Während gestern Abend Ségolène Royal einen Auftritt hinlegte, als sei sie die triumphierende Siegerin, dürfte Jacques Julliard am Rechner gesessen und seinen Kommentar geschrieben haben.
Julliard, stellvertretender Chefredakteur des "Nouvel Observateur", ist der klügste linke Journalist, den ich kenne. Ich stimme selten mit seinen Bewertungen und Zielen überein, aber fast immer mit seinen glasklaren Analysen.
Während also Royal mit ihrem offenbar nicht abstellbaren heiteren Lachen "l'énergie et la joie de l'immense rassemblement populaire vibrant de ferveur qui m'ont accompagnée" pries (die Energie und Heiterkeit der riesigen Sammlungsbewegung des Volks, die mich, vibrierend vor Begeisterung, begleitet hat) - während also Royal so tat, als lebe die französische Linke in der besten aller möglichen Welten, hat Julliard schonungslos die Gründe für das Scheitern der Linken analysiert:
Nur, seltsam - Julliard hat vor dem ersten Wahlgang keineswegs die Konsequenz gezogen, für François Bayrou einzutreten. Und noch vor wenigen Tagen hat er einen flammenden Aufruf zur Wahl von Ségolène Royal geschrieben.
Das ist eine Erfahrung, die ich oft mit brillanten Linken gemacht habe: Sie wissen trefflich zu analysieren, aber am Ende ziehen sie nicht die Konsequenz aus ihrer Analyse.
Weil halt das Herz links schlägt. Egal, was der Kopf sagt.
Julliard, stellvertretender Chefredakteur des "Nouvel Observateur", ist der klügste linke Journalist, den ich kenne. Ich stimme selten mit seinen Bewertungen und Zielen überein, aber fast immer mit seinen glasklaren Analysen.
Während also Royal mit ihrem offenbar nicht abstellbaren heiteren Lachen "l'énergie et la joie de l'immense rassemblement populaire vibrant de ferveur qui m'ont accompagnée" pries (die Energie und Heiterkeit der riesigen Sammlungsbewegung des Volks, die mich, vibrierend vor Begeisterung, begleitet hat) - während also Royal so tat, als lebe die französische Linke in der besten aller möglichen Welten, hat Julliard schonungslos die Gründe für das Scheitern der Linken analysiert:
- Parce qu’il y a un écart béant entre les positions de ses chefs et les aspirations de son électorat.So ist es. So ist die französische Linke.
- Parce que la gauche est trop à gauche pour s’élargir vers le centre, seul lieu où elle pourrait gagner des renforts. (...)
- Parce que le PS est mené par de grands bourgeois humanistes et humanitaires qui tendent la main aux exclus par-dessus leur électorat populaire d’ouvriers, d’employés, de fonctionnaires et de petits bourgeois. Le Lumpen plutôt que les prolos !
- Parce que le PS est devenu, pour ces petits bourgeois, synonyme d’alourdissement de la fiscalité et, pour les travailleurs, de stagnation des salaires à cause des sacrées 35 heures.
- Parce que le programme du PS, élaboré par les plus gauchistes du Parti avec l’aide d’économistes et de travailleurs sociaux moralistes, sacrifie systématiquement la production des richesses à leur répartition. (...)
- Weil zwischen den Positionen ihrer Führer und den Erwartungen ihrer Wähler ein gähnender Abgrund klafft.
- Weil die Linke zu weit links steht, um sich zur Mitte hin zu erweitern, wo allein sie sich verstärken könnte. (...)
- Weil die PS von humanistischen und humanitären Großbürgern angeführt wird, die über die Wähler aus der Arbeiterschaft, über die Angestellten, die Beamten und kleinen Leute hinweg den Randgruppen die Hand reichen. Lieber das Lumpenproletariat als die Arbeiter!
- Weil die PS für diese kleinen Leute synonym mit der Erhöhung ihrer Steuerlast und für die Arbeiter synonym mit der Stagnation der Löhne wegen der heiligen 35- Stunden- Woche ist.
- Weil das Programm der PS, das von den extremen Parteilinken mit Unterstützung von moralisierenden Ökonomen und Sozialarbeitern verfaßt wurde, systematisch die Erzeugung von Reichtum zugunsten von dessen Verteilung opfert. (...)
Nur, seltsam - Julliard hat vor dem ersten Wahlgang keineswegs die Konsequenz gezogen, für François Bayrou einzutreten. Und noch vor wenigen Tagen hat er einen flammenden Aufruf zur Wahl von Ségolène Royal geschrieben.
Das ist eine Erfahrung, die ich oft mit brillanten Linken gemacht habe: Sie wissen trefflich zu analysieren, aber am Ende ziehen sie nicht die Konsequenz aus ihrer Analyse.
Weil halt das Herz links schlägt. Egal, was der Kopf sagt.