21. Juni 2008

Zitat des Tages: Ein sehr guter Verräter

When I'm a traitor, I want to be a very good traitor.

(Wenn ich ein Verräter bin, dann will ich ein sehr guter Verräter sein.)

Der Holländer Guus Hiddink, Trainer der russischen Fußball- Nationalmannschaft, zu seiner Entscheidung, vor dem heutigen Spiel gegen die Niederlande die russische Nationalhymne mitzusingen.

Kommentar: Ob Hiddink weiß, daß die Melodie dieser Hymne diejenige der unter Stalin eingeführten Sowjethymne ist, und daß der neue Text sogar von einem Autor stammt, der auch an der Sowjethymne mitgeschrieben hatte?

Naja, vielleicht weiß er es und pflegt nur in diesem Punkt dieselbe Angriffstaktik, die er offensichtlich auch seinen Mannen auf dem Fußballfeld beigebracht hat.



Das Singen der Nationalhymnen ist ja überhaupt ein interessantes Thema. Die Mannschaften unterscheiden sich sehr in der Inbrunst, mit der sie die Nationalhymne singen.

Die Türken zum Beispiel singen aus voller Kehl' und frischer Brust. In anderen Mannschaften sieht man bei einigen Spielern nur ungefähr so lebhafte Lippenbewegungen, wie sie auch ein Bauchredner nicht unterdrücken kann.

Bei unserer Mannschaft war das anfangs das Mehrheitsverhalten. Inzwischen scheinen mir einige etwas mehr aus sich herauszugehen. Ballack ist auch hier ein Vorbild.

Selbst Mario Gómez hat vor dem Spiel gegen Österreich so etwas wie einen Ansatz zum Singen gezeigt; er hatte ja zuvor, so heißt es, nur aus Aberglauben geschwiegen - bis zur ersten Niederlage.

Poldi schweigt eisern. Ich glaube, während die Nationalhymne erklingt, denkt er mit Wehmut im Herzen: Noch ist Polen nicht verloren; nicht verloren für seinen Sohn Lukas Podolski. Ich finde das sympathisch; viel sympathischer, als würde er aus Konformismus mitmurmeln.



Und Hiddink? Ehrlich gesagt, ich finde seine Ankündigung ziemlich unsympathisch.

Denn für so einen Mitsinger hat ja die Nationalhymne nicht die Bedeutung, die sie für Angehörige der betreffenden Nation hat, hier also die Russen. Indem er sie mitsingt, zeigt er, daß er im Grunde nichts davon hält.

Er verwendet das für einen Gag, was anderen etwas bedeutet. Vielleicht witzig, aber aus meiner Sicht doch eher a bisserl zynisch.

Oder hat er mit seiner Ankündgigung vielleicht nur, stone faced, einen Scherz gemacht? Um ungefähr 20:43 Uhr wissen wir mehr.



Für Kommentare zu diesem Artikel gibt es einen Thread in "Zettels kleinem Zimmer". Dort findet man auch eventuelle Aktualisierungen und Ergänzungen.