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1. Juni 2009

Zettels Meckerecke: Christoph Schwennicke und der "Economist". Hanebüchenes in "Spiegel- Online"

Daß man kein Wort von dem ungeprüft glauben darf, was in "Spiegel- Online" steht, weiß inzwischen jeder. Gut, sagen wir fast jeder.

Der gedruckte "Spiegel" hingegen, dessen Redakteure auch gelegentlich in "Spiegel- Online" schreiben, ist nach wie vor ein seriöses Blatt; wenn auch längst nicht mehr von der Qualität, die es unter Augstein und Aust hatte. Damals konnte man sich, was die Fakten angeht, auf das verlassen, was im "Spiegel" stand; so, wie auf die Fakten im Time Magazine, in Newsweek, im Nouvel Observateur oder im britischen Economist.

Womit ich beim Thema bin. Zum einen bei einem Redakteur des gedruckten "Spiegel", Christoph Schwennicke vom Hauptstadtbüro, den ich bisher für einen seriösen Autoren gehalten habe. Zum anderen beim britischen Economist. Entgegen dem, was der Name vermuten läßt, ist der Economist nicht nur ein Wirtschaftsmagazin, sondern ein vollständiges Nachrichtenmagazin; wenngleich mit einem Schwerpunkt bei der Wirtschaft. Und dort mit einer traditionell liberalen Ausrichtung. Wirklich traditionell, denn der Economist wurde 1843 gegründet.

Den Economist nun hat Christoph Schwennicke gelesen; und die Früchte seiner Lektüre trug er gestern in "Spiegel- Online" vor. Überschrift: "Ende des Neoliberalismus - Konterrevolution im Krisenkampf".

Schwennicke berichtet über eine Titelgeschichte des Economist. Als ich sie dort aufsuchen wollte, habe ich sie nicht gleich gefunden. Denn sie steht nicht in der aktuellen Ausgabe, sondern ist schon ein paar Wochen alt. Hier ist sie; erschienen bereits am 7. Mai.



Was ist der Tenor dieser Titelgeschichte? Schwennicke beschreibt ihn so:
Die aktuelle Weltwirtschaftskrise wirkt nicht nur ökonomisch, sie wirkt auch eminent politisch. Sie verschiebt Gewichte. Sie legt neu fest, wer das Sagen hat und wer jetzt besser schweigen sollte. (...) Das große Bild dazu hat der britische "Economist" entworfen. Das Fachblatt des globalen Kapitalismus konstatiert fair, aber auch bisschen verzweifelt eine "neue Hackordnung in Europa". (...)

Jahrelang, stellt der "Economist" etwas zerknirscht fest, sei Kontinentaleuropa von den USA und den Briten "und sogar dieser Zeitung" erzählt worden, dessen Volkswirtschaften seien sklerotisch, überreguliert und zu staatsdominiert. Nun aber, presst der "Economist" zwischen seinen Zähnen hervor, habe der Kontinent die dreifache Befriedigung: Er kann die Gefahren der Deregulierung anprangern, dem Staat eine wichtigere Rolle beimessen und - das Schönste zum Schluss - auf das angelsächsische Modell herabblicken.
Hat also das "Fachblatt des globalen Kapitalismus" wirklich seine Grundhaltung gewechselt? Das Gegenteil ist der Fall.

Das, was Schwennicke zitiert, ist nämlich nur die Einleitung zu dem Leitartikel, der Teil des Titelkomplexes dieser Ausgabe vom 7. Mai ist. Der (beim Economist immer anonyme) Autor baut diese Argumentation auf, um sie anschließend zu widerlegen. Nur hat Schwennicke offenbar die Lektüre nach dem ersten Drittel abgebrochen; so will ich ihm einmal wohlwollend unterstellen.

