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21. Juli 2009

Zitat des Tages: "Verbraucherschützer verkaufen uns für dumm". Zugleich eine Meckerecke

Woche für Woche verkaufen Verbraucherschützer uns für dumm. (...)

Um ihre Existenz zu rechtfertigen, reden sie uns nun ein, die Welt der Produkte sei so kompliziert, dass wir jemanden brauchen, der für uns prüft, denkt und entscheidet, bevor wir etwas kaufen. Der ständig warnt: Fallt nicht auf die Werbung herein.

Und wenn sich kein Skandal findet? Dann wird einer inszeniert.


Bettina Weiguny in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vom vergangenen Wochenende; aktuell zu lesen in FAZ.Net

Kommentar: Bettina Weiguny ist Freie Journalistin und Mutter dreier Kinder. Als Wirtschaftsjournalistin kennt sie die professionelle Seite des Themas. Zugleich ist sie Angehörige der Zielgruppe der Verbraucherschützer. Sie weiß also, worüber sie schreibt; in diesem Artikel, den zu lesen ich sehr empfehle.

Als die Verbraucherzentrale, schreibt Weiguny, vor fünfzig Jahren gegründet wurden, da haben ehrenamtliche Mitarbeiter über neue Haushaltsgeräte und dergleichen informiert. Inzwischen gibt es dort Festangestellte, die Rechtsberatung anbieten dürfen und die Branche nach Branche eroberten: "Gesundheit, Energie, Ernährung und Nachhaltigkeit stehen ganz oben auf der Agenda".

"Wollen wir uns entmündigen lassen?", fragt die Autorin. "Können wir keinen Handytarif mehr eigenständig auswählen, keinen Kleiderschrank?"

So weit Weiguny. Nun ist mir noch nach ein wenig eigenem Meckern zumute.



Es sind ja nicht nur die Verbraucherzentralen. Hinzu kommen diverse Ministerien, Bundesinstitute, Öko- Institute, Schutzverbände aller Art, kommunale Stellen zur Ernährungs- und Energieberatung. Hinzu kommen vor allem zahllose auf derlei Lebenshilfe spezialisierte JournalistInnen mit ihren eigenen Sendeplätzen im TV.

Kaufberatung, Verbraucherberatung, Ernährungsberatung und Gesundheitsberatung, Energieberatung - das ist inzwischen eine regelrechte Branche geworden; und zwar eine boomende.

Was ist das Ziel? Natürlich vor allem, Stellen für die BeraterInnen zu schaffen. Überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert, gelegentlich auch zusätzlich aus Spenden. Um diese Stellen zu bekommen und zu halten, muß man einen Bedarf nachweisen; jedenfalls den Eindruck eines Bedarfs erwecken.

Also gehört es zum Berufsbild der Gilde der BeraterInnen, Probleme erst einmal schaffen: Wo ist etwas drin, das für irgendwen schädlich sein könnte - ach was, das nicht weit genug unterhalb der ohnehin schon extrem niedrig angesetzten Grenzwerte liegt? Wo ist nach Ansicht der BeraterInnen etwas zu teuer, eine Verpackung zu groß, eine Werbung irreführend? Und auf geht's! Halali!

Die Industrie hat längst gelernt, auf solche Attacken nicht mit Verteidigung zu reagieren, sondern mit stiller Demut. Denn sich verteidigen - das führt nur zu weiteren Attacken, und am Ende ist das Image ruiniert. Shell hat das im Fall der Brent Spar erfahren, der Nudelhersteller Birkel im sogenannten "Flüssigei- Skandal". Eine spätere gerichtliche Klärung erwies alle Vorwürfe als eindeutig falsch; aber das Image der Firma war auf Jahre geschädigt.



Und die Verbraucher? Wer sich dem Diktat der BeraterInnen und SchützerInnen unterwirft, für den ist Einkaufen kein Vergnügen mehr, sondern harte Pflicht.

Wir alle kennen jenen Typus des Kunden (meist ist es eine Kundin) im Supermarkt, der eine Ware nicht einfach in den Einkaufswagen tut, sondern zunächst einmal sorgfältig studiert, was aufgedruckt ist. Stimmen die Werte? Ist am Ende gar das Teufelszeug Zucker drin? Zusatzstoffe? Ist die Verpackung zu aufwendig? Darf man von der Hersteller- Firma überhaupt etwas kaufen? Wie steht es mit dem Herkunftsland?

