15. Juli 2012

Marginalie: Müder Romney, offensiver Obama. Mitt Romney trägt an den Folgen des Vorwahlkampfs

"Als Gefühlskanone scheint er seinem Gegner Mitt Romney allemal überlegen. Da müsste Romney schon seinen 'inneren Ronald Reagan' entdecken, um kontern zu können", schrieb heute in Zettels kleinem Zimmer Juno über den Wahlkämpfer Barack Obama.

In der Tat kann man als Beobachter dieses jetzt langsam in die heiße Phase gehenden Wahlkampfs den Eindruck gewinnen, daß nicht Romney der Herausforderer ist, sondern Obama. Obama attackiert. Romney wirkt müde.

Kein Wunder. Romney hat sich im Vorwahlkampf verbraucht; einem monatelangen, zermürbenden Kampf um die Nominierung, den der Präsident Obama nicht hat führen müssen.

Sarah Palin hatte als Fox-Kommentatorin diesen Vorwahlkampf anzuheizen und in die Länge zu ziehen versucht, indem sie Gingrich unterstützte; und zwar mit dem Argument "iron sharpens iron and steel sharpens steel" - Eisen schärft Eisen und Stahl schärft Stahl. In den Primaries sollten nach ihrer Vorstellung die argumentativen Schwerter geschärft werden, die der schließliche Kandidat dann gegen Obama würde einsetzen können.

Was passierte, war das Gegenteil. Aus diesem Marathon-Vorwahlkampf ging Romney nicht kampferprobt, sondern kampfesmüde hervor. Seine Partei hatte diese endlose Schlacht nicht geeint, sondern tief gespalten. (Wenn Sie sich die eine oder andere Phase dieser Schlacht noch einmal vergegenwärtigen mögen, finden Sie dazu so etwas wie eine Chronik in den ersten 24 Folgen der Serie US-Präsident­schafts­wahl 2012).

Daß dies das Ergebnis des Vorwahlkampfs war, lag zum einen an der Person Newt Gingrich - ein Narziß wie Obama, aber giftiger. Er hat die persönlichen Invektiven, das In-Zweifel-Ziehens von Charakter und Biografie Romneys in den Vorwahlkampf gebracht. Ihm ist das Bild vom charakterlosen und noch dazu ausbeuterischen Romney zu verdanken, das der Obama-Wahlkampf jetzt genüßlich einsetzt.

Zum anderen lag es auch an Rick Santorum. Dieser ist zwar, was den Stil der Auseinandersetzung angeht, das Gegenteil von Gingrich - ein anständiger Charakter, ein Mann, der jede Unfairness vermieden hat. Aber Santorum hat erbarmungslos auf den Graben hingewiesen, der ihn und seine Anhänger von Romney trennt. Er hat zu Recht gesagt, daß bei manchen Themen - Krankenversicherung zum Beispiel - Romney näher bei Obama ist als bei ihm, Santorum.

Von diesen Schlägen hat sich Romney nie erholt. Obama ist sozusagen austrainiert in den Ring gegangen. Romney torkelte in ihn hinein, noch voller Blessuren von den vorausgegangenen Kämpfen. Die eigentlich Sparring hätten sein sollen.

In den Umfragen liegt der Präsident seit Wochen beständig vor Romney. Der Analytiker Nate Silver berechnet gegenwärtig die Siegesschance Obamas mit 67 Prozent. ­
Zettel



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