Die Auffassung des Economist steht dort, wo Schwennicke nicht mehr zitiert. Nachdem der Autor die gegenwärtigen Vorteile der regulierten Wirtschaften auf dem Kontinent geschildert hat, schreibt er:
But will it last? The strengths that have made parts of continental Europe relatively resilient in recession could quickly emerge as weaknesses in a recovery. For there is a price to pay for more security and greater job protection: a slowness to adjust and innovate that means, in the long run, less growth. (...) The latest forecasts are that the United States and Britain could rebound from recession faster than most of continental Europe. (...)

If there is to be an argument about which model is best, then this newspaper stands firmly on the side of the liberal Anglo- Saxon model — not least because it leaves more power in the hands of individuals rather than the state.

Aber wird das andauern? Die Stärken, die Teile von Kontinental- Europa in der Rezession relativ widerstandsfähig gemacht haben, könnten sich im Aufschwung schnell als Schwächen erweisen. Denn für mehr Sicherheit und besseren Schutz von Arbeitsplätzen muß ein Preis gezahlt werden: Eine Langsamkeit bei der Anpassung und Innovation, die auf lange Sicht weniger Wachstum bedeutet. (...) Die neuesten Prognosen lauten, daß die Vereinigten Staaten und Großbritannien schneller aus der Rezession herauskommen dürften als der größte Teil Kontinental- Europas. (...)

Wenn man darüber streiten möchte, welches Modell das beste ist, dann steht unsere Zeitschrift fest auf der Seite des liberalen angelsächsischen Modells - nicht zuletzt, weil es es statt des Staats mehr Macht in den Händen der Einzelnen läßt.
So also sieht das aus, was laut Schwennicke der Economist "zerknirscht" "zwischen den Zähnen hervorpreßt".

Der Artikel im Economist endet pragmatisch: Beide Seiten könnten aus der Krise lernen und ihr jeweiliges Modell verbessern. Aber als Kronzeuge für das, was Schwennicke in seinem eigenen Artikel verkündet - "Der 'Kasino- Kapitalismus' ist plötzlich passé" - eignet sich der Economist ungefähr so gut wie George W. Bush als Lobredner Saddam Husseins.



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23. Oktober 2008

Die soziale Kluft in Deutschland wird immer größer - stimmt's? Über Schlagworte und die Wirklichkeit

Nicht wahr, das haben Sie doch gerade erst gehört und gelesen: "Wachsende soziale Kluft in Deutschland - Reiche werden reicher, Arme bleiben arm". Oder auch: "Tiefe Kluft zwischen Arm und Reich"?

Das bezieht sich doch sicher auf die Untersuchung der OECD, die in diesen Tagen Schlagzeilen macht?

Nein. Beides sind Titel von zurückliegenden Meldungen der Tagesschau. Die erste stammt vom 7. November 2007, die zweite vom 19. Mai 2008. Solche Meldungen wiederholen sich so regelmäßig, wie man uns darüber informiert, daß das Weltklima wärmer wird und daß Paris Hilton einen neuen Lover hat.

Wenn es immer wieder gemeldet wird, dann muß es doch wohl stimmen, daß Deutschland das "Land der Armen" ist, wie die "Frankfurter Rundschau" am Dienstag titelte?

Sehen wir uns eine andere Version dieser Meldung an, die am gleichen Tag die "Welt" unter der Überschrift "Soziale Kluft öffnete sich in Deutschland rasant" brachte:
Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich in Deutschland seit der Jahrtausendwende im internationalen Vergleich deutlich stärker geöffnet. Die Einkommensunterschiede und der Anteil armer Menschen an der Bevölkerung nahmen in der Bundesrepublik schneller zu als in den meisten anderen Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dies geht aus der OECD-Studie "Mehr Ungleichheit trotz Wachstum?" hervor.
Die Hauptergebnisse dieser Untersuchung werden ebenso wie die wichtigsten Ergebnisse zu Deutschland zum Herunterladen angeboten. Auf das, was in diesen beiden PDF- Dateien steht, stütze ich mich im folgenden; sowie auf die hier von der OECD populär zusammengefaßten Ergebnisse.



Was die allgemeinen Daten angeht, so zeigt sich in der Tat für die meisten Länder in Europa eine Zunahme der Ungleichheit in den Einkommen.

