Die Lage scheint wirklich dramatisch zu sein. "Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will den Bundesländern nach der weiteren Panne im Kernkraftwerk Krümmel die Aufsicht über die Atomkraftwerke entziehen", meldet zum Beispiel die FAZ.
Nicht wahr, einen solchen radikalen Schritt wird ein Minister doch nur dann tun, wenn eine Notlage entstanden ist? Wenn das AKW Krümmel kurz vor einem GAU stand; jedenfalls etwas sehr Gefährliches passiert ist? So gefährlich, daß das Sozialministerium des Landes Schleswig- Holstein als Aufsichtsbehörde versagt hat und also der Bund ihm die Kompetenz für die Aufsicht entziehen muß?
Rhetorische Fragen, das haben Sie gemerkt. Nichts Ernsthaftes ist in Krümmel passiert. Dieser Minister, der mit seiner absurden Überreaktion wieder einmal zeigt, daß er für ein hohes Amt ungeeignet ist, nutzt einen unbedeutenden Vorfall schamlos aus, um für die SPD Wahlkampf zu machen.
Was er auch gar nicht verheimlicht. Die "Welt" gestern in ihrer Online-Ausgabe:
Wie ist der Vorfall abgelaufen? Ich empfehle dazu die Erläuterungen von Calimero, der sich mit der Technik von Kraftwerken auskennt, in "Zettels kleinem Zimmer".
Man muß unterscheiden zwischen der primären Störung und der Reaktion des Systems auf diese Störung, nämlich die Schnellabschaltung des Reaktors.
Die primäre Störung war ein Kurzschluß in einem von zwei Transformatoren, die - man kann das zum Beispiel in der FAZ nachlesen - den im Reaktor erzeugten Strom auf die im Verteilnetzung herrschende Spannung von 380 Kilovolt transformieren.
In einem solchen Transformator hatte es vor zwei Jahren einen Brand gegeben; und deshalb war das AKW Krümmel zwei Jahre stillgelegt worden. Nicht etwa, weil die Reparatur so lange gedauert hätte. Sondern - man glaubt es nicht, aber bei Calimero ist es dokumentiert -, weil Wartungsbühnen für Notstromdiesel mit Dübeln versehen gewesen waren, die nicht den Spezifikationen entsprachen. Die zwar durchaus ihren Dienst taten; aber der betreffende Typ war eben nicht in der Spezifikation aufgelistet gewesen.
In einem Transformator also trat jetzt der Kurzschluß auf. Die Ursache ist bisher unbekannt. Calimero weist auf die Möglichkeit dessen hin, was man intern "Kaputtwarten" nennt: Ein Aggregat, das immer wieder auseinander genommen und neu zusammengesetzt wird, leidet irgendwann darunter und wird unzuverlässiger.
Wie dem auch sei - der Kurzschluß hatte die zu erwartende Folge, daß es zu einer Ölundichtheit kam, die aber keinen Schaden anrichtete. Die Sicherheitsvorrichtungen funktionierten. Sie sind redundant ausgelegt. Bereits die erste (Diff- Schutz) sprach an; wenn nicht, dann hätte eine zweite (Buchholz- Schutz) zur Verfügung gestanden.
Nun zur Schnellabschaltung des AKW. Auch sie funktionierte. "Die nukleare Kettenreaktion wurde unterbunden, die Leistung des Reaktors auf rund 5 Prozent der thermischen Leistung des Normalbetriebs verringert", schreibt die FAZ.
Allerdings kam es zu zwei kleineren Problemen, wie sie - schreibt Calimero - in solchen technischen Systemen, die schließlich nicht unter Laborbedingungen arbeiten, nichts Ungewöhnliches sind.
Zum einen, so ist es hier nachzulesen, sind "zwar alle 205 Steuerstäbe hydraulisch eingeschossen worden. Bei einem dieser Steuerstäbe sei allerdings die Mutter, die den Stab zusätzlich fixieren soll, nicht elektrisch nachgelaufen". Ein defektes Elektronik- Teil wurde ausgetauscht, und dann war auch dieser Brennstab ordungsgemäß fixiert.
