3. Dezember 2023

Richter sind Idioten?

Als 1995 das letzte große Urteil vom Verfassungsgericht zum berühmten "Soldaten sind Mörder" Zitat von Tucholsky gefällt wurde, gab es eine schöne Karikatur dazu, wo ein Soldat mit einem Schild vor dem Verfassungsgericht steht mit einem Schild "Richter sind Idioten". Leider wurde nie getestet, ob die Toleranz der Richter sich auch auf solche Aussagen beziehen würde, die nie die selbe Popularität entfaltet haben. 

Und ich neige dazu zu vermuten: Eher nicht. Denn, obschon die juristische Zunft in Deutschland mit Sicherheit nicht weniger Mist produziert als andere Berufsgruppen, so ist es schon erstaunlich wie kritikunfähig und vor allem ohne jede Selbstkritik der Richterstand durch die deutsche Gesellschaft wandelt. 

Ein akutes Beispiel geistert gerade in Hamburg durch die sozialen Medien und wurde beispielsweise hier von Boris Reitschuster schon einmal sehr treffend aufgegriffen. Ohne den Fall selber zu sehr zu vertiefen, ist es ein typisches Beispiel für deutsche Kuscheljustiz, insbesondere gegenüber "Geflüchteten" und/oder Zugezogenen, in dem im Falle einer Gruppenvergewaltigung an einer 15-jährigen(!) gerade einmal ein Angeklagter eine recht geringe Gefängnisstrafe erhalten hat und acht Tatverdächtige mit Bewährungsstrafen davon kamen. 

Nun sind (persönliche) Beschimpfungen, Drohungen oder Anpöbelungen gegenüber der Richterin sicher nicht angebracht, weil sich das schlicht generell nicht gehört. Kritik dagegen ist sehr wohl angebracht, ebenso wie die Frage, ob es wirklich eine gute Idee ist, dass man Richter, die solche Urteile fällen, wirklich ihr Leben lang durchfüttern muss. Die richterliche Unabhängigkeit gegenüber der Politik ist sicher wünschenswert, und insofern ist der Beamtenstatus nicht ganz fernliegend, aber es führt eben auch dazu, dass Richter, selbst wenn sie noch so absurde Urteile fällen, nicht aus dem Dienst entfernt werden können, so lange sie sich nicht der direkten Rechtsbeugung schuldig gemacht haben. Urteile wegen Rechtsbeugung gegen Nicht-Regierungskritiker kann man allerdings mit der Lupe suchen, sie sind extrem selten und beschränken sich eher auf die völlig offensichtlichen Fälle wie beispielsweise eine nicht wegzudiskutierenden, persönlichen Vorteilsname. 

Rein auf dem Papier sind Richter eine ziemlich perfekte Berufsgruppe und eine der wenigen, in der selbst die aberwitzigsten Entscheidungen nicht zu einer Entlassung führen können.

Das Urteil ist Hamburg ist ein Witz für sich, und es wird direkte Folgen haben. Ich biete die Wette an, dass mindestens zwei der jetzt zu erziehenden "Geflüchteten" in den nächsten fünf Jahren einschlägig wieder auffallen werden. Und das als direkte Folge(!) dieses Urteils. Weil jeder, der mal Kinder erzogen hat, weiß, dass eine Drohung ala "Wenn du das noch einmal machst, dann bestrafe ich Dich wirklich" vollkommen lächerlich ist und eher noch verstärkend wirkt, weil noch die letzte Kraft dieser Drohung als lächerlich empfunden wird. Somit ist selbst unter der Prämisse des permanent missbrauchten "Jugendstrafrechts" die Strafe als kontraproduktiv anzusehen. Wenn die Angeklagten unschuldig wären, dann wären sie frei zu sprechen, wenn man aber ihre Schuld bejaht, dann ist eine Bewährungsstrafe für eine Vergewaltigung einer Jugendlichen, noch dazu unter offenkundig(!) bis heute fehlenden, jedweden Unrechtsbewusstseins, eine Ermutigung weiter zu machen. Und genau das wird passieren.

Dazu ist auch unbedingt der Kontrast zu betrachten: In den meisten Heimatländern der "Neudeutschen" würde eine ähnliche Tat vermutlich für nicht wenige der Täter sechs Fuß unter dem Boden enden, weil die Familien des Opfers die Sache nicht so harmlos betrachten, wie die Hamburger Richterschaft. Wie muss es dann auf diese "Heranwachsenden" wirken, dass eine Tat, die im eigenen Kulturraum ein todeswürdiges Verbrechen darstellt, im deutschen Kulturraum mit einem kleinen Klaps auf den Händen endet. Die Wirkung auf andere "Jugendliche" ist ebenso nahe liegend, von einer Abschreckung kann keine Rede sein, eher von einer Einladung. 