Wie ein unerfahrener Pilzsucher jeden Pilz penibel darauf untersucht, ob er auch zu einer eßbaren Sorte gehört, so verfahren diese dressierten VerbraucherInnen mit den Waren. Immer im Kopf, was sie gehört, gelesen, im TV darüber gesehen haben, was "man beachten sollte". Immer von der Sorge geplagt, etwas Falsches zu kaufen.

Man kann sich freilich freikaufen von allen diesen Sorgen und Problemen: Indem man ein Bio- Produkt nimmt. Das ist zwar teuer, aber man erwirbt für den Mehrpreis eben die Befreiung von der Last des Prüfens.

Es ist ein bißchen wie bei einer frommen Helene, die ihre Bücher grundsätzlich nur in einer religiösen Buchhandlung kauft, weil sie da vor allem Unzüchtigen sicher ist.



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10. Juli 2008

Überlegungen zur Freiheit (7): Wieviel Schutz braucht der Verbraucher?

In französischen Restaurants wurde früher nicht nur ein Bedienungsgeld von meist 15 Prozent erhoben, sondern auch eine Gebühr namens Couvert: Ein Betrag, der auf alle Rechnungen aufgeschlagen wurde und der Fixkosten wie eben das Couvert, also das Gedeck, abdecken sollte.

Vor ein paar Jahrzehnten hat man begonnen, das alles einzupreisen; heute setzt sich auch in Frankreich der Rechnungsbetrag in der Regel einfach aus der Summe dessen zusammen, was die einzelnen Gerichte und Getränke kosten. Eine Zeitlang stand noch auf der Speisekarte "Service et couvert compris" - Bedienung und Couvert einbegriffen. Heute fehlt dieser Zusatz oft, weil das selbstverständlich geworden ist.

Hatten die Franzosen früher Probleme mit der Addition? Fühlten Sie sich gar durch die damalige Regelung hinters Licht geführt?

Ich bezweifle das. Im Gegenteil: Man sah, was am Rechnungsbetrag dem Kellner zugutekam. Man konnte sich je nach Höhe des Couvert billiger im Hinterzimmer oder teurer auf der Terrasse seinen Repas servieren lassen.

Und der Patron hatte es, in jener Zeit vor dem Einzug des Computers in die Gastronomie, leichter, zum Beispiel den Betrag auszurechnen, der den einzelnen Kellnern als Bedienungsgeld zustand.



Den Franzosen jener Zeit traute man es zu, daß sie den Preis für Bedienung und Couvert berücksichtigten, wenn sie entschieden, ob sie in ein bestimmtes Restaurant gehen, ob sie sich ein bestimmtes Menu leisten wollten.

Anders ist das heutzutage offenbar mit uns, den Fluggästen von sogenannten Billigfliegern wie Ryanair.

Diese hatten es bisher so gemacht wie früher die französischen Gastronomen: Sie boten einen Preis für jeden Flug an, der ständig nach Angebot und Nachfrage neu berechnet wurde, dazu fixe Aufschläge für Lande- und Startgebühren, Gepäck usw. Jeder, der buchte, wußte, daß diese Aufschläge hinzukamen. Spätestens beim Buchen des ersten Flugs bei Ryanair oder sonst einem Billigflieger erfuhr man es ja.

Nur ist es offenbar so: Menschen, die, wenn sie sonst als Konsumenten auftreten, alle Rabatte ausnützen, gnadenlos um Preise feilschen, sich von keinem Lockangebot hinters Licht führen lassen, wie deutsche Verbraucher eben so sind - diese Menschen mutieren offenbar, kaum, daß sie ihren Urlaub planen, zu hilflosen, strohdummen Bürgern.

Zu Konsumenten also, die gierigen Profiteuren wie Michael O'Leary schutzlos ausgeliefert sind. Oder vielmehr ausgeliefert wären, wenn wir nicht die Bürokraten in Brüssel hätten, unsere Schutzengel. Denn diese helfen uns.

