht geruht. (...) "Ein Bordellbetrieb ist keine einem Hotel ähnliche Einrichtung", stellten die Düsseldorfer Richter fest.
Aus einem heutigen Artikel in "Spiegel-Online".

Kommentar: Ein Urteil, das für die Lebenserfahrung der Richter des Finanzgerichts Düsseldorf spricht.

Wie aus dem Artikel hervorgeht, sehen Bordellbetreiber mit ihrer eigenen Lebenserfahrung das aber anders. Einer hatte geklagt, um den ermäßigten Umsatz­steuer­satz zu erhalten, der mit dem Wachstums­beschleunigungs­gesetz vom Dezember 2009 eingeführt worden war.

Das Singen der Nationalhymne, die Piratenpartei und Barack Obama. Eine These

Nach aktuellen Umfragen liegt die Piratenpartei derzeit bei acht bis zehn Prozent. Bundesweit. In Berlin sieht sie eine heute veröffentlichte Umfrage von Forsa bei dreizehn Prozent - einen Prozentpunkt über der Partei "Die Linke", die einst als SED das halbe Berlin regierte.

Bei der gestern zu Ende gegangenen Fußball-EM haben eine Reihe von deutschen Spielern die Nationalhymne nicht mitgesungen; unter anderem der Berliner Jérôme Boateng, der in der Nähe von Stuttgart geborene und aufgewachsene Sami Khedira und der Gelsenkirchender Mesut Özil; wenn ich es recht gesehen habe, auch der aus Riedlingen stammende Mario Gómez nicht.

Ich möchte jetzt die These vortragen und begründen, daß es zwischen diesem Verhalten und dem frappierenden Erfolg der Piratenpartei einen Zusammenhang gibt.

1. Juli 2012

Zitat des Tages: "Das Rettungsgeld wird in Strömen fließen". Über einen Hebel, der nichts mehr hebelt

Am Ende wird in Europa das Rettungsgeld in Strömen fließen, aber niemand wird die Macht haben, seine Verwendung zu kontrollieren und Missbrauch zu sanktionieren. (...) Die Wirtschaftshistoriker sagen uns, dass Zentralstaaten mit einheitlicher Währung nur dann funktionieren, wenn das No-Bailout-Gebot strikt eingehalten wird (wie in der Schweiz und, mit Einschränkungen, in den Vereinigten Staaten). Europa aber will eine Haftungs- und Transferunion. Das wird schiefgehen.
Der Chef des Ressorts Wirtschaft der F.A.S., Rainer Hank, in der heutigen F.A.S. in einem Kommentar mit dem Titel "Zentralwahn".

Kommentar: Wer Thilo Sarrazins aktuelles Buch gelesen hat, der hat verstanden, warum der Euro in seine jetzige Krise geraten ist: Weil sich Haushaltsdisziplin nicht von außen verordnen läßt, solange die Staaten souverän sind; solange also die Regierungen den heimischen Pressionen und Traditionen folgen, die ihnen vielerorts vor allem die Funktion zuweisen, Wohltaten an die jeweilige Klientel unter den Wählern zu verteilen

Exzellentes Brot. Ein Märchen


Es war einmal ein Reich, das aus vielen Ländern bestand. Das Backwesen war in diesem Reich Ländersache, denn sie hatten die Backhoheit.

Im Lauf der Jahrhunderte hatten die Landesherren viele Bäckereien gegründet, große und kleine. In ihnen wirkten die Staatsbäcker. Die meisten wurden nach dem Landes-Angestelltentarif (LAT) bezahlt, die höhergestellten waren verbeamtet und hatten eine eigene Besoldungsordnung Bä, die von Bä1 (Oberbäcker) über Bä2 (Regierungsbäcker) und Bä3 (Oberregierungsbäcker) bis Bä4 (Ministerialbäcker) reichte.

Die Bäckereien gaben ihren Kuchen, ihr Brot und ihre Brötchen kostenlos an die Bürger ab; denn die Verfassung des Reichs sah ein "Recht auf Grundnahrung" für alle vor.