22. Juli 2012

Marginalie: Jetzt produziert auch der Reaktor Nummer vier im japanischen Oi wieder Strom

Das ist doch einmal eine Meldung! Ich habe es zunächst als Kurzinformation bei Stratfor gelesen und dann ausführlichere Berichte gefunden; zum Beispiel in der Singapurer Online-Zeitung AsiaOneNews: In Japan ist seit dem gestrigen Samstag auch der Reaktor Nummer vier im KKW Oi (Provinz Fukui) wieder am Netz. Zuvor war schon der Reaktor Nummer drei wieder in Betrieb genommen worden.

Japan hat (wie übrigens auch Frankreich) auf den Unfall von Fukushima rational reagiert; nämlich mit einer gründlichen technischen Überprüfung aller seiner KKWs und gegebenen­falls der Verbesserung von deren Sicherheit. Dazu wurden die meisten vorübergehend abgeschaltet. Für einige ist das jetzt abgeschlossen, und sie werden wieder in Betrieb genommen. Am Mittwoch soll Oi 4 wieder mit voller Last fahren.

Die 1,18 Millionen Kilowatt, die dieser Reaktor zur japanischen Stromversorgung beiträgt, werden in den heißen Sommerwochen dringend benötigt, da in Japan viele Klimaanlagen laufen. Bisher waren deshalb von der Regierung Strom­spar­maßnahmen in den an Fukui angrenzenden Provinzen angeordnet worden, die jetzt aufgehoben werden können.

Vor allem die Industrie hatte sich bereitgefunden, ihren Stromverbrauch in den kritischen Spitzenzeiten zu reduzieren. Das wurde beispielsweise dadurch erreicht, daß ein Teil der Arbeit auf die Wochenenden verlegt wurde.

Die Reaktoren, die jetzt ans Netz gegangen sind, arbeiten im 24-Stunden-Betrieb und versorgen nachts Pumpspeicher-Kraftwerke, die während der Tagestunden dazu beitragen, den dann erhöhten Bedarf zu befriedigen.



Die rationale Reaktion auf einen schweren Unfall besteht darin, daß man prüft, was zu unternehmen ist, um künftig derartige Unfälle zu vermeiden.

Zwar war der Unfall in Fukushima bekanntlich nicht durch technisches Versagen verursacht, sondern durch das Zusammentreffen eines schweren Erdbebens (des schwersten je in Japan vorgekommenen mit einer Magnitude von 9,0) mit einem ungewöhnlich zerstörerischen Tsunami (Wellen bis 40,5 m Höhe). Aber technische Verbesserungen können und müssen eben auch darin bestehen, daß man Vorkehrungen trifft, um selbst mit solchen extremen Ereignissen fertig zu werden.

Natürlich gab und gibt es auch in Japan den Ruf nach einem "Ausstieg". Die betreffenden Gruppen und Grüppchen werden in der Berichterstattung unserer Medien nachgerade liebevoll dargestellt. Tatsächlich sind sie nach wie vor klein. An Anti-Atom-Demonstrationen nehmen im dichtbesiedelten Japan mit seinen fast 130 Millionen Einwohnern auch nach dem 11. März 2011 selten mehr als einige tausend bis wenige zehntausend Menschen teil. Die einzige größere Demonstration seit dem Unfall von Fukushima brachte am 11. September 2011 in der Neunmillionenstadt Tokio ganze 60.000 Demonstranten auf die Beine; viele vermutlich von auswärts angereist.

Regierungsamtliche Pläne für einen "Ausstieg" gibt es in Japan nicht, auch wenn erneuerbare Energien jetzt verstärkt gefördert werden sollen.

Auch dort werden wir Deutschen also nicht unsere selbstgewählte Mission als Vorreiter erfüllen können.
Zettel



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