16. Juni 2023

Kein UFO





(Bruce Pennington, Titelbild für Kingsley Amis, "New Maps of Hell," New English Library, 1969)

Oh, it came out of the sky, landed just a little south of Moline.
Jody fell out of his tractor, couldn't believe what he’d seen.
Laid on the ground and shook, fearing for his life,
Then he ran all the way to town, screaming: "It came out of the sky!"

Well, a crowd gathered around and a scientist said it was marsh gas.
Spiro came and made a speech about raising the Mars tax.
The Vatican said, "Woe, the Lord has come!"
Hollywood rushed out an epic film.
Ronnie the Populist said it was a communist plot.

The newspaper came and made Jody a national hero.
Walter and Eric said they'd put him on a network TV show.
The White House said, "Put the thing in the Blue Room!"
The Vatican said, "No, it belongs to Rome!"
And Jody said, "It's mine, but you can have it for seventeen million."

(„It Came Out of the Sky“ - Creedence Clearwater Revival, 1969)



I.

Im zweiten Teil meiner kleinen Serie zum „aktuellen Sommerlochaufreger“ – nämlich der Behauptung, die der vorgebliche ehemaligen amerikanische Geheimdienstmitarbeiter David Grusch in der vorigen Woche auf der Internetseite „The Debrief“ und in zwei anschließenden Interviews mit dem amerikanischen Kabelfernsehkanal NewsNation und der französischen Tageszeitung Le Parisien aufgestellt hat – nämlich daß „die USA im Besitz von zwölf bis 15 großen Objekten einer nicht von Menschen stammenden Technologie“ sein sollen – will ich einmal von den Spezifika dieser sagen wir Münchhausiade absehen. Zum einen, weil Grusch seine ursprüngliche Erzählung mittlerweile etwa variiert hat. In der 40-minütigen Fassung seines Gespräch mit dem australischen Journalisten Ross Coulthart, das NewsNation am Sonntag, dem 11. Juni, ausgestrahlt hat, erklärte Grusch zum einen, daß er sich „nicht sicher sei, ob die ‚außerirdische Erklärung‘ zutreffend sei.“ Möglicherweise würde es sich auch im „Wesen aus höheren Dimensionen“ (im O-Ton „multidimensional beings“) handeln. Daraufhin hat die englische Boulevardpostille „The Week“ hat uns gestern stilgerecht darüber aufgeklärt, daß der Vulkan Popocatepetl in Mexiko von solchen Flugobjekten als „Wurmloch“ zur Abkürzung galaktischer Distanzen genutzt wird. ­



Zum anderen handelt es sich bei dieser Geschichte keineswegs um eine neue Variante in dem Gespinst von Gerüchten, Behauptungen und populären „urban legends“ um Besucher aus den Tiefen des Weltraums, sondern um einen der ältesten Klassiker, seitdem dieser „moderne Mythos“ im Sommer 1947 seinen Anfang nahm und seit ihm die ersten großen Medienberichte darüber Anfang 1949 eine feststehende Form verliehen haben. Und es handelt sich um die erste Variante, die gründlich und nachhaltig entzaubert und ins Reich der Flunkerei verwiesen worden ist.

Die Vorstellung, die USA – und andere militärische Großmächte – hätten solche „unbekannten Flugobjekte“ mitsamt ihren Besatzungen geborgen und würden im Geheimen auf ebenso geheimen Luftwaffenstützpunkten daran arbeiten, diese Technologie zu rekonstruieren und nachzubauen, vor allem auf der „Area 51,“ ist der zentrale Angelpunkt zahlreicher „Enthüllungs-Dokumentationen“ und Fernsehserien wie „Roswell“ (2000-2002) und „The 4400“ (2004-2007). Auch Coulthart erstellt seit Jahren „Fernsehdokumentationen,“ in denen dies behauptet wird. Daß der Name der Kleinstadt Roswell im amerikanischen Bundesstaat New Mexico und das Sperrgebiet der amerikanischen Luftwaffe nahe dem Groom Lake in Nevada in UFOlogen-Kreisen sprichwörtlich für „abgestürzte Flugobjekte“ geworden sind, geht auf das Buch „The Roswell Incident“ zurück, das Charles Berlitz zusammen mit William L. Moore im New Yorker Verlag Grosset & Dunlap veröffentlicht hat. Es war nicht ihre erste Zusammenarbeit. Ein Jahr vorher hatten beide in ihrem Buch „The Philadelphia Experiment“ einem anderen „modernen Mythos“ endgültig zur Popularität verholfen: daß im Oktober 1943 in der Marinewerft von Philadelphia ein Experiment auf dem Zerstörer Eldridge unternommen worden sein soll, bei dem das Schiff „unsichtbar gemacht“ werden sollte, sich aber entmaterialisiert und 300 Kilometer weiter südlich in Norfolk in Virginia wiederaufgetaucht sein soll. Frühere (und bescheidenere) Versionen dieser Mirakelgeschichte waren seit Ende der fünfziger Jahre immer wieder in Büchern kolportiert worden, die sich mit „unerklärlichen Phänomenen“ befaßten – von allem den Büchern von Vincent H. Gaddis (1913-1997). Von Gaddis hat Berlitz auch die Vorstellung/das Konzept übernommen, das ihn als Autor in diesem halbseidenen Metier zwischen Wünschelrutengang und dem wiederentdeckten Atlantis bekannt gemacht hat – und dem der Autor Berlitz zu einer Bekanntheit verholfen hat, die weit über die Interessenten und Gläubigen hinausreicht: das „Bermudadreieck.“ Vincent Gaddis hat den Begriff zuerst 1964 in einem Artikel für das Magazin „Argosy“ geprägt – aber die Vorstellung, es gebe in der Karibik, irgendwo zwischen der Südspitze Floridas, Bermuda und Puerto Rico ein Gebiet, in dem „die Grenzen zu anderen Dimensionen durchlässiger werden“ und Schiffe und Flugzeuge spurlos verschwinden, ist erst durch Berlitz Buch „The Bermuda Triangle“ aus dem Jahr 1974 zum festen Bestandteil des modernen Legendenschatzes geworden. (Der Kleine Zyniker, der gerne erklärt, wie denn der Magier auf offener Bühne aus dem drehbaren Spiegelkabinett verschwunden ist, weist darauf hin, daß es sich bei der USS Eldridge um Versuche gehandelt hat, den Schiffsrumpf zu entmagnetisieren, um die Gefährdung durch Treibminen zu verringern, und daß das angebliche „Teufelsdreieck“ 1975 in Larry Kusches Buch „The Bermuda Triangle – Solved“ gründlich entzaubert worden ist.)