Diese wird mit dem Gini- Koeffizienten gemessen, der operationalisiert, wie weit die Verteilung der Einkommen von einer Gleichverteilung abweicht. Ein Gini- Koeffizient null bedeutet, daß alle Dasselbe verdienen. Ein Koeffizient eins wäre erreicht, wenn eine einzige Person alles verdiente und alle anderen nichts.

Ausgedrückt im Gini- Koeffizienten ist die Ungleichheit der Einkommen in den meisten Ländern Europas also gestiegen; allerdings nicht sehr. Der Gini- Koeffizient lag 2005 um sieben bis acht Prozent höher als in der Mitte der achtziger Jahre - er sei "mäßig, aber signifikant" gestiegen, heißt es in dem Bericht. Von - siehe unten - ungefähr 0,29 auf ungefähr 0,31.

Das lag nur zum Teil daran, daß die Einkommen der Besserverdienenden stärker stiegen als die der unteren Einkommensgruppen. Ein entscheidender Faktor war die Zunahme der Arbeitslosigkeit zwischen der Mitte der achtziger Jahre und 2005. Dies traf vor allem die schlecht Qualifizierten, die dadurch als Gruppe hinter der allgemeinen Entwicklung der Einkommen zurückblieben.

Weiterhin erhöhte sich die Zahl der Single- Haushalte, deren Einkommen im Schnitt unter dem von Familienhaushalten liegt. (Die Einkommen werden pro Haushalt und nicht pro Person berechnet).

Und wie sieht es nun in Deutschland aus? Hier sehen Sie die Entwicklung des Gini- Koeffizienten für die gesamte OECD und für Deutschland von der Mitte der achtziger Jahre bis 2005:

Man sieht: Die Werte für Deutschland liegen durchweg unterhalb des Durchschnitts der OECD. Mit anderen Worten, in Deutschland herrscht eine größere Gleichheit der Einkommen als im OECD- Raum als Bezugswert.

Zweitens: Bis ungefähr 2000 sind die Koeffizienten sowohl für die gesamte OECD als auch für Deutschland leicht gestiegen, ohne daß sich aber an diesem Abstand etwas geändert hätte. Deutschland lag sogar 2000 etwas weiter unter dem Durchschnitt als Mitte der achtziger Jahre.

Tatsächlich verringert hat sich aber der Abstand zwischen 2000 und 2005 - also während der Regierungszeit von Rotgrün.

Das ist kein Wunder, denn in dieser Zeit stieg die Arbeitslosigkeit und stagnierte die Wirtschaft. Als Rotgrün abgewählt wurde, war Deutschland von der Konjunktur- Lokomotive der EU zum Schlußlicht bei vielen ökonomischen Indizes geworden. Wenn der allgemeine Wohlstand sinkt, dann trifft das immer besonders die Geringerverdienenden. Die schlechte Wirtschaftspolitik unter Rotgrün traf, wie auch anders, vor allem die sozial Schwachen.

Der Bericht der OECD beschreibt diesen Zusammenhang in klaren Worten:
Seit dem Jahr 2000 haben in Deutschland Einkommensungleichheit und Armut stärker zugenommen als in jedem anderen OECD Land. Der Anstieg zwischen 2000 und 2005 übertraf jenen in den gesamten vorherigen 15 Jahren (1985 – 2000). Die steigende Ungleichheit ist arbeitsmarktinduziert. Einerseits nahm die Spreizung der Löhne und Gehälter seit 1995 drastisch zu – notabene nach einer langen Periode der Stabilität. Andererseits erhöhte sich die Anzahl der Haushalte ohne jedes Erwerbseinkommen auf 19% – den höchsten Wert innerhalb der OECD. Ebenso ist der Anstieg der Ungleichheit auf Änderungen in der Haushaltsstruktur zurückzuführen, wie etwa die Zunahme von Single-Haushalten und Alleinerziehenden.
Und wie hat sich der Gini- Koeffizient entwickelt, seit Rotgrün abgewählt wurde? Dazu heißt es:
Die vergleichenden Ergebnisse der OECD Studie beziehen sich auf den Zeitraum 1985 – 2005. Neuere nationale Ergebnisse, die auf derselben Datenquelle beruhen (SOEP), zeigen auf, dass sich der Trend zu einer ungleicheren Einkommensverteilung 2006 fortgesetzt hat, 2007 allerdings zu einem vorläufigen Ende gekommen ist.
Mit der zu erwartenden Verzögerung wirkt sich also der Aufschwung, der mit dem Ende von Rotgrün (und zuvor schon durch die Agenda 2010) eingeleitet wurde, so aus, wie es zu erwarten gewesen war: Arbeitslose kehrten in eine Beschäftigung zurück, und damit stieg ihr Einkommen.



