27. August 2007

Marginalie: Der Fall Politowskaja und Putins Kampf gegen Beresowski

Der Moskauer Korrespondent von "Al Jazeera" meldete eben, daß nach Ansicht der russischen Staatsanwaltschaft die Spuren im Fall Politowskaja zu Boris Beresowski als dem Drahtzieher führten, der tschetschenische Killer angeheuert habe.

Klingt abenteuerlich. Aber der "Guardian" brachte vor einer halben Stunde dieselbe Meldung:
"As for the motives for the killing, the results of the investigation lead us to the conclusion that only individuals located outside the territory of the Russian Federation could have had an interest in getting rid of Politkovskaya," Chaika told a news conference. (...)

They seek "a return to the former system of rule, under which money and oligarchs decided everything," he said.

Chaika mentioned no names, but he appeared to be pointing the finger at least in part at Boris Berezovsky.

"Was die Motive für den Mord angeht, kommen wir aufgrund der Ermittlungs- Ergebnisse zu dem Schluß, daß nur Personen, die sich außerhalb des Territoriums der Russischen Föderation aufhalten, ein Interesse daran gehabt haben können, Politkowskaja loszuwerden, sagte [General- Staatsanwalt] Tschaika auf einer Pressekonferenz. (...)

Sie strebten eine "Rückkehr zu dem einstigen Herrschaftssystems an, unter dem das Geld und die Oligarchen alles bestimmten", sagte er.

Tschaika nannte keine Namen, aber er schien mindestens zum Teil mit dem Finger auf Boris Berezovsky zu zeigen.
Dazu paßt eine Meldung, die die russische Nachrichten- Agentur Novosti vor einer Stunde verbreitete. Darin heißt es:
Russia's general prosecutor said Monday that fugitive tycoon Boris Berezovsky, wanted in Russia, could be extradited from the U.K. to Brazil, where he also faces a criminal probe. (...)

Berezovsky, who lives as a political exile in Britain, is wanted on embezzlement and sedition charges in Russia. However, British authorities have repeatedly rejected Russian requests for his extradition.

Der russische General- Staatsanwalt erklärte am Montag, daß der flüchtige Industrie- Magnat Boris Beresowski, gegen den in Rußland ein Haftbefehl vorliegt, von Großbritannien an Brasilien ausgeliefert werden könnte, wo ihn ein Strafverfahren erwartet. (...)

Gegen Beresowski, der als politischer Exilant in Großbritannien lebt, laufen in Rußland Verfahren wegen Unterschlagung und Volksverhetzung. Die britischen Behörden haben jedoch Auslieferungs- Begehren wiederholt abgelehnt.

Kommentar: Es scheint, daß Putin im Kampf gegen die verbliebenen "Oligarchen" - und, wie ich weiterhin vermute, in dem um seine Wiederwahl - eine neue Schlacht eröffnet.

Beresowski, auf dem Umweg über Brasilien am Ende doch repatriiert und à la Chodorkowski im Käfig vor Gericht gestellt - welcher Wahlkampf- Knüller könnte das in einem halben Jahr sein!



Übrigens sind sowohl Beresowski als auch Chodorkowski bekanntlich Juden. Der Feldzug, den Putin gegen die "Oligarchen" führt, trägt unverkennbar antisemitische Züge.

Die Putin im Wahlkampf gewiß nicht schaden werden.

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