9. April 2008

Warum das Öl des Irak im US-Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen könnte

Öl und Irak-Krieg - was ist darüber nicht alles an Unsinn geschrieben worden!. Kurz vor dem Beginn des Kriegs, im Januar 2003, titelte beispielsweise der "Spiegel": "Blut für Öl. Worum es im Irak wirklich geht".

Daß Öl ein maßgebliches Motiv für die Invasion des Irak gewesen sei, war immer eine Verschwörungs- Theorie, und eine dumme dazu.

Denn das Öl des Irak war unter Saddam ebenso auf dem Weltmarkt zu dessen Preisen zu haben, wie das heute unter der Regierung Maliki der Fall ist. Daß Saddam, der auf die Öleinkünfte dringend angewiesen war, sich weigern würde, es zu verkaufen, war damals ebenso abwegig, wie daß Hugo Chávez das heute tun würde.

Die Vorstellung, daß Kriege mit dem Ziel der "Kontrolle über Ölfelder" geführt werden, stammt aus dem Zwanzigsten Jahrhundert und paßt ins Zeitalter der Globalisierung ungefähr so gut wie der Glaube, der Reichtum einer Volkswirtschaft hänge davon ab, wieviel Ackerland der betreffende Staat hat.

Wer auch nur mit einem Anschein an Plausibilität behaupten wollte, der Irak- Krieg sei wegen des irakischen Öls geführt worden, der mußte also schon zu so abenteuerlichen Behauptungen seine Zuflucht nehmen wie der, es sei um die privaten Ölinteressen der Familien Bush und Cheney gegangen.



Da diese "Erklärung" für den Irak-Krieg so offensichtlich aus der Luft gegriffen und allein propagandistisch motiviert gewesen war, ist es bald still um sie geworden. Dennoch könnte das Öl des Irak noch eine politisch entscheidende Rolle spielen, und zwar unter zwei Aspekten, die beide etwas mit dem Ölpreis zu tun haben.

Auf den ersten Gesichtspunkt hat kürzlich Michael Moran vom Council of Foreign Relations in MSNBC aufmerksam gemacht: Wie hoch die Gesamtkosten des Kriegs zu veranschlagen sind, hängt wesentlich davon ab, ob man den Anstieg des Weltmarkt- Preises für Öl in den letzten fünf Jahren (von rund 25 Dollar pro Barrel auf rund 100 Dollar) als Folge des Irak- Kriegs ansieht oder nicht.

Und davon hängt natürlich auch die Prognose für die künftige Entwicklung des Ölpreises ab. War der Krieg für den Anstieg verantwortlich, dann ist mit der Verbesserung der Lage im Irak ein Rückgang des Ölpreises zu erwarten; nicht aber, wenn dessen Anstieg ganz andere Ursachen hatte, zum Beispiel die gestiegene Nachfrage aus China.

Der zweite Gesichtspunkt ist gestern bei der Befragung von General Petraeus und Botschafter Crocker im US-Kongreß zur Sprache gekommen. CNN hat ausführlich darüber berichtet, und der Redakteur John King meinte, daran könnte sich sogar das Schicksal der Kandidatur von John McCain entscheiden: Die Öleinnahmen des Irak als Thema des US-Wahlkampfs.



Die Kandidaten der Demokratischen Partei haben es mit dem Wahlkampf- Thema Irak schwer, seit sich abzeichnet, daß dort eine vernünftige Chance für einen Erfolg besteht und es also unverantwortlich wäre, jetzt abzuziehen. Was noch vor einem halben Jahr einen Sieg bei den Wahlen nachgerade sicherzustellen schien, das Versprechen eines alsbaldigen Abzugs aus dem Irak, hängt jetzt wie ein Klotz an beiden, Obama ebenso wie Clinton.

Nun sieht es so aus, als hätten die Demokraten einen Ausweg aus diesem Dilemma gefunden: Sie werden vermutlich den amerikanischen Steuerzahler am Geldbeutel packen. Und ihm etwas Empörendes nahezubringen versuchen:

Während er, der Steuerzahler, sein schwer erarbeitetes Geld für die Irakis opfert, schwelgen diese in Öldollars.

Dazu zitierte gestern Karen DeYoung in der Washington Post den demokratischen Senator Lewin:

"I think it's a very significant issue that has not had sufficient exposure (...) They're perfectly content to watch us spend our money while they build up these huge cash reserves from oil windfalls. It's a real stick in our eye, as far as I'm concerned."

Es handle sich um ein sehr wichtiges Thema, das noch viel zu wenig beachtet worden sei: Die Irakis würden zufrieden zusehen, wie die Amerikaner im Irak Geld ausgeben, während sie sie selbst aus ihren Öleinkünften, die ihnen in den Schoß fallen, Geldreserven anhäuften. Er finde, sagte Lewin - übrigens Voritzender des Verteidigungs- Ausschusses des amerikanischen Senats -, das sei ein "Schlag in unser Gesicht".

Wenn im Herbst gewählt wird, könnten die USA sich schon mitten in einer Rezession befinden.

Wenn der Kandidat der Demokraten, ob nun Clinton oder Obama, den Wählern diese populistische Botschaft vermitteln kann "Während wir den Gürtel enger schnallen müssen, leben die Iraker auf unsere Kosten.obwohl sie dank des Öls in Geld schwimmen", dann dürfte, da hat John King wohl Recht, die Wahl für John McCain so gut wie verloren sein.

Dann könnte die Parole "Nichts wie raus aus dem Irak!" am Ende doch noch verfangen. Vor allem dann, wenn Barack Obama, ohnehin ein Meister des populistischen Appels an Emotionen, der demokratische Kandidat sein sollte.

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