Woche für Woche verkaufen Verbraucherschützer uns für dumm. (...)
Um ihre Existenz zu rechtfertigen, reden sie uns nun ein, die Welt der Produkte sei so kompliziert, dass wir jemanden brauchen, der für uns prüft, denkt und entscheidet, bevor wir etwas kaufen. Der ständig warnt: Fallt nicht auf die Werbung herein.
Und wenn sich kein Skandal findet? Dann wird einer inszeniert.
Bettina Weiguny in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom vergangenen Wochenende; aktuell zu lesen in FAZ.Net
Kommentar: Bettina Weiguny ist Freie Journalistin und Mutter dreier Kinder. Als Wirtschaftsjournalistin kennt sie die professionelle Seite des Themas. Zugleich ist sie Angehörige der Zielgruppe der Verbraucherschützer. Sie weiß also, worüber sie schreibt; in diesem Artikel, den zu lesen ich sehr empfehle.
Als die Verbraucherzentrale, schreibt Weiguny, vor fünfzig Jahren gegründet wurden, da haben ehrenamtliche Mitarbeiter über neue Haushaltsgeräte und dergleichen informiert. Inzwischen gibt es dort Festangestellte, die Rechtsberatung anbieten dürfen und die Branche nach Branche eroberten: "Gesundheit, Energie, Ernährung und Nachhaltigkeit stehen ganz oben auf der Agenda".
"Wollen wir uns entmündigen lassen?", fragt die Autorin. "Können wir keinen Handytarif mehr eigenständig auswählen, keinen Kleiderschrank?"
So weit Weiguny. Nun ist mir noch nach ein wenig eigenem Meckern zumute.
Es sind ja nicht nur die Verbraucherzentralen. Hinzu kommen diverse Ministerien, Bundesinstitute, Öko- Institute, Schutzverbände aller Art, kommunale Stellen zur Ernährungs- und Energieberatung. Hinzu kommen vor allem zahllose auf derlei Lebenshilfe spezialisierte JournalistInnen mit ihren eigenen Sendeplätzen im TV.
Kaufberatung, Verbraucherberatung, Ernährungsberatung und Gesundheitsberatung, Energieberatung - das ist inzwischen eine regelrechte Branche geworden; und zwar eine boomende.
Was ist das Ziel? Natürlich vor allem, Stellen für die BeraterInnen zu schaffen. Überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert, gelegentlich auch zusätzlich aus Spenden. Um diese Stellen zu bekommen und zu halten, muß man einen Bedarf nachweisen; jedenfalls den Eindruck eines Bedarfs erwecken.
Also gehört es zum Berufsbild der Gilde der BeraterInnen, Probleme erst einmal schaffen: Wo ist etwas drin, das für irgendwen schädlich sein könnte - ach was, das nicht weit genug unterhalb der ohnehin schon extrem niedrig angesetzten Grenzwerte liegt? Wo ist nach Ansicht der BeraterInnen etwas zu teuer, eine Verpackung zu groß, eine Werbung irreführend? Und auf geht's! Halali!
Die Industrie hat längst gelernt, auf solche Attacken nicht mit Verteidigung zu reagieren, sondern mit stiller Demut. Denn sich verteidigen - das führt nur zu weiteren Attacken, und am Ende ist das Image ruiniert. Shell hat das im Fall der Brent Spar erfahren, der Nudelhersteller Birkel im sogenannten "Flüssigei- Skandal". Eine spätere gerichtliche Klärung erwies alle Vorwürfe als eindeutig falsch; aber das Image der Firma war auf Jahre geschädigt.
Und die Verbraucher? Wer sich dem Diktat der BeraterInnen und SchützerInnen unterwirft, für den ist Einkaufen kein Vergnügen mehr, sondern harte Pflicht.
Wir alle kennen jenen Typus des Kunden (meist ist es eine Kundin) im Supermarkt, der eine Ware nicht einfach in den Einkaufswagen tut, sondern zunächst einmal sorgfältig studiert, was aufgedruckt ist. Stimmen die Werte? Ist am Ende gar das Teufelszeug Zucker drin? Zusatzstoffe? Ist die Verpackung zu aufwendig? Darf man von der Hersteller- Firma überhaupt etwas kaufen? Wie steht es mit dem Herkunftsland?
Wie ein unerfahrener Pilzsucher jeden Pilz penibel darauf untersucht, ob er auch zu einer eßbaren Sorte gehört, so verfahren diese dressierten VerbraucherInnen mit den Waren. Immer im Kopf, was sie gehört, gelesen, im TV darüber gesehen haben, was "man beachten sollte". Immer von der Sorge geplagt, etwas Falsches zu kaufen.
Man kann sich freilich freikaufen von allen diesen Sorgen und Problemen: Indem man ein Bio- Produkt nimmt. Das ist zwar teuer, aber man erwirbt für den Mehrpreis eben die Befreiung von der Last des Prüfens.
Es ist ein bißchen wie bei einer frommen Helene, die ihre Bücher grundsätzlich nur in einer religiösen Buchhandlung kauft, weil sie da vor allem Unzüchtigen sicher ist.
