In the weeks leading up to Honduras’s coup, President Manuel Zelaya, an ally of Hugo Chávez of Venezuela, knew what he was doing. In pushing the limits of democracy by trying to force a constitutional change that would permit his re-election, he set a trap for the military. The military fell for it, turning an unpopular president who was nearing the end of his term into an international cause célèbre.
Although the coup has popular support in Honduras, it has also allowed Mr. Chávez, who is leading the international response, to claim the moral high ground.
(In den Wochen vor dem Coup in Honduras wußte Präsident Manuel Zelaya, ein Alliierter von Hugo Chávez, was er tat. Er ging an die Grenze der Demokratie, indem er eine Verfassungsänderung zu erzwingen suchte, die seine Wiederwahl erlauben würde, und stellt dem Militär damit eine Falle. Das Militär fiel darauf herein und machte aus einem unpopulären Präsidenten nah am Ende seiner Amtszeit eine internationale Berühmtheit.
Zwar wird der Coup in Honduras im Volk unterstützt, aber er hat es Chávez, der die internationale Reaktion darauf anführt, ermöglicht, sich aufs moralische hohe Roß zu schwingen.)
Alvaro Vargas Llosa in der New York Times vom 30. Juni
Kommentar: Der Artikel von Vargas Llosa ist schon einige Tage alt. Er gibt aber immer noch die beste Analyse der Vorgänge in Honduras, die ich bisher gefunden habe.
In unseren Medien ist die Darstellung, wie anders, meist eindimensional: Ein demokratisch gewählter Präsident wurde vom Militär abgesetzt; also muß die demokratische Ordnung wieder hergestellt werden, indem man ihn zurück an die Macht bringt.
"Der spektakuläre Militärputsch in Honduras weckte in Mittel- und Südamerika Erinnerungen an dunkelste Epochen in der Region. Brutale Militärdiktaturen kontrollierten im 20. Jahrhundert fast ganz Lateinamerika", schrieb zum Beispiel "Zeit- Online" unter der Überschrift "Militärputsch in Honduras - die Rückkehr der Generale".
Und "Honduras provoziert Rauswurf aus dem Staatenbund" titelt "Spiegel- Online" heute, weil sich der Oberste Gerichtshof von Honduras geweigert hat, einem Ultimatum der Organisation Amerikanischer Staaten Folge zu leisten und den Präsidenten Manuel Zelaya wieder in sein Amt einzusetzen.
Ist das aber nicht seltsam, daß ein Oberstes Gericht offenbar einen Militärputsch billigt? Nein, es billigt ihn nicht nur, sondern es hat das, was die meisten Medien als einen Putsch oder Coup bezeichnen, sogar angeordnet.
Weiter: An die Stelle des Präsidenten Zelaya trat nicht etwa, wie man es nach einem Coup doch erwarten solle, ein gegnerischer Politiker, sondern ein Mitglied seiner eigenen Partei, des Partido Liberal de Honduras (PLH). Dieser Roberto Micheletti war zuvor Präsident des Nationalkongresses gewesen und als solcher der von der Verfassung vorgesehene Nachfolger, falls der Präsident ausfällt.
Nicht nur wurde dieser Nachfolger vom Nationalkongreß mit den Stimmen der Partei des gestürzten Präsidenten gewählt, sondern der Nationalkongreß verurteilte auch einstimmig (oder einmütig; das englische Wort ist unanimously) das Verhalten des gestürzten Präsidenten Zelaya; dieser hätte, so der Beschluß des Nationalkongresses von Honduras, "offensichtliches Fehlverhalten gezeigt", "wiederholt die Verfassung verletzt" und "Anweisungen und Urteile der Institutionen mißachtet".
Nicht wahr, das klingt nicht gerade so, als hätte in Honduras das Militär in einem Putsch die Macht an sich gerissen? Sehen wir uns die Hintergründe an. Zum einen den Weg des - so sein vollständiger Name - José Manuel Zelaya Rosales als Präsident. Zum anderen die Ereignisse, die seinem Sturz vorausgingen.
Bis vor kurzem war Zelaya das genaue Gegenteil eines Linken. Vargas Llosa beschreibt ihn: Er wurde 2006 als Führer der Mitte- Rechts- Partei PLH gewählt; und zwar aufgrund konservativer Wahlversprechen wie Kampf gegen die Kriminalität und Senkung der Staatsausgaben. Er war ein überzeugender Konservativer, nämlich ein reicher Landbesitzer und Geschäftsmann aus einer der führenden Familien des Landes, der zum Beispiel das Amerikanische Freihandels- Abkommen unterstützt hatte.
