Natürlich ist es etwas problematisch sich an etwas zu erinnern, was sich vor der eigenen Geburt abgespielt hat, was wohl auch mit der Grund für die vulgäre Verkürzung des Zitates sein dürfte, da man sich an Geschichte ja erinnern kann, auch wenn man sie selber nicht erlebt hat. Wie schwierig sich das Ganze aber in der Realität darstellt, kann man erahnen, wenn man das dritte Reich betrachtet, aus dessen Geschichte wir ja alle gelernt haben sollten, auch wenn die Menge an echten Zeitzeugen inzwischen übersichtlich geworden ist. Was aber die deutsche Gesellschaft nicht daran gehindert hat vor zwei Jahren Ideen auszugraben und umzusetzen, die seit eben jenem Reich ein wenig in Vergessenheit geraten waren. Aber keine Sorge, weder das dritte Reich noch die totalitären Entwicklungen der Corona-Zeit sollen hier heute das Thema sein.
Es gibt dagegen eine andere Parallele, die sich einem irgendwie aufzwingt, wenn man die heutige Zeit betrachtet und dazu muss kurz ausgeholt werden: Im Jahre 1957, also vor gut 65 Jahren (soviel zum Thema sich an die Vergangenheit zu erinnern), endete der erste Fünfjahresplan der Volksrepublik China. Man hatte zwar einen weiteren Plan für die Jahre 1958 bis 1963 entwickelt, doch Mao entwickelte das Konzept einer alternativen Kampagne, die den zweiten Plan ablösen, bzw. ersetzen sollte. Das Konzept nannte sich "Der große Sprung nach vorn" und war ein Konzept, um die damals weit dominierend landwirtschaftlich geprägte Wirtschaft Chinas in eine neue zu transformieren. Primär ging es darum von zentraler Verwaltung zu dezentralen Einheiten zu kommen, die landwirtschaftliche Infrastruktur zu verbessern, den Analphabetismus zurück zu drängen und gleichzeitig die Stahlproduktion zu erhöhen (wenn schon, denn schon). Unabhängig von den einzelnen Maßnahmen war der "große Sprung nach vorn" ein extrem ambitioniertes Programm zur kompletten Transformation der chinesischen Gesellschaft. Und es war mit aller Sicherheit nicht bös gemeint, die Ziele sind allesamt für sich nachvollziehbar, aber es war eben auch sehr ambitioniert. Was die Vertreter des großen Sprungs allerdings kaum daran hinderte das Konzept für ganz sicher machbar zu halten und mit aller Gewalt zu forcieren.
Kommt Ihnen das alles bekannt vor, lieber Leser? Überlegen wir mal gemeinsam: Die Transformation einer Gesellschaft in einer andere durch Befehle von oben, das gemeinsame Anstrengen für ein höheres Ziel, Vorgaben innerhalb weniger Jahre Veränderungen durchzuführen, die vorher in der vierfachen Zeit nicht erreicht werden konnten und gleichzeitig eine Gruppe von Vortänzern, die zu einhundert Prozent sicher sind, dass das alles erreicht werden kann, wenn der gemeine Pöbel nur mitmacht. Was könnte das wohl sein? Und richtig, die Antwort liegt nicht fern: Das ist die Energiewende. Und zwar ziemlich gut beschrieben, vielleicht mit dem Unterschied, dass der Fünfjahresplan der Volksrepublik einen kürzeren Zeitpunkt beschrieben hat, allerdings wolle man in der Zeit ja auch beispielhaft die Stahlproduktion in dieser Zeit nur verfielfachen und nicht ins Unendliche steigern.
