11. August 2007

"Wir sollten niemandem gestatten, die DDR als Unrechtsstaat abzuqualifizieren". Über eine ehrenwerte Gesellschaft

In der alten Bundesrepublik war allgemein bekannt, daß die ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS ihre Hilfs- Organisation hatten, die HIAG.

Aber wer weiß heutzutage, in der neuen Bundesrepublik, daß sich die ehemaligen Angehörigen der Grenztruppe der DDR, des MfS usw. zu einer ähnlichen Hilfsorganisation zusammengeschlossen haben?

Die Kommunisten machen es freilich geschickter als damals die Nazis.

Diese hatten "Waffen-SS" im Namen ihrer Organisation stehen. Die ehemaligen Schützer der DDR haben sich dagegen für ihre Hilfsorganisation einen hübsch unauffälligen Namen ausgedacht: "Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung e.V." Wer da wen unterstützt, das verrät der Name nicht.

Konspirativ sind sie immer noch, die Genossen.

Und innerhalb dieser illustren Organisation gibt es eine "AG Grenze", in der sich diejenigen zusammengeschlossen haben, deren Aufgabe es war, die dem Staat gehörenden DDR- Menschen daran zu hindern, ihrem Eigentümer zu entfliehen. Notfalls, wie es ja auch frühere Sklavenhalter gern taten, unter Androhung des Todes.

Ich bin auf diese "AG Grenze"gestoßen, als ich nach Hintergrund- Material zu einem Bericht der Magdeburger Volksstimme gesucht habe, wonach in der Stasi- Akte eines Angehörigen der Grenztruppe ein schriftlicher Schießbefehl gefunden wurde; einschließlich des Schießens auf fliehende Frauen und Kinder. Der Bericht ist inzwischen von einem Sprecher der Birthler- Behörde gegenüber dpa bestätigt worden.

Dazu wollte ich meine Erinnerung überprüfen, daß laut DDR- General Keßler es "nie einen Schießbefehl gegeben" hat. Das hat mich auf diese Seite geführt. Dort steht in der Tat das gesuchte Zitat, und zwar in einem bemerkenswerten Kontext:
Sachlichkeit, wenn manchmal auch recht temperamentvoll vorgetragen und Kompetenz haben uns zur Akzeptanz als "Partner im Widerstreit" verholfen. (...) Unser Bemühen geht dahin, das Grenzregime als Teil der Auseinandersetzung im Kalten Krieg, als Kette von Ursachen und Wirkungen und nicht als Willkürakt einer Diktatur darstellen zu lassen. So ist zum Beispiel der Komplex Schusswaffenanwendung mit dem Zitat von Heinz Keßler überschrieben: "Es hat nie einen Schießbefehl gegeben."
Tja, "Kette von Ursachen und Wirkungen". Wobei die Kette mit dem Tod eines Menschen dann wohl abbrach.



Nachdem ich nun schon auf dieser WebSite war, habe ich mich ein wenig dort umgesehen. Ein interessanter Fund, fürwahr!

Interessant, denke ich, auch für diejenigen, die immer noch der Illusion anhängen, die Angehörigen des Unterdrückungs- Apparats der DDR seien inzwischen mehr "in der Demokratie angekommen", als in den fünfziger, sechziger Jahren die Angehörigen der SS, der Gestapo, des SD zu Demokraten geworden waren.

Ein kleines Florilegium (Hervorhebungen von mir):



"Wofür treten wir ein?" fragen die Genossen der GRH. Und sie antworten unter anderem: "Für Bürger, die wegen der Wahrnehmung ihrer Bürger- und Menschenrechte von der politischen Strafjustiz verurteilt wurden."

Schöner hätten es auch Angehörige der Gestapo und des SD nicht sagen können, die ja bei Ausübung ihres Berufs auch nur von ihren Bürger- und Menschenrechten Gebrauch gemacht hatten, wie man weiß.



Auf dem Jahrestag 2003 der AG Grenztruppe sagte Generalmajor a. D. Bernhard Geier:
Durch Sicherheit an den Grenzen gaben wir unserer Staatsführung die Möglichkeit, den friedlichen Aufbau der Volkswirtschaft zu beginnen und weiterzuführen. Unserer Bevölkerung gaben wir die Sicherheit eines störungsfreien Lebens von außen.

