30. März 2019

Ein Ur-Feminismus

Was waren das für schöne Zeiten!
In Ecclesia mulier taceat!
Jetzt, da eine Jegliche Stimme hat,
Was will Ecclesia bedeuten? (Goethe)

Es heißt, der Protest gegen den Zwang zur Heteronormativität habe Teile der Queerbewegung mit dem postmodernen Feminismus verbunden. Auch in der katholischen Kirche wird jetzt weit heftiger die Öffnung aller Ämter für Frauen gefordert.

28. März 2019

Bedeutung von Wissen im Spannungsfeld von Dogma und Naturwissenschaft am Beispiel der Klimafrage

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Kürzlich landete ich zufällig in der Sendung "Hart aber fair." Thema war der Klimawandel. Wie sollte es auch anders sein im Schatten der aktuellen Geschehnisse um Greta Thunberg und der "Fridays for Future" Bewegung. Diskutiert wurde fast alles im Umfeld dieses Themas, politisches und persönliches. Nur eines stand fest und mußte nicht diskutiert werden: Der Klimawandel ist im Wesentlichen verstanden, der Mensch ist der maßgebliche Treiber und hat es in der Hand das Klima zu beeinflussen.

Warum stellt diese Auffassung kein Mensch mehr in Frage? Befragt man dazu einen dieser These zugewandten Laien, wird er sagen: "Weil der (durch den Menschen verursachte) Klimawandel wissenschaftlich bewiesen ist."

Diese Aussage ist auf zwei, grundsätzlichen Ebenen nicht ganz richtig. Zum einen kann Wissenschaft keine Sachverhalte beweisen, sondern lediglich gemachte Annahmen mehr oder weniger gut absichern. – Was grundsätzlich etwas anderes als ein Beweis ist. Zum anderen arbeitet die Wissenschaft zur Absicherung von Theorien mit experimenteller Überprüfung. Dies ist im Falle der Klimamodellierung, bzw. der Klimatheorien aber nicht so ohne weiteres möglich. Was das bedeutet, werde ich im folgenden Beitrag versuchen zu erläutern.

26. März 2019

自杀者之歌。 Zum 30. Todestag des Dichters 海子 Hai Zi (1964-1989)



面朝大海, 春暖花开
   
从明天起, 做一个幸福的人
喂马, 劈柴, 周游世界
从明天起,关心粮食和蔬菜
我有一所房子, 面朝大海, 春暖花开
从明天起, 和每一个亲人通信
告诉他们我的幸福
那幸福的闪电告诉我的
我将告诉每一个人
给每一条河每一座山取一个温暖的名字
陌生人, 我也为你祝福
愿你有一个灿烂的前程
愿你有情人终成眷属
愿你在尘世获的幸福
我只愿面朝大海, 春暖花开
- 1989.1.13

Der Blick auf's Meer, wenn zur Frühlingszeit die Blumen blühen
   
Ab morgen will ich ein glücklicher Mensch sein
Will Pferde füttern, Brennholz hacken, eine Weltreise machen
Ab morgen will ich Korn und Gemüse sorgsam behandeln
Ich habe ein Haus mit Blick auf's Meer, wo zur Frühlingszeit die Blumen blühen
Ab morgen will ich all meinen Lieben schreiben
Ihnen von meinem Glück erzählen
Was mir der Funke dieses Glücks erzählt hat
Will ich allen erzählen
Ich will jedem Fluss und jedem Berg einen freundlichen Namen geben
Fremder, auch dich will ich segnen
Ich wünsche dir eine glänzende Zukunft
Ich wünsche dir eine große Liebe
Ich wünsche dir das Glück dieser Welt
Ich wünsche mir nur den Blick auf’s Meer, wenn zur Frühlingszeit die Blumen blühen
(13. Januar 1989)

Heute vor dreißig Jahren, am Sonntag, dem 26. März 1989, wurde um 5 Uhr morgens im Bezirk Qinhuangdao, neun Kilometer von der Hafenstadt Shanhaiguan am chinesischen Meer und dreihundert Kilometer genau östlich von der Hauptstadt Beijing entfernt, ein junger Mann von 25 Jahren von einem Güterzug überrollt und getötet. Es war ein klarer Selbstmord. Im Rucksack, den er in der Nähe abgelegt hatte, fanden sich vier kurze Abschiedsnotizen und vier Bücher in chinesischer Übersetzung: die Bibel, David Henry Thoreaus "Walden, oder das Leben in den Wäldern", Thor Heyerdahls "Kon-Tiki" und ein Auswahlband mit Erzählungen von Joseph Conrad. Die erste Notiz lautete: "Mein Name ist Zha Hasheng. Ich unterrichte Philosophie an der Chinesischen Staatsuniversität für Politik und Rechtsfragen. Mein Tod soll niemanden belasten oder beschuldigen. Meine bisherigen Verfügungen sind hiermit ungültig; meine Papiere sollen an Luo Yihe, den Herausgeber der Zeitschrift "Oktober" (十月) übergeben werden, damit er entscheiden kann, was damit geschehen soll." Aus den anderen Zetteln (deren Inhalt erst 2004 publiziert wurde) erhellte der wahrscheinlich Grund für den Suizid des jungen Dichters: die akute Befürchtung, an Schziphrenie erkrankt zu sein, den Stimmen im eigenen Kopf hilflos ausgeliefert zu bleiben und den Verstand zu verlieren.

