6. Juli 2012

Leichter rein als raus

Seit Beginn der "Eurokrise" wird immer wieder locker empfohlen, daß die Griechen (oder die Deutschen) den "Euroraum verlassen" und eine andere Währung einführen sollten. Allgemein scheint die Einstellung vorzuherrschen, daß ein solches Verlassen einer Währungsunion grundsätzlich problemlos machbar wäre - wenn man es politisch will.

Diesen Optimismus habe ich nie verstanden. Die Bildung der Währungsunion aus den diversen Altwährungen war schon ein hochkomplexer Prozeß, der sich über viele Jahre hinzog und enormen Vorbereitungsaufwand erfordete. Und trotzdem war das noch trivial gegenüber der Auflösung einer Währungs­union, wo über den Verbleib bzw. die Aufteilung von Milliarden Einzelguthaben bzw. Schulden entschieden werden muß.

Wie schwer das ist, illustriert eine aktuelle Nachricht: Über eine Viertelmillion Pfund hat da ein Vorschlag zur Auflösung der Währungsunion gewonnen. Der nach Meinung einer offenbar kundigen Jury besser ist als zwei Dutzend weiterer Vorschläge.

Das scheint also die beste bisher bekannte Lösungsidee zu sein - und ist doch ziemlich unbrauchbar.

Mal abgesehen davon, daß eine Vielzahl von Einzelpunkten Fragen aufwerfen. Schließlich geht es hier potentiell um ein Land, daß mit den Anforderungen der Euro-Verträge nicht fertig geworden ist - und von dem hier erwartet wird, daß es ein komplexes System mit Inflationssteuerung etc. organisiert bekommt. Zwei zentrale Punkte finde ich viel gravierender:

Zum Einen soll diese einschneidende währungspolitische Maßnahme an allen demokratischen Gremien und Regularien von einer ominösen Gruppe "führender Vertreter des Landes" beschlossen werden. Das ist in keinem Land der Eurozone auch nur ansatzweise realisierbar.

Und zum Anderen wird erwartet, daß sich der Währungsschnitt vorher komplett geheim halten läßt - trotz der dafür nötigen umfangreichen Vorbereitungen.

Denn wenn das nicht gelänge, dann würden die krassen Ungerechtigkeiten einer solchen Umstellung noch viel größer werden: Es gäbe ja hinterher (mindestens) zwei Währungen. Eine (vergleichsweise) gute, und eine schlechte. Wer nun Guthaben in der guten bzw. Schulden in der schlechten Währung besitzt, gehört zu den Profiteuren der Umstellung. Wer aber bei den Guthaben die schlechte Währung zugeteilt bekommt, aber bei den Schulden die gute - der wird erhebliche Einbußen erleiden.

Mit Geheimhaltung wäre es reiner Zufall, wer gerade zu den Profiteuren und wer zu den Verlierern gehört. Mal abgesehen von den fast sicher zu erwartenden Insider-Geschäften ...

Und wenn die Geheimhaltung nicht klappt, dann wird es chaotische Zustände und massive Kapitalflucht geben. Die übrigens im Falle Griechenland schon längst eingesetzt hat.

Wenn das die beste Idee zum "Austritt aus dem Euro" ist - dann werden wir die Währungsunion noch lange behalten.
R.A.



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