16. Juli 2009

Marginalie: Ist die Endeavour gefährdet? Und warum bekommt die NASA das Problem mit den Beschädigungen des Hitzeschilds nicht in den Griff?

Es ist eine auf den ersten Blick unglaubliche Geschichte: Im Jahr 2003 ging das Shuttle Columbia verloren, weil herabfallende Schaumstoff- Teile den Hitzeschild beschädigt hatten. Danach wurde zweieinhalb Jahre pausiert, um die Shuttles so umzukonstruieren, daß es künftig nicht mehr zu diesem Fehler würde kommen können.

Und was war das Ergebnis? Immer wieder kam es zum selben Problem. Im Jahr 2007 habe ich über drei solche Flüge berichtet: Discovery im Februar 2007. Atlantis im im Juni 2007. Endeavour im August 2007. Danach wurde es besser, aber gelöst war das Problem offenbar keineswegs.

Woran liegt es? Es liegt daran, daß das Problem offenbar unlösbar ist. Wenn Sie ein paar Minuten erübrigen können, dann lesen Sie vielleicht diesen Artikel, in dem ich das vor drei Jahren im einzelnen beschrieben habe.

Kurz gesagt ist es so: Das Shuttle ist ein geniales konstruktives Konzept, zurückgehend auf Ideen von Eugen Sänger. Statt daß eine bemannte Kapsel auf einer Rakete sitzt, ist das Shuttle ein wirkliches Raumflugzeug, das zum Start allerdings einen angehängten Tank sowie zwei Feststoffraketen benötigt.

Und da nun ist das Problem: Die Flüssigkeit im Tank muß gekühlt werden. Damit sie hinreichend kühl bleibt, muß der Tank durch Schaumstoff isoliert sein. Beim Start des Shuttle entstehen starke Vibrationen, aufgrund deren Teile der Isolierung abbrechen.

Das ist bei allen Raketenstarts so. Wenn aber eine Kapsel oben auf der Rakete sitzt, dann kann sie von diesen Schaumstoffteilen nicht getroffen werden. Das Shuttle jedoch sitzt direkt neben dem Tank. Und es wendet diesem auch noch seinen empfindlichen Bauch zu, auf dem die Isolierkacheln und Isoliermatten angebracht sind, die gegen die Hitze beim Wiedereintritt schützen. Also treffen die Schaumstoffteile den Hitzeschild.

Das tritt - mal leichter, mal schwerer, wie es der Zufall will - bei jedem Shuttle-Start ein; es ist offenbar nicht zu vermeiden. Es ist der Geburtsfehler dieses so genialen Konzepts, das nun im kommenden Jahr aufgegeben werden soll. Künftige Raumschiffe sind wieder Kapseln, die oben auf der Rakete sitzen.



Ist also die Endeavour, bei deren gestrigem Start der Hitzeschild offenbar wieder beschädigt wurde, gefährdet?

Wahrscheinlich nicht. Denn da man das konstruktive Problem nicht beheben konnte, hat man zahlreiche Maßnahmen getroffen, um seine Folgen zu reparieren. Einzelheiten findet man heute zum Beispiel im Houston Chronicle und bei Space.Com:

Beim Start werden die herunterfallenden Schaumstoff- Teile von zwei Kameras an den Feststoffraketen (Boosters) gefilmt, die zur Erde zurückfallen und geborgen werden.

Während das Shuttle die Erde umkreist und bevor es die ISS erreicht hat, fährt es eine Art Kran aus, auf dem sich ein Arm mit Sensoren befindet. Diese tasten den Hitzeschild auf mögliche Schäden ab.

Wenn dann das Shuttle die ISS erreicht hat, dreht es sich vor dem Andocken so, daß die Besatzung der ISS den Hitzeschild mit hochauflösenden Kameras fotografieren kann.

Sind Schäden entdeckt, dann werden sie in Außeneinsätzen der Besatzung repariert. Kleinere Löcher werden mit einer an Schuhcreme erinnernden Masse gefüllt. Größere können mit einer Spachtelmasse repariert werden.



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