So etwas, was unser heutiges Leben täglich begleitet, gab es Dank sicherer Grenzen nicht:

- Schmuggel mit Menschen großen Ausmaßes gab es nicht bei uns. Stellt sich die Frage – wer verdient daran und will es nicht unterbinden?

- Wirtschaftsflucht mit Milliardenverlusten für den Staat kannten wir nicht. – Wer verdient daran?


In einem "Grußschreiben und Diskussionsbeitrag" zum selben Jahrestag erklärte Generalleutnant a.D. Karl Leonhard:
Wir werden unserer Tradition gerecht, wenn wir uns ohne WENN und ABER zu unserer Biographie bekennen und wenn wir die Diffamierung der DDR und ihrer geschichtlichen Leistungen, sachlich und konsequent zurückweisen.

Wir haben keine Veranlassung, Mängel und Unzulänglichkeiten zu leugnen, aber wir sollten niemanden gestatten die DDR als "Unrechtsstaat" und einen Teil ihrer Staatsbürger als kriminelle Straftäter abzuqualifizieren.


Zum Frühjahrstreffen 2006 kamen 306 Teilnehmer - "mehr als je zuvor", wie Oberst a.D. Siegfried Kahn erfreut feststellte. Auf diesem Treffen trug der Rechtsanwalt Jürgen Strahl vor:
Es geht um den Personalwechsel 1994/1995 an der Spitze des Bundesverfassungsgerichts von Roman Herzog auf Jutta Limbach. Roman Herzog musste Bundespräsident werden, weil er deutlich gemacht hatte, daß er den Schwachsinn der Strafverfolgung gegen uns aus der Sicht des Verfassungsgerichts nicht mit tragen werde. Aus diesem Grunde wurde Jutta Limbach Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, weil sie sich bereits als Berliner Justizsenatorin in der Organisation der Strafverfolgung hervorragend bewährt hatte. Sie ersparte die unausbleibliche Blamage der 3. Gewalt, wenn sie sich nicht ganz im Noskeschen Sinne als Bluthund bereit erklärt hätte.


Und zum Schluß etwas ausführlicher der Diskussionsbeitrag von Karin Weber.

Auch sie eine ehemalige Grenzschützerin? Nein. Karin Weber, MdL, gehört der Fraktion der Linkspartei.PDS im Land Brandenburg an:
Sehr geehrte - ich trau mich einfach - Genossinnen und Genossen!

Ich bin heute hier bei Ihnen, weil ich Ihnen zum Ersten meinen Respekt bezeugen will und zweitens Ihre Mitwirkung nicht erbitten - sondern einfordern will. (...)

Die Amerikaner spielen den Weltgendarm und die Bundeswehr mischt kräftig mit. (...)

Diese Entwicklung und die Delegitimierung der DDR, mit ihr die Delegitimierung ihres Staatsziels Antifaschismus, bereiten den Boden für das rechtsextreme Gedankengut in der Bundesrepublik Deutschland vor. (...)

Wir werden es nur wirksam zurückdrängen können, wenn sich in jeder Stadt und in jeder Gemeinde Bündnisse gegen Rechts bilden, die sich zu einem Netzwerk gegen den Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zusammenschließen.

Es reicht nicht, die Entwicklung stirnrunzelnd auf dem Sofa zur Kenntnis zu nehmen. Man muss selbst etwas tun. Ich rufe Sie auf, sich überall, wo sie zu Hause sind, sich in diesen Kampf mit einzubringen.
Schön, nicht wahr? Da stellt sich eine Abgeordnete des Brandenburgischen Landtags vor eine Versammlung von Offizieren der Grenztruppe der DDR, diffamiert die Bundeswehr und fordert ihre "Genossen", die ehemaligen Grenzschützer der DDR, dazu auf, sich an einem "Bündnis gegen Rechts" zu beteiligen.



Derweil tastet sich die SPD langsam zu einem Bündnis mit der Partei vor, der diese Abgeordnete angehört. Derweil übt diese Partei schon in zwei Bundesländern Regierungsgewalt aus.

Und derweil bringt die "Zeit" eine Umfrage, wonach die Deutschen in ihrer großen Mehrheit links stehen.

Das wundert mich nicht, weil ich hier immer wieder einmal darauf hingewiesen habe, daß es seit der Wiedervereinigung in Deutschland eine linke Mehrheit gibt.

Zur Umfrage im Auftrag der "Zeit" wird es in den nächsten Tagen hier voraussichtlich noch einen Beitrag geben.

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