Die Energiewende entspricht sehr genau dem großen Sprung nach vorn. Es ist irre ambitioniertes Ziel (das für sich auch nicht bös gemeint ist), es gibt eine Reihe von echten oder selbst ernannten Experten, die an der Machbarkeit keinen Zweifel haben und es gibt die politische Bereitschaft das Ganze umzusetzen, koste es was es wolle. Koste es, was es wolle. Das ist genau das Stichwort. Denn historisch ist zum großen Sprung nach vorn natürlich noch mehr zu bemerken als die Zielsetzung und die Wahl der Mittel. Das Ergebnis. Und das Ergebnis des großen Sprungs nach vorn war die größte historisch verbriefte Hungerkatastrophe (zumindest von der Zahl der Toten ausgehend) der Menschheit überhaupt. In den Jahren 1959-1961 (61 wurde der große Sprung dann abgebrochen) starben etwa 30 Millionen Menschen an direkten Folgen des Hungers, die Schätzungen gehen dabei weit auseinander, bezeichnend sind Berichte, dass einige Jahre später in vielen Schulen kein Unterricht mehr stattfand, weil die Schüler alle tot waren. Es starben mindestens fünf Prozent der chinesischen Bevölkerung (und den meisten anderen ging es auch nicht gut), mit großen Anteilen von Kindern (in der chinesischen Bevölkerungspyramide ist der Einsprung brachial gut zu sehen).
Da ist Deutschland noch nicht. Aber das kann ja noch werden. Der neueste Sargnagel ist das Heizungsgesetz aus dem Hause Habeck, was nichts anderes umsetzt als das Verbot von fossilen Heizungen und ein Erzwingen von Wärmepumpen. Auch in sich (vermutlich(?)) gut gemeint. In der Folge wird der ohnehin in Deutschland zunehmend knappe Wohnraum deutlich knapper, schlimmer noch ist das Errichten einer Monokultur von Heizungen. Wir haben im letzten Jahr erlebt, was nur eine Teilmonokultur bei Heizungen anrichten kann. Als in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine und dem folgenden Boykott der Gaspreis in absurde Höhen kletterte, war in Deutschland die Rede von Rationierungen, Preiskontrollen, von Maximaltemperaturen und Wärmehallen. Ja, Wärmehallen, falls man sich das Gas nicht mehr leisten könnte. Der Wirtschaftsminister war tatsächlich der Meinung es wäre ein gangbarer Weg in den kalten Monaten sein Leben in Wärmehallen zu verbringen.
Nun soll die Monokultur Gas gegen eine noch extremere getauscht werden: Strom. Strom, den das Land im Winter nachweislich nicht hat. Deutschland hat die höchsten Strompreise der Welt, was schon ein absolut klares Indiz ist, dass Strom in Deutschland ein sehr knappes Gut ist. Und jetzt soll damit noch zusätzlich geheizt werden. Der Strom ist nicht da. Und das ist auch kein Geheimnis.
Aber das ficht einen Robert Habeck nicht an. Warum? Weil er ja Experten hat, die alle gesagt haben, dass das schon geht. Eine Claudia Kemfert zum Beispiel. Und die sagt ja, dass das alles möglich ist. Und da die Echo-Kammer in Berlin so hervorragend funktioniert, ist sich Robert Habeck seiner Sache absolut sicher. Genauso wie seine politischen Mitstreiter. Und genau wie eben Mao. Mao ist auch nicht davon ausgegangen, dass sein großer Sprung zu einer Katastrophe führen würde. Er hatte nicht das Ziel einer Katastrophe anzurichten.
Aber eine ähnliche Katastrophe zeichnet sich ab. Man stelle sich mal vor, wir hätten wirklich einen harten Winter gehabt. Hätte ja passieren können. Robert Habeck hat keine Antwort darauf. Und da die Berliner Journaille zu hundertprozent auf Regierungslinie liegt, wird ihn auch niemand fragen. Was dann? Wärmehallen? Really?
Und genau deshalb macht es Sinn sich an die Vergangenheit zu erinnern. China hat versucht seine ganze Gesellschaft im Hauruckverfahren zu verändern. Mit katastrophalen Folgen. Und es ist nicht das einzige Beispiel der Geschichte. Immer wenn die Gesellschaftsingenieure kamen und eine große Transformation ausriefen, war die Folge Not, Verbrechen und unendlich viele Tote. Und wer sich daran nicht erinnert, der ist tatsächlich verdammt genau das zu wiederholen.
Llarian
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