Um ihre Existenz zu rechtfertigen, reden sie uns nun ein, die Welt der Produkte sei so kompliziert, dass wir jemanden brauchen, der für uns prüft, denkt und entscheidet, bevor wir etwas kaufen. Der ständig warnt: Fallt nicht auf die Werbung herein.
Und wenn sich kein Skandal findet? Dann wird einer inszeniert.
Bettina Weiguny in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom vergangenen Wochenende; aktuell zu lesen in FAZ.Net
Kommentar: Bettina Weiguny ist Freie Journalistin und Mutter dreier Kinder. Als Wirtschaftsjournalistin kennt sie die professionelle Seite des Themas. Zugleich ist sie Angehörige der Zielgruppe der Verbraucherschützer. Sie weiß also, worüber sie schreibt; in diesem Artikel, den zu lesen ich sehr empfehle.
Als die Verbraucherzentrale, schreibt Weiguny, vor fünfzig Jahren gegründet wurden, da haben ehrenamtliche Mitarbeiter über neue Haushaltsgeräte und dergleichen informiert. Inzwischen gibt es dort Festangestellte, die Rechtsberatung anbieten dürfen und die Branche nach Branche eroberten: "Gesundheit, Energie, Ernährung und Nachhaltigkeit stehen ganz oben auf der Agenda".
"Wollen wir uns entmündigen lassen?", fragt die Autorin. "Können wir keinen Handytarif mehr eigenständig auswählen, keinen Kleiderschrank?"
So weit Weiguny. Nun ist mir noch nach ein wenig eigenem Meckern zumute.
Es sind ja nicht nur die Verbraucherzentralen. Hinzu kommen diverse Ministerien, Bundesinstitute, Öko- Institute, Schutzverbände aller Art, kommunale Stellen zur Ernährungs- und Energieberatung. Hinzu kommen vor allem zahllose auf derlei Lebenshilfe spezialisierte JournalistInnen mit ihren eigenen Sendeplätzen im TV.
Kaufberatung, Verbraucherberatung, Ernährungsberatung und Gesundheitsberatung, Energieberatung - das ist inzwischen eine regelrechte Branche geworden; und zwar eine boomende.
Was ist das Ziel? Natürlich vor allem, Stellen für die BeraterInnen zu schaffen. Überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert, gelegentlich auch zusätzlich aus Spenden. Um diese Stellen zu bekommen und zu halten, muß man einen Bedarf nachweisen; jedenfalls den Eindruck eines Bedarfs erwecken.
Also gehört es zum Berufsbild der Gilde der BeraterInnen, Probleme erst einmal schaffen: Wo ist etwas drin, das für irgendwen schädlich sein könnte - ach was, das nicht weit genug unterhalb der ohnehin schon extrem niedrig angesetzten Grenzwerte liegt? Wo ist nach Ansicht der BeraterInnen etwas zu teuer, eine Verpackung zu groß, eine Werbung irreführend? Und auf geht's! Halali!
Die Industrie hat längst gelernt, auf solche Attacken nicht mit Verteidigung zu reagieren, sondern mit stiller Demut. Denn sich verteidigen - das führt nur zu weiteren Attacken, und am Ende ist das Image ruiniert. Shell hat das im Fall der Brent Spar erfahren, der Nudelhersteller Birkel im sogenannten "Flüssigei- Skandal". Eine spätere gerichtliche Klärung erwies alle Vorwürfe als eindeutig falsch; aber das Image der Firma war auf Jahre geschädigt.
Und die Verbraucher? Wer sich dem Diktat der BeraterInnen und SchützerInnen unterwirft, für den ist Einkaufen kein Vergnügen mehr, sondern harte Pflicht.
Wir alle kennen jenen Typus des Kunden (meist ist es eine Kundin) im Supermarkt, der eine Ware nicht einfach in den Einkaufswagen tut, sondern zunächst einmal sorgfältig studiert, was aufgedruckt ist. Stimmen die Werte? Ist am Ende gar das Teufelszeug Zucker drin? Zusatzstoffe? Ist die Verpackung zu aufwendig? Darf man von der Hersteller- Firma überhaupt etwas kaufen? Wie steht es mit dem Herkunftsland?
Wie ein unerfahrener Pilzsucher jeden Pilz penibel darauf untersucht, ob er auch zu einer eßbaren Sorte gehört, so verfahren diese dressierten VerbraucherInnen mit den Waren. Immer im Kopf, was sie gehört, gelesen, im TV darüber gesehen haben, was "man beachten sollte". Immer von der Sorge geplagt, etwas Falsches zu kaufen.
Man kann sich freilich freikaufen von allen diesen Sorgen und Problemen: Indem man ein Bio- Produkt nimmt. Das ist zwar teuer, aber man erwirbt für den Mehrpreis eben die Befreiung von der Last des Prüfens.
Es ist ein bißchen wie bei einer frommen Helene, die ihre Bücher grundsätzlich nur in einer religiösen Buchhandlung kauft, weil sie da vor allem Unzüchtigen sicher ist.
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