Bei der “fliegenden Untertasse,” die am 14 Juni 1947, zehn Tage vor der ersten „offiziellen Sichtung,“ durch die die Welle von Medienberichten losgetreten wurde, „vom Himmel hoch“ auf dem Gelände der Foster Farm, 100 km südlich der Kleinstadt Roswell, ein paar verstreute Trümmer hinterließ, handelte es sich eindeutig um die Überreste eines Stratosphärenballons. Die Photos, die die Air Force am 8. Juli von den Trümmerstücken veröffentlichte, machen deutlich, daß hier kein halbwegs intaktes Flugobjekt geborgen worden war. Allerdings hatte die Lokalzeitung, der Roswell Daily Herald, am Tag zuvor mit der Schlagzeile „RAAF birgt Fliegende Untertasse auf Ranch nahe Roswell“ aufgemacht (das Kürzel steht für „Roswell Army Air Field“). Gegen die Erklärung der Luftwaffe, es habe sich um die Überreste eines Wetterballons gehandelt, stand die Aussage des Besitzers der Farm, William W. Brazel, er hätte schon zwei Mal zuvor auf seinen Feldern Reste von Wetterballons gefunden, und reflektierende Metallfolien gehörten eindeutig nicht dazu. Dank der Freigabe der Akten über militärische Geheimprojekte ist heute klar, daß es sich hier tatsächlich um einen Stratosphärenballon des Typs Skyhook gehandelt hat, der aber im Zug des „Project Mogul“ am 4. Juni gestartet worden war. Die Aufgabe dieses Projekts war, festzustellen, ob die Sowjetunion im Zuge des Wettrüstens im beginnenden Kalten Krieg eine Atombombe gezündet hatte. Dazu sollten mehrere Meter durchmessende Reflektoren aus Metallfolie dienen, von denen eine ganze Reihe unter dem Ballon hing und die durch die die Stratosphäre laufenden Infraschallwellen einer solchen Explosion in Vibrationen versetzt werden sollten. Das Projekt wurde 1949 aufgegeben, als sich die Resultate als nicht zufriedenstellend erwiesen. 1994 schrieb die New York Times nach der Freigabe der Akten: „Für das ungeschulte Auge nahmen sich die Reflektoren sehr seltsam aus: wie übereinandergestapelte Rauten aus schmalen Stäben und Metallfolien mit geraden Winkeln. Photos, die 1947 aufgenommen und in Zeitungen gedruckt wurden, zeigen Teile von offenkundig geplatzten Ballons und Radarreflektoren“ (The New York Times, 18. September 1994)







(Aufnahme eines Ballons des "Project Mogul")

Die Erklärung der Air Force reichte immerhin aus, „Roswell“ für die nächsten 33 Jahre nicht nur aus dem Gedächtnis des allgemeinen Publikums zu löschen, sondern auch dem der Gläubigen. Die erste „abgestürzte Untertasse“ in der Frühzeit des Phänomens verband sich mit einem anderen Ort in New Mexico, Aztec, gut 600 Kilometer nordwestlich an der „gegenüberliegenden“ Ecke des Bundestaates in der Nähe der Grenze zu Utah, gelegen. Bekannt wurde dieser Fall, weil er höchst prominent in dem zweiten Buch zum Thema überhaupt beschrieben wurde, in Frank Scullys „Behind the Flying Saucers,“ das im September 1950 im Verlag Henry Holt herauskam. (Die Taschenbuchausgabe, die ein halbes Jahr später bei Popular Library erschien, hatte passenderweise ein Titelbild von Earle K. Bergey, dessen außerirdische Maiden in Messing-BHs in den 1940s zahllosen SF-Magazinen der krachledernen Güteklasse wie Thrilling Wonder Stories und Startling Stories ihre unverwechselbar optische Note verliehen.) Der erste einschlägige Titel über UFOs war ein Vierteljahr zuvor Donald E. Keyhoes „The Flying Saucers Are Real“ gewesen, als billiges Taschenbuch für 25 Cent bei Gold Medal Books verlegt, deren Programm in diesem Jahr eher auf so gehaltsvolle Titel wie Cornell Woolrichs „Savage Bride“ oder „Nude in Mink“ vom Erfinder Fu Manchus, Sax Rohmer, spezialisiert war. Scullys Buch hingegen kam bei einem höchst reputablen Verlag als gebundene Ausgabe heraus und verkaufte sich in den ersten zwei Jahren nach seinem Erscheinen sechzigtausendmal.


