Im Zusammenhang mit den Vorgängen in Uigurien ist oft vom "Vielvölkerstaat China" die Rede. Ich halte diese Bezeichnung für irreführend und beschönigend. China ist das letzte Land, das noch die Entkolonialisierung vor sich hat; die UdSSR war das vorletzte gewesen.
Natürlich kann man Begriffe beliebig definieren. Aber wenn China keine Kolonialmacht ist, dann war es auch das Britische Empire nicht. Dann wurde, als Algerien selbständig wurde, nicht eine Kolonie in die Freiheit entlassen, sondern ein Vielvölkerstaat zerbrach.
Wir nennen aber das koloniale England und das koloniale Frankreich keine Vielvölkerstaaten, sondern eben Kolonialreiche. Dann sollten wir es konsequenterweise auch mit China so halten.
Das russische und das chinesische Kolonialreich weisen allerdings die Besonderheit auf, daß die kolonisierten Gebiete an das Mutterland grenzen und nicht in Übersee liegen. Das hat geografische Gründe und ist ansonsten ohne Belang. Auch für Frankreich war Algerien nicht "Übersee"; noch näher lag die zeitweilige Kolonie Libyen geografisch bei Italien.
Zweitens kann man Kolonien natürlich mit unterschiedlichem staatsrechtlichem Status ausstatten. Sowohl im sowjetischen als jetzt auch jetzt im chinesischen Kolonialreich haben und hatten die Kolonien den Status von Provinzen, Sowjetrepubliken, autonomen Territorien.
Aber auch Algerien war ein Teil des französischen Mutterlands; es bestand aus den Départements Oran, Alger und Constantine. Auch Angola war eine Provinz Portugals.
Gibt es also gar keine Vielvölkerstaaten? Darüber wäre zu diskutieren.
Das Habsburger Reich des 19. Jahrhunderts jedenfalls, das Muster eines Vielvölkerstaats, war ganz anders strukturiert als das sowjetische und das chinesische Kolonialreich. Der Kaiser von Österreich (Cisleithanien) war in Personalunion König von Ungarn (Transleithanien); Wien und Budapest waren die beiden Hauptstädte.
Die UdSSR betrieb eine gezielte und brutale Russifizierungspolitik; Russen wurden planmäßig in den nichtrussischen Provinzen angesiedelt. Ähnlich macht es China heute mit Tibet, mit Uigurien, mit anderen Kolonien. Eine vergleichbare Politik der Eindeutschung gab es im Vielvölkerstaat "Kakanien", wie Robert Musil ihn genannt hat, nicht.
Natürlich kann man Begriffe beliebig definieren. Aber wenn China keine Kolonialmacht ist, dann war es auch das Britische Empire nicht. Dann wurde, als Algerien selbständig wurde, nicht eine Kolonie in die Freiheit entlassen, sondern ein Vielvölkerstaat zerbrach.
Wir nennen aber das koloniale England und das koloniale Frankreich keine Vielvölkerstaaten, sondern eben Kolonialreiche. Dann sollten wir es konsequenterweise auch mit China so halten.
Das russische und das chinesische Kolonialreich weisen allerdings die Besonderheit auf, daß die kolonisierten Gebiete an das Mutterland grenzen und nicht in Übersee liegen. Das hat geografische Gründe und ist ansonsten ohne Belang. Auch für Frankreich war Algerien nicht "Übersee"; noch näher lag die zeitweilige Kolonie Libyen geografisch bei Italien.
Zweitens kann man Kolonien natürlich mit unterschiedlichem staatsrechtlichem Status ausstatten. Sowohl im sowjetischen als jetzt auch jetzt im chinesischen Kolonialreich haben und hatten die Kolonien den Status von Provinzen, Sowjetrepubliken, autonomen Territorien.
Aber auch Algerien war ein Teil des französischen Mutterlands; es bestand aus den Départements Oran, Alger und Constantine. Auch Angola war eine Provinz Portugals.
Gibt es also gar keine Vielvölkerstaaten? Darüber wäre zu diskutieren.
Das Habsburger Reich des 19. Jahrhunderts jedenfalls, das Muster eines Vielvölkerstaats, war ganz anders strukturiert als das sowjetische und das chinesische Kolonialreich. Der Kaiser von Österreich (Cisleithanien) war in Personalunion König von Ungarn (Transleithanien); Wien und Budapest waren die beiden Hauptstädte.
Die UdSSR betrieb eine gezielte und brutale Russifizierungspolitik; Russen wurden planmäßig in den nichtrussischen Provinzen angesiedelt. Ähnlich macht es China heute mit Tibet, mit Uigurien, mit anderen Kolonien. Eine vergleichbare Politik der Eindeutschung gab es im Vielvölkerstaat "Kakanien", wie Robert Musil ihn genannt hat, nicht.
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