10. November 2024

Die Folgen

In Zettels kleinem Zimmer wurde schon über den ersten außenpolitischen Erfolg von Donald Trump nach seiner Wahl berichtet: Keine zwölf Stunden gewählt und schon ist die Ampel zusammengebrochen. :)
Aber auf der etwas ernsthafteren Seite ist es tatsächlich so, dass die Folgen der Wahl von Donald Trump dieses Mal früher und deutlicher hereinbrechen als das 2016 der Fall war. 

9. November 2024

Streiflicht: 10 Millionen Stimmen

Durch die dunklen Kammern von Twitter geistert dieser Tage eine interessante Balkengrafik, deren Grundwerte ich hier gerne einmal wiedergeben möchte:

Barrack Obama, 2008: 69,5 Millionen Stimmen
Barrack Obama (2nd. Term), 2012: 65,9 Millionen Stimmen
Hillary Clinton, 2016: 65,85 Millionen Stimmen
Joe Biden, 2020: 81,25 Millionen Stimmen
Kamala Harris, 2024: 68,1 Millionen Stimmen

4. November 2024

Die Wahl. Und eine Verschwörungstheorie. Und ein Gedankensplitter.

Aus deutscher Mainstreamperspektive entscheidet sich am heutigen Dienstagabend vor allem die Regierung der USA der nächsten vier Jahre. Und mit ein bischen Schiesspulver die Entscheidung darüber ob die USA ein paar neue Zölle erheben, etwas mehr von der NATO erwarten, etwas mehr oder weniger Waffen in die Ukraine liefern und ob ein paar mehr Waffen in den USA verkauft werden. Trotz allem linken Getröte glaubt niemand daran, dass Donald Trump, sollte er dann doch, wieder erwarten des juste millieus in Deutschland, gewählt werden, "die Macht" an sich reissen wird. Und da man ohnehin auf Seiten der "Demokraten" ist, erwartet man noch weniger, dass sich bei einem Wahlsieg von Kamala Harris irgendetwas ändern wird.

Und kaum eine Einschätzung könnte dümmer und kurzsichtiger sein als diese.

31. Oktober 2024

Jean Ray. Von Onkeln namens Timotheus





Jean Ray, „Der Klub der Hundertjährigen“ (1964)

Als mein Großonkel sein fünfundneunzigstes Lebensjahr erreicht hatte, gründete er den „Klub der demnächst Hundertjährigen.“ Zu den Mitgliedern gehörten Martin Cobb, Jack Salwin, bob Raven, Ben Hass und mein Onkel Tim. Vom Alter her unterschieden sie sich nur in wenigen Monaten, und Onkel Tim wurde zum Vorsitzenden gewählt, weil es seine Idee gewesen war.

Er ließ mich zu sich kommen und sagte:

„Thomas: die Regeln unseres Klubs sind schlicht und einfach. Im Grunde gibt es nur eine einzige. Jedes der Mitglieder vermacht mit seinem Tod den Überlebenden etwas Wertvolles. Um was es sich dabei handelt, haben wir bereits festgehalten:

„Martin Cobb: ein Bauernhof mit Viehbestand.

„Jack Salwin: ein Landsitz.

„Bob Raven: sechs Rennpferde.

„Ben Hass, der Kunstsammler ist: ein Selbstbildnis von Rembrandt.“

„Und du selber, Onkel?“ fragte ich.

Der alte Mann bedachte mich mit einem schalkhaften Zwinkern.

„Meinen gesamten Besitz, Tom. Aber mach dir keine Sorgen. Ich werde es noch erleben, wenn man sie beerdigt. Ich werde nämlich hundert.“

„Bist du dir da so sicher?“ fragte ich.

„Ganz sicher. Schau mal: Martin Cobbs Herz fängt an, ihm Beschwerden zu machen; Salvin hustet, daß man davon taub werden könnte; Raven plagt die Gicht und Ben Hass schmilzt jeden Tag mehr dahin als Schnee auf einem heißen Ofen. Ich dagegen …“

Er klopfte sich auf die Brust und zwinkerte mir nochmals zu. Ich mußte zugeben, daß er für sein Alter noch verflixt gut aussah.

„Versteh‘ mich richtig,“ fuhr er fort. „Ich muß es nur so lange aushalten, bis ich die Hundert erreicht habe – und alle diese Schätze sind meine. Und wenn ich dann den Löffel abgebe, wer erbt alles? Wer anders als mein treu ergebener Neffe, Thomas Isidorus Trent?“

20. Oktober 2024

Die USA am Weg der Hoffnung


Die Wahl in den USA rückt jeden Tag näher und sie ist, wenn auch nicht in der Wahrnehmung deutscher Zeitungsleser oder Konsumenten des ÖRR, bei weitem nicht entschieden sondern extrem offen. Sollte Donald Trump die Wahl gewinnen, und derzeit spricht das Moment dafür, so werden die Redaktionen vom Spargel bis zum neuen Süddeutschland wieder sehr viel Freude bekommen ihren Lesern zu erklären, warum das, was sie vorhergesagt haben, mal wieder(!) nicht eingetroffen ist.

1. Oktober 2024

Die Erfurter Schmierenkomödie oder der Zustand einer ehemaligen Volkspartei

Zugegeben: Selbst dieser Autor ist zunächst ein wenig darauf hereingefallen. Der Eklat im Erfurter Landtag von letzter Woche erschien von beiden Seiten gewollt und herbei geführt. Die AfD klammert sich an eine Geschäftsordnung, um ihr Gesicht zu wahren und die selbstidentifizierten Demokraten gönnen der AfD nicht die Butter auf dem Brot und wollen mit ihrem ersten Antrag der AfD direkt zeigen wer Koch und wer Kellner ist. Kindergarten eben.