(Titelbild von Earle K. Bergey für die Taschenbuchausgabe vom März 1951)



(Titelbild von Earle K. Bergey (1901-1952) for Startling Stories, vom gleichen Monat - März 1951)


Und dort, im Kapitel 12, „Inside Flying Saucers,“ berichtet Scully, was ein Prospektor aus Texas namens Silas M. Newton, den die Ölsuche mit Hilfe von Mikrowellen zum Millionär gemacht hatte, bei einem Vortrag am 8. März 1950 vor den Studenten der Universität von Denver zu berichten hatte. Newton und ein „befreundeter Wissenschaftler,“ Dr. Gee, seien zwei Jahre zuvor, im März 1948, von der Armee um Mithilfe bei der Untersuchung dreier abgestürzter Untertassen gebeten worden. Die erste, die zwölf Meilen östlich des erwähnten Aztec (Bevölkerung 1950: 850) havariert war, hatte einen Durchmesser von 99 Fuß und 99 Zoll (30 Metern); der Besatzungsraum maß 18 Fuß im Durchmesser und 42 Zoll Höhe (5,5 m bzw. 1,84 m); alle Maße waren glatt durch 9 teilbar – wenn man die englischen Längenmaße zugrunde legte. Im Innern befanden sich die Leichen von 16 vollkommen menschenähnlichen Wesen, die eine Größe zwischen 1,10 und 1,30 m; sie waren gestorben, weil im Weltraum eines der Kabinenfenster geplatzt war; die ausströmende Luft hatte sie schwarz verbrannt. Sie „waren nach der Mode der 1890er Jahre gekleidet.“ Das Trinkwasser, das sie bei sich führten, hatte das doppelte spezifische Gewicht wie irdisches H2O. Das zweite Schiff war in der Nähe eines Testgeländes bei Durango in Arizona abgestürzt; es wies einen Durchmesser von 22 Metern auf; die 16 Mitglieder der Besatzung waren gestorben, als sich beim Flug durch die höheren Atmosphärenschichten versehentlich die Tür geöffnet hatte. Und das dritte Flugobjekt mit elf Metern Durchmesser hatte nur zwei Piloten an Bord; es landete in der Nähe von Phoenix bei Paradise Valley und wurde von der Armee auf den Luftwaffenstützpunkt Wright-Patterson gebracht. Die Uhren an Bord der Raumschiffe waren auf den „magnetischen Tag“ mit einer Länge von 23 Stunden und 58 Minuten eingestellt; das dritte Schiff besaß keine Sanitäreinrichtungen, woraus Dr. Gee den Schluß zog, daß die Flüge nicht lang genug dauerten, um dergleichen nötig zu machen. Was den Antrieb betrifft, so lasse ich einmal Scully (Frank, nicht Dana!) – bzw. Herrn Newton himself selbst zu Wort kommen:



„Sie verstehen natürlich,“ sagte er, „daß die Untertassenbauweise die ideale Konstruktion für die Fortbewegung in der Luft ist. Die Tatsache, daß sich die Untertasse um ihre eigene Achse dreht, dient nur dem Zweck, das Gleichgewicht zu wahren. Denn soweit es die Oberfläche der Tragfläche betrifft, entsteht hier kein Schub. Es entsteht auch kein Schub vermittels eines Propellers, denn es gibt keine Propeller. Was tatsächlich passiert ist, daß die Untertasse, obwohl sie rotiert, von einer Linie des Magnetfelds zur nächsten kriecht. Wenn Sie bedenken, daß es pro Zentimeter 1257 magnetische Feldlinien gibt und sie sich nicht kreuzen, ergibt sich das Problem der Verbrennung oder des Vortriebs, wenn sie kontrolliert zur Überschneidung gebracht werden. Das nacheinander erfolgte kontrollierte Kreuzen dieser magnetischen Feldlinien ermöglicht die Beschleunigung der waagrechten oder Flügel-Partie der Untertasse, weil die Untertasse versucht, zur nächsten Feldlinie zu gelangen – oder vielleicht sollten wir sagen: das Gleichgewicht zu halten. In anderen Worten: das Schiff versucht sich selbst zu entkommen, oder sich aus der Position, in der es sich findet, fortzubewegen, wenn Verbrennungskraft durch das Kreuzen magnetischer Feldlinien erzeugt wird. … Wenn sich die Untertasse außerhalb des Bereichs unserer Atmosphäre bewegt, so haben wir natürlich kein Gewicht und keinen Widerstand mehr. Wir haben nur noch magnetische Feldlinien, die ungestört verlaufen, bis sie sich den magnetischen Feldlinien eines anderen Planeten nähern. As diese magnetischen Feldlinien gleich sind, verhalten sie sich ähnlich wie die beiden Nordpole eines jeden Magneten. In anderen Worten, sie stoßen sich ab wie die gleichen Pole eines Magneten – das erste Gesetz des Magnetismus. Daher werden etwa zum Beispiel der Planet Venus und der Planet Venus aufgrund dieser magnetischen Abstoßung auf ihrer Bahn gehalten. Sie alle befinden sich im universellen Gleichgewicht und bewegen sich auf diese Weise in ihrer Umlaufbahn.“ („Behind the Flying Saucers,“ 1950, S. 192-193)


(Ich bitte alle Ingenieure an dieser Stelle, das Rotieren und künstliche Kreuzen der Sehachsen einzustellen. Der Kleine Zyniker murmelt derweil vernehmlich: „So, Herr Grusch, geht Bärenaufbinden.“ Des weiteren ermögliche es die Magnetschweberei den Untertassen, sich mit doppelter Lichtgeschwindigkeit fortzubewegen.)



