1. Mai 2013

Eine Minderheitenposition


Minderheitenpositionen zu vertreten hat einen gewissen Reiz. Für manche ist er sogar unwiderstehlich. Das führte Mitte der 80er bei einigen politisch interessierten Bürgern zu einer sehr skeptischen Betrachtung der Nutzung von Kernenergie und, etwas zeitversetzt, zur gleichen Betrachtungsweise hinsichtlich der Abkehr von dieser Art der Bereitstellung von Elektroenergie. Durchaus auch in ein und demselben Leben.
Bei der Suche nach einem Grund für diesen Reiz stellt sich die Frage, wie sich  Minderheitenpositionen zu Mehrheitspositionen entwickeln. Wie es eine Minderheit schafft bei der Mehrheit einen Einfluss zu erzeugen, der stark genug ist um eine Akzeptanz dieser Position dauerhaft zu etablieren.

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Dieser Einfluss ist in erster Linie ein informativer, im Gegensatz zum normativen Einfluss dessen sich die Mehrheit bedient. Und er muss konsistent sein, d.h. die Mitglieder dieser Minderheit sollten geschlossen und ohne Widersprüche ihre Information auch und gerade über einen langen Zeitraum aufrechterhalten.
Des weiteren gibt es auch einen normativen Einfluss von Minderheiten, denn wenn ein Erfolg dieser Position möglich erscheint, ist es natürlich reizvoller diesen als Minderheit zu genießen. Dem haftet dann etwas Elitäres an, selbstverständlich in einem ausschließlich positiven Sinn. 
Das führt manchmal dazu, dass ehemalige Minderheiten gar nicht mehr realisieren, wie sie längst zu einer Mehrheit geworden sind.

Hier ergeben sich natürlich auch Parallelen zur Bewegung „Atomkraft? Nein danke“. 
Mittlerweile haben Mehrheit und Minderheit in der Frage der Kernenergie ihre Positionen gewechselt.

Der Bundesumweltminister Peter Altmaier rollt nun dieses Jahr wieder den "grünen Teppich" aus - für die Verleihung der Green Tec Awards am 30.August 2013 in Berlin.
In der Kategorie „Galileo Wissenspreis“ führt der Dual Fluid Reaktor (DFR) vom Institut für Festkörper-Kernphysik GmbH das Voting, welches noch bis zum 10. Mai läuft, mit derzeit 19% an.
Hier eine kurze Beschreibung des Projektes:
„Der Dual Fluid Reaktor DFR ist ein neues nukleares Reaktorkonzept in Weiterführung der sogenannten Generation IV. Der DFR ist inhärent sicher, wobei er im Gegensatz zu heutigen wassermoderierten Reaktoren keinerlei aktive Sicherungssysteme benötigt. Der DFR kann langlebigen nuklearen Abfall aus heutigen Reaktoren vollständig nutzen, ohne neuen zu produzieren - ein geologisches Endlager wird dadurch überflüssig. Außerdem können Kraftstoffe CO2-frei günstig hergestellt werden. Dadurch wird der DFR zu einer extrem umweltfreundlichen und kosteneffizienten Lösung für die Zukunft. 
Es wird sicherlich interessant sein zu erleben, wenn dieser Preis an den DFR vergeben wird, der
mit dem Ziel veranstaltet (wird), ökologisches und ökonomisches Engagement und den Einsatz von Umwelttechnologien zu fördern. Unter GreenTec verstehen wir Unternehmen, Technologien, Produkte, Innovationen und Dienstleistungen, die einen Beitrag dazu leisten, die Umwelt und Ressourcen im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit zu schonen und Schadstoffe zu vermeiden und zu reduzieren. Dabei steht der Technologiefokus in enger Verbindung mit dem Effizienzbegriff, also der ökonomisch sinnvollen Umsetzung.“
Die GreenTec Awards ehren Pioniere, die auf dem Weg in eine umweltbewusste Zukunft, einen Schritt vorausgehen. Sie schaffen eine mediale Plattform für innovative Produkte und Projekte, welche darauf ausgerichtet sind, natürliche Ressourcen zu schonen und die zeigen, dass Nachhaltigkeit keinesfalls im Widerspruch mit Wirtschaftlichkeit steht.“
Er wäre ein würdiger Preisträger denke ich. 
Wer sich noch bis zum 10. Mai an dem Voting beteiligen will, hier ist die Adresse.

Die Antwort auf die eingangs aufgeworfene Frage nach dem Grund für den Reiz Minderheitenpositionen zu vertreten, lautet: es ist die Freude am Risiko. 
Das klingt etwas paradox, doch letztlich beschreibt es die Entwicklung welche alles Neue nimmt.
Es beginnt mit einer Ansammlung von risikofreudigen Individualisten und endet in der Deindividuierung von Menschen in großen Ansammlungen. Diejenigen welche sich dem entziehen, suchen sich die nächste Minderheitenposition, manchmal sogar die, gegen die sie sich früher einmal positionierten. 
Jeder Renegat kennt das und er weiß was er vom Vorwurf des Querulantentum hält. 
Nichts.

                                                                                                         Erling Plaethe

© Erling Plaethe. Mit Dank an Quentin Quencher, dem Science Skeptikal Blog und Roland Imhoff's Hausarbeit "Was macht Minderheitenmeinungen attraktiv?"
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