28. September 2024

Und plötzlich trifft es ihn selbst

In der FAZ ist vor zwei Tagen ein Artikel von Cem Özdemir, immerhin amtierender, grüner Bundesminister, erschienen, in dem er sich mit Fragen der Migration und deren Folgen in Deutschland auseinandersetzt. Leider ist der Artikel hinter einer Paywall, aber die Welt war so nett die wesentlichen Aussagen in einem eigenen Artikel zu beschreiben, der noch abrufbar ist. 

Özdemir setzt sich hier vor allem mit Erfahrungen seiner Tochter auseinander, die offenkundig mehrfach das Opfer von sexueller Belästigung durch Zuwanderer wurde. Und er reflektiert immerhin, dass das eine Folge der Zuwanderung aus islamischen und patriarchal geprägten Ländern ist. 

6. September 2024

Annie M. G. Schmidt, „Pas op voor de hitte”/“Vorsicht bei der Hitze“ (1954)





“Pas op voor de hitte”

Denk aan juffrouw Scholten,
die is vandaag gesmolten,
helemaal gesmolten, op de Dam.
Dat kwam door de hitte,
daar is ze in gaan zitten
- als je soms wil weten hoe dat kwam.
Ze hebben het voorspeld: Pas op, juffrouw, je smelt!
Maar ze was ontzettend eigenwijs...
Als een pakje boter,
maar dan alleen wat groter,
is ze uitgelopen, voor het paleis.

Enkel nog haar tasje
lag daar in een plasje...
Alle kranten hebben het vermeld
op de eerste pagina.
Kijk het zelf maar even na.
Ja, daar staat het, kijk maar: dame smelt.

Die arme juffrouw Scholten...
helemaal gesmolten...
Als dat jou en mij eens overkwam...
Laten we met die hitte
overal gaan zitten...
maar vooral niet midden op de Dam.

2. September 2024

Die CDU in der Falle

Man gibts sich staatstragend (Merz), man gibt sich arrogant (Spahn in den letzten Tagen), man gibt sich als Wahlsieger (Kretschmer, Voigt), doch all das trifft nicht einmal den Rand der Sache auch nur halbwegs. Die CDU ist nach den Landtagswahlen in Thürigen und Sachsen in der dümmsten Lage, die man sich so recht denken kann.

25. August 2024

Nix mit Nix mit Nix

Es ist mal wieder festzuhalten: Das hat alles nix mit nix zu tun. Es ist ganz wichtig, dass nix mit nix zu tun hat, deshalb ist auch unbedingt festzuhalten, dass das nicht mit irgendetwas zu tun haben kann, weil es ja nix mit nix zu tun hat.

Außerdem ist festzuhalten, dass viele Menschen unter psychischen Problemen leiden und gar nicht anders können. Da brüllen sie auch schonmal manche seltsame Sätze hevor, bevor sie in einem Parkinson-artigen Rausch wild um sich stechen und zufällig den einen oder anderen Passanten erwischen. Zumal der Parkinsonierende ja vielleicht auch gar nicht damit rechnen konnte, dass ihm das passiert, da es kein entsprechendes Messerverbot in der Innenstadt gegeben hatte. 

5. August 2024

Die Wokolympics und die Tücken der DNA

Zugegeben: Die seit Jahrzehnten bekannte und wirklich grausam offenkundige Korruption im olympischen Komitee ist jetzt nicht unbedingt eine besonders spannende Erkenntnis oder Meldung. Das ist eben das, was passiert, wenn man Abermillionen Euro an eine völlig unkontrollierte Funktionärskaste verteilt, die niemandem Rechenschaft ablegen müssen und eben in ihren Hinterzimmern dann auch dafür sorgen, dass keiner von ihnen jemals wieder im Regen stehen wird. Soweit, so trivial. Vergleichsweise neu, wenn auch eigentlich überhaupt nicht überraschend, ist der Einzug der Wokeness in eben jene Hinterzimmer. Genaugenommen naheliegend, denn wie auch in diversen NGO, Behörden, Stiftungen, Rundfunkanstalten oder sonstigen Dunkelkammern der westlichen Welt, blühen eben die Schattengewächse dort am besten, wo keine Kontrolle stattfindet, keine Rechenschaft abglegt werden muss und Steuergelder ohne Nachfrage in reichlicher Menge sprudeln. Das das IOC auf den Woke-Zug aufsteigt ist da eigentlich nur folgerichtig.

31. Juli 2024

Gruß aus Entebbe

Ismail Haniyeh ist tot. Und darf sich jetzt der 72 Jungfrauen erfreuen, wenn sich das Ganze nicht doch als "Misinformation" herausstellen sollte. 

Die erste und zentrale Frage, die sich dieser Autor stellt ist: Hat Steinmeier schon konduliert? 

18. Juli 2024

Der kompakte Skandal zum Skandal

Das Nancy Faeser, ihres Zeichens Innenministerin, ihre Auffassung von Regierung, die nicht nur an der Grenze totalitär geprägt ist, mehr und mehr durchsetzt, umso unpopulärer sie und ihre Regierung wird, ist kein echtes Geheimnis. Beweislastumkehr, offene Grenzen, Impfpflicht, Hassrede und jetzt eben auch ein Verbot der freien Presse: Das ist nicht wirklich überraschend und auch nicht neu.

