Es ist auf ein Buch hinzuweisen, das der Klimadiskussion eine neue Qualität gibt; das zwischen den Anhängern der dominierenden Theorie und ihren Kritikern gewissermaßen Waffengleichheit herstellt.
Das Problematische an der gegenwärtigen Klimaforschung und vor allem ihrer Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit ist nicht, daß die Anhänger einer bestimmten Theorie dominieren; nämlich der Theorie der menschengemachten globalen Erwärmung (anthropogenic climate change, ACC).
Das ist ein häufiger Zustand in einer Wissenschaft. Die jeweils dominierende Theorie erweist sich oft als richtig, manchmal als falsch. Bekannte Beispiele für ein ganzes Fach beherrschende Theorien, die falsch waren, sind die Theorie des Äthers im 19. Jahrhundert (eines das All erfüllenden Mediums, in dem sich elektromagnetische Wellen fortpflanzen sollten) und in jüngerer Zeit die Theorien, daß sich im Gehirn des Erwachsenen keine neuen Nervenzellen bilden würden und daß erworbene Eigenschaften nicht vererbbar seien; beides bis vor kurzer Zeit allgemein anerkanntes Lehrbuchwissen und doch falsch.
Soweit ist in der Klimaforschung also alles normal: Es gibt ein dominierende und verschiedene andere Theorien zur Entwicklung des globalen Klimas und ihren Ursachen. Ob die dominierende Theorie stimmt oder sich als falsch erweist, muß die weitere Forschung zeigen.
Das Problematische ist, daß viele Anhänger der gegenwärtig dominierenden ACC-Theorie den Eindruck erwecken, diese sei gar keine Theorie, die sich auch als falsch erweisen könnte; vielmehr handle es sich um so etwas wie eine offenbarte Wahrheit, die zu leugnen den Charakter der Ketzerei hat.
Diejenigen, die dieser Theorie skeptisch gegenüberstehen, werden folglich nicht, wie das sonst in der Wissenschaft üblich ist, als zu respektierende Vertreter einer Minderheitsmeinung behandelt, sondern man unterstellt ihnen oft, es fehle ihnen an Wissenschaftlichkeit - selbst dann, wenn sie durch ihr wissenschaftliches Werk ausgewiesene Experten sind wie Fred Singer, Richard Lindzen, Judith Curry, Henrik Svensmark oder der langjährige Direktor des Instituts für Meteorologie der FU Berlin, Horst Malberg (zu diesen Forschern siehe Kleines Klima-Kaleidoskop (21): Globale Erwärmung - ja. Aber nicht menschen- sondern sonnengemacht. Neue Belege für die Theorie von Svensmark; ZR vom 23. 6. 2011).
Einer der Gründe für diesen rüden Umgang mit Andersdenkenden ist natürlich, daß es hier nicht nur um Forschung geht, sondern auch um Politik; und um die Verteilung von sehr viel Geld.
Hinzu kommt, daß das organisatorische Sprachrohr der ACC-Theorie, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC; im Deutschen oft Weltklimarat genannt) eine bestens mit Finanzmitteln ausgestattete Organisation ist, die noch dazu mit der Autorität der UNO spricht. Es gibt hier den in der Wissenschaftsgeschichte einmaligen Fall, daß eine politische, von Regierungen mit ihren Vertretern beschickte Organisation gewissermaßen die Federführung in einem Forschungsbereich übernommen hat.
Das IPCC publiziert regelmäßig Berichte, welche die ACC-Theorie stützen und in denen sehr viele Einzeluntersuchungen aufgearbeitet werden. Für die kritische Gegenposition fehlte lange Zeit etwas Vergleichbares - ein Umstand, der es leicht machte, sie als unwissenschaftlich zu schmähen. (Vor allem in Deutschland gibt es in dieser Hinsicht nachgerade Exzesse. Zwei Beispiele können Sie hier beschrieben finden: Umwelt-Bundesamt: Propaganda statt Wissenschaft; ZR vom 24. 3. 2007; Rationale Diskussion in den USA, Versuch der Inquisition in Deutschland. Die Grünen und die Freiheit der Wissenschaft; ZR vom 12. 11. 2010).
Inzwischen sind nun aber Wissenschaftler dabei, als Gegengewicht zu den Berichten des IPCC einen ähnlich umfangreichen Bericht zu erstellen, der diejenigen Befunde zusammenstellt und interpretiert, welche gegen ACC sprechen.