Die Meldung ging heute durch die Medien; in "Welt Online" zum Beispiel ist im Augenblick zu lesen:
Für die Reisenden gibt es nun mehr Transparenz. Denn die Europäische Union macht Schluss mit Lockvogel- Angeboten und untergejubelten Zusatzkosten bei Flugtickets: Das EU-Parlament hat eine Verordnung dazu abgesegnet und den Billigfliegern noch ein paar Schummeleien untersagt.
Manches, was da "untersagt" werden soll, ist sicherlich bedenklich. Zum Beispiel, wenn mit Preisen geworben wird, die gar nicht zur Verfügung stehen. Das freilich dürfte schon bisher als unlauterer Wettbewerb verboten gewesen sein.

Aber unsere fürsorglichen Bürokraten gehen viel weiter:
Der neuen Verordnung zufolge müssen "fakultative Zusatzkosten" wie die Koffer- Gebühren schon zu Beginn des Buchungsvorgangs angekündigt werden. Das Europa- Gesetz verbietet den Anbietern auch, in den Online- Buchungsformularen vorab Häkchen neben optionale Leistungen zu setzen. Die Fluggäste müssen Zusatzleistungen aktiv bestellen, statt sie abzuwählen.
Ein Häkchen, das als Default schon dasteht, weil man im Normalfall mit Gepäck reist, gegenbenfalls wegzuklicken - das überfordert uns offenbar, wenn wir im Internet buchen.

Hingegen gehen die Bürokraten der EU augenscheinlich davon aus, daß niemand, der Gepäck mit sich führt, vergessen wird, das entsprechende Feld auch anzuklicken. Wer das künftig beim Buchen vergißt, der könnte beim Einchecken eine unangenehme Überraschung erleben.



Aber ganz abgesehen davon, ob diese Neuregelung aus Brüssel nun besser als die bisherige Praxis bewirkt, daß der Kunde dasjenige Produkt bekommt, das er will, zu dem Preis, den er zu zahlen bereit ist - mir scheint schon der Umstand als solcher, daß hier wieder einmal regulierend eingegriffen wurde, ein Ärgernis zu sein.

Zum einen, weil jede Vorschrift unweigerlich einen Apparat zur Kontrolle ihrer Einhaltung nach sich zieht. Das ist ja eine ihrer Funktionen, die Bürokratie zu ernähren und zu mästen.

Zum anderen, weil eine solche Vorschrift uns Verbraucher für dumm verkauft.

Wer mit Ryanair oder sonst einem Billigflieger reiste, der wußte bisher, daß ihn Zuschläge erwarteten. Er buchte ja im Internet. Alles war fein säuberlich aufgelistet, bevor er auf "Bezahlen" klickte, der Kunde. Er klickte nur dann, wenn ihm der Flug das Geld wert war, das Ryanair dafür haben wollte.

Wer sich durch diese Zuschläge dennoch übervorteilt fühlte, der hätte jederzeit zu einem anderen Anbieter gehen können, etwa zur Lufthansa; spätestens beim nächsten Flug.

Wenn dem Verbraucher etwas nicht gefällt, dann reagiert er darauf, und auf seine Reaktion reagiert der Anbieter. So ist das auf einem freien Markt.

Bestünde ein Bedarf für Pauschalpreise für solche Flüge, dann gäbe es längst Fluggesellschaften, die sie anbieten; so, wie auf einem freien Markt alles angeboten wird, wonach eine Nachfrage erkennbar ist. Bisher gab es diesen Bedarf offenkundig nicht, weil wir Kunden keine Trottel sind, sondern selbst rechnen können.

Für Trottel halten sie uns aber, die Brüsseler Bürokraten. Für die dumme Masse; so, wie die DDR-Nomenklatura "unsere Menschen" für unfähig hielt, über ihre Angelegenheiten selbst zu entscheiden.

Mein Vorschlag deshalb: Man sollte für solche durch Verordnung erzwungenen Pauschalpreise einen Namen einführen, der sie kenntlich macht: "Endverbraucherpreis" (EVP). So hieß das bekanntlich in der DDR.



Links zu den bisherigen Folgen dieser Serie findet man hier. Für Kommentare zu diesem Artikel gibt es einen Thread in "Zettels kleinem Zimmer". Dort findet man auch eventuelle Aktualisierungen und Ergänzungen.