30. Mai 2008

Marginalie: Robert Havemanns Verhältnis zu seinem Anwalt Gregor Gysi

Über Havemanns Verhältnis zu Gregor Gysi publizierte gestern ddp einen instruktiven, namentlich nicht gezeichneten Artikel.

Der Autor dieses Artikels vertritt eine ähnliche Position, wie ich sie kürzlich zu begründen versucht habe: Ob Gysi nun formal IM war oder nicht, ist von wenig Belang. Entscheidend ist, welche und wessen Interessen er vertreten hat.

Havemann hatte da laut dem Artikel keine Illusionen:
Der DDR-Bürgerrechtler und Systemkritiker Robert Havemann nahm sich Gregor Gysi 1979 zum Rechtsanwalt nach seiner Formel: Einem DDR-Anwalt, der sein Vertrauen verdiene, sei sein Mandat nicht zuzumuten, und einem Anwalt, dem das zuzumuten sei, dem könne er nicht vertrauen.

Damit war sein Verhältnis zu Gysi klar: Er wollte ihn in politischen Strafsachen einsetzen und ihn auch als Unterhändler im Umgang mit der Staatsmacht nutzen, wo er dies für geboten hielt. Seiner Frau Katja riet er laut deren Angaben jedoch, nichts mit Gysi zu besprechen, was den unmittelbaren Freundeskreis nicht verlassen sollte.

Havemann wusste wie kaum ein anderer DDR-Bürger, wie die DDR-Justiz funktionierte und welche Rolle ein Rechtsanwalt als Verteidiger in politischen Strafsachen spielte.
Der Artikel liest sich so, als sei er von jemandem geschrieben, der sich in den Interna der DDR bestens auskennt. Interessant - aber auch schade -, daß er namentlich nicht gezeichnet ist.



Und noch ein Zitat aus der Verteidigungsrede Gysis vor dem Bundestag:
Nennen Sie mir andere Abgeordnete des Bundestages, die sich für Robert Havemann so eingesetzt haben wie ich und die diesbezüglich so viel erreichten.
Ob Gysi sich der Doppeldeutigkeit der Formulierung "diesbezüglich so viel erreichten" bewußt war? Jedenfalls hat, laut Eintrag in eine Akte des MfS, der Genosse Honecker an den Rechtsanwalt Gysi die "Empfehlung übermitteln lassen, ein Vertrauensverhältnis zu Havemann herzustellen" und die "juristisch konsequente Verteidigung von Rechtsanwalt Gysi begrüßt".



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