Erscheinen soll dieses umfangreiche Werk 2013. Aber bereits jetzt gibt es eine erste, vorläufige Zusammenfassung; und schon diese ist 430 Seiten stark.
Herausgegeben werden diese Berichte (einen ersten gab es schon 2009) in Kooperation zwischen dem Heartland Institute, einem liberalkonservativen Think Tank, dem IPCC-kritischen Center for the Study of Carbon Dioxide and Global Change sowie dem Science and Environmental Policy Project.
Dieser jetzige Bericht heißt Climate Change Reconsidered: 2011 Interim Report of the Nongovernmental Panel on Climate Change. Sie können ihn für EUR 7,62 auf den Kindle laden. Oder Sie mögen sich vielleicht die ausführliche Zusammenfassung ansehen.
Auch wenn Sie das nur durchblättern oder querlesen, bekommen Sie einen Eindruck davon, daß hier nicht verschrobene Ketzer Propaganda machen, sondern daß es sich um detaillierte und qualifizierte wissenschaftliche Forschung handelt.
Welche der Theorien sich am Ende als die bessere erweist, ist damit natürlich noch nicht gesagt.
Auch die Autoren, die an diesem Band mitgearbeitet haben, leugnen weder das Faktum, daß in letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die globale Temperatur gestiegen ist, noch bestreiten sie, daß sich die Konzentration von CO2 auf das Klima auswirkt.
Offen ist aber, ob dieser Temperaturanstieg tatsächlich im wesentlichen auf einen solchen "Treibhauseffekt" zurückgeht oder andere Ursachen hat; und strittig ist, wie stark und über welche Mechanismen Änderungen der CO2-Konzentration sich auf das Klima auswirken. Vor allem aber geht es um Faktoren wie zum Beispiel den Einfluß der Sonne, die in den IPCC-Berichten nur unzureichend gewürdigt werden.
Wenn unterschiedliche Theorien einander gegenübestehen, wenn ihre Vertreter miteinander streiten, dann kommt das in einer normalen Wissenschaft der Forschung zugute; und häufig stellt sich am Ende heraus, daß die richtige Erklärung Elemente der einen wie der anderen Theorie umfaßt.
Nur die Klimaforschung verhält sich anders und ist insofern eher auf dem Stand theologischer Dispute. Bisher jedenfalls. Daß sich das auf Dauer durchhalten läßt, bezweifle ich.
Das Problematische an der gegenwärtigen Klimaforschung und vor allem ihrer Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit ist nicht, daß die Anhänger einer bestimmten Theorie dominieren; nämlich der Theorie der menschengemachten globalen Erwärmung (anthropogenic climate change, ACC).
Das ist ein häufiger Zustand in einer Wissenschaft. Die jeweils dominierende Theorie erweist sich oft als richtig, manchmal als falsch. Bekannte Beispiele für ein ganzes Fach beherrschende Theorien, die falsch waren, sind die Theorie des Äthers im 19. Jahrhundert (eines das All erfüllenden Mediums, in dem sich elektromagnetische Wellen fortpflanzen sollten) und in jüngerer Zeit die Theorien, daß sich im Gehirn des Erwachsenen keine neuen Nervenzellen bilden würden und daß erworbene Eigenschaften nicht vererbbar seien; beides bis vor kurzer Zeit allgemein anerkanntes Lehrbuchwissen und doch falsch.
Soweit ist in der Klimaforschung also alles normal: Es gibt ein dominierende und verschiedene andere Theorien zur Entwicklung des globalen Klimas und ihren Ursachen. Ob die dominierende Theorie stimmt oder sich als falsch erweist, muß die weitere Forschung zeigen.
Das Problematische ist, daß viele Anhänger der gegenwärtig dominierenden ACC-Theorie den Eindruck erwecken, diese sei gar keine Theorie, die sich auch als falsch erweisen könnte; vielmehr handle es sich um so etwas wie eine offenbarte Wahrheit, die zu leugnen den Charakter der Ketzerei hat.
Diejenigen, die dieser Theorie skeptisch gegenüberstehen, werden folglich nicht, wie das sonst in der Wissenschaft üblich ist, als zu respektierende Vertreter einer Minderheitsmeinung behandelt, sondern man unterstellt ihnen oft, es fehle ihnen an Wissenschaftlichkeit - selbst dann, wenn sie durch ihr wissenschaftliches Werk ausgewiesene Experten sind wie Fred Singer, Richard Lindzen, Judith Curry, Henrik Svensmark oder der langjährige Direktor des Instituts für Meteorologie der FU Berlin, Horst Malberg (zu diesen Forschern siehe Kleines Klima-Kaleidoskop (21): Globale Erwärmung - ja. Aber nicht menschen- sondern sonnengemacht. Neue Belege für die Theorie von Svensmark; ZR vom 23. 6. 2011).