Bleibt das Thema Armut. Der Anteil der Armen liegt nach der Berechnung der OECD in Deutschland in der Tat hoch - bei 11 Prozent.

Wie es mit der Aussagekraft dieses Werts steht, erhellt daraus, daß er, nach derselben Methode berechnet, in Ungarn mit 7,1 Prozent weit niedriger als in Deutschland liegt! (Gapminder Graphs anklicken).

Wie kann es sein, daß es im armen Ungarn prozentual weniger Arme gibt als im reichen Deutschland? Das liegt an der Definition von Armut. Arm ist in der Defintion der OECD jede Familie, deren Einkommen weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens (Median aller Einkommen) beträgt. Verdienen viele Menschen relativ wenig, dann liegt dieser Durchschnitt niedrig, und es gibt folglich wenige Arme. Geht es allen ungefähr gleich schlecht, dann gibt es nach der Definition der OECD so gut wie keine Armen.

Ausführlich diskutiert habe ich den Widersinn dieses Index für Armut im Mai dieses Jahres anläßlich des Armutsberichts der Bundesregierung und zuvor schon einmal innerhalb einer kleinen Serie über Armut; dort vor allem in der vierten und der fünften Folge.



Das sind die Fakten; die wichtigsten jedenfalls. Und die Schlagzeilen dazu lauten "Deutschland - Land der Armen", ""Soziale Kluft öffnete sich in Deutschland rasant".

Wie nicht anders zu erwarten, hat "Spiegel- Online" wieder einmal den Vogel abgeschossen. Die Fakten, die ich genannt habe, werden dort so interpretiert:
Die Kluft zwischen Arm und Reich reißt in Deutschland immer weiter auf. Einer neuen OECD-Studie zufolge haben sich Einkommensunterschiede und Armutsquote drastisch verschlimmert - schneller als in den meisten anderen Industrieländern der Welt.
Berichterstattung? Agitprop.



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13. Oktober 2008

Zitate des Tages: Die heimtückische Naivität der Sarah Palin. Nebst einer Anmerkung über die Rollenspiele Barack Obamas

Sarah Palins Naivität ist so bodenlos, dass man fast schon glauben mag, es stecke doch böse Absicht dahinter. (...) Ohne Hemmungen behauptet sie, Obama würde sich "mit Terroristen abgeben" und versucht ihm eine enge Verbindung zu dem Bombenleger William Ayers aus den siebziger Jahren anzuhängen. Nun hat Ayers in der Vergangenheit tatsächlich ein paar schlimme Dinge angestellt - aber Obama kennt den Mann (der heute als Universitätsprofessor in Chicago lehrt) nur flüchtig.

Peter Ross Range am 12. Oktober 2008 in "Spiegel- Online" unter der Überschrift "Palins Naivität kann so heimtückisch sein".


Obama's political career was launched with Ayers giving him a fundraiser in his living room.

(Obamas politische Karriere nahm ihren Anfang, als Ayers für ihn in seinem Wohnzimmer eine Finanzierung organisierte.)

Charles Krauthammer, Träger des Pulitzer- Preises, in der Washington Post vom 10. Oktober 2008.


Senator Obama served on a board with Mr. Ayers for a period of time, the Woods Fund, which was a paid directorship position.