Sodann waren die Kühler der Reaktorwasser- Reinigung ausgefallen. Nicht etwa die des Reaktorwassers selbst. Unbedeutend, schreibt Calimero, denn wenn "diese Reinigung mal für ein paar Stunden ausfällt, ist das Inhaltswasser deshalb trotzdem noch 'rein'. (...) Das ist prinzipiell zwar zu vermeiden, aber nicht sicherheitsrelevant".
So, lieber Leser. Und nun lesen Sie bitte, was "Bild" meldet:
Die jetzige Störung in Krümmel war eine Störung der Stufe INES 0. Diese ist die überhaupt leichteste Stufe und ist definiert als "Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung". Diesem Ereignis sind die Sicherheitsvorrichtungen so begegnet, wie das vorgesehen ist. Noch einmal Calimero:
Nicht wahr, einen solchen radikalen Schritt wird ein Minister doch nur dann tun, wenn eine Notlage entstanden ist? Wenn das AKW Krümmel kurz vor einem GAU stand; jedenfalls etwas sehr Gefährliches passiert ist? So gefährlich, daß das Sozialministerium des Landes Schleswig- Holstein als Aufsichtsbehörde versagt hat und also der Bund ihm die Kompetenz für die Aufsicht entziehen muß?
Rhetorische Fragen, das haben Sie gemerkt. Nichts Ernsthaftes ist in Krümmel passiert. Dieser Minister, der mit seiner absurden Überreaktion wieder einmal zeigt, daß er für ein hohes Amt ungeeignet ist, nutzt einen unbedeutenden Vorfall schamlos aus, um für die SPD Wahlkampf zu machen.
Was er auch gar nicht verheimlicht. Die "Welt" gestern in ihrer Online-Ausgabe:
Im ARD-"Morgenmagazin" zog Gabriel zudem eine Verbindung zur Bundestagswahl. "Am 27. September entscheiden die Deutschen darüber, ob dieser Reaktor und sieben weitere länger betrieben werden, wie es CDU/CSU und Kanzlerin Merkel vorgeschlagen haben. Oder ob wir in der nächsten Periode insgesamt acht dieser schwierigen Reaktoren endlich abschalten können", sagte er.
Wie ist der Vorfall abgelaufen? Ich empfehle dazu die Erläuterungen von Calimero, der sich mit der Technik von Kraftwerken auskennt, in "Zettels kleinem Zimmer".
Man muß unterscheiden zwischen der primären Störung und der Reaktion des Systems auf diese Störung, nämlich die Schnellabschaltung des Reaktors.
Die primäre Störung war ein Kurzschluß in einem von zwei Transformatoren, die - man kann das zum Beispiel in der FAZ nachlesen - den im Reaktor erzeugten Strom auf die im Verteilnetzung herrschende Spannung von 380 Kilovolt transformieren.
In einem solchen Transformator hatte es vor zwei Jahren einen Brand gegeben; und deshalb war das AKW Krümmel zwei Jahre stillgelegt worden. Nicht etwa, weil die Reparatur so lange gedauert hätte. Sondern - man glaubt es nicht, aber bei Calimero ist es dokumentiert -, weil Wartungsbühnen für Notstromdiesel mit Dübeln versehen gewesen waren, die nicht den Spezifikationen entsprachen. Die zwar durchaus ihren Dienst taten; aber der betreffende Typ war eben nicht in der Spezifikation aufgelistet gewesen.
In einem Transformator also trat jetzt der Kurzschluß auf. Die Ursache ist bisher unbekannt. Calimero weist auf die Möglichkeit dessen hin, was man intern "Kaputtwarten" nennt: Ein Aggregat, das immer wieder auseinander genommen und neu zusammengesetzt wird, leidet irgendwann darunter und wird unzuverlässiger.