Das Nancy Faeser 1984 nicht als Warnung sondern als Betriebsanleitung verinnerlicht hat, war schon vor Jahren ein alter Hut und insofern kann der morgendliche Überfall auf Jürgen Elsässer, den Herausgeber des Compact-Magazins, samt zufällig anwesenden Fotografen, nicht wirklich überraschen. Und es ist hoffnungslos zu glauben, dass diese Frau freiwillig zur Einhaltung von Grundrechten zurück kehren wird, ähnlich sinnvoll wäre es von Kim Jong Un zu erwarten, dass er morgen demokratische Wahlen zulassen würde oder von Wladimir Putin, dass er sich für den Überfall auf die Ukraine entschuldigt. Das wird nicht passieren. Leute wie Faeser kann man von nichts überzeugen, man muss ihnen die politische Macht nehmen und in Schimpf und Schande davon jagen. Als man Erich Honnecker und Erich Mielke von der Macht entfernte, hat man von Ihnen auch kein Umdenken erleben können oder sie zur Rechenschaft ziehen können, das höchste ist es tatsächlich, dass diese Leute erleben wie ihre Weltsicht vor ihren Augen zusammen bricht. 

14. Juli 2024

Anmerkungen zu einem Attentat

Die meisten Leser werden es bereits wissen: Am gestrigen Samstag kam es zu einem Anschlag (bzw. respektive Mordanschlag, wie man früher im Deutschen geschrieben hätte) auf Präsident Trump. Der Attentäter feuerte mehrere Schüsse auf Trump ab, traf drei seiner Anhänger mit den Schüssen (davon einen tödlich), sowie Trump selber am Ohr, bevor er selber von Sicherheitskräften erschossen wurde (der Attentäter, nicht Trump).

25. Juni 2024

H. F. Harvey, "Augusthitze" (1910)





W. F. Harvey, “Augusthitze” (1910)

Phenistone Road, Clapham, 20. August 190-

Heute habe ich den wohl ungewöhnlichsten Tag in meinem ganzen Leben erlebt, und deshalb möchte ich meine Erinnerungen daran so schnell wie möglich zu Papier bringen, solange sie noch frisch sind.

Lassen Sie mich damit anfangen, daß mein Name James Clarence Withencroft lautet.

Ich bin vierzig Jahre alt und bei bester Gesundheit. Ich bin niemals krank gewesen.

Von Beruf bin ich Künstler. Kein sehr erfolgreicher, aber ich verdiene mit meinen Zeichnungen genug, um meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Meine einzige Verwandte, meine Schwester, ist vor fünf Jahren gestorben. Ich bin also ganz auf mich selbst gestellt.

Heute morgen habe ich um neun Uhr gefrühstückt, und nachdem ich die Zeitung durchgeblättert hate, zündete ich mir eine Pfeife an und döste vor mich hin, in der Hoffnung, daß mir vielleicht ein Motiv für meinen Bleistift einfallen würde.

Im Zimmer herrschte eine erstickende Hitze, obwohl Tür und Fenster offenstanden, und ich hatte mich entschieden, daß der kühlste und erträglichste Platz das tiefe Beckenende des hiesigen Schwimmbads wäre, als mir eine Idee kam.

Ich fing an zu zeichnen. Ich war so vertieft in meine Arbeit, daß ich das Mittagessen ausfallen ließ, und beendete die Arbeit erst, als die Kirchturmuhr von St. Jude’s vier schlug.

Auch wenn es nur eine hastig hingeworfene Skizze war, war das Ergebnis doch das Beste, das mir je gelungen war.

Sie zeigte einen Verbrecher auf der Anklagebank, gerade als der Richter das Urteil verkündet hatte. Der Mann war dick – von gewaltiger Korpulenz. Das Fett lag in breiten Wülsten um sein Kinn und verhüllte seinen kurzen, stämmigen Nacken. Er war glattrasiert (vielleicht sollte ich besser sagen: er war anscheinend wenige Tage zuvor rasiert gewesen) und fast kahlköpfig. Er stand vor der Bank, seine kurzen, plumpen Finger krampften sich am Geländer fest und er blickte starr geradeaus. In seinem Gesicht zeigte sich kein Schrecken, sondern nur ein absoluter innerer Zusammenbruch.

Es war, als ob in ihm nichts mehr an Stärke geblieben war, um diesen Berg von Fleisch aufrecht zu halten.

Ich rollte die Zeichnung zusammen und steckte sie ein, ohne genau zu wissen, weshalb. Dann verließ ich das Haus, beschwingt von jenem Glücksgefühl, das sich nach einer gut gelungenen Arbeit einstellt.

24. Juni 2024

Jorge Luis Borges, "Franz Kafka" (1951)



"Only connect! That was the whole of her sermon. Only connect the prose and the passion, and both will be exalted, and human love will be seen at its height. Live in fragments no longer. Only connect." (E.M.Forster, "Howards End")



(Jorge Luis Borges im Jahr 1951. Aufnahme von Grete Stern)

I.

Jorge Luis Borges, „Franz Kafka” (1951)

Um das Jahr 1916 oder 1917 fingen wir an, dem Namen Kafkas Veröffentlichungen des Expressionismus zu begegnen, die sich der Extravaganz verschrieben hatten (womit sie Erfolg hatten) und die sich beispielsweise „Der jüngste Tag“ oder ähnlich nannten. Kafka ist als Autor zu ausgefallen, als daß wir damals seine Originalität zu würdigen wußten. Wir lasen diese ersten Erzählungen und sie erschienen uns sinnlos, enttäuschend und sogar – wir gestehen es heute ungern – recht altmodisch. Jahre später lasen wir den „Prozeß“ in einer französischen Übersetzung, und waren von diesem Buch sehr beeindruckt. Im Nachhinein schmälerte sich die Begeisterung aufgrund des Verlaufs der Handlung. So haben wir uns im Lauf der Jahre an Kafka angenähert und sind dann wieder auf Distanz gegangen. Wir haben einiger seiner Erzählungen aus dem Deutschen übertragen, darunter die vielleicht vorzüglichste, „Beim Bau der chinesischen Mauer.“ Für einige Übersetzungen seiner Bücher ins Spanische haben wir Vorworte verfaßt. Und wir haben ihn in einigen unserer Erzählungen bewußt nachgeahmt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß wir ihn auch in Zukunft nachahmen werden, ohne es zu wollen, denn Kafka ist ein Autor, der eine heftige Anziehung auf einen ausübt.