Einer der Gründe für diesen rüden Umgang mit Andersdenkenden ist natürlich, daß es hier nicht nur um Forschung geht, sondern auch um Politik; und um die Verteilung von sehr viel Geld.
Hinzu kommt, daß das organisatorische Sprachrohr der ACC-Theorie, das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC; im Deutschen oft Weltklimarat genannt) eine bestens mit Finanzmitteln ausgestattete Organisation ist, die noch dazu mit der Autorität der UNO spricht. Es gibt hier den in der Wissenschaftsgeschichte einmaligen Fall, daß eine politische, von Regierungen mit ihren Vertretern beschickte Organisation gewissermaßen die Federführung in einem Forschungsbereich übernommen hat.
Das IPCC publiziert regelmäßig Berichte, welche die ACC-Theorie stützen und in denen sehr viele Einzeluntersuchungen aufgearbeitet werden. Für die kritische Gegenposition fehlte lange Zeit etwas Vergleichbares - ein Umstand, der es leicht machte, sie als unwissenschaftlich zu schmähen. (Vor allem in Deutschland gibt es in dieser Hinsicht nachgerade Exzesse. Zwei Beispiele können Sie hier beschrieben finden: Umwelt-Bundesamt: Propaganda statt Wissenschaft; ZR vom 24. 3. 2007; Rationale Diskussion in den USA, Versuch der Inquisition in Deutschland. Die Grünen und die Freiheit der Wissenschaft; ZR vom 12. 11. 2010).
Inzwischen sind nun aber Wissenschaftler dabei, als Gegengewicht zu den Berichten des IPCC einen ähnlich umfangreichen Bericht zu erstellen, der diejenigen Befunde zusammenstellt und interpretiert, welche gegen ACC sprechen.
Erscheinen soll dieses umfangreiche Werk 2013. Aber bereits jetzt gibt es eine erste, vorläufige Zusammenfassung; und schon diese ist 430 Seiten stark.
Herausgegeben werden diese Berichte (einen ersten gab es schon 2009) in Kooperation zwischen dem Heartland Institute, einem liberalkonservativen Think Tank, dem IPCC-kritischen Center for the Study of Carbon Dioxide and Global Change sowie dem Science and Environmental Policy Project.
Dieser jetzige Bericht heißt Climate Change Reconsidered: 2011 Interim Report of the Nongovernmental Panel on Climate Change. Sie können ihn für EUR 7,62 auf den Kindle laden. Oder Sie mögen sich vielleicht die ausführliche Zusammenfassung ansehen.
Auch wenn Sie das nur durchblättern oder querlesen, bekommen Sie einen Eindruck davon, daß hier nicht verschrobene Ketzer Propaganda machen, sondern daß es sich um detaillierte und qualifizierte wissenschaftliche Forschung handelt.
Welche der Theorien sich am Ende als die bessere erweist, ist damit natürlich noch nicht gesagt.
Auch die Autoren, die an diesem Band mitgearbeitet haben, leugnen weder das Faktum, daß in letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die globale Temperatur gestiegen ist, noch bestreiten sie, daß sich die Konzentration von CO2 auf das Klima auswirkt.
Offen ist aber, ob dieser Temperaturanstieg tatsächlich im wesentlichen auf einen solchen "Treibhauseffekt" zurückgeht oder andere Ursachen hat; und strittig ist, wie stark und über welche Mechanismen Änderungen der CO2-Konzentration sich auf das Klima auswirken. Vor allem aber geht es um Faktoren wie zum Beispiel den Einfluß der Sonne, die in den IPCC-Berichten nur unzureichend gewürdigt werden.
Wenn unterschiedliche Theorien einander gegenübestehen, wenn ihre Vertreter miteinander streiten, dann kommt das in einer normalen Wissenschaft der Forschung zugute; und häufig stellt sich am Ende heraus, daß die richtige Erklärung Elemente der einen wie der anderen Theorie umfaßt.
Nur die Klimaforschung verhält sich anders und ist insofern eher auf dem Stand theologischer Dispute. Bisher jedenfalls. Daß sich das auf Dauer durchhalten läßt, bezweifle ich.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Titelvignette: Drei Bilder, die sich durch das Schütteln eines Kaleidoskops ergeben. Fotografiert und in die Public Domain gestellt von rnbc.