6. Mai 2007

Präsidentschaftswahlen in Frankreich: Ein Sieger ohne Mehrheit?

Etwas Paradoxes bahnt sich an: Die Wahlbeteiligung liegt im Augenblick nochmals um ungefähr drei Prozentpunkte höher als im ersten Wahlgang; sie könnte höher werden als seit Jahrzehnten.

Zugleich haben aber in den Umfragen viele Wähler angegeben, sie würden weder für Sarkozy noch für Royal stimmen. Von denen, die im ersten Wahlgang Bayrou gewählt haben, waren das 29 Prozent, von den Le- Pen- Wählern 21 Prozent und von den Wählern der Linksextremen 15 Prozent.

Insgesamt haben laut der Umfrage von IPSOS 16 Prozent der Befragten, die entschlossen sind, zur Wahl zu gehen, gesagt, sie würden weder für Sarkozy noch für Royal stimmen.



Die jetzt in Frankreich erstmals eingesetzten Wahlmaschinen haben eine Taste für "Enthaltung". Im Wahlkampf war gefordert worden, auch auf den herkömmlichen Stimmzetteln diese Möglichkeit explizit vorzusehen; das ist aber nicht geschehen. Enthaltungen werden dort dadurch ausgedrückt, daß man einen leeren oder sonstwie ungültig gemachten Stimmzettel abgibt.

Bisher war es in Frankreich, wie auch in Deutschland, üblich, zunächst die Zahl der ungültigen Stimmen zu ermitteln und die auf die Kandidaten entfallenden Stimmzahlen dann in Prozent der gültigen Stimmen auszudrücken.

Wenn aber offenbar diesmal ein erheblicher Prozentsatz der Wähler bewußt und ausdrücklich ungültig stimmen bzw. sich enthalten werden, dann wäre es richtig, die prozentualen Ergebnisse (zumindest auch) in Prozenten der insgesamt abgegebenen Stimmen auszudrücken.

Dann könnte sich durchaus zeigen, daß heute Abend Sarkozy zwar gewählt ist, aber nicht mit der Mehrheit der Stimmen. Nehmen wir an, er bekommt von den gültigen Stimmen die prognostizierten 54 Prozent, und die von IPSOS ermittelten 16 Prozent der zur Wahl Gehenden stimmen ungültig bzw. enthalten sich.

Dann hätte Sarkozy nur 45,4 Prozent der Stimmen der heutigen Wähler erhalten - und wäre dennoch mit absoluter Mehrheit gewählt