Immer wenn wir uns dieser Anziehungskraft bewußt werden, versuchen wir uns ihrer zu entledigen. Wir erinnern uns an den Augenblick, als wir mit unschuldigem Entzücken entdeckten, daß manche seiner Romane, wie „Der Prozeß“ und „Das Schloß“ genau das schildern, was in der Mathematik ein „infiniter Regress,“ eine „Endlosrekursion“ genannt wird. Im „Schloß“ gibt es einen Landmesser, dem nie Zutritt gewährt wird, sondern der niemals über Vorzimmern hinaus gelangt. Nun: dieser Vorgang beschreibt das Paradox, das Zenon von Elea gegen die Möglichkeit einer Bewegung vorgebracht hat. Jemand, der sich an einem Punkt A befindet, kann einen Punkt B niemals erreichen, denn zuvor muß er erst einmal die Hälfte dieser Strecke zurücklegen, und davor die Hälfte jener Strecke – und so weiter bis ins Unendliche. William James das gleiche Argument auf die Zeit angewendet. Wir waren nicht immer so unbedarft. Ein anderes Mal haben wir nach Kafkas literarischen Vorläufern gesucht, und sind bei vielen Autoren fündig geworden. Wir erinnern uns etwa an einen Roman von David Garnett, „Lady into Fox,“ dessen Handlung, wenn man sie nacherzählt und nicht liest, sehr an die Erzählungen von Kafka erinnert, besonders an „Die Verwandlung.“ Dieser Roman, und ein weiterer dieses englischen Autors, „A Man in the Zoo,“ ähneln, wie gesagt, Kafka. Aber wenn man sie liest, unterschieden sie sich gründlich von seinem Werk. Der Grund liegt darin, daß wir dort Zeugen eines phantastischen Geschehens sind; wenn wir Kafka lesen, scheint uns das, was seinen Gestalten passiert, uns selber zu widerfahren.

11. Juni 2024

Thesen zur Wahl

Ich gebe gerne zu, dass wir zur Europa-Wahl nicht viel beigetragen haben, aber ein paar Gedanken möchte ich doch, wenn auch vielleicht in Retrospektive, loswerden:

Es wird derzeit gerne viele davon gesprochen dass die Bürger vor allem viel gegen die Ampel gestimmt haben und deshalb die Afd so stark geworden wäre. Das ist maximal die halbe Wahrheit, eher nur ein Drittel: Richtig ist, dass viele gegen die Ampel gestimmt haben. Richtig ist aber auch, dass die Ampel nicht gleichmässig verloren hat, sondern das es in allererste Linie die Grünen, in zweiter Linie die SPD und erst in dritter Linie die FDP gewesen ist. Und das obschon die FDP eine extrem unsympathische Spitzenkandidatin aufgeboten hat. Mithin war das Ganze vor allem eine Flucht aus den roten, aber noch mehr aus den grünen Positionen. Auch die Wählerrichtung ist von großer Bedeutung, denn nicht die CDU war der Sammler dieser Wahlflüchtigen, es war vor allem die AfD. Und die AfD ist nicht eine rein rechte Partei, sie ist vor allem ein absoluter Gegenentwurf zu den Grünen. Was die Grünen richtig finden, findet die AfD falsch, und umgekehrt genauso. Mithin ist diese Wanderung nicht nur eine Abwendung von grünen Ideen, sondern eine Abwanderung ins Gegenteil!

31. Mai 2024

Streiflicht: Watch it unfold!

Unser geschätzter Zimmermann HR2 hat ein Video geteilt, dass den Angriff auf den Islamkritiker Michael Stürzenberger am heutigen Mittag zeigt. Auch wenn ich seine Einschätzung über das Verhalten der Polizei nicht teile, so sind die bisherigen Presseartikel schon recht vielsagend. Der beste ist dabei noch der von der Bild Zeitung, die sich wenigstens nicht zu schade ist, das Bild des Angreifers zu zeigen, woraus der gemeine Leser wenigstens den Kontext herstellen kann, wer da zugestochen hat.

Ein weiterer Schritt in den Abgrund.

Es ist also passiert. Und die deutsche Presse wird es morgen für den gemeinen Leser auch einordnen: In Amerika ist niemand vor dem Gesetz geschützt. Und so wurde der böse, orange Mann, natürlich völlig zurecht, endlich verurteilt, womit bestätigt wurde, was der deutsche Journalist ja schon immer gewusst hat. Wäre er nicht verurteilt worden, hätte er es auch gewusst, aber das soll hier gar nicht wichtig sein.

27. Mai 2024

Deutschland will Netanjahu ausliefern

Die Bundesregierung hat letzte Woche durch ihren Sprecher, Steffen Hebestreit, verkünden lassen, sie würde Israels Ministerpräsident(!) Benjamin Netanjahu an den internationalen Strafgerichtshof ausliefern, wenn dieser einen Haftbefehl gegen ihn erlasse. Das muss man erst einmal sacken lassen. Denn das ist auf so vielen Ebenen falsch und dämlich, dass es schon schwer fällt, die einzelnen Ebenen auch nur auseinander zu halten.

26. Mai 2024

75 Jahre. Na hallamarsch.

Man betrachte folgendes Zitat:

ARTIKEL 8

(1) Persönliche Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Postgeheimnis und das Recht, sich an einem beliebigen Ort niederzulassen, sind gewährleistet. Die Staatsgewalt kann diese Freiheiten nur auf Grund der für alle Bürger geltenden Gesetze einschränken oder entziehen.