("Wie es gewesen sein könnte," Zeichnung von Charles Schneeman, Denver Post vom 24. September 1950)

Interessanterweise auch auch Charles Schneeman (1912-1972), von dem diese Zeichnung stammt, wie Bergey in den 40er und 50er Hagren hauptsächlich als Illustrator für die SF-Pulpmagazine tätig. Zwei Beispiele für sein dortiges Schaffen:


(Ill. für Frank Belknap Long, "To Follow Knowledge," Astoounding Science Fiction, Dezember 1942)



(Ill. für Robert Mooore Williams, "Red Death of Mars," Astounding, Juli 1940)

II.

Und damit hätte es ein Bewenden haben können. Schließlich haben die Protagonisten der nächsten Evolution des Untertassenphänomens, die sogenannten „Kontaktler“ – George Adamski, Truman Berthurum, Donald Fry, Orfeo Angelucci und Howard Menger - in dem nachfolgenden halben Jahrzehnt erheblich wildere Münchhausiaden zum Besten gegeben und sich ganz eindeutig einen Überbietungswettbewerb geliefert. Adamski, der Pionier auf diesem Gebiet, behauptete im November 1952, in der Wüste in der Nähe der Sternwarte von Mount Palomar mit dem Kapitän eines UFOs gesprochen zu haben, Bertherum wurde zu einer Bordbesichtigung eingeladen, Fry unternahm ein Bord eine Spritztour durch die Atmosphäre, Angelucci einen Weltraumflug, worauf Adamski den Mond umrundete und Menger schließlich auf ihm landete. Menger (1922-2009) datiert diesen Trip in seinem Buch „From Outer Space to You“ (Saucerian Books, 1959) auf den August 1956 und teilt uns mit, daß der Mond eine Atmosphäre besitzt und er ohne Schwierigkeiten dort atmen konnte.

Aber dabei blieb es nicht. Am Montag, den 27. Oktober 1952 brachte das auflagenstärkste Nachrichtenmagazin der USA, das TIME-Magazin, neben einer Titelgeschichte, die dem Kandidaten der Demokratischen Partei für die anstehende Präsidentschaftswahl, Adlai Stevenson, gewidmet war (Kornbluths „die im nächsten Jahr anstehenden Präsidentenwahlen hielten uns auf Trab…“ aus meinem vorigen Beitrag lassen grüßen), unter der Überschrift „Flying-Saucer Men“ die folgende Meldung:

Von all den Geschichten über fliegende Untertassen, die in amerikanischen Zeitungen gelandet sind, war die fantastischste die eines Ölsuchers aus Denver namens Silas M. Newton. Vor zwei Jahren erzählte er feierlich vor einer studentischen Zuhörerschaft an der Universität von Denver, daß wenigstens drei Fliegende Untertassen mit Besatzungen aus kleinen (30 Zoll) großen Wesen, in der USA gelandet wären, daß die Air Force die Besatzungen in Gewahrsam genommen hätten und die Wahrheit vertuschen würden. Im Anschluß führte er als Beleg für seine Geschichte „Beweise“ an, die von einem geheimnisvollen Wissenschaftler stammten, den er als „Mr. Gee“ bezeichnete. Die Geschichte von Newton, einem Freund von Frank Scully, der für das Magazin „Variety“ schreibt, war der Auslöser für Scullys Bestseller, „Behind the Flying Saucers“ (TIME, 25 September 1950), der sich ausführlich mit den „Beweisen“ von Newton und Dr. Gee befaßte.

In der vergangenen Woche hat die „Denver Post“ nach einer Recherche von zehn Tagen Newton und seinen Kumpan nicht nur als Hochstapler entlarvt; sie deckte auch genügend belastendes Material auf, das zur Verhaftung von Newton und einem zweiten Mann, der nach Angaben der Zeitung „Dr. Gee“ sein soll, führten: Leo Ge Bauer, Inhaber eines kleinen Elektronikhandels in Phoenix, Arizona. Der Vorwurf lautet: Newton und Ge Bauer hätten einen wohlhabenden Farmer um einen Betrag von $ 24.000 betrogen – mit einer weiteren „wissenschaftlichen“ Entdeckung, einem Gerät, das angeblich Wasser und Öl im Erdboden anzeigen konnte.

Die Enthüllungen in der “Post“ stammten von John P. Cahn, einen 33 Jahre alten freischaffenden Journalisten aus San Franzisco, der zuerst versucht hatte, die Machenschaften von Newton und Dr Gee für die „San Francisco Chronicle“ aufzudecken. Er wurde mißtrauisch, als es ihm gelang, in den Besitz einer Probe des „nicht schmelzbaren“ Metalls zu gelangen, daß angeblich aus einer Fliegenden Untertasse stammte. Es stellte sich als ganz gewöhnliches Aluminium heraus, wie es zur Herstellung von Töpfen und Pfannen verwendet wird. Cahn gelang es nicht, genügend Beweise zusammenzubekommen, um die Redaktion der „Chronicle“ zu überzeugen. Aber das Magazin „True,“ das einst behauptet hat, daß die „Fliegenden Untertassen „wahr sind,“ brachte im vergangenen Monat einen Bericht, in dem Kahn die Qualifikationen von Newton und Dr. Gee als Experten in Zweifel zog.

