7. Oktober 2008

Der 44. Präsident der USA (24): Obama/Palin werden gewinnen (Teil 1)

Wenn jetzt die Primaries im Gang wären, dann hätte vemutlich weder Barack Obama noch John McCain eine gute Chance, die Nominierung zu erreichen. Nicht der unerfahrene Obama, der noch niemals Führungsaufgaben hatte; auch nicht der Maverick McCain.

Gefragt wären dann sehr wahrscheinlich Kandidaten wie die erfolgreichen Geschäftsleute Mitt Romney und Michael Bloomberg oder Rudy Giuliani, der effiziente Bürgermeister von New York und Held der Tage nach dem 11. September.

Als im Frühsommer und Sommer die Weichen für die Nominierung gestellt wurden, konnte niemand ahnen, daß die Wochen vor den Wahlen von Angst bestimmt sein würden; von der Angst vor der größten Wirtschaftskrise seit dem Schwarzen Donnerstag am 24. Oktober 1929. Von der persönlichen Angst vieler Wähler, ihren Job zu verlieren, ihr Haus, ihre Krankenversicherung.

Der ideale Kandidat wäre jetzt einer, der Führungsstärke mit administrativer Erfahrung und vor allem wirtschaftlichem Sachverstand verbindet.

Zu entscheiden haben die Wähler aber zwischen zwei Kandidaten, die sich beide nicht für diese Rolle anbieten. Präsident wird derjenige werden, der immer noch überzeugender als der andere ökonomische Kompetenz vermittelt.



Das ist Barack Obama. Nein, er ist bisher so wenig als Wirtschaftspolitiker hervorgetreten wie John McCain. Auch sein Vize- Kandidat Joe Biden ist darin nicht beschlagener als Sarah Palin, die immerhin als Gourverneurin von Alaska energiepolitische Erfahrungen hat.

Dennoch wird Obama von den Wählern eine größere ökonomische Kompetenz zugesprochen als McCain.

Anfang August lagen beide in diesem Punkt mit je 45 Prozent noch gleichauf. In einer gestern veröffentlichten Umfrage des Rasmussen- Instituts jedoch hatten die Demokraten bei der Frage nach dem Vertrauen im Bereich der Wirtschaftspolitik mit 51 zu 38 Prozent einen großen Vorsprung vor den Republikanern. Und bereits in einer am 24. September (also noch vor dem Höhepunkt der Finanzkrise) publizierten Umfrage desselben Instituts lag auch McCain persönlich bei der Frage nach der wirtschaftlichen Kompetenz mit 42 zu 51 Prozent hinter Obama zurück.

Vor knapp einer Woche stand hier zu lesen:
Nimmt man hinzu, daß das Thema Wirtschaft die kommenden Wochen beherrschen wird und daß Obama in diesem Bereich als kompetenter eingeschätzt wird als McCain (warum auch immer), dann sieht es in der Tat düster aus für McCain und Palin. Im Grunde können sie nur noch gewinnen, wenn etwas ganz Unerwartetes geschieht - sei es, daß Obama einen tödlichen Fehler macht, sei es, daß es zu einer außenpolitischen Krise kommt.
Gestern faßte in Pollster.com Steve Lombardo die aktuellen Umfrage- Ergebnisse so zusammen:
The financial crisis has catapulted Obama into the lead both nationally and in key states. (...) The economic situation has virtually ended John McCain's presidential aspirations and no amount of tactical maneuvering in the final 29 days is likely to change that equation. (...)

Die Finanzkrise hat Obama sowohl auf Bundesebene als auch in Schlüsselstaaten an die Spitze katapultiert. (...) Die wirtschaftliche Lage hat McCains Hoffnungen auf das Amt des Präsidenten so gut wie zerstört, und wahrscheinlich werden noch so viele taktische Manöver in den verbleibenden 29 Tagen an dieser Gleichung nichts mehr ändern können.
Nicht nur bei den Wählerstimmen liegt Obama inzwischen deutlich vorn, sondern auch bei den Stimmen im entscheidenden Electoral College. Die verlinkte Karte (von Pollster.com) gibt diesen Vorsprung nicht sehr augenfällig wieder. Deutlicher sieht man ihn auf dieser Karte des Princeton Electoral Consortium, die die Bundesstaaten der USA in einer Größe proportional zur Zahl ihrer Stimmen im Electoral College zeigt.

Es ist an der Zeit, sich darauf einstellen, daß der 44. Präsident der Vereinigten Staaten Barack Obama heißen wird.

Ich kann nicht sagen, daß mich das freut. Ich habe das Phänomen Obama anfangs erstaunt und dann zunehmend negativ gesehen. Er kam mir umso ungeeigneter zum Präsidenten vor, je mehr das Messianische, das Quasi-Religiöse, ja das Populistische seines Wahlkampfs offensichtlich wurde. Die Einzelheiten meiner Beurteilung Obamas kann man in den bisherigen Beiträgen dieser Serie nachlesen.

Das, was für einen Erfolg McCains sprechen konnte, habe ich in dieser Serie gern geschildert. Aber schon in der ersten Folge stand, am 4. Juni, dies:
Gerade die republikanisch gesonnene Mittelschicht sieht sich zunehmend in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Gerade sie könnte für die Flötentöne Obamas anfällig sein (...). McCains Erfolg wird sich daran entscheiden, ob es ihm gelingt, als wirtschaftspolitisch kompetenter wahrgenommen zu werden als Obama. Im Augenblick ist das noch nicht so.
Das war genau vor vier Monaten; und leider hat sich diese pessimistische Sicht bestätigt.

Obama wird, wenn nicht etwas ganz Unverwartetes geschieht, also Präsident werden. Der Vizepräsident wird Joe Biden heißen. Aber nicht er wird von den beiden Kandidaten für die Vizepräsidentschaft der Gewinner sein, sondern Sarah Palin.

(Fortsetzung folgt)



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