ARTIKEL 9

(1) Alle Bürger haben das Recht, innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze ihre Meinung frei und öffentlich zu äußern und sich zu diesem Zweck friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Diese Freiheit wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt; niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
(2) Eine Pressezensur findet nicht statt.

ARTIKEL 10

(1) Kein Bürger darf einer auswärtigen Macht ausgeliefert werden.
(2) Fremde Staatsbürger werden weder ausgeliefert noch ausgewiesen, wenn sie wegen ihres Kampfes für die in dieser Verfassung niedergelegten Grundsätze im Ausland verfolgt werden.
(3) Jeder Bürger ist berechtigt, auszuwandern. Dieses Recht kann nur durch Gesetz der Republik beschränkt werden.
Wo stammt das her?

5. Mai 2024

Streiflicht: Grün würgt. Heute mit der evangelischen Kirche.


Die evangelische Kirche hat dieses Jahr wieder mal einen großen Fortschritt zu
berichten: Von ihren knapp 19 Millionen Mitgliedern Ende 2022 haben sich in 2023 nun 340.000 Mitglieder durch Exitus der selben entzogen, 380.000 Mitglieder dagegen bevorzugten ihre Mitgliedschaft per Austritt zu erledigen. 
In der selben Zeit legte die evangelische Kirche um 160.000 Menschen zu (20.000 durch Eintritt, 140.000 wurde getauft). Was immerhin zu einem guten 1:4 Verhältnis führt. 

30. April 2024

Dieter Hallervorden und der Völkermord

Es ist eine Binse, dass in einer typisch deutschen Distanzierung (im englischen auch Disclaimer genannt) so ziemlich alles, was vor dem "aber" steht, mit Fug und Recht als unwichtig abgetan werden kann. Das gilt entsprechend auch für die Distanzierung die der altgediente Komiker Dieter Hallervorden nun vor sein Werk zum Thema Gaza gestellt hat. Er führt aus:
Vor dem gleich folgenden Gedicht "Gaza Gaza" möchte ich eines unmissverständlich klarstellen: Natürlich verurteile auch ich den Terror von Hamas. Aber trotz alledem sehe ich "gleichzeitig eine neue Friedenschance für eine Zweistaatenlösung."
Gut, es zwingt ihn niemand den 7. Oktober als den Zivilisationsbruch zu sehen, den er darstellt. Das ist kein Verbrechen. Und auch wenn die Statistik dieses Tages eines andere ist, so ist der einzelne antisemitische Mord qualitativ natürlich auch nicht anders, zumindest aus Sicht des Opfers. Das kann man Herrn Hallervorden nicht vorwerfen, auch nicht, dass er der Illusion einer "Zwei-Staaten-Lösung" (die außer Israel so ziemlich niemand will) hinterherrennen möchte. Es setzt nur den Disclaimer selber in ein ziemlich klares Licht, nämlich, dass er völlig wertlos ist.

28. April 2024

Tarnen, täuschen und verpissen und die Frage wie man Unsicherheit beurteilen kann

Schon wieder ein Artikel zu Corona (sorry). Oh nein, nicht schon wieder. Gibt es denn nichts anderes auf dieser Welt als immer wieder Corona? Jada, jada, jada, haben wir alles schon gehört. 

Kurze Antwort: Ja, es gibt eine Menge anderes auf der Welt. And thats the point.

21. April 2024

Wenns die Demokratie nicht mehr tut

Was assoziieren Sie, lieber Leser, wenn Sie die Parole "Alles für Deutschland!" das erste mal hören oder lesen? Beantworten Sie die Frage für sich, bevor Sie weiter lesen!

11. April 2024

Randnotiz: Merkel besucht Trittin

Die Welt berichtet es am Rande: Die ehemalige Frau Bundeskanzler Merkel, jetzt nur noch Merkel, hat sich entschlossen dem Bundestagsabschied von Jürgen Trittin, seines Zeichens Urgestein der Grünen, in der grünen Bundestagsfraktion beizuwohnen. Die Grünen freuen sich. Anders als die Union, die von Merkel in letzter Zeit eigentlich permanent vor den Kopf gestoßen wird.

Und jetzt kommt die große Preisfrage: Wen wundert das eigentlich? Das kann doch eigentlich nur für jemanden verwunderlich sein, der noch immer nicht verstanden hat, dass wir 16 Jahre lang ein grünes U-Boot als Kanzler hatten, die nie und zu keinem Zeitpunkt in die Partei eingetreten ist, die sie regierte. 
Das sich Merkel nun ausgerechnet(!) die Ehre gibt dem Abschied eines der größten Linksextremisten des deutschen Bundestages beizuwohnen, ein Mann der nicht nur seine Herkunft aus den K-Gruppen ableitet sondern deren Konzepten und Ideen sein Leben lang treu blieb, passt mal wieder wie die Faust aufs Auge. Das ist am Ende doch nur folgerichtig. Beide haben, mehr oder minder auch sehr erfolgreich, den freien, deutschen Rechtsstaat bekämpft wo sie konnten, ihre Zielvorstellungen sind absolut kompatibel und nach einem langen Leben in der Politik, können sich beide vermutlich auch ihre Methoden nicht unbedingt gegenseitig vorwerfen. 

Helmuth Graf von Moltke prägte vor knapp 150 Jahren den schönen Satz "Getrennt marschieren, vereint schlagen". Nichts beschreibt die Politik von Angela Merkel und den Grünen besser. Ich bin sicher, dass sie dort gerne gesehen ist. 
­
Llarian

© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.

1. April 2024

Randnotiz: Tanzverbot



Business as usual: Am Freitag herrschte in Deutschland mal wieder Tanzverbot und die vereinigte Linke versuchte mal wieder daran zu sägen. Erfolglos. Diesmal. Aber der stete Tropfen hölt den Stein und irgendwann wird es dann auch passieren. Und dann kann man in der roten Flora halt auch an Karfreitag tanzen. Was aber irgendwie außer ein paar Autonomen kaum jemand tun wird, weil die meisten Leute halt dann doch bei der mehr oder minder geliebten Familie sind.

