26. Juli 2012

Marginalie: In NRW dürfen Hunde auf Waldwegen jetzt frei laufen, entschieden Richter in NRW. Aber Gegenmaßnahmen sind bereits eingeleitet

Was spaltet die deutsche Nation? Ob man links ist oder konservativ; wie in den USA oder Frankreich? Ob man Christ ist oder Nichtchrist? Oder sind wir gar noch immer in Ossis und Wessis geteilt?

Nein. Es gibt zwei Fronten, die Deutsche von Deutschen trennt: Die Raucherfront und die Hundefront. Nirgends wird so viel verbale Militanz entwickelt, als wenn empörte Nichtraucher gegen Raucher wettern, aggressive Hundefeinde gegen die Hundebesitzer und ihren vierbeinigen Gefährten.

Seit einigen Stunden gibt es Anlaß, im Hundekrieg eine neue Schlacht zu schlagen, jedenfalls wieder einmal ein Scharmützel zu eröffnen: Nach einer heutigen Meldung von dapd hat das nordrhein-westfälische Ober­verwaltungs­gericht (OVG) in Münster es den Gemeinden von NRW untersagt, einen Anleinpflicht für Hunde auf öffentlichen Waldwegen zu verhängen.

Die Meldung stammt ursprünglich von der "Rheinischen Post" (RP). Bei den Pressemitteilungen des OVG taucht sie noch nicht auf; doch hat dieses laut dapd auf Anfrage bestätigt, daß es ein solches Urteil - Aktenzeichen 5 A 2601/10 - gibt.

Geklagt hatte die Hundehalterin Edda Hammerstein gegen die Stadt Hilden, weil diese im Hildener Stadtwald Leinenpflicht verhängt hatte. Das Urteil sei "eine gute Nachricht für alle Hundehalter", kommentierte Frau Hammerstein.

Das könnte ein voreiliger Kommentar gewesen sein. Denn die Stadt Hilden hat prompt reagiert. Die RP:
Die Stadt Hilden hat angekündigt, sich jetzt an die Forstbehörden wenden zu wollen – mit der Bitte, den gesamten Hildener Stadtwald zu einem "Erholungswald" zu deklarieren. In "Erholungswäldern" müssen Hunde angeleint sein. Ebenso wie in Wäldern, die zu Naturschutzgebieten erklärt worden sind wie etwa die Ohligser Heide in Solingen.
So leicht ist im Hundekrieg keine Auseinandersetzung zu gewinnen.



Wie auch anders. Denn das gesellschaftliche Klima in Deutschland ist Hundebesitzern nicht gewogen; so wenig wie Rauchern. Unsere Tugendrepublik Deutschland ist ein Land des Schützens und Bewahrens. Das Wohl derer, die sich belästigt fühlen könnten, wird über das Recht aller derer gestellt, die auf ihre Art leben möchten - als Raucher, als Hundebesitzer. So, wie generell in Deutschland die Neigung zu staatlichen Verboten wächst (siehe Tugendrepublik Deutschland. Die Ergebnisse von "Freiheitsindex Deutschland 2011", im Detail betrachtet; ZR vom 30. 6. 2012).

Über die Einhaltung aller dieser Verbote wacht eine Bürokratie, der dadurch neue Aufgaben (und natürlich folglich neue Stellen) zuwachsen. In NRW ist diese Hunde-Bürokratie seltsamerweise beim Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz angesiedelt (Schaden Hunde dem Klima, der Umwelt, der Landwirtschaft oder der Natur? Ist Schutz gegen Hunde Verbraucher­schutz?).

Gehen Sie einmal auf die Hunde-Website dieses Ministeriums und sehen Sie sich an, was diese Bürokratie in Gestalt einer Verwaltungs­vor­schrift und einer Durchführungs­verordnung zum Landeshundegesetz hervorgebracht hat; samt jährlicher "Auswertungen". Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Jede größere Kommune in NRW hat inzwischen eine eigene Stelle, die sich mit der Verwaltung der in ihrem Bereich lebenden Hunde befaßt.

So arbeitet man zusammen, zum gegenseitigen Nutzen: Diejenigen, die unsere Tugendrepublik zur Eingehegten Gesellschaft machen wollen und die Bürokratie, die sich über all die neuen Aufgaben freut, die ihr damit zuwachsen. Ich fürchte, gegen diese geballte Macht wird Edda Hammerstein kaum eine Chance haben.
Zettel



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