Dann, etwa zur Mitte seiner Präsidentschaft, so Vargas Llosa, überkam Zelaya sein "ideologisches Damaskus- Erlebnis" (ideological epiphany), und er wandelte sich vom Konservativen zu einem glühenden Anhänger von Hugo Chávez. Er nahme von Chávez großzügige Ölgeschenke für Honduras entgegen und veranlaßte im Gegenzug, daß Honduras der von Chávez organisierten "Bolivarianischen Alternative" für Mittel- und Südamerika beitrat.
Chávez, der sich bekanntlich per Referendum die unbegrenzte Wiederwahl gesichert hat, stand offensichtlich auch Pate, als Zelaya versuchte, die Verfassung von Honduras via Volksbefragung zu verändern. Das ist in dieser Verfassung nicht vorgesehen; sie kennt nur Änderungen durch den Nationalkongreß. Was dann passierte, findet man in der Wikipedia beschrieben:
Zelaya hatte seinen Plan einer Volksbefragung bekannt gegeben und die technischen Vorbereitungen dazu angeordnet. Die Befragung wurde sowohl vom Justizministerium als auch vom Obersten Gericht für rechtswidrig erklärt. Der Nationalkongreß und die Oberste Wahlkommission schlossen sich dem an.
Am 23. Juni verabschiedete der Nationalkongreß ein Gesetz, das es untersagte, innerhalb von 180 Tagen vor einer Wahl (die nächste sollte am 29. November stattfinden) eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung durchzuführen.
Des weiteren diskutierte der Nationalkongreß eine Amtsenthebung von Zelaya, kam damit aber nicht voran, weil die notwendigen Voraussetzung in der honduranischen Verfassung fehlen. Stattdessen wurde mit großer Mehrheit (auch von Zelayas eigener Partei PLH) ein Untersuchungsverfahren eröffnet, um zu klären, ob Zelaya die Verfassung verletzt habe und ob er möglicherweise "geistig nicht in der Lage" sei, ein Amt auszuüben.
In Honduras liegt die Beaufsichtigung von Wahlen und Abstimmungen in der Hand des Militärs. Zelaya beauftragte also das Militär damit, diese vom Kongreß als rechtswidrig erklärte Befragung dennoch vorzubereiten. Der Oberbefehlshaber der Armee, General Romeo Vásquez Velásquez, verweigerte die Ausführung dieses Befehls mit Hinweis darauf, daß die Befragung gesetzwidrig und verfassungswidrig sei.
Darauf enthob Zelaya den General seines Amtes. Der Oberste Gerichtshof setzte ihn postwendend wieder ein.
Die Reaktion von Zelaya bestand darin, einen Protestmarsch zu organisieren mit dem Ziel, das Material für das Referendum, das von der Polizei auf einer Luftwaffenbasis bewacht wurde, in seinen Besitz zu bekommen. Das gelang.
Daraufhin ordnete das Oberste Gericht am 26. Juni die Festnahme von Zelaya an. Sie wurde am Morgen des 28. Juni vollzogen. Daß Zelaya des Landes verwiesen werden sollte, war in dieser Verfügung aber nicht enthalten. Das ist, soweit ich es beurteilen kann, das einzig Rechtswidrige an dem Vorgehen der honduranischen Behörden gegen Zelaya.
Soweit die Fakten, wie sie in der Wikipedia zusammengefaßt sind. Ich habe etliche der dort zitierten Presseberichte nachgeprüft und die Darstellung der Wikipedia bestätigt gefunden.
Soweit ich die Berichte in den deutschen Medien verfolgt habe, liegen sie überwiegend nicht sehr nah bei diesen Fakten.
Verwunderlicher allerdings finde ich es, daß der amerikanische Präsident und seine Außenministerin sich nicht etwa auf die Seite Kongresses von Honduras, des honduranischen Obersten Gerichts, des dortigen Justizministeriums gestellt haben - sondern auf die Seite des Chávez- Anhängers Zelaya.
Nachtrag um 23.25 Uhr: Abraham hat mich in Zettels kleinem Zimmer auf diesen Artikel von Christian Lüth bei der Friedrich- Naumann- Stiftung aufmerksam gemacht, den ich nachdrücklich zur Lektüre empfehle; ebenso seinen weiteren Bericht vom vergangenen Donnerstag aus Honduras. Lüth kommt zur selben Bewertung wie ich, stützt sie aber auf weitere und zum Teil exaktere Informationen.