28. März 2024

Streiflicht: Dammbruch oder Salami


Es gleicht eigentlich(!) einer politischen Atombombe. Nach sprichwörtlich jahrelangem Rechtsstreit gelang es dem Magazin "Multipolar" diverse Protokolle des RKI zu erlangen, in denen die "Maßnahmen" der Regierung gegen das Corona-Virus begründet wurden. Etliche Seiten sind in den Protokollen geschwärzt, doch alleine was sich in den offenen Passagen findet, ist mit skandalös noch zu weich beschrieben: 

Mit aller Deutlichkeit wird dem Leser dieser Dokumente klar, dass die vorgebliche "Verschwörungstheorie", dass das RKI seit Beginn der Pandemie nicht mehr wissenschaftlich gearbeitet hat, sondern rein politisch gesteuert war, beängstigend genau gestimmt hat. Das RKI wusste praktisch von Anfang an, dass Covid nie das Potential des Killervirus gehabt hat, als das es von Presse und Politik bezeichnet und gemalt wurde. Ebenso war dem RKI deutlich bewusst, dass die Maßnahmen deutlich mehr Schaden anrichten würden, als der eigentliche Virus es könnte. Die Zahlen zur Ausbreitung, die vermeintlich exponentielle Gefahr, die ganze Panikmache, fabriziert, künstlich erzeugt und aufgeblasen. 

17. März 2024

Krieg ist nicht nur wenn geschossen wird. Anmerkungen zu TikTok.




Wie letzte Woche durch die Medien geisterte (und auch schon im kleinen Zimmer kurz angesprochen wurde), hat der amerikanische Kongress ein neues Gesetz vorgeschlagen (noch nicht in Kraft, weil noch Senat und Präsident zustimmen müssen), dass die Aktionäre hinter TikTok zwingen wird, ihre Anteile an Amerikaner zu verkaufen. Eine etwas ungewöhnliche Konstruktion, die offenkundig wie unzweifelhaft dazu dient die Kontrolle über den amerikanischen Arm von TikTok der chinesischen Regierung zu entziehen. TikTok wird vom chinesischen Konzern ByteDance betrieben und steht damit fest und direkt unter Pekings Kontrolle. 

14. März 2024

Demokratie ist nur, wenn wir es sind, eine Clowshow für Arme

Echte Probleme zu lösen macht eine Menge Arbeit und verlangt zudem noch Kompetenz, so hat sich ein guter Teil der deutschen Politik lieber dahingehend spezialisiert sich wie Sandkastenkinder zu benehmen und sich um die Förmchen zu streiten. Die neueste Ausgeburt davon ist der "Skandal", dass sich der Abgeordnete der AfD, Kay-Uwe Ziegler im Gesundheitsausschuss auf den Stuhl des Vorsitzenden gesetzt hat und sich per Schild zum Vorsitzenden des Ausschusses erklärte.

2. März 2024

Plötzlich und unerwartet oder der Nicht-Skandal, der kein Skandal sein darf

Die meisten werden es gelesen haben: Andreas Brehme, Fußball Weltmeister von 1963, ist vor einer Woche in der Nacht von Montag auf Dienstag in einer Münchner Klinik an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben. Sowas kommt vor, auch wenn der gute Herr Breme relativ früh, für einen Sportler sogar sehr früh, dran war, er war 63 Jahre alt. Im Dezember 21 verstarb mit 52 Jahren der Komiker Mirco Nontschew in seiner Wohnung, Todesursache ist öffentlich nicht bekannt. 

Wer generell Schlagzeilen mal ab und zu liest, dem fällt am Rande des öfteren auf, dass ebenso ab und zu mal ein Prominenter, gerne auch Sportler (die ja zur Prominenz tendieren), schonmal plötzlich und unerwartet von uns geht. Das ist in dem Sinne nicht neu, solche Fälle hat es auch früher gegeben. 

15. Februar 2024

Randbemerkung: Eine Grenze wurde überschritten

Die Grünen haben ihren "politischen Aschermittwoch" in Biberach abgesagt. Weil es zu Protesten kam. Und auch der eine oder andere Stein geflogen ist. 

Das ist sicher nicht schön und im Unterschied zu manchem Kommentator im "Welt-Forum" spüre ich auch keine klammheimliche Freude dabei. Gewalt ist keine Methode der politischen Auseinandersetzung. Insofern will keine Schadenfreude aufkommen, jedoch eine gewisse Verwunderung über die Dünnhäutigkeit von Menschen, die sonst so gar keine Probleme damit haben, wenn der politische Gegner schon mal "robust" angegangen wird.

10. Februar 2024

Mathematikunterricht. Heute: Wie man als deutsches Ministerium mit Statistik lügt.



I.

