Die Insel mitten im Fluß, samt dem stattlichen Haus, das man in der Gegend „das Schloß“ nannte, und den reichen Gärten war mein Erbe. Ich hatte lediglich eine Familie hinzugebracht, die Frau und drei Kinder. Mehrten oder verzehrten wir den Besitz? Ich glaube, wir erhielten ihn – falls er sich nicht selbst erhielt, denn er war gleichermaßen schön und nützlich angelegt, ein rechtes Mustergut, das sich nur mit Gewalt herunterwirtschaften ließ.
An den steilen Hängen des Flußtales wuchsen Reben. Was dort je besonders wohlgeraten war hatten meine Vorväter in die Weinkeller eingelagert, die sich unter der ganzen Insel hinzogen. Selbst wenn ich gesoffen hätte wie ein Bürstenbinder, wäre ich des ungeheuren Bestandes zeitlebens niemals Herr geworden. Das gab mir Rückhalt, denn ich trinke gern, der Reichste konnte sich nicht sicherer dünken als ich.
Um die Zeit, die alles so äh veränderte, sprach und schrieb man viel über einen neuen, furchtbaren Wind. Von anderen Winden weiß man, wie sie entstehen, wessen sie fähig sind und wohin ungefähr sie sich wenden; von diesem wußte man es nicht. Viele nannten ihn den Weltwind, um auszudrücken, wie unheimlich er ihnen sei. In Asien hieß er Kadharta, in Amerika Sizzon, in Afrika Turdusi. Wir Europäer gaben ihm so viele Namen, wie wir Sprachen haben. Es verlautete, er sei eisig und von tödlicher Gewalt, nichts widerstehe ihm, alles zerstöre er oder reiße es mit sich fort, nur Trümmer lasse er zurück. Das Arge war, daß man ihn immer und überall fürchten mußte. Er kam auf, er sprang um, wie es ihm beliebte. Hatte er gestern in Korea gewütet, so fegte er heute durch Spanien; er reiste geschwinder als jeder andere Wind. Manche meldeten, er verdunkle das Firmament und dröhne tief wie eine Orgel; andere behaupteten, ihn begleite ein hoher, pfeifender Ton. Nun, ich sollte ihn gründlich kennenlernen.
An einem freundlichen Maitag war ich in die Kellereien hinabgestiegen, um nach dem Rechten zu sehen. Als ich eben ergründen wollte, welchem von zwei trefflichen Weinen der Vorzug gebühre, vernahm ich ein Sirren, das schrill anschwoll und in den Ohren schmerzte; zugleich fiel die Kellertür zu. Obwohl die Gewölbe tief unter der Erde lagen, zitterten sie, als schreite ein Her von Riesen darüber hin. Wo immer ein Schacht oder Spalt aus dem Keller nach oben führte, ward Luft hineingepreßt, in kurzen, bösen Stößen. Da wußte ich, daß der Große Wind in unser Flußtal gekommen war.