Although the coup has popular support in Honduras, it has also allowed Mr. Chávez, who is leading the international response, to claim the moral high ground.
(In den Wochen vor dem Coup in Honduras wußte Präsident Manuel Zelaya, ein Alliierter von Hugo Chávez, was er tat. Er ging an die Grenze der Demokratie, indem er eine Verfassungsänderung zu erzwingen suchte, die seine Wiederwahl erlauben würde, und stellt dem Militär damit eine Falle. Das Militär fiel darauf herein und machte aus einem unpopulären Präsidenten nah am Ende seiner Amtszeit eine internationale Berühmtheit.
Zwar wird der Coup in Honduras im Volk unterstützt, aber er hat es Chávez, der die internationale Reaktion darauf anführt, ermöglicht, sich aufs moralische hohe Roß zu schwingen.)
Alvaro Vargas Llosa in der New York Times vom 30. Juni
Kommentar: Der Artikel von Vargas Llosa ist schon einige Tage alt. Er gibt aber immer noch die beste Analyse der Vorgänge in Honduras, die ich bisher gefunden habe.
In unseren Medien ist die Darstellung, wie anders, meist eindimensional: Ein demokratisch gewählter Präsident wurde vom Militär abgesetzt; also muß die demokratische Ordnung wieder hergestellt werden, indem man ihn zurück an die Macht bringt.
"Der spektakuläre Militärputsch in Honduras weckte in Mittel- und Südamerika Erinnerungen an dunkelste Epochen in der Region. Brutale Militärdiktaturen kontrollierten im 20. Jahrhundert fast ganz Lateinamerika", schrieb zum Beispiel "Zeit- Online" unter der Überschrift "Militärputsch in Honduras - die Rückkehr der Generale".
Und "Honduras provoziert Rauswurf aus dem Staatenbund" titelt "Spiegel- Online" heute, weil sich der Oberste Gerichtshof von Honduras geweigert hat, einem Ultimatum der Organisation Amerikanischer Staaten Folge zu leisten und den Präsidenten Manuel Zelaya wieder in sein Amt einzusetzen.
Ist das aber nicht seltsam, daß ein Oberstes Gericht offenbar einen Militärputsch billigt? Nein, es billigt ihn nicht nur, sondern es hat das, was die meisten Medien als einen Putsch oder Coup bezeichnen, sogar angeordnet.
Weiter: An die Stelle des Präsidenten Zelaya trat nicht etwa, wie man es nach einem Coup doch erwarten solle, ein gegnerischer Politiker, sondern ein Mitglied seiner eigenen Partei, des Partido Liberal de Honduras (PLH). Dieser Roberto Micheletti war zuvor Präsident des Nationalkongresses gewesen und als solcher der von der Verfassung vorgesehene Nachfolger, falls der Präsident ausfällt.
Nicht nur wurde dieser Nachfolger vom Nationalkongreß mit den Stimmen der Partei des gestürzten Präsidenten gewählt, sondern der Nationalkongreß verurteilte auch einstimmig (oder einmütig; das englische Wort ist unanimously) das Verhalten des gestürzten Präsidenten Zelaya; dieser hätte, so der Beschluß des Nationalkongresses von Honduras, "offensichtliches Fehlverhalten gezeigt", "wiederholt die Verfassung verletzt" und "Anweisungen und Urteile der Institutionen mißachtet".
Nicht wahr, das klingt nicht gerade so, als hätte in Honduras das Militär in einem Putsch die Macht an sich gerissen? Sehen wir uns die Hintergründe an. Zum einen den Weg des - so sein vollständiger Name - José Manuel Zelaya Rosales als Präsident. Zum anderen die Ereignisse, die seinem Sturz vorausgingen.
Bis vor kurzem war Zelaya das genaue Gegenteil eines Linken. Vargas Llosa beschreibt ihn: Er wurde 2006 als Führer der Mitte- Rechts- Partei PLH gewählt; und zwar aufgrund konservativer Wahlversprechen wie Kampf gegen die Kriminalität und Senkung der Staatsausgaben. Er war ein überzeugender Konservativer, nämlich ein reicher Landbesitzer und Geschäftsmann aus einer der führenden Familien des Landes, der zum Beispiel das Amerikanische Freihandels- Abkommen unterstützt hatte.