Einer bekannten Redewendung im Englischen zufolge gibt es drei Möglichkeiten, wenn man als Autor, Redner oder Nachrichtenoutlet sein Publikum irreführen, im Dunkeln lassen, foppen, es zum Besten halten, ihm einen Bären aufbinden, ein X für ein U vormachen möchte, ihm einen vom Pferd erzählen oder es hinter die Fichte zu führen gedenkt – und dies in steigender Dosis: mit der schlichten Unwahrheit („lies“), grob gestrickten Lügen („damned lies“) und der Statistik. Mark Twain hat die heute geläufige Formulierung in seiner 1907 erschienenen Autobiographie bekannt gemacht und sie dort dem früheren englischen Premierminister Benjamin Disraeli zugeschrieben. In dessen Schriften und Parlamentsansprachen findet sie sich zwar nicht, aber literarische Trüffelsucher haben eine ganze Reihe ähnlicher Formulierungen aus dem Staub der Archive ausgegraben, wo sie ab den Jahren 1894 und 1895 einige Male auftaucht und damit schon den Rang einer sprichwörtlichen Wendung beanspruchen kann, wobei für den ersten Gang hier zumeist der Ausdruck „fib“ auftaucht (also eine „Flunkerei“) zuerst in einem Leserbrief, den die englische Tageszeitung „National Observer“ am 13. Juni 1891 abdruckte -ironischerweise zu der Frage „die Rente ist sischa!“

Sir, — It has been wittily remarked that there are three kinds of falsehood: the first is a 'fib,' the second is a downright lie, and the third and most aggravated is statistics. It is on statistics and on the absence of statistics that the advocate of national pensions relies…


„Nihil novum sub sole” heißt es beim Prediger Salomo (Ecclesiastes 1:9). Und getreu diesem Motto hat das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) vor zwei Tagen, am 8. Februar 2024, eine kleine Anfrage der schwefelblauen Oppositionspartei Alternative für Deutschland (AfD) im Landtag in einer Weise beantwortet, die dem dritten Grad der Trias zu aller Ehre gereicht. Die Antwort des nordrheinwestfälischen Innenministeriums wurde zwar schon mit dem Datum des 31. Januar 2024 auf dem Parlamentsserver des Landtags in NRW eingestellt worden, als Antwort auf die Kleine Anfrage vom 28. Dezember 2023, aber erst durch zwei Nachrichtenoutlets am 6. Februar etwas weiter bekannt geworden: auf den Seiten des „Stern“ und des Nachrichtenportals „Tag24“:

8. Februar 2024

Wo ist die Grenze? Eine Nabelschau und ein Gedankensplitter

Die nun glücklicherweise wirklich zurück liegende Corona-Zeit ist bis heute ein nicht aufgearbeitetes Thema. Und vermutlich wird sie schon alleine aufgrund politischer Macht-Interessen auch nie so richtig aufgearbeitet werden, zumindest nicht im Rahmen der nächsten zehn oder fünfzehn Jahre. Neben den politischen Interessen glaube ich aber inzwischen, dass es einen weit bedeutenderen Punkt gibt, aufgrund dessen die Zeit nicht aufgearbeitet werden kann und das ist Scham. Und das will ich erklären.

28. Januar 2024

Nachfragesteuerung beim Stromverbrauch: die Planwirtschaft steht vor der Tür

ein Gastbeitrag von Frank2000.

Mir wurde per Brief mitgeteilt, dass in meinem Haus ein "Smart Meter" eingebaut wird. Deswegen habe ich mich dazu mal schlau gemacht:

1. Es gibt keine legale Möglichkeit, sich dagegen zu wehren.

2. In dem Brief steht als kleine Lüge, dass mich "der Gerätetausch" nichts kostet. Das ist in so weit eine Lüge, als dass die Netzbetreiber die Kosten per Gesetz komplett umlegen dürfen; der TAUSCH wird zwar nicht eigenständig kostenpflichtig ausgewiesen. Aber der BESITZ des Smart Meters kostet mich dann sehr wohl. Und alle Kosten werden dann halt auf diese Monats- oder Jahreskosten umgelegt.

23. Januar 2024

Jorge Luis Borges, "Die Ankunft des Menschen auf dem Mond" (1985)





(Jorge Luis Borges und Osvaldo Ferrari in Borges' Wohnung, 1984)

Osvaldo Ferrari: Es gibt ein besonderes Merkmal für unsere Zeit, das Sie in besonderer Weise beeindruckt zu haben scheint, Borges, von dem aber allgemein wenig die Rede ist. Ich rede hier von der Reise der Menschen zum Mond.

Jorge Luis Borges: Ja; ich habe darüber ein Gedicht verfaßt. Aber die meisten Menschen neigen dazu, die Bedeutung dieses Themas abzutun oder zu vernachlässigen, das den größten Erfolg unseres Jahrhunderts darstellt – und zwar aus politischen, also zufälligen und unwichtigen Gründen. Und so seltsam es scheinen mag: es ist oft mit der Entdeckung Amerikas verglichen worden. Eigentlich verbietet sich das, aber es passiert trotzdem häufig. Natürlich führt das Wort „Entdeckung“ die Menschen in die Irre: sie haben immer von der „Entdeckung Amerikas“ gehört, und deshalb reden sie von der „Entdeckung des Mondes.“ Aber es geht hier um etwas anderes, wie mir scheint. Sobald einmal der Schiffsbau erfunden worden war, und Ruder, Masten und Segel zur Verfügung standen, war die Entdeckung Amerikas nur noch eine Frage der Zeit. Ich würde sogar sagen, daß es frivol ist, von „der“ Entdeckung Amerikas zu reden; man sollte lieber von „den Entdeckungen Amerikas“ sprechen, weil es so viele davon gab. Wir können im Bereich der Mythen und Legenden beginnen – mit Atlantis, das wir in den Seiten Platons und Senecas finden, und den Reisen des Heiligen Brendan, auf denen er zu Inseln gelangte, auf denen silberne Jagdhunde goldene Hirsche hetzten. Lassen wir solche Legenden einmal beiseite, hinter denen sich möglicherweise verzerrte Reiseschilderungen verbergen, und dann landen wir im zehnten Jahrhundert. Und dort stoßen wir auf ein ganz bestimmtes Jahr, und die Fahrten eines ganz bestimmten Mannes, eines Wikingers, der aber auch, wie so viele Männer seiner Zeit und aus jenen Ländern, der Mörder war. Es heißt, daß Erik, Erik der Rote, mehrere Männer in Norwegen auf dem Gewissen hatte, wie wir heute zu sagen pflegen. Aus diesem Grund mußte er nach Island fliehen, wo er weitere Morde beging und weiter nach Westen flüchten mußte. Wir dürfen uns vorstellen, daß die Entfernungen damals größer waren als sie es heute sind, denn die zurückgelegte Distanz ergibt sich aus der Zeit, die dafür benötigt wird. So erreichte er mit seinen Schiffen eine Insel die er „Grünland“ nannte. Auf Isländisch heißt es „greneland,“ soweit ich weiß. Dafür bieten sich zwei Erklärungen an: daß der Name auf die grüne Farbe zurückgeht, was unwahrscheinlich scheint – oder daß Erik ihm den Namen „grünes Land“ („Grönland“) gab, um Siedler anzulocken. Erik der Rote ist ein passender Name für einen Helden, nicht wahr, noch dazu einen aus dem Norden.

