Dürer zu Martin Luther 1521
Es gibt von Albrecht Dürer eine Reihe von Federzeichnungen zur Szene, wie Jesus im Ölgarten um sein Ja zum drohenden Tod ringt, während die Jünger schlafen und dann feige fliehen. In vielen Fassungen Dürers zur Passion kniet Jesus, betet oder reißt die Arme hoch, als der Engel Trost bietet. In anderen Fassungen aber liegt der Leib ganz hingestreckt auf dem Felsen, wie gekreuzigt. Diese Interpretation berührt mich am stärksten, weil Jesus so auf dem Erdboden ausgestreckt liegt, als wolle er die Welt, das Leben umarmen. Dieses Gegenstück zum späteren Ausgestrecktsein am Kreuz ist wie aus der neuzeitlichen Empfindung geboren, es entspricht einer modernen Fragestellung: Was wird aus der geliebten Welt? War durch die Entdeckung Amerikas der Blick auf unsere Erdkugel stärker zu einer horizontalen Heilsfrage geworden?