Wie dem auch sei - der Kurzschluß hatte die zu erwartende Folge, daß es zu einer Ölundichtheit kam, die aber keinen Schaden anrichtete. Die Sicherheitsvorrichtungen funktionierten. Sie sind redundant ausgelegt. Bereits die erste (Diff- Schutz) sprach an; wenn nicht, dann hätte eine zweite (Buchholz- Schutz) zur Verfügung gestanden.
Nun zur Schnellabschaltung des AKW. Auch sie funktionierte. "Die nukleare Kettenreaktion wurde unterbunden, die Leistung des Reaktors auf rund 5 Prozent der thermischen Leistung des Normalbetriebs verringert", schreibt die FAZ.
Allerdings kam es zu zwei kleineren Problemen, wie sie - schreibt Calimero - in solchen technischen Systemen, die schließlich nicht unter Laborbedingungen arbeiten, nichts Ungewöhnliches sind.
Zum einen, so ist es hier nachzulesen, sind "zwar alle 205 Steuerstäbe hydraulisch eingeschossen worden. Bei einem dieser Steuerstäbe sei allerdings die Mutter, die den Stab zusätzlich fixieren soll, nicht elektrisch nachgelaufen". Ein defektes Elektronik- Teil wurde ausgetauscht, und dann war auch dieser Brennstab ordungsgemäß fixiert.
Sodann waren die Kühler der Reaktorwasser- Reinigung ausgefallen. Nicht etwa die des Reaktorwassers selbst. Unbedeutend, schreibt Calimero, denn wenn "diese Reinigung mal für ein paar Stunden ausfällt, ist das Inhaltswasser deshalb trotzdem noch 'rein'. (...) Das ist prinzipiell zwar zu vermeiden, aber nicht sicherheitsrelevant".
So, lieber Leser. Und nun lesen Sie bitte, was "Bild" meldet:
Michael Müller (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, ist alarmiert und schließt einen atomaren GAU (größter abzunehmender Unfall) – ähnlich wie in Tschernobyl – in einem deutschen Kernkraftwerk keineswegs aus. (...)In Wahrheit sind AKWs ja nicht deshalb so sicher, weil es in ihnen nicht - wie in jedem technischen System - einmal zu einer Störung kommen könnte. Sondern weil sie über so zahlreiche und so redundante Sicherheitsvorrichtungen verfügen, daß solche Störungen ohne schwerwiegende Folgen bleiben.
Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) rechnet offenbar mit dem Schlimmsten. Die Behauptung der Atomindustrie, in Deutschland stünden die sichersten Kraftwerke, sei falsch. (...)
"Die sieben ältesten Atommeiler und der Reaktor in Krümmel sind in der Pannenstatistik derart auffallend, dass sie sofort abgeschaltet werden müssen", fordert der Energiereferent der Umweltorganisation Robin Wood, Dirk Seifert.
Die jetzige Störung in Krümmel war eine Störung der Stufe INES 0. Diese ist die überhaupt leichteste Stufe und ist definiert als "Ereignis ohne oder mit geringer sicherheitstechnischer Bedeutung". Diesem Ereignis sind die Sicherheitsvorrichtungen so begegnet, wie das vorgesehen ist. Noch einmal Calimero:
Je wichtiger eine Anlage ist, desto besser ist sie durch Redundanzen abgesichert. In Kernkraftwerken geht man da noch einen Schritt weiter. Während es bei uns "fossilen" heißt, dass man zur gut sitzenden Hose nicht nur einen Gürtel, sondern auch Hosenträger benutzt, wird in KKW auch noch ein Strick und gegebenenfalls ein zweiter Gürtel um die Hose gewickelt.Also rutscht sie nicht, die Hose.
Für Kommentare bitte hier klicken. Mit herzlichem Dank an Calimero. Titelvignette: Das Kernkraftwerk Krümmel. Vom Autor Quartl unter Creative Commons Attribution ShareAlike 3.0 License freigegeben.