20. Januar 2024

Das Spiel mit dem Feuer. Ein Gedankensplitter.

Vor einigen Wochen hatte ich einen Artikel begonnen, der sich mit der derzeitigen Situation in den USA beschäftigt und die Frage stellt, ob die Amerikaner auf dem Weg in den Bürgerkrieg sind. Denn auch wenn das erst einmal dramatisch (oder dramatisiert) klingen mag, so ist vielen amerikanischen Linken vermutlich nicht bewusst (oder es ist ihnen egal) welche Folgen es haben würde, wenn sie die Wahl von Donald Trump rechtlich zu verbieten suchen.

Nun haben wir eine zunehmend ähnliche Situation in Deutschland, noch nicht so zugespitzt wie in den USA, aber auch hier sind sich viele Linke so gar nicht darüber bewusst mit welchem Feuer sie da eigentlich spielen und was die Folgen ihres politischen Husarenlaufes am Ende gut sein können.

7. Januar 2024

Randbemerkung: Republik der Hetze

Es fiel mir nicht einmal in der Tagespresse auf, sondern bei meinem heutigen Besuch bei Mydealz. Dort gab es heuer einen schönen Deal darüber, dass morgen jedem Trecker-Fahrer bei einem lokalen Hagebaumarkt ein Brötchen mit Würstchen in die Hand gedrückt wird. Lokaler Deal, kann man schön finden oder auch nicht, politisch ist es sicher, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass sich da nicht nur Zustimung findet.

3. Januar 2024

Wenn im Bermudadeireck eine Rakete umfällt...





I guess you've heard about the Bermuda Triangle
There's something going on
Nobody seems to know just what it is
And the Air Force won't let on

Ah, down in Bermuda
In the pale blue sea
Way down in Bermuda
Yeah, it's easy to believe
Down in the Triangle
Easy to believe…

Fleetwood Mac, “Bermuda Triangle” (1974)



I.

Es ist gelegentlich angemerkt worden, das eines der Kennzeichen der technologischen Entwicklung, vor allem auf Gebieten, die symbolisch für die „Technik der Zukunft“ stehen, in der Umsetzung von Möglichkeiten und Fähigkeiten, die in Märchen und Legenden der Magie vorbehalten sind, in de Wirklichkeit besteht – auch wenn die harten Gesetze der Physik und Chemie dieser Umsetzung strenge Grenzen setzen. Statt der Siebenmeilenstiefel erfinden die Daniel Düsentriebs dieser Welt Kraftfahrzeuge (ob schienengebunden oder nicht), statt daß ihnen durch Tränke die Gabe des Vogelflugs verliehen wird, besteigen heute pro Jahr 3,8 Milliarden Fluggäste „einen Flieger“ (2019, im Jahr vor Ausbruch des Coronavirus, waren es 4,5 Milliarden; 2020 sank die Zahl dann auf immerhin noch 1,8 Milliarden). Ansichten von weit entfernten Orten vermittelt nicht mehr die Kristallkugel oder das „dritte Aug“ (oberhalb der Zirbeldrüse) seines Sehers, sondern Daguerrotypien, Farbfilme, Fernsehkameras und jetzt die Roboteraugen von 6,94 Milliarden Smartphones, mit denen mittlerweile 85 Prozent der Menschheit ausgestattet sind. Töne werden nicht mehr konserviert, indem sie bei sibirischer Kälte im Horn des Postillons einfrieren, wie es Rudolf Erich Raspe 1785 im fünften Kapitel seines Lebensberichts des Barons von Münchhausen berichtet, sondern durch die Bewegungen eines Abtastnadel auf einer Schallplatte, der Anordnung magnetisierter Eisenfeilspäne auf einem Kunststoffband, den implodierten Bläschen auf der metallbedampften Oberfläche einer Kunststoffscheibe oder den binären Werten einer Audiodatei – auch wenn sich hier eine frappante „Entmaterialisierung“ dieses Vorgangs zeigt, so potenziert sich doch sich doch mit jedem dieser Schritte der davorgeschaltete technische Aufwand, der dies erst möglich macht.

2. Januar 2024

Streiflicht: Umfrage in der FDP

Es ist am Ende schwer zu sagen was die knapp 13,5 Tausend Mitglieder der FDP dazu gebracht hat den Ampel-Zirkus weiter zu führen, vielleicht die Hoffnung irgendwie in den nächsten zwei Jahren noch so viel gutes Wetter machen zu können, dass es vielleicht wenigstens in irgendeinem Landesparlament noch für eine Beteiligung reicht. Auch dürften sich nicht wenige durchaus darüber bewusst gewesen sein, dass, wenn die Ampel in diesen Tagen enden würde, es eben auch das Ende der FDP-Mandate im Bundestag mit sich bringen würde, denn kaum ein Wähler wird sich noch von der FDP, selbst wenn sie es sein sollte, die den Spuk beendet, noch ernsthaft ein weiteres mal hinter die Fichte führen lassen.