6. April 2008

Marginalie: John McCains Sohn diente als Soldat im Irak

Arianna Huffington ist die Herausgeberin einer vielgelesenen linken amerikanischen Web- Zeitung, der Huffington Post. Darin steht heute ein von ihr verfaßter Kommentar, dessen Haupt- Aussage den Lesern von ZR nicht neu ist, auch wenn ich mit Arianna Huffington politisch wenig gemeinsam habe: Der Irak- Krieg spielt eine zunehmend wichtige Rolle im US-Wahlkampf, und die Demokraten sehen dabei gegenüber McCain nicht gut aus:
In short, Democratic candidates up and down the ticket are facing a message gap when it comes to Iraq. McCain's rah-rah pitch is very simple and upbeat: "Vote for me and I will win the war." Democrats have a tougher time trying to answer the question: "What are you going to do about Iraq?"

Kurzum, die demokratischen Kandidaten, wo auch immer sie auf einer Liste stehen, sehen sich einer Erklärungs- Lücke gegenüber, wenn es um den Irak geht. McCains hurra- patriotischer Verkaufsslogan ist einfach und optimistisch: "Wählt mich, und ich werde den Krieg gewinnen." Die Demokraten haben es schwerer, die Frage zu beantworten: "Was werden Sie in Bezug auf den Irak tun?"
Arianna Huffington schreibt das, um dann auf etwas zu verweisen, das sie als einen Plan für den Irak betrachtet, der diese Lücke schließen könnte; es ist freilich aus meiner Sicht - aber lesen Sie selbst - nur heiße Luft.

Aber wie auch immer man diesen Plan beurteilt: Wenn man amerikanische Wähler fragt, wem von den Präsidentschafts- Kandidaten sie es am ehesten zutrauen, mit der Lage im Irak fertig zu werden, dann entscheiden sie sich mehrheitlich für McCain. Laut Gallup beträgt sein Abstand zu sowohl Obama als auch Clinton bei dieser Frage 14 Prozentpunkte. Laut Los Angeles Times liegt er 16 Prozentpunkt vor Clinton und 13 Punkte vor Obama.



Noch vor einem Jahr hätte vermutlich niemand ein solches Ergebnis zugunsten eines republikanischen Kandidaten für möglich gehalten, der das militärische Engagement der USA im Irak geradezu personifiziert.

Der Hauptgrund ist natürlich der Erfolg des surge. Aber eine vermutlich nicht weniger wichtige Ursache für das Vertrauen in die Irak-Politik von John McCaine liegt in dessen Person.

Und zwar nicht nur darin, daß er Vietnam- Veteran ist und sich in der Gefangenschaft tadellos benommen hat. Sondern auch darin, daß man - unter anderem, weil er diese Erfahrung hinter sich hat - ihm abnimmt, kein Kriegstreiber zu sein.

Es gibt dazu Standard- Sätze in seinen Wahlkampfreden, in denen er das deutlich macht. Hier findet man ein faktenreicher Artikel über McCains persönliches Verhältnis zum Krieg, und darin dieses Zitat, das das wiedergibt, was er so ähnlich im Wahlkampf sagt:

"There is no one who understands more than the veteran that war is a horrible thing. There's nothing redemptive about it." Niemand wisse besser als ein Kriegsveteran, daß der Krieg eine entsetzliche Sache sei. Er habe nichts Erhebendes an sich.



In der heutigen International Herald Tribune steht ein Artikel von Jodi Kantor, der mir den unmittelbaren Anlaß für diesen Beitrag gibt. Er enthüllt, daß McCains Sohn James als Soldat im Irak diente, und zwar vom Juli 2007 bis zum Februar dieses Jahres; zuerst als Gefreiter des Marine- Corps, dann als Obergefreiter.

Er war in der Provinz Anbar eingesetzt; allerdings waren dort die schlimmsten Kämpfe schon vorbei, als seine Kompanie dorthin kam. Ihr Auftrag bestand meist darin, den Einwohnern durch ihre Anwesenheit und durch "soft knocks" (Hausbesuche) ein Gefühl der Sicherheit zu geben, nach Waffen und Bomben zu suchen, Lernmittel und Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen und irakische Polizisten auszubilden.



McCain hat - und das ist bezeichnend für ihn - diesen Einsatz seines Sohns im Irak niemals in seinem Wahlkampf angesprochen, obwohl er ihm vermutlich viele Sympathien eingebracht hätte.

Als Jodi Kantor für den jetzigen Artikel recherchierte (und zwar gründlich, wie das die US-Medien tun - sie interviewte zum Beispiel mehr als ein Dutzend Kameraden von James McCain, Mitschüler, Lehrer), versuchte sie auch John McCain und seinen Sohn selbst dazu zu befragen. Beide lehnten ab, und die Wahlkampfleitung forderte Jodi Kantor ausdrücklich auf, den Artikel nicht zu bringen.

Man vergleiche das mit der neuesten Peinlichkeit von Hillary Clinton, nämlich der erfundenen Geschichte, wie sie im Feuer von Heckenschützen 1996 auf dem Flughafen der bosnischen Stadt Tuzla gelandet sei. Nur stellte sich dummerweise heraus, daß von dieser Szene Filmaufnahmen existieren, die zeigen, wie sie friedlich dem Flugzeug entstieg und freundlich begrüßt wurde.

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