18. Juli 2009

Marginalie: Zwei Jahrestage, zwei Tageszeitungen. Anmerkung zum intellektuellen Niveau der heutigen kommunistischen Presse

Am 20. Juli 1944 scheiterte das Attentat auf Adolf Hitler; also kommenden Montag vor 65 Jahren. Am 20. Juli 1969 landeten die ersten Menschen auf dem Mond.

Mit dem Jahrestag des Attentats befaßt sich heute die eine der beiden größeren kommunistischen Tageszeitungen in Deutschland, das "Neue Deutschland". Die Mondlandung ist Thema eines Kommentars in der anderen; der "Jungen Welt" von vorgestern.

Beides sind DDR- Zeitungen, die sich über die Wiedervereinigung hinwegretten konnten. Beide wurden unter der sowjetischen Besatzungsmacht gegründet; 1946 bzw. 1947. Das "Neue Deutschland" nannte sich das "Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands". Heute wird es von Lothar Bisky herausgegeben und hat im Untertitel nur noch "Sozialistische Tageszeitung" stehen.

In der DDR hatte das "ND" eine Auflage von ungefähr einer Million; es war die Pflichtlektüre der Nomenklatura. Noch höher - zuletzt 1,6 Millionen - war die Auflage der "Jungen Welt", des "Zentralorgans der Freien Deutschen Jugend". Heute ist die "Junge Welt" das Organ des orthodox- kommunistischen Flügels der Partei "Die Linke" und ihres Umfelds.



Im "Neuen Deutschland" also schreibt Siegfried Gebser, in der DDR einst Dozent für Wissenschaftlichen Sozialismus, über das gescheiterte Attentat auf Hitler.

Was erfahren wir? Daß es gar kein gescheitertes Attentat war! Bei Stauffenberg bestand vielmehr, schreibt Gebser, "offensichtlich die Absicht, die Wirkung der Sprengladung zu verringern, sodass mit Hitler hohe Offiziere, darunter Heusinger, überlebten".

Deshalb habe er nur einen von zwei eigentlich vorgesehenen Sprengsätzen scharf gemacht und in seine Aktentasche getan. Nicht etwa, wie man im Geschichtsunterricht lernt, weil die Besprechung mit Hitler eine halbe Stunde vorverlegt worden war und er deshalb nicht die Zeit hatte, den zweiten Sprengsatz herzurichten.

Wo hat Gebser das her? Von einem Amateurhistoriker namens Dietrich Schmidt- Hackenberg. Geboren 1925; gelernter Volksschullehrer und später Diplom- Soziologe. Sein Berufsleben verbrachte er am Bundesinstitut für Berufsbildung in Berlin. Als Renter wurde er zum Historiker und publizierte 1996 die These, die das "Neue Deutschland" jetzt aufwärmt.

Eine These, über die eine Diskussion sich eigentlich erübrigt. Schließlich basierte die gesamte Operation "Walküre" darauf, daß Hitler tot sein würde; denn nur dadurch würden die Soldaten von ihrem auf den "Führer" geleisteten Eid entbunden sein. Wer sich dennoch für diese und weitere offensichtliche Widerlegungen von Schmidt- Hackenbergs abenteuerlicher Theorie interessiert, der findet hier alle Details.



In der "Jungen Welt" wurde der Jahrestag der Mondlandung gewürdigt. Und zwar vor alllem mit einer ausführlichen Diskussion von Verschwörungstheorien, nach denen die Mondlandung gar nicht stattgefunden hätte (Moon Hoax).

Zuvor und am Schluß rückt der Autor das Ganze ins richtige politische Licht:
Die Kosten des Raumfahrtprogramms, bei dem insgesamt 17 Menschen ihr Leben verloren, beliefen sich auf 25 Milliarden Dollar. Vater des Programms war das ehemalige NSDAP- und SS-Mitglied Wernher von Braun, das im Zweiten Weltkrieg die als Terrorwaffe konzipierte V2-Rakete entwickelte. (...)

Beim sozialen Wohnungsbau wird hingegen immer noch "gejammert, als wäre der Zement noch nicht erfunden. Man könnte glauben, hier kämen die Leute in Naturhöhlen unter, und die seien nun alle voll. Zu wenige Wohnungen für zu viele Menschen, wird stets argumentiert, als würden Wohnungen nicht von Menschen produziert."
Steht auch etwas über die Mondlandung in dem Artikel? Ja, dies:
Die beiden hißten oben die amerikanische Fahne, maßen die Entfernung von Mond und Erde, fuhren ein wenig mit einem Mondmobil herum, entnahmen Gesteinsproben, filmten sich gegenseitig und fotografierten die Landschaft.
Armstrong und Aldrin haben keineswegs "die Entfernung von Mond und Erde gemessen"; allerdings haben sie einen Laser- Reflektor aufgestellt, mit dessen Hilfe später, als die Astronauten längst wieder auf der Erde waren, solche Messungen vorgenommen wurden.

Und "fuhren ein wenig mit einem Mondmobil herum"? Jeder Klippschüler weiß, daß Aldrin und Armstrong sich nur ein paar Schritte von ihrer Landefähre entfernten; Mondmobile wurden erst bei späteren Flügen eingesetzt.



So viel zur Qualität des heutigen kommunistischen Journalismus, exemplifizert an zwei Jahrestagen, die am Montag gemeinsam begangen werden.

Primitive Geschichtsklitterei, Unkenntnis auch nur der simpelsten Fakten zu einem Thema, über das der Autor schreibt: Das ist heute das intellektuelle Niveau dieser Presse.



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