Reporter Cahn war damit noch nicht zufrieden. Er überzeugte. Er überredete die Redaktion der „Denver Post,“ ihn der Angelegenheit weiter nachgehen zu lassen. Cahn stieß auf Herman Flader, einen Getreidehändler und Unternehmer aus Denver, der erklärte, daß er 1949 geschäftlich mit Newton und Ge Bauer zu tun hatte. Sie hätten ihm für 34.000 Dollar die Nutzungsrechte an drei „Doodlebugs“ abgetreten – Geräte von der Größe eines Radios voller Skalen und Signallampen, die aufleuchteten, wenn der Doodlebug ein Ölvorkommen registrierte.

Als Flader die Doodlebugs im Empfang nahm, wurde er gewarnt, die Gehäuse niemals zu öffnen. Die Plutonium-beschichten Antennen und empfindlichen elektronischen Schaltkreise könnten zu einer Explosion führen. Flader erwarb Bohrlizenzen im Wert von $ 1660.000, fand aber kein Öl.

Chan ging mit seinen Erkenntnissen zur Polizei und zum FBI. Newton und Ge Bauer wurden nach kurzer Zeit gefaßt und gegen Kaution freigelassen, bis das Verfahren wegen Betrugs gegen sie eröffnet wird. Als die Polizei einen Doodlebug untersuchte, fand sie kein Plutonium und keine elektronischen Schaltkreise. Der Doodlebug bestand nur aus Radiobauteilen aus Kriegsbeständen. Die einzige Veränderung, die vorgenommen worden war: es waren Taschenlampenbatterien eingebaut worden, die die Kontrolllämpchen aufleuchten ließen. („Meet the Press,“ TIME, 27.10.1950)





(„Doodlebug“ ist eines jener Wörter, die sich nur schwer übersetzen lassen. Eigentlich ist mit dem „Brummkäfer“ im strengen Sinn der Ameisenlöwe gemeint; während des Zweiten Weltkriegs wurden in England damit die anfliegenden V1-Raketen wegen ihres lauten, dröhnenden Anflugsgeräuschs und ihrer gedrungenen Form so bezeichnet. Für die „Wundergeräte,“ mit denen mal ab den zwanziger Jahren bei der Suche nach Öl, Gas, Wasser und vergrabenen Schätzen fündig werden konnte, wurde der Name übernommen, weil normale Wünschelruten so bezeichnet wurden.)

„True Magazine,“ das von 1937 bis 1975 erschien und sich im Untertitel „A Man’s Magazine“ nannte, war zu jener Zeit ein Vorläufer der späteren Herrenmagazine von Typ Playboy oder Penthouse, mit einem Fokus auf Sport, dem, was man heute Lifestyle nennt, und Enthüllungsjournalismus – freilich mit einem Anspruch auf gute Recherche, ohne in reinen Sensationsjournalismus abzugleiten. Ken Purdy, der im Dezember 1948 die Herausgeberschaft übernommen hatte, hatte im Mai 1949 den freischaffenden Autor Donald Keyhoe (1897-1988), der sich mit seinem Buch „Flying With Lindbergh“ (1928) den Ruf erworben hatte, von Luftfahrtangelegenheiten etwas zu verstehen, damit beauftragt, sich der Sache mit den geheimnisvollen Leuchtscheiben anzunehmen, die Berichte auf den Zeitungen durchzugehen und wenn möglich mit Zeugen zu sprechen. „The Flying Saucers Are Real,“ im Januar 1950 in True erschienen, bildete die Grundlage für Keyhoes Gold-Medal-Taschenbuch vom Juni.

Während Keyhoe gegenüber der Geschichte des bei Aztec abgestürzten UFOs skeptisch blieb, als im Anfang 1950 der Radiomoderator George T. Koehler vom Sender KMYR in Denver davon erzählte – es dürfte das einzige Mal gewesen sein, daß er den ungläubigen Thomas gab – ließ sich Scully von Newton vollständig umgarnen. Er ließ sich von ihm die Gegend zeigen, in der die erste Untertasse ihre Bruchlandung gemacht hatte und schöpfte auch keinen Verdacht, als ihn Newton unter verschwörerischen Umständen kurz einige kleine fleckige Metallscheibchen sehen ließ, die er sich dort heimlich in die Tasche gesteckt hatte. Die Flecken stammten von den starken Säuren, mit denen er sie zu verätzen versucht hatte.

Etwas anders verhielt sich die Sache, als John P. Cahn von der „S.F. Chronicle“ zwei Jahre später Kontakt zu Newton aufnahm. Als Cahn ihn auf die geheimnisvollen Artefakte ansprach, von denen Scully in seinem Buch schreibt, brach Newton in eine Schimpfkanonade aus: „Wir haben Scully damit einen Gefallen getan. Er hat 20.000 oder 30.000 Dollar daran verdient, und wir haben keinen Cent davon gesehen.“ Cahn bot Newton daraufhin an, einen ausführlichen Bericht über ihn und „Dr. Gee“ zu bringen – vorausgesetzt, daß dieser seine Anonymität aufgeben würde. Allerdings weigerte sich Newton standhaft, Cahn ein Corpus Delicti zur metallurgischen Analyse zu überlassen. Nachdem Cahn bei Gesprächen mit Kohler und anderen, die bei dem fraglichen Vortrag an der Universität dabeigewesen waren, auf zahlreiche Unstimmigkeiten zu dem, was Scully in seinem Buch geschrieben hatte, gestoßen war, arrangierte er mit ihm ein zweites Treffen im Palace Hotel in San Francisco. Dort bat er, sich noch einmal kurz eins der rätselhaften Plättchen anschauen zu dürfen – und gab Newton, nachdem er es in der hohlen Hand gewogen hatte, Newton das vorbereitete Duplikat zurück.