Nun soll es aber gar nicht nur um das Hamburger Urteil geben, Skandalurteile in der Form sind nicht unbedingt selten, zumindest wenn man Skandalurteile so definiert, dass sie einem normalen Menschen auf der Straße nicht nur auf den ersten, aber auch auf den zweiten Blick nicht beizubiegen sind. Wenn Kinderschänder, selbst unter erdrückender Beweislast, mit Bewährungsstrafen davon kommen, während gleichzeitig Steuerhinterzieher (schönen Gruß von Uli Hoeness oder Peter Graf) oder auch nur Ärzte, die Masken-Atteste ausstellten, für Jahre ins Gefängnis gesteckt werden, dann ist das einem normalen Menschen eher nicht zu vermitteln.  Ebenso das Täter, die teilweise Dutzende von Straftaten auf dem Kerbholz haben, immer noch frei rum laufen, während die Justiz, gerade in den letzten drei Jahren, Systemkritiker mit monatelanger Untersuchungshaft verfolgt, ohne dass nur ein Hahn danach kräht. 

Das schlimme an der deutschen Justiz ist, dass sie völlig ohne innere Konsequenzen auskommt: Richter müssen sich nicht rechtfertigen, egal wie absonderlich ihre Urteile sind und auch vollkommen egal wie oft sie (oft Monate und Jahre später) aufgehoben werden. Im berühmten Prozess gegen Gustl Mollath verweigerte der vorsitzende Richter Otto Brixner, dem Angeklagten praktisch jedes Gehör, unterbrach ihn permanent und log am Ende auch noch über eine mögliche Befangenheit. Das Urteil, dass Mollath mehrere Jahre zu Unrecht in eine Psychiatrie einsperrte, wurde nach Jahren aufgehoben, aber Konsequenzen hatte es für Brixner nie. Er hat sich bis heute nicht einmal entschuldigt. 

Nicht viel anders erging es dem Justizopfer Horst Arnold, der 2002 zu Unrecht zu einer Strafe von fünf Jahren verurteilt wurde, die er komplett absitzen musste (und in deren Folge er dann auch starb). Währen die deutsche Presse die Falschbeschuldigerin Heidi K. (zurecht) als Haupttäterin identifiziert und auch beschreibt, so sind die Darmstädter Richter, die dieses skandalöse Urteil gesprochen haben, nie groß diskutiert worden. Sie machten den Scholz und erinnerten sich nicht, Konsequenzen bis heute genau null. Und werden auch null bleiben. Achselzucken. Maximal.
Solches Verhalten vor Gericht ist gar nicht so selten: Mandfred Genditzki, die Familie von Rudolf Rupp, Ulvi Kulac und natürlich Harry Wörz. Man kann diverse solche Urteile finden. Sie haben nahezu alle zwei Dinge gemeinsam: Erstens weigert sich die Justiz mit Händen und Füßen einmal verhängte Urteile in Frage zu stellen, mit teilweise abstrusesten Argumenten, zum anderen haben die Urteile nie Konsequenzen für die Richter. 

Das eigentliche Problem ist, dass ich, wenn ich als Ingenieur einen Fehler mache, dafür voll haftbar bin (was richtig ist), als Richter dagegen eine deutlich größere Macht ausübe, aber Narrenfreiheit habe. Eine "Fahrlässigkeit" wie sie nahezu jedem Tätigen in Deutschland unterstellt wird, wenn jemand zu schaden kommt, gibt es in der Rechtssprechung nicht. Nicht einmal die Anerkenntnis einen schweren, möglicherweise verheerenden, Fehler gemacht zu haben. 

Zusammenfassend kann man sagen: Ich denke nicht, dass Richter Idioten sind. Ich denke das Richter vor allem eins sind: Vor den Konsequenzen ihrer eigenen Handlungen geschützt. Was sich vor Gericht breit macht ist eine organisierte Verantwortungslosigkeit. Und das bei einem Berufsstand, dessen Handeln deutlichere Wirkung hinterlässt, als nahezu jeder andere in Deutschland. Wenn die deutsche Justiz Unschuldige einsperrt, dann hat das für den Unschuldigen und seine Familie schwere Konsequenzen. Für den Richter nie. Wenn die deutsche Justiz Straftäter dazu animiniert, mehr Verbrechen zu begehen, so hat das Konsequenzen für die Opfer. Nicht für die Richter. 

Und insofern ist es auch nicht verwunderlich, wenn der eine oder andere der Hamburger Richterin die Pest an den Hals wünscht. Das hat durchaus mit der Ohnmacht zu tun, mit der der gemeine Bürger vor der Selbstherrlichkeit der deutschen Justiz steht. Wenn es einen Mechanismus gäbe, der Fehlentscheidungen auch sanktionieren würde, würde sich der eine oder andere denken: Das haben sie nun davon. Wenigstens hats sie auch mal selber erwischt. Aber die Wahrnehmung das eigene Rechtsempfinden (ja, Empfinden) mit Füßen getreten zu sehen, und gleichzeitig zu wissen, dass die Trampler genau null Konsequenzen dafür sehen, die schafft genau die Wut, aus der solche Anfeindungen resultieren. 

Wünsche ich der Hamburger Richterin eine Vergewaltigung? Nein, absolut nicht. Ihrer Familie? Nein, absolut nicht. Was ich ihr wünsche ist einen Gang zum Arbeitsamt. 
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Llarian

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