18. März 2019

Marginalie: Wo man singt, da lass dich nicht ruhig nieder

Stellen Sie sich vor, Sie wären mit einem ehemaligen deutschen Fußballnationalspieler befreundet und würden zu dessen Hochzeit eingeladen. Als Sie bei der Feierlichkeit eintreffen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass Ihr kickender Gastgeber auch einen berüchtigten Autokraten zu seinem Vermählungsfest gebeten hat. Freilich, es gab schon früher Anhaltspunkte für eine gewisse Nähe zwischen dem Ballkünstler und dem Präsidenten, aber dass die Verbindung der beiden Männer so weit geht, dass der Sportler den Politiker seiner Verehelichungszeremonie beizieht und ihn sogar zu seinem Trauzeugen bestellt, hätten Sie nicht gedacht.

10. März 2019

Aus der Schwalbenperspektive (20): Schlechter Stil oder eine Entscheidung mit dem Rücken zur Wand? Gedanken zu Jogi Löws jüngster Personalvolte

Das Thema, das Fußball-Deutschland in der vergangenen Woche beschäftigte, war nicht die am 24. Spieltag der Bundesliga eingetretene Punktgleichheit zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München, sondern die mit sofortiger Wirkung ausgesprochene Entlassung von Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller aus den Diensten der Nationalmannschaft. Sportlich richtig (und eher zu spät als zu früh), jedoch stilistisch fragwürdig, so lässt sich eine weit verbreitete Kommentarlinie zu der Entscheidung des Bundestrainers zusammenfassen.

Nach dem, was bisher über die näheren Umstände der Ausbootung der drei Weltmeister von 2014 ruchbar wurde, soll der Termin in der Isar-Metropole von Jogi Löw sehr kurzfristig anberaumt worden sein und die Gespräche mit den nicht vorinformierten Spielern nicht besonders lange gedauert haben. Soweit ersichtlich, hat der DFB dieses Setting bislang nicht dementiert. Dass der Verband fast zeitgleich mit der persönlichen Verständigung der drei Athleten an die Presse ging, lässt sich anhand der Chronologie der Ereignisse nachvollziehen.

4. März 2019

Marginalie: Ein Gericht voller Narren – Merkel, Merz und AKK vor dem Kadi

Der Verfasser dieser Zeilen ist ein karnevalistischer Analphabet: Mit Erstaunen nimmt er zur Kenntnis, dass sowohl in den Elferräten des rheinischen Fasteleers als auch beim Stockacher Narrengericht Männer mit lustigen Kopfbedeckungen einer Veranstaltung präsidieren, in der Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

3. März 2019

Doping im Spitzensport: Warum der Staat nicht tun sollte, was die betroffenen Verkehrskreise nur halbherzig angehen

Die Weltmeisterschaft im nordischen Skisport ist heute mit dem Langlaufrennen der Herren in der freien Technik über 50 Kilometer zu Ende gegangen. Aus Sicht des DSV-Kaders verliefen die (knapp) zwei Wochen von Seefeld sehr erfreulich: Insbesondere die nach dem bisherigen Saisonverlauf nicht unbedingt zu erwartende Einzel-Goldmedaille für Eric Frenzel und der – so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit herstellende – Großschanzen-Triumph des Markus Eisenbichler sorgten für einen unverhofft siegreichen Auftakt der Spiele.

In das frühlingshafte Licht des Kräftemessens in der Luft und in der Loipe ragte indessen der inzwischen allzu bekannte Schatten des Hochleistungssports hinein: Die Ermittlungen gegen einen Thüringer Arzt und gegen fünf – laut den einschlägigen Medienberichten hinsichtlich der ihnen vorgeworfenen Eigenblutinjektionen offenbar geständige – Langläufer aus Österreich, Estland und Kasachstan sowie eine mögliche Ausweitung auf den Profi-Radsport sind die bislang bekannten Hauptzutaten dieses – so die wohl mittlerweile allgemein akzeptierte journalistische Benennung – „Dopingskandals“.