25. Mai 2007

Zettels Meckerecke - mit der Bahn à grande vitesse nach Paris, oh la la!

Hätte man es hingekriegt, daß der ICE und der TGV heute zur Einweihung der neuen Verbindungen pünktlich in Paris eingetroffen wären, dann wäre das irgendwie verlogen gewesen. Man entschied sich offenbar für Ehrlichkeit, und so hatte man 35 Minuten Verspätung.



Denn die Deutsche Bahn ist ja beteiligt. Also sind Verspätungen nicht die Ausnahme, sondern zu erwarten.

Als ich kürzlich mit der Bahn in Paris war, war die Fahrt im Thalys genußvoll wie immer: Ein pünktlicher, komfortabler Zug, in dem man in der Ersten Klasse mit einem Bord- Service erfreut wird, der in einem Zug der Deutschen Bahn undenkbar wäre. Mit kleinen Menüs und Getränken am Platz, mit aktuellen Zeitungen in vier Sprachen, mit dem Service von freundlichen Stewardessen, die sich um das Wohl jedes Gasts bemühen.

Aber wer nicht in Köln oder Aachen wohnt, der muß ja erst mal dorthin kommen, um in den Thalys einzusteigen. Also in der Regel - so war es bei mir - mit der Deutschen Bahn. Und das ging so:

Die Fahrkarten für den Thalys hatte ich über das Internet gebucht und mir zuschicken lassen. Die Karten nach Köln wollte ich am Tag vor der Fahrt in einem Bahnhof in unserer Nähe erwerben, dem einer mittleren Großstadt. Aber als ich um ungefähr viertel nach acht dort hinkam, war das "Reisezentrum" geschlossen.

Nun ja, es gibt ja heutzutage diese Automaten, an denen man mit Kreditkarte zahlen kann. Nur war ich mir unsicher, ob ich eine einfache Karte nach Köln lösen sollte oder eine Rückfahrkarte; denn ich wußte nicht, wie lange eine Rückfahrkarte über diese Entfernung gilt.

Aber zum Glück war die Reiseauskunft im Bahnhof noch geöffnet. Hier ist, als Gedächtnisprotokoll festgehalten, mein Dialog mit dem dort Dienst tuenden Beamten.
Ich: Ich hätte gern eine Auskunft. Wie lange ist eine Rückfahrkarte von hier nach Köln für die Rückfahrt gültig?

Er: Das steht drauf.

Ich: Aber ich habe die Karte ja noch nicht.

Er: Dann kaufen Sie sich eine am Schalter.

Ich: Aber der Schalter ist doch geschlossen. [Anmerkung: Sein Auskunfts- Stand befand sich ungefähr zwei Meter neben dem geschlossenen "Reisezentrum"]. Ich will mir die Karte am Automaten besorgen. Und da möchte ich eben wissen, ob ich eine Rückfahrkarte nehmen kann.

Er: Dann müssen Sie eben pünktlich kommen.

Ich: Sind Sie jetzt so nett und sagen mir, wie lange eine Rückfahrkarte von hier nach Köln gültig ist?

Er: Das weiß ich nicht.

Ich: Das wissen Sie nicht?

Er: Ich bin für die Fahrplanauskunft zuständig. Gültigkeitsdauern kamen in unserer Schulung nicht vor.

Der Zug nach Köln hatte dann am nächsten Tag eine Verspätung, die im Lauf der Fahrt auf ungefähr 25 Minuten anwuchs. Nur weil ich das erwartet hatte und eine Stunde früher gefahren war, als nach Fahrplan erforderlich gewesen wäre, erreichte ich den gebuchten Thalys.



Bei der Rückfahrt war das etwas anders. Da hatten alle ab Köln in meine Richtung startenden Züge so viel Verspätung, daß das bekannte Kompensations- Phänomen auftrat: Ich konnte unerwartet früh losfahren, weil nicht nur mein vorgesehener Zug, sondern auch ein früherer große Verspätung hatte. So daß ich in diesem fahren konnte, den ich nach Fahrplan gar nicht hätte erreichen können.

Dieser Zug nun freilich erlebte ein unerwartetes Schicksal: Er wurde auf eine andere Strecke umgeleitet, was eine beträchtliche zusätzliche Verspätung zur Folge hatte.

Warum wurde er umgeleitet? Wegen spielender Kinder auf den Geleisen war die gesamte ICE- Strecke gesperrt worden. Der Zug fuhr jetzt auf Nebenstrecken, auf denen normalerweise Regionalbahnen unterwegs sind.

Ich fragte den Zugchef, warum man denn nicht einfach die Kinder von den Geleisen hätte entfernen können, statt gleich die ganze Strecke zu sperren.

Seine Antwort: Wie ich mir das denn vorstellen würde? Es gebe für einen solchen Fall eine "Prozedur".

Diese sehe vor, daß zunächst die Zentrale der Bundespolizei eingeschaltet werde. Das dauere natürlich.

Diese schicke dann Polizeikräfte an den betreffenden Streckenabschnitt, und das dauere natürlich.

Wenn die Polizei die Strecke abgesucht, die Kinder aufgegriffen und sie zu ihren Eltern gebracht habe, dann werde das der Deutschen Bahn mitgeteilt, und dann erst könne die Strecke wieder freigegeben werden.



Tja. Wäre ich nur mit der SNCF gereist, dann wäre es eine langweilige, wenn auch komfortable Fahrt gewesen. So richtig spannend machte das Bahnfahren - wie meist - erst die Deutsche Bahn.