(Senator Obama amtierte zusammen mit Mr. Ayers eine zeitlang in demselben Verwaltungsrat, dem [des] Woods Fund. Dies war eine bezahlte Direktorenstelle.)

Senatorin Hillary Clinton, zitiert in The Nation in der Ausgabe vom 1. Mai 2008.


From 1995 to 1999, he [Obama] led an education foundation called the Chicago Annenberg Challenge (CAC), and remained on the board until 2001. The group poured more than $100 million into the hands of community organizers and radical education activists. The CAC was the brainchild of Bill Ayers.

(Von 1995 bis 1999 leitete er [Obama] eine Bildungs- Stiftung namens Chicago Annenberg Challenge (CAC) und blieb bis 2001 im Verwaltungsrat. Die Gruppe pumpte mehr als $100 Millionen Dollar in die Hände von Gemeinde- Organisatoren und extremistische Bildungs- Aktivisten. Das CAC war das geistige Kind von Bill Ayers.)

Stanley Kurtz im Wall Street Journal vom 23. September 2008.



Kommentar: Die Beziehungen zwischen Ayers und Obama in dessen Chicagoer Zeit hat Stanley Kurtz für das National Review in einer dreiteiligen Serie anhand von Dokumenten, deren Freigabe er unter dem Freedom of Information Act erzwang, penibel recherchiert. Diese und weitere Informationen hat er für einen Artikel im Wall Street Journal vom 23. September verarbeitet.

Ayers war einer der drei Antragsteller für die Finanzierung des Chicago Annenberg Challenge (CAC), jener Organisation, deren Leiter des Direktoriums (Chairman of the Board) dann Obama wurde.

Ayers war eines von fünf Mitgliedern der Kommission, die Obama für diesen Posten auswählte.

In seiner Funktion als Leiter des Direktoriums war Obama für die Finanzen des CAC zuständig. Das zweite Gremium neben dem Direktorium war die "Collaborative" des CAC, die für die Bildungspolitik zuständig war. Einer der beiden Leiter dieses Gremiums war Ayers.

Soviel zu den Fakten und zu der "flüchtigen Bekanntschaft".

Die aus meiner Sicht beste Bewertung dieser Fakten hat - wie so oft - Charles Krauthammer in dem zitierten Kommentar in der Washington Post vom vergangenen Freitag formuliert, in dem es auch um Obamas Beziehungen zu zwei anderen fragwürdigen Gestalten, dem Pastor Wright und dem Geschäftsmann Rezko geht:
Why are these associations important? (...) They tell us two important things about Obama.

First, his cynicism and ruthlessness. He found these men useful, and use them he did. (...)

Second, and even more disturbing than the cynicism, is the window these associations give on Obama's core beliefs. He doesn't share the Rev. Wright's poisonous views of race nor Ayers's views, past and present, about the evil that is American society. But Obama clearly did not consider these views beyond the pale. For many years he swam easily and without protest in that fetid pond.

Warum sind diese Verbindungen wichtig? (...) Sie sagen uns zwei wichtige Dinge über Obama.

Erstens, sein Zynismus und seine Skrupellosigkeit. Er fand diese Männer nützlich, und er benutzte sie. (...)

Noch beunruhigender als der Zynismus ist zweitens der Einblick, den diese Verbindungen in Obamas Grundüberzeugungen geben. Er teilt nicht die vergiftenden Auffassungen des Pastors Wright zur Rassenthematik und die Auffassungen, die Ayers zur amerikanischen Gesellschaft hatte und hat, nämlich daß sie das Böse ist. Aber Obama sah diese Auffassungen eindeutig nicht als außerhalb jeder Diskussion stehend an. Jahrelang schwamm er leichthin in diesem übelriechenden Tümpel, ohne zu widersprechen.



Barack Obama erschien mir am Anfang des Vorwahlkampfs nur als ein begnadeter, charismatischer Redner. Als ich dann merkte, wie er diese Fähigkeiten einsetzte, um sich den Massen als Erlöser darzustellen, sah ich ihn auch als einen bedenkenlosen Populisten.

