12. März 2008

Deutschland im Öko-Würgegriff (5): Fünf Jahre Zwangspfand. Fünf Jahre alltäglicher Wahnsinn

Noch vor ein paar Jahrzehnten mußte, wer als Deutscher in Frankreich essen ging, sich an mancherlei französische Eigenart gewöhnen: Die auf Schiefertafeln geschriebenen Menüs, die Tischtücher aus Papier, die für jeden Gast frisch aufgelegt wurden, die Käseplatte, die keineswegs dazu gedacht war, komplett aufgegessen zu werden - und das Couvert.

"Couvert" - das erschien in Höhe von etlichen Francs auf der Rechnung, zusätzlich zum Preis des Verzehrten, zu den 15 Prozent Bedienung. Es war, so erklärte man es dem staunenden Fremden, eine Gebühr dafür, daß man das Geschirr, die Gläser hatte nutzen dürfen, eben das "Gedeck"; denn das bedeutet Couvert.

Heute ist in Frankreich das Gedeck, wie meist auch das Bedienungsgeld, "eingepreist" in das, was man für Essen und Getränke zahlt. Heute sind in den einfachen Restaurants, dank der gesetzlichen 35- Stunden- Woche, auch die viergängigen Menüs verschwunden. Kurz, es ist fast alles wie in Deutschland geworden.



Dieses Couvert, für das man früher extra bezahlte, ist ein Beispiel dafür, daß man als Kunde nicht nur kauft und konsumiert, sondern oft auch Nutzungsrechte erwirbt. Wer das Couvert bezahlte, der kaufte damit ja nicht Teller und Besteck; so wenig, wie derjenige, der im Café "ein Kännchen" bestellt und bezahlt, es anschließend einpacken und mit nach Hause nehmen darf.

So ist es auch - um allmählich von diesen erfreulichen Dingen, die dem Leser nur Appetit machen sollten, zum Öko- Würgegriff zu gelangen - also so ist es auch mit dem Flaschenpfand. Genauer: So war es damit, bevor Deutschland eine rotgrüne Regierung bekam, mit einem fanatischen Weltverbesserer als Umwelt- Minister.

Wer im Getränkemarkt einen Kasten Bier ersteht, der kauft, streng genommen, nur das Bier selbst. Den Kasten und die Flaschen leiht er nur. Pfandflaschen sind Leihflaschen. Sie bleiben ebenso im Besitz des Verkäufers (bzw. desjenigen, von dem er sie seinerseits geliehen hat), wie Teller, Bestecke und Gläser im Besitz des französischen Patron blieben, auch wenn man ein Couvert bezahlte.

Denn der Patron möchte ja sein Geschirr gern auch dem nächsten und dem übernächsten Gast zur Verfügung stellen; so, wie die Mehrwegflasche gereinigt, erneut gefüllt und an den nächsten Konsumenten ausgeliehen wird.



Aus diesem simplen Sachverhalt geht bereits hervor, daß ein "Dosenpfand" ein Unding ist.

Denn niemand, der Bier in Dosen vertreibt, möchte ja die Dosen zurückhaben, um sie erneut zu füllen. Er möchte sie überhaupt nicht zurückhaben. Selbst wenn die Wiederverwendung des Aluminiums günstiger sein sollte, als daß man es zusammen mit dem anderen Müll verbrennt - selbst dann bleibt der Brauer doch ein Brauer und ist kein Müllverarbeiter.

Für Bierdosen, für PET-Flaschen usw. wird somit gar kein "Pfand" erhoben, wenn man dieses Wort in seiner richtigen Bedeutung verwendet; nämlich als Sicherheitsleistung für Ausgeliehenes.

Sondern es wird - seit dem 1. Januar 2003 - eine Zwangsabgabe erhoben, die dem Käufer zurückerstattet wird, wenn er die Dose, die Flasche, nachdem er ihren Inhalt konsumiert hat, nicht direkt in den Gelben Sack wirft, sondern sie in ein kompliziertes "Rücknahmesystem" befördert, aus dem sie schließlich, nachdem viel Geld für sinnlose Tätigkeiten verschwendet wurde, dorthin gelangen, wohin auch das Verwertbare aus dem Gelben Sack kommt - in den Schredder, in den Schmelzofen.



Was soll dieser ganze Wahnwitz? Warum kann man nicht Bierdosen, warum kann man nicht PET-Flaschen ebenso via Gelben Sack recyclen, wie man das mit der Alu- Verpackung von Schokolade oder mit der Folie macht, die die Floristin um den Blumenstrauß gelegt hat?