("True Magazine," August 1956)

Mit Hilfe des Presseausweises der Denver Post gelang es Cahn herauszufinden, daß Newton auffallend oft mit Leo Gebauer in Phoenix, Arizona telefonierte, nach Aussage sowohl von Scully als auch Newton Wohnort von „Dr. Gee.“ Kleinanzeigen in der „Denver Post,“ in denen um Nachricht von Personen gebeten wurde, die mit Newton oder Gebauer (der Name taucht abwechselnd als „Gebauer,“ „Ge Bauer“ oder „GeBauer“ auf) geschäftlich zu tun gehabt hatten – „Kennwort Flying disc oder Cosmic rays“ – brachten Cahn in Kontakt zu Herman A. Flader. Flader, 1885 in Deutschland geboren und vor dem ersten Weltkrieg in die Neue Welt ausgewandert, hatte es, wie von TIME berichtet, im Getreidehandel zum Millionär gebracht. Ende der 1940er Jahre machte Flader über Bekannte im Ölgeschäft die Bekanntschaft von Newton und Gebauer. Was anschließend passierte, hat Cahn in zwei ausführlichen Artikeln beschrieben – „The Flying Saucers and the Mysterious Little Men,“ True Magazine, September 1952 und „Flying Saucer Swindlers,“ True Magazine, August 1956):



(Denver Post, vom 14. Oktober 1952)



(GeBauer (linka), Newton (Mitte) und ihr Anwalt. Denver Post vom 30. März 1953)

Fladers Geschichte war ein klassisches Beispiel für die alte Betrugsmasche, die als „Kreuzfeuer“ bekannt ist. Anfang 1949 lernte er GeBauer über Bekannte im Ölgeschäft kennen. Sie erzählten ihm das übliche: daß es sich bei GeBauer um ein hervorragender Wissenschaftler handeln würde, der früher für die Regierung tätig war und der eine sensationelle Erfindung für die Ölsuche gemacht hätte.

Als GeBauer bei Flader auftauchte, brachte er seine Maschine mit – ein Kasten aus Metall mit einer Kantenlänge von gut 50 Zentimetern, aus der auf beiden Seiten Antennen ragten. Diese Antennen trugen an der Spitze Metalkugeln in der Größe von Murmeln. Sie bestanden, so erklärte GeBauer, aus Aluminium und kosteten pro Stück 3800 Dollar. Eine Seite des Kastens trug Messgeräte, Einstellknöpfe und Signallämpchen.

GeBauer erklärte Flader nicht, was das Gerät leistete; er führte es ihm vor. Flader hatte vor kurzem auf einer seiner Farmen an fünf Stellen nach Wasser gebührt. GeBauer lokalisierte jede dieser Bohrungen, indem er an den Einstellknöpfen drehte, bis die Lämpchen aufleuchteten und las die genaue Tiefe des Bohrlochs ab. Ein paarmal leuchtete auf dem Gerät ein rote Lampe auf und GeBauer erklärte, sie befänden sich jetzt genau über einem Ölvorkommen, wobei der die genaue Tiefe angab. Es war eine ziemlich eindrucksvolle Vorstellung.

Flader ließ sich nicht so einfach hereinlegen. Da er wußte, wo gebohrt worden war, führte er GeBauer im Zickzack über das Gelände, so daß sie mehrmals über dieselbe Stelle kamen. Das Ergebnis war in allen Fällen dasselbe. Die „Alte Betsy,“ wie GeBauer seinen Apparat nannte, war, so schien es, unfehlbar. Flader kam nicht auf die Idee, daß GeBauer die genauen Tiefen im Vorfeld ermitel haben könnte.

(…) Als Flader Newton von GeBauer und seiner Wundermaschine erzählte, brach Newton in Gelächter aus. In all den Jahren, die er auf den Ölfeldern gearbeitet hatte, hätte er tausende solcher Ölsuchvorrichtungen gesehen. Sie waren samt und sondern wertlos. Die einzige Ausnahme war das Gerät, das er, Newton, jetzt besaß, und das ihm ein großer Physiker für den Preis von 800.000 Dollar gebaut hatte.

Es dauerte nicht lange, bis Flader und Newton das Gerät von Newton ausprobierten: ein großer Apparat mit zahlreichen Instrumenten in einem Gehäuse auf Mahagoni. Als Gebauer eines Tages mit der „Alten Betsy“ ebenfalls auftauchte, einigte man sich nach einem langen Gespräch über technische Einzelheiten zu einem Vergleichstest der beiden Geräte.

Im Lauf dieses Vergleichs enthüllte GeBauer – streng vertraulich, natürlich! – das die „Alte Betsy“ nach dem gleichen Magnetismus-Prinzip funktionierte wie die fliegenden Untertassen. Außerdem, fügte er hinzu, war er von der Regierung zu Rat gezogen worden, als die erste Untertasse gelandet auf, aufgrund seiner hervorragenden Expertise.

GeBauer zögerte, Flader die Geräte zu überlassen. Er erzählte Flader, daß die Schaltkreise so geheim seien, daß die Regierung darauf bestanden hätte, jeden Apparat mit seiner Sprengvorrichtung auszustatten. GeBauer sorgte sich um die Sicherheit seines neuen Freunds und Geschäftspartners. Sobald Flader auch nur versuchen sollte, eins der Geräte zu öffnen, hätte das tödliche Folgen. Flader versprach ihm, darauf zu verzichten.

