11. März 2009

Zitat des Tages: Der "diplomatische Blitzkrieg" des Präsidenten Obama. Simultanschach eines Nicht-Großmeisters. Für Osteuropa wird es schwer werden

Obama has put into motion a global diplomatic offensive fueled by a dizzying array of special envoys designed to change the dynamic of its relations with key allies like the Europeans and adversaries like the Russians, the Taliban, the Iranians and the Syrians.

This diplomatic blitzkrieg may spin the press into a frenzy. But once we look beyond the handshakes, press conferences and newspaper headlines and drill down into the core, unadulterated demands of each player in question, it becomes clear that such a diplomatic offensive actually could end up yielding very little of substance if it fails to address the real issues.


(Obama hat eine weltweite diplomatische Offensive in Gang gesetzt, die von einer atemberaubenden Riege von Sondergesandten am Laufen gehalten wird. Das Ziel ist es, die Dynamik der Beziehungen zu besonders wichtigen Alliierten wie den Europäern und zu Gegnern wie den Russen, den Taliban, den Iranern und den Syrern zu verändern.

Dieser diplomatische Blitzkrieg mag die Presse vor Verzückung durchdrehen lassen. Aber wenn wir über das Händeschütteln, die Pressekonferenzen und die Schlagzeilen in den Zeitungen hinausblicken und zu den zentralen, ungeschminkten Forderung jedes der fraglichen Mitspieler vorstoßen, dann wird klar, daß eine solche diplomatische Offensive in Wahrheit darauf hinauslaufen könnte, sehr wenig Substantielles zu erbringen, wenn sie die wirklichen Probleme verfehlt.)

Reva Bhalla gestern im auf Geheimdienst- Informationen spezialisierten Informationsdienst Stratfor über die Außenpolitik Präsident Obamas.

Kommentar: Soweit sie bisher erkennbar ist, ist die Außenpolitik des Präsidenten Obama vom selben Stil geprägt wie der Wahlkampf des Kandidaten Obama: Die ganz große Show. Versprechen, Übertreibungen, Knalleffekte.

Beim Kandidaten waren das Worte. Jetzt kann er handeln; und aus den großen Worten wird leerer Aktionismus.

Mich erinnert das manchmal an einen der bekannten Sprüche des Mai '68 in Paris: "Ce que nous voulons? Tout et tout de suite!". Als "Wir wollen alles, und zwar sofort" hat das seinen Weg damals auch zu den deutschen Genossen gefunden.

Das Ergebnis dieses hektischen Aktionismus ist abzusehen: Entweder kommt nichts heraus. Oder aber der jeweilige Verhandlungspartner zieht die Regierung Obama über den Tisch.

Auch die US-Diplomatie hat keine unbegrenzten Ressourcen. Obama agiert derzeit wie ein Simultan- Schachspieler, der gegen ein Dutzend Kontrahenten spielt. Nur daß er ein Anfänger ist, während auf der anderen Seiten des Bretts jeweils ausgebuffte Meister sitzen.



Wenn die Welt Glück hat, endet das alles nur wie das Hornberger Schießen. Wenn eine Region Pech hat, dann läßt sich aber Obama über den Tisch ziehen. Solch eine Region könnte Osteuropa sein. Reva Bhalla:
The Russians are pushing for a grand deal that guarantees a rollback of NATO expansion to Georgia and Ukraine, scraps plans for U.S. ballistic missile defense (BMD), maintains some semblance of Russian nuclear parity in post-Cold War treaties, and ensures Western noninterference in a region that runs from the Baltics down through Eastern Europe and across the Caucasus and Central Asia — what Russia views as its rightful sphere of influence.

Die Russen drängen auf ein umfassendes Abkommen, das den Rollback einer Ausdehnung der NATO nach Georgien und in die Ukraine vorsieht, das die Pläne für eine US- Raketenabwehr (BMD) kassiert, das in den Abkommen in der Zeit nach dem Kalten Krieg so etwas wie eine nukleare Ebenbürtigkeit aufrechterhält und das es sicherstellt, daß der Westen auf die Einmischung in einer Region verzichtet, die vom Baltikum durch Osteuropa und über den Kaukasus hinweg bis nach Zentralasien reicht - das, was Rußland als seine rechtmäßige Einflußsphäre ansieht.
Ich habe Rollback unübersetzt gelassen, weil das ein Schlüsselbegriff ist. Der Begriff entstand zur Zeit des Kalten Kriegs und wurde später wieder von der Regierung Präsident Reagans verwendet. Gemeint war das Zurückdrängen des Kommunismus aus Gebieten, die er erobert hatte.

Jetzt versucht Rußland umgekehrt, den Westen aus seiner "Einflußsphäre" herauszudrängen. Das ist keine Marotte Putins, sondern es ist eine langfristige, von den Strategen der russischen Außenpolitik sorgsam erarbeitete und historisch begründete Politik.

Ich habe das anläßlich des Überfalls auf Georgien, der ein Schritt bei der Umsetzung dieser Politik war, in zwei Artikeln über Igor Maximytschew analysiert, einen der Architekten dieser Politik; langgedienter russischer Diplomat und jetzt Leiter des Bereichs "Europäische Sicherheit" am Europa- Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Solche Leute aus der Schule Molotows und Gromykos - exzellente Diplomaten, unterstützt von einem Geheimdienst, der Jahrzehnte lang Osteuropa kontrolliert hat - sind die Gegenspieler der "Sondergesandten", mit denen Präsident Obama seine neue Osteuropa- und Rußlandpolitik betreibt. Jener Präsident, dem das Wall Street Journal bereits bescheinigt hat, in Bezug auf die Raketenabwehr in Osteuropa zu "wackeln".

Wie das für die Osteuropäer ausgehen wird, ist absehbar.



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