Natürlich könnte man es. Aber man will es nicht, und zwar aus einem einzigen Grund: Weil eine solche unkomplizierte Art der Wiederverwertung uns, uns Konsumenten, ja nicht erziehen würde.

Denn der Sinn dieses ganz alltäglichen Wahnsinns, dem man den Tarnnamen "Pfand" gegeben hat, ist es, uns zu zwingen, die Dosen, die Flaschen auch wirklich "der Wiederverwertung zuzuführen", wie man so sagt. Nun gut, nicht unbedingt zu zwingen; aber doch uns finanziell zu bestrafen, wenn wir es nicht tun.

Manche nehmen diese Bestrafung ihres nicht ökologisch korrekten Verhaltens achselzuckend in Kauf. Der Besserverdienende kann sich das leisten. Dem weniger gut Verdienenden andererseits offeriert das Pfand ein schönes Zubrot: Er kann beispielsweise, wie hier geschildert, mit dem Fahrrad umherfahren und sich als privater Müllmann betätigen. Da sage einer, die rotgrüne Regierung hätte nichts für die Geringerverdienenden getan.

Als Rentner umherzufahren und den kommunalen Müllmännern die Arbeit des Auflesens von Müll abzunehmen - das ist eine Art, wie man auf den Wahnwitz des Dosenpfands reagieren kann. Eine andere ist, daß man "Bepfandetes" möglichst nicht kauft.

So halte ich es. Ich versuche, wenn es geht, Getränke in Verpackungen ohne Pfand zu bekommen (zum Beispiel in Pappe verpackt; neuerdings ja sogar mit komfortablem Schraubverschluß). Wenn ich doch einmal um die Zwangsabgabe nicht herumkomme, dann zahle ich sie halt und befördere die Dose, die Flasche anschließend in den Gelben Sack. Wohin sie ja auch gehört.

"Zurückgebracht" habe ich noch kein einziges solches leeres Behältnis. Diesen Geßlerhut grüße ich nicht.



Ja, aber gibt es denn nicht noch eine dritte Möglichkeit, neben dem Zahlen der Zwangsabgabe und der Rückgabe der Dose, der PET-Flasche? War nicht der eigentliche Zweck der ganzen Unternehmung, es zu erreichen, daß der Verbraucher auf Mehrweg- Flaschen umsteigt?

Ja, so war das. So war es einmal. Der Rückgang der "Mehrwegquote" war ja überhaupt der Vorwand dafür gewesen, zum 1. Januar 2003 eine Verordnung in die Tat umzusetzen, die als "Verpackungsverordnung" schon 1991 erlassen worden war.

Also ist sie jetzt, nach fünf Jahren, kräftig gestiegen, die "Mehrwertquote"? Pustekuchen. Gefallen ist sie, und zwar massiv. Bei alkoholfreien Getränken lag die Mehrwegquote bei Einführung des Pfands bei mehr als fünfzig Prozent. Jetzt ist sie unter dreißig Prozent gefallen. Bei Mineralwasser ging sie von rund siebzig auf unter vierzig Prozent zurück. Lediglich beim Bier ist - da Dosenbier faktisch verschwunden ist - der Anteil an Mehrwegflaschen gestiegen.

Es scheint, daß er sich dem Erzogenwerden widersetzt, der störrische Bürger. Er kauft seine Limo und sein Mineralwasser lieber in der praktischen, aber ökologisch inkorrekten PET-Flasche als in der korrekten Glasflasche, die er dann brav zurück in den Getränkemarkt fährt.

Ja, was kann man denn da tun? Ganz einfach:
"Wir haben seit Jahren einen Verlust der Mehrwegquote und der wird von Jahr zu Jahr größer. Ich sehe nicht ein, warum man jetzt bis 2009 weiter untätig zuschauen soll. Wir müssen jetzt handeln, wir müssen jetzt stabilisieren, was ansonsten unwiederbringlich verloren gehen wird," warnt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Nun dürfen wir gespannt sein, wie denn dieses "Handeln" wohl aussehen wird; welche neuen Verordnungen, welche neuen Gängelungen sich die unermüdlichen Volkserzieher jetzt ausdenken, um uns doch noch kirre zu machen.

Denn, nicht wahr, daß am Ende die ganze Volkspädagogik, diese ganze Gängelei "unwiederbringlich verlorengeht" - das wäre zu schön, um wahr zu sein. Jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland, anno 2008.

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