Dann, etwa zur Mitte seiner Präsidentschaft, so Vargas Llosa, überkam Zelaya sein "ideologisches Damaskus- Erlebnis" (ideological epiphany), und er wandelte sich vom Konservativen zu einem glühenden Anhänger von Hugo Chávez. Er nahme von Chávez großzügige Ölgeschenke für Honduras entgegen und veranlaßte im Gegenzug, daß Honduras der von Chávez organisierten "Bolivarianischen Alternative" für Mittel- und Südamerika beitrat.
Chávez, der sich bekanntlich per Referendum die unbegrenzte Wiederwahl gesichert hat, stand offensichtlich auch Pate, als Zelaya versuchte, die Verfassung von Honduras via Volksbefragung zu verändern. Das ist in dieser Verfassung nicht vorgesehen; sie kennt nur Änderungen durch den Nationalkongreß. Was dann passierte, findet man in der Wikipedia beschrieben:
Zelaya hatte seinen Plan einer Volksbefragung bekannt gegeben und die technischen Vorbereitungen dazu angeordnet. Die Befragung wurde sowohl vom Justizministerium als auch vom Obersten Gericht für rechtswidrig erklärt. Der Nationalkongreß und die Oberste Wahlkommission schlossen sich dem an.
Am 23. Juni verabschiedete der Nationalkongreß ein Gesetz, das es untersagte, innerhalb von 180 Tagen vor einer Wahl (die nächste sollte am 29. November stattfinden) eine Volksabstimmung oder eine Volksbefragung durchzuführen.
Des weiteren diskutierte der Nationalkongreß eine Amtsenthebung von Zelaya, kam damit aber nicht voran, weil die notwendigen Voraussetzung in der honduranischen Verfassung fehlen. Stattdessen wurde mit großer Mehrheit (auch von Zelayas eigener Partei PLH) ein Untersuchungsverfahren eröffnet, um zu klären, ob Zelaya die Verfassung verletzt habe und ob er möglicherweise "geistig nicht in der Lage" sei, ein Amt auszuüben.
In Honduras liegt die Beaufsichtigung von Wahlen und Abstimmungen in der Hand des Militärs. Zelaya beauftragte also das Militär damit, diese vom Kongreß als rechtswidrig erklärte Befragung dennoch vorzubereiten. Der Oberbefehlshaber der Armee, General Romeo Vásquez Velásquez, verweigerte die Ausführung dieses Befehls mit Hinweis darauf, daß die Befragung gesetzwidrig und verfassungswidrig sei.
Darauf enthob Zelaya den General seines Amtes. Der Oberste Gerichtshof setzte ihn postwendend wieder ein.
Die Reaktion von Zelaya bestand darin, einen Protestmarsch zu organisieren mit dem Ziel, das Material für das Referendum, das von der Polizei auf einer Luftwaffenbasis bewacht wurde, in seinen Besitz zu bekommen. Das gelang.
Daraufhin ordnete das Oberste Gericht am 26. Juni die Festnahme von Zelaya an. Sie wurde am Morgen des 28. Juni vollzogen. Daß Zelaya des Landes verwiesen werden sollte, war in dieser Verfügung aber nicht enthalten. Das ist, soweit ich es beurteilen kann, das einzig Rechtswidrige an dem Vorgehen der honduranischen Behörden gegen Zelaya.
Soweit die Fakten, wie sie in der Wikipedia zusammengefaßt sind. Ich habe etliche der dort zitierten Presseberichte nachgeprüft und die Darstellung der Wikipedia bestätigt gefunden.
Soweit ich die Berichte in den deutschen Medien verfolgt habe, liegen sie überwiegend nicht sehr nah bei diesen Fakten.
Verwunderlicher allerdings finde ich es, daß der amerikanische Präsident und seine Außenministerin sich nicht etwa auf die Seite Kongresses von Honduras, des honduranischen Obersten Gerichts, des dortigen Justizministeriums gestellt haben - sondern auf die Seite des Chávez- Anhängers Zelaya.
Nachtrag um 23.25 Uhr: Abraham hat mich in Zettels kleinem Zimmer auf diesen Artikel von Christian Lüth bei der Friedrich- Naumann- Stiftung aufmerksam gemacht, den ich nachdrücklich zur Lektüre empfehle; ebenso seinen weiteren Bericht vom vergangenen Donnerstag aus Honduras. Lüth kommt zur selben Bewertung wie ich, stützt sie aber auf weitere und zum Teil exaktere Informationen.
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