(…) Alles in allem erleichterten Newton und GeBauer um 231.452 Dollar und 50 Cent, ehe sie mit ihm fertig waren, und sie förderten weniger Öl, als man von der Antriebfeder einer Armbanduhr abwischen kann.

Am 10. November 1953, ein Jahr nach ihrer Festnahme, begann im Bezirksgericht in Denver der Prozeß gegen Newton und GeBauer. … Am 12 April 1954 wurde ihr Antrag auf eine Neuauflage des Prozesses abgelehnt, woraufhin Newton und GeBauer einen Antrag, stellten, das Strafmaß zur Bewährung auszusetzen. Dem Antrag wurde am 20. Juni stattgegeben; das Urteil lautete, daß Newton und GeBauer an Flader Entschädigung zu zahlen hatten und für die Prozeßkosten aufkommen mußten. Insgesamt wurden die Betrüger zu einer Zahlung von 82.186 Dollar und 77 Cent verurteilt, mit einer unverzüglichen Teilzahlung von 3000 Dollar und einem Anteil an ihrem Einkommen, bis der volle Betrag abgeglichen worden war. (P. H. Cahn, „Flying Saucer Swindlers,“ True Magazine, August 1956, S. 69-70)



(Einer der "Doodlebugs," True Magazine, August 1956)

Nach der Urteilsverkündung kratzte Gebauer – oder Mr. Gee – irgendwie 3000 Dollar zusammen und begann mit der Überweisung kleinerer monatlicher Beträge an Flader. Anders Newton. Am 7. Februar 1955 wurde er angeklagt, für 14.000 Dollar Anteile an einer Uranmine in Utah verkauft zu haben, die sich als wertlos erwies. Laut Urteil hätte er sich während seiner fünfjährigen Bewährungsstrafe einmal im Monat persönlich bei der Polizei in Denver melden müssen; aber das Gericht hatte ihm erlaubt, dies schriftlich zu erledigen, um vor Ort in Utah in der Tennessee-Queen-Mine mehr Geld verdienen zu können, um seine Strafe abzuzahlen. Die Zustellung der Anhörungsvorlage vor Gericht erwies sich als schwierig, da Silas M. Newton in weiser Vorraussicht Utah mit unbekannten Ziel verlassen hatte.




(Der Eintrag aus Newtons FBI-Akte vom März 1950)



(Akte des FBI zum Vorstrafenregister Newtons vom September 1958)



In den Akten des Federal Bureau of Investigation taucht Simon Newtons Name das letzte Mal mit dem Datum von 30. April 1969 auf – als er sich schuldig bekannte, in Silver City in New Mexico die Buckhorn-Mine „gesalzen“ zu haben (darunter versteht man das Verstecken von Bodenproben, die später „zufällig“ gefunden werden und Investoren hinter die Fichte führen sollen). 1959 hatte er für 125.000 Dollar wertlose Anteile an einer angeblichen Uranmine verkauft. Als er im Dezember 1972 im Alter von 83 Jahren starb, gab es gegen ihn insgesamt 140 anstehende Verfahren; vor seiner gesamten Kleingauner-Karriere waren ihm am Ende 16.000 Dollar geblieben. GeBauer starb Ende 1982, ebenfalls verarmt, in Colorado.

Warum sich dieses Duo infernale noch bei seiner alten Masche blieb, ist im Nachhinein klar: Die beiden Bauernfänger hatten 1949 den Medienzirkus um die Fliegenden Untertassen genutzt, um einen Schwindel nach bewährtem Schema durchziehen zu können – aber es dauerte nicht lang, bis sie sich ein neues Opfer suchen mußten. Zur Anklage konnte es nur kommen, weil einige der Schecks, die Flader ausgestellt hatte, vor weniger als drei Jahren von GeBauer eingelöst worden waren. Danach wäre eine Verjährungsfrist eingetreten – was den beiden, nachdem sie aufgeflogen waren, einige Prozesse ersparte. Newton und GeBauer konnten hoffen, aus der Berichterstattung, die Cahn ihnen versprochen hatte, noch ein wenig Kapital zu schlagen.

(Eine Chronisten-Fußnote zum Thema “wesgestalt sich Dramatis personae von diesem Erdenrund verloren“: Donald E. Keyhoe starb im Dezember 1988 in Virginia im Alter von 91 Jahren; Frank Scully im Juni 1964 in Palm Springs in Kalifornien mit 72; Herman A. Flader mit 87 im September 1973 in Denver und John Philip Cahn im September 2004 in Burlingame in Kalifornien im Alter von 85 Jahren.)

III.

Langer Rede kurzer Sinn: aus den oben ungebührlich breit ausgeführten Fallbespielen wird vielleicht ersichtlich, warum mich bei Meldungen vom Typ „Fliegende Untertasse abgestürzt“ und „außerirdische Supertechnik rekonstruiert“ nachgerade automatisch, wie ein Pawlow’scher Reflex, eine leichte Skepsis befällt. Wenn der Verlauf der bisherigen Episoden während der letzten 73 Jahre als typisch genommen werden kann, dann dürfte sich auch David Gruschs Viertelstunde des Weltruhms längst dem Ende nähern. Nach solchen Verlautbarungen bleibt nur noch die Wahl: entweder handfeste, nachprüfbare Beweise auf den Tisch zu legen – oder es aber bei „isch schwör! Isch ´abe gesehen!“ zu belassen – und sehr schnell dem Vergessen anheim zu fallen (außer bei denen, die über solche Torheiten Protokoll führen)