Dann hat mich verblüfft, wie er von einem Tag auf den anderen von Erlöser auf Staatsmann umschaltete. Sobald er Hillary Clinton geschlagen hatte, war es vorbei mit der Heilung der USA; jetzt gab Obama sich seriös.

Da wurde mir zum ersten Mal das Chamäleonhafte Obamas klar, diese unglaubliche Fähigkeit, von der einen Rolle in die andere zu schlüpfen. Ein Opportunist.

Inzwischen scheint mir, daß Obama nie etwas anderes gemacht hat, als die Rollen zu wechseln.

Er war der perfekte Schüler in Indonesien, angepaßt an seine islamische Umwelt, ohne selbst Moslem zu sein.

Er war der perfekte Affirmative- Action- Student in Harvard. Er schaffte es, das Harvard Law Review perfekt zu leiten, ohne selbst einen einzigen wissenschaftlichen Artikel darin zu publizieren.

Er war ultralinks, als er das CAC leitete.

Er war der charismatische Erlöser, als er diese Pose gegen die spröde Hillary Clinton brauchen konnte. Er ist jetzt der verantwortungsbewußte, bedächtige Obama, gegen den John McCain schon fast wie ein jugendlicher Feuerkopf aussehen soll.

Jeder dieser Rollenwechsel gelang Obama perfekt. Er wird auch die Rolle des 44. Präsidenten der USA perfekt geben können.

Nur, was wird sein, wenn in diesem Amt Charakter gefragt ist, statt Rollenspiel?



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3. September 2008

Kurioses, kurz kommentiert: Glaubhaftigkeit

Wie glaubhaft ist eine ultrakonservative Republikanerin, deren ledige, minderjährige Tochter ein Kind erwartet?

Marc Pitzke in "Spiegel- Online" über Sarah Palin, die republikanische Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin.

Kommentar: Diesen Satz von Marc Pitzke - oder vielleicht von einem Hamburger Redakteur in den Artikel gesetzt - unter "kurios" zu subsumieren, ist nicht richtig. Aber eine Kategorie "widerlich" habe ich nicht.



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23. August 2008

Kurioses, kurz kommentiert: "Und dann kam das Aus!"

Die Meldungen klangen verheißungsvoll, das Abkommen um den US-Truppenabzug aus dem Irak schien kurz vor dem Abschluss - dann kam das Aus: zu viele unterschiedliche Interessen.

Aus dem Vorspann eines Artikels von Ulrike Putz, der seit gestern Abend, 23:26 Uhr, in "Spiegel- Online" zu lesen ist.

Kommentar: "Spiegel- Online" ist das vermutlich einzige Medium der Welt, das das Aus für diese Verhandlungen meldet.

Über ihr vorläufiges Ergebnis habe ich gestern hier berichtet.

Und da Sie, lieber Leser, möglicherweise immer noch dazu neigen, "Spiegel Online" im Zweifel eher zu trauen als "Zettels Raum", hier eine Passage aus dem aktuelle Bericht der BBC, datiert Freitag, 22. August 18.37 britische Zeit. Die BBC zitiert den irakischen Unterhändler Hammud:
" ... The negotiators' job is done. Now it is up to the leaders."

A White House spokesman has however said details of the draft agreement were still being discussed. Gordon Johndroe said US President George W Bush had spoken with Iraqi Prime Minister Nouri Maliki about the deal. They "had a good conversation", Mr Johndroe said, adding that "there are a lot of details that have to be worked out".

"... Die Unterhändler haben ihren Job getan. Jetzt sind die Führer am Zug".

Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte jedoch, daß Details des Entwurfs einer Vereinbarung noch erörtert würden. Gordon Johndroe sagte, daß Präsident George W. Bush mit dem irakischen Premierminister Nuri Malik gesprochen habe. Sie "hatten eine gute Besprechung", sagte Johndroe und fügte hinzu, daß "zahlreiche Details noch ausgearbeitet werden müssen."
Mit anderen Worten, das Aus für die Verhandlungen. Wenn wir "Spiegel- Online" glauben.



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