20. März 2011

Marginalie: Überraschung in Sachsen-Anhalt - es hat keine Überraschung gegeben. Nebst einer Anmerkung zum Desaster der FDP

Soeben wurde die zweite Hochrechnung für Sachsen-Anhalt veröffentlicht (Stand 18.38 Uhr). Sie zeigt eine erstaunliche Stabilität der Parteienlandschaft: Die Kommunisten (-0,5 Prozentpunkte) und die SPD (-0,1) haben faktisch dasselbe Ergebnis erzielt wie bei den letzten Wahlen. Die CDU hat leicht verloren (-3,3) und die Grünen haben spiegelbildlich gewonnen (+3,2). Die Braunen haben den Einzug in den Landtag nicht geschafft, liegen mit 4,6 Prozent aber doch bedenklich nah an der Fünf-Prozent-Grenze.

Soweit ist die Überraschung, daß eine Überraschung ausgeblieben ist: Trotz der Fukushima-Hystrie sind die Grünen bei nach Bundesmaßstäben bescheidenen, wenn auch für den Osten beachtlichen 6,8 Prozent gelandet. Trotz Guttenberg und Atomdebatte haben die Christdemokraten nur gering verloren und bleiben mit 32,9 Prozent die mit Abstand stärkste Partei. Sie werden also weiter mit der SPD regieren.

Eine negative Überraschung ist allerdings das miserable Abschneiden der FDP, die - wesentlich dank der Popularität des Hallensers Hans-Dietrich Genscher - einmal in Sachsen-Anhalt besonders stark gewesen war. Schon ihr Wert von 6,7 Prozent bei den letzten Wahlen 2006 hatte einen starken Rückgang gegenüber 2002 (13,3 Prozent) bedeutet; die jetzt prognostizierten 3,7 Prozent sind ein Desaster.

Welche Gründe dafür verantwortlich sind - bundespolitische, landespolitische - , werden erst die Analysen zeigen.

Man darf meines Erachtens jedoch den Gesichtspunkt nicht übersehen, daß die FDP damit auf einem Niveau ist, das sie auch in anderen Ländern im Osten Deutschlands oft nicht überschreiten konnte, wo vierzig Jahre Sozialismus das Wort "liberal" zu einem Schimpfwort gemacht hatten. Die FDP hat in diesen Bundesländern kaum eine Stammwählerschaft, sondern kann nur in bestimmten politischen Situationen Wechselwähler erreichen. Das erklärt die außerordentlich starken Schwankungen ihrer Ergebnisse.

In Brandenburg beispielsweise erreichte die FDP 2004 nur 3,3 Prozent, schaffte im Jahr ihres Höhenflugs 2009 dann jedoch 7,2 Prozent; in Sachsen im selben Jahr sogar 10,0 Prozent nach zuvor nur 5,9 Prozent. Ähnlich war es in Thüringen: 2004 nur 3,6 Prozent, im Jahr 2009 dann mehr als eine Verdopplung auf 7,6 Prozent. In Mecklenburg-Vorpommern war die FDP von 1994 bis 2002 unter 5 Prozent geblieben, erreicht jedoch 2006 sensationelle 9,6 Prozent.

Die schlechte Nachricht für die FDP ist also, daß sie diesmal in Sachsen-Anhalt nur die kleine Gruppe ihrer Stammwähler erreichen konnte. Die gute Nachricht lautet, daß die FDP in den Ländern im Osten immer wieder auch für eine positive Überraschung gut ist. Kein Grund also, den Kopf hängen zu lassen.
Zettel



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