Es gibt aber noch andere, sehr handfeste Gründe, warum ich über solche Behauptungen unbesehen den Stab breche und den Daumen senke, völlig unabhängig, von wem sie kommen und was sie im einzelnen beinhalten. Und diese Gründe haben nichts mit der Leichtgläubigkeit der Menschen, dem „Mundus vult decipi!“, der Geschichte der „Fliegenden Untertassen“ zu tun, sondern sie liegen in den harten Tatsachen der Physik, der Astronomie, der Beschaffenheit von Raum und Zeit, dem Gesetzen der Thermodynamik und der Energieerhaltung. Anhand davon kann man schlicht ausschließen, daß an solchen Berichten irgendetwas „dran sein könnte.“ Solche Flugobjekte gibt es schlicht nicht aus der Erde, egal ob es sich nun um „sechs in gutem Zustand, sechs in weniger gutem Zustand“ handeln soll – wie es Grusch behauptet. Es gibt sie in gar keinem Zustand. Und dies nachzuweisen, soll das Thema meiner dritten Teils sein.

Newton und GeBauer haben den seinerseits neuesten Medienrummel um außerirdische Besucher zu ihren Zwecken ausgenutzt, als die technische Entwicklung, die erste große einsatzfähige Raketentechnik und der erfahrene technische Fortschritt des letzten halben Jahrhunderts nicht nur die Raumfahrt als „Zukunftstechnologie“ glaubhaft erscheinen ließ, sondern auch, daß uns „dort draußen“ andere Zivilisationen genügend voraus sein könnten, um den Erdlingen so diese Weise Besuche abzustatten – vorzugsweise, um uns zu warnen, den Planeten nicht mit Atombomben zu sprengen (durch die Berichte der „Kontaktler“ ziehen sich solche Warnungen wie ein roter Faden).

Wer aber denkt, solch eine Betrugsmasche durch Außerirdisches sei eine Erfindung des schon weit fortgeschrittenen zwanzigsten Jahrhunderts, denn belehrt der Kleine Zyniker eines Besseren. Er verweist auf Joseph Haydns Oper „Il mondo della luna,“ die nach dem Libretto von Carlo Goldoni entstand und im September 1777 auf dem Schloß Eszterháza von Haydns Mäzen uraufgeführt wurde. Dort spiegelt der angebliche Astronom Eccilitico (bei Haydn wird es als „Astrologe“ bezeichnet), dem reichen, aber einfältigen Buonafede einen hautnahen Einblick in die Verhältnisse auf dem Mond vor. Seine Gehilfen benutzen optische Tricks, um Buonafede beim Blick in das „Teleskop“ zu foppen; versetzt ihn mit einem Zaubertrank, bei dem es sich um ein Betäubungsmittel handelt, dorthin – nachdem er den Park seines Gönners entsprechend hat ausschmücken lassen. Wie auf der Serie der Rötelzeichnungen der „Raccolta delle ... famoso viaggio dalla Terra alla Luna,“ die Filippo Morghen (1730-c.1807) zwischen 1766 und 1772 angefertigt hat, handelt es sich bei Haydns – und Goldonis Mond - und eine bukolische Parklandschaft mit weiten Wasserflächen, auf denen die Mondbewohner in Gondeln ihren Fétes galantes nachgehen. (Der vollständige Titel der Mappe lautet: RACCOLTA / delle cose più notabili decute dal Cavaliere Wild Scull, e dal Sigr: de la Hire / ne lor famoso viaggio della terra alla luna che sono spiegate nella storia di detto viaggio / descritta dall’istesso Wild Scull nell’ ordine seguente, e disegnate dal detto Sigr: de la Hire / Esposte in nove rami incise appresso Filippo Morghen Fiorentino. / Numero 1. rappresenta un selvaggio montato sopra un Serpente alato che combatte una fiera che somiglia un Porco Spino. N. 2. Vna nuova macchina per Sendere da Capo a Coda le fiere. / N. 3 Le Carozze che si vsano nella Luna e che vanno nella vela. N. 4 Maniera di navigare a forza / di Mantici praticata in quel globo. N.5 Maniera di trasportare le merci sopra Zattere tirate / da un Mantice. N. 6 Zucca che serva per barca da pescare. N. 7 Zucche che serve per abitazione / per garantirsi dalle fiere. N. 8 Barca che ha per la vela le ali da un grandissimo uccello. N. 9 / Abitazione dentro l’acqua, e nuova maniera di chiamare l’Oche a Suon di Tamburo. / Dedicata A. S. E. il Signor Guglielmo Amilton Inviato di S. M. B.ca / alla Corte di Napoli.’) Ecclilito geht es nicht so sehr darum, Buonafede um seine Reichtümer zu betrügen, sondern ihm seine eifersüchtig behütete Tochter Clarice abzuluchsen – was auch durch das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel der Opera Buffa auf den Mondwiesen gelingt.







Eine letzte Fußnote: “It Came Out of the Sky” kam im November 1969 auf der vierten LP von Creedence Clearwater Revival, “Willy and the Poor Boys” heraus, dem dritten Album, das John Fogertys Combo in diesem Jahr herausbrachte. Bei Spiro handelt es sich um den damaligen amerikanischen Vizepräsidenten Spiro Agnew, und wer bei “Ronnie the Populist“ an Ronald Reagan denken muß, der liegt genau richtig: damit ist der damalige Gouverneur von Kalifornien gemeint. Und als Beispiel dafür, wie manche Leute solche Gelegenheiten nutzen, um ihr eigenes Süppchen darauf zu kochen, paßt es natürlich ausgezeichnet.





U.E.

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