7. Juli 2012

Zitat des Tages: "Wird Deutschland jetzt eingekreist? Zerbricht die deutsch-französische Achse?" Der Präsident Hollande und Europa

Wird Deutschland jetzt eingekreist? Zerbricht die deutsch-französische Achse? Auf dem Brüsseler EU-Gipfel hatten sich Italien und Spanien vor einer Woche mit Frankreich zusammengetan, um Deutschland erhebliche Zugeständnisse abzuringen. (...)

Das war kein Unfall. Dass so etwas passieren könnte, wurde bereits Anfang des Jahres angekündigt, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Ein Wirtschaftsdiplomat aus dem Lager des damaligen sozialistischen Präsidentschaftskandidaten brachte die neue Denkweise auf den Punkt: Der größte Fehler Nicolas Sarkozys sei gewesen, "keine Koalition gegen Angela Merkel geschmiedet" zu haben – Hollande hingegen werde andere Saiten aufziehen.
Gero von Randow, der für die "Zeit" aus Paris berichtet, in deren aktueller Ausgabe ("Die Zeit" 28/2012 vom 5. 7. 2012). Der Artikel ist auch in "Zeit-Online" zu lesen.

Kommentar: Gero von Randow ist ein kluger politischer Analytiker. Früher als viele andere hat er die Gefahren gesehen, die mit einer Wahl Hollandes auf Europa und speziell auf das deutsch-französische Verhältnis zukommen würden ("Mein wahrer Gegner ist die Finanzwelt". Der sozialistische Kandidat François Hollande, trefflich kommentiert von Gero von Randow; ZR vom 3. 2. 2012). Sein jetziger Artikel ist unbedingt lesenswert.

Hollande hat sich im Wahlkampf auf eine Ausweitung der französischen Staatsausgaben festgelegt; beispielsweise soll das Renten-Eintrittsalter auf 60 Jahre gesenkt und sollen 60.000 neue Stellen im Bildungsbereich geschaffen werden; Staatsdiener, versteht sich. Zugleich wird es Steuer­erhöhungen geben, die Frankreich in Richtung auf eine wirtschaftliche Talfahrt befördern dürften. In "Welt-Online" schrieb dazu gestern Axel Stocker:
Das ist nicht nur eine Gefahr für Frankreich, sondern für ganz Europa. Denn Italien und Spanien haben zwar große Probleme. Doch dort gibt es nun Regierungen, die diese entschlossen angehen. Frankreichs strukturelle Probleme sind dagegen mindestens genau so groß – doch in Paris wurde Stillstand verordnet. Rien ne va plus. Dadurch kann das Land schon bald zum neuen Problemfall der Euro-Zone werden.
Verständlich, daß Hollande sich zu seinen Mitbetroffenen Italien und Spanien hin orientiert und nicht zum Haupt-Geberland Deutschland.

Dazu paßt diese Meldung von heute:
Merkozy ist passé: Frankreichs Präsident deutet die deutsch-französische Kooperation anders als sein Vorgänger – er warnt gar vor einer Dominanz beider Länder in Europa.
In zahlreichen Artikeln der beiden Serien Gedanken zu Frankreich und Frankreichs Wahljahr 2012 habe ich Sie über den Linksrutsch in Frankreich und seine zu erwartenden Folgen auf dem Laufenden gehalten. Die Wahlen dieses Jahrs sind zu Ende, und damit diese Serie; aber in "Gedanken zu Frankreich" wird es, so fürchte ich, künftig vor allem Artikel über ein Land zu lesen geben, das sich auf eine tiefe Krise zubewegt. ­
Zettel



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