14. März 2008

Marginalie: Warum immer mehr Venezolaner nach Curaçao reisen. Und warum sie reicher zurückkommen, als sie hingeflogen sind

Wer vor 1989 in ein Ostblockland reiste, der kannte diese Szenen: Kaum war man aus dem Bus oder Flugzeug gestiegen, da wurde man schon von illegalen Geldwechslern angesprochen. In Prag haben wir es einmal erlebt, daß wir allen entkommen waren und uns im Lift des Hotels befanden. Diesen bediente der Pförtner. Und was tat er, in der Verschwiegenheit des Lifts? Er bot uns an, Geld zu wechseln.

Kein Wunder also, daß Venezuela auf seinem Weg in den Sozialismus jetzt auch die Stufe des illegalen Geldwechsels erreicht hat.

Zu welchen Absurditäten das bereits jetzt führt, bevor der Sozialismus in Venezula so ganz gesiegt hat, darüber berichtete am Mittwoch in der International Herald Tribune Simon Romero.

Und zwar aus Curaçao. Nanu, aus Curaçao? Ja, denn das ist nicht nur ein Likör, sondern auch eine kleine Insel der Niederländischen Antillen, vor Venezuela gelegen.

Von dort also berichtet Simon Romero, welche Seltsamkeiten Hugo Chávez' Sozialismus des 21. Jahrhunderts inzwischen gezeugt hat.

Wie auf dem Weg in den Sozialismus üblich, leidet die Währung Venezuelas, der Bolivar, unter einer galoppierenden Inflation. Derzeit liegt sie bei 24 Prozent im Jahr; der Bolivar verliert entsprechend an Wert gegenüber anderen Währungen.

Also versuchen die Venezolaner in den Dollar zu flüchten. Folglich gibt es einen Schwarzmarktkurs für den Dollar. Offiziell ist der Dollar 2,15 Bolivar wert. Auf dem Schwarzmarkt wird er aber zu 4,50 Bolivar gehandelt.

Das nun nutzen immer mehr Venezolaner aus. Sie fliegen nach Curaçao, wo es ein Spielcasino gibt. Dort erwerben sie Chips mit ihrer Kreditkarte. Nachdem sie zum Schein ein wenig gespielt haben, tauschen sie die Chips zurück in Dollars - und können sie auf dem Schwarzen Markt zu Hause dann zum mehr als Doppelten des eingesetzten Wertes gegen Bolivar eintauschen. Oder sie in den Sparstrumpf stecken, als Notgroschen für die Zeit, wenn der Sozialismus ganz gesiegt haben wird.

Inzwischen ist daraus ein regelrechter Tourismus geworden, mit Schleusern, die solche Flüge organisieren, inclusive Quittungen für Schein-Einkäufe, die den Ausflug gegenüber den venezolanischen Behörden rechtfertigen sollen.

Und wie reagieren diese Behörden?

Erstens wurde venezolanischen Zeitungen untersagt, Schwarzmarkt- Kurse zu veröffentlichen.

Zweitens wurde der Bolivar umbenannt. Er heißt jetzt Bolivar Fuerte, der starke Bolivar.



Nicht wahr, eine Satire über den Sozialismus zu schreiben ist schwer.

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