15. August 2013

Deutschland im Sommerloch 2013: Deregulierter Irrsinn. Eine kleine Presseschau.


Ich weiß gar nicht, warum das so genannte "Sommerloch", in den Hochzeiten der Printmedien seligen Angedenkens auch Sauregurkenzeit genannt, so unbeliebt ist. Natürlich, in Zeiten weitgehend zum Stillstand gekommenen Politikbetriebes, füllt man die Nachrichten bisweilen mit Trivialitäten wie beißfesten Schildkröten und dergleichen. Dennoch ist der "Politikbetrieb" zu anderen Jahreszeiten ja oft weniger legislativ als selbstreferentiell. Die Alltagspolitik mit ihren kleinen Wichtigkeiten bildet dabei oft eine Art Nebel, in dem die wirklich wichtigen und langfristig-überdauernden Themen gleichsam schwer erkennbar und unsichtbar werden. Dieser Nebel lichtet sich nun, wenn man so will, ein wenig. Und vor diesem Hintergrund lohnt sich einmal eine kleine Presseschau der letzten Tage.

11. August 2013

Der "Faktencheck" von Spiegel Online: Quatsch mit Soße

Auf Spiegel Online gibt es seit geraumer Zeit die Rubrik "Der Faktencheck". Gemeint ist der journalistische Versuch, ein gegenwärtig politisch diskutiertes Thema entlang "harter" Kriterien, Fakten eben, zu beleuchten. Der Begriff suggeriert Objektivität und Vertrauenswürdigkeit. Dem Leser soll also vermittelt werden, daß nun eine untendenziöse und sachliche Betrachtung der betreffenden Thematik vorgenommen werden soll. Aber SpON wäre nicht SpON, wenn es tatsächlich so wäre. In seinem aktuellen "Faktencheck" geht es um den "Veggie-day", dessen verbindliche Einführung für Kantinen im Wahlprogramm der Grünen festgeschrieben und von Renate Künast kürzlich erneut gefordert worden ist.

10. August 2013

Respekt


Matthias Matussek im Interview mit der "Welt":
Was mich auch stört, ist, dass Krömer so sehr Kult ist, dass er in einer Image-Kampagne über Respekt eingesetzt wird. Abenteuerlich und vielsagend für den Medien-Betrieb. Das ist so, als würde man der Mafia beim Geldwaschen zugucken. Oder der Papst die Sendung "Peep!" moderieren.“
Oder Bushido ein Praktikum im Bundestag anzubieten um ihm bei seinem Einstieg in die Politik unter die Arme zu greifen.

Was Matthias Matussek hier beschreibt, ist nicht der Medien-Betrieb der sich durch Werbung finanzierenden Privatsender. Es sind Anstalten des öffentlichen Rechts, die einer Demokratieabgabe bedürfen, um für die Bürger Deutschlands jeden Tag aufs neue die Demokratie zu retten und ihren Bildungsauftrag zu erfüllen. 

8. August 2013

Kartellparteien und Parteienkartelle


Für Wähler, die mit sozialliberaler Politik fremdeln, war es in Deutschland von jeher schwer eine Wahlentscheidung zu treffen. Für viele war sie vermutlich taktischer Natur; von wechselnden Entscheidungen geprägt und Zufriedenheit mit der eigenen Wahl stellte sich selten ein.
In diesem Jahr wird es, wie immer, besonders schwer. Es droht mal wieder eine Große Koalition, eine Beteiligung der eher kommunistisch als sozialdemokratisch orientierten Partei „Die Linke“ oder eine Fortsetzung der Politik, die diese Wähler vor vier Jahren schon nicht gewählt hatten, obgleich sie den jetzigen Regierungspartei(en) ihre Stimme gaben.

In dieser Situation kommen dann regelmäßig neue Parteien in den Focus dieser Wähler. Parteien, die nicht Bestandteil des, wie es immer öfter heißt, herrschenden Parteienkartells sind.

Woher kommt dieser Begriff und ist das Phänomen neu, das ihn hervorbrachte?


6. August 2013

Fleischlos

Auch bei politischen Entwicklungen gibt es oft Wellenbewegungen. Erst wird eine Richtung Mode und entsprechende Ideen werden bis zum Exzeß propagiert - dann schlägt das Pendel um und die Gegenrichtung kommt wieder zum Zuge.

In den 70er und 80er Jahren war das Aufbrechen "veralteter" Moralvorstellungen angesagt. Insbesondere, aber nicht nur, wenn es um die "Befreiung" der individuellen Sexualität ging. Der Extrempunkt damals waren die Kindersex-Debatten bei den Grünen. Aber generell war die Richtung: Das Individuum sollte sich möglichst frei von gesellschaftlichen Konventionen entfalten können.

Das ist vorbei.

3. August 2013

Der Kirchenbrand von Garbsen und sein Hintergrund


In der Nacht zum vergangenen Dienstag ist die Willehadi-Kirche in der nordwestlich von Hannover gelegenen Gemeinde Garbsen bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Es gilt laut Polizei und Feuerwehr als sicher, daß es sich hierbei um Brandstiftung gehandelt hat. Bezeichnend ist, daß ich auf diese Nachricht nicht etwa durch überregionale Medien gestoßen bin, sondern durch einen thread, eröffnet von Forumsmitglied notquite, im Begleitforum dieses Blogs. Die Meldung hat es über die lokale Presse nicht hinausgeschafft. Eine Erörterung der naheliegenden Frage, wie es sich wohl mit der medialen Rezeption verhalten hätte, wäre eine Moschee betroffen gewesen, erspare ich mir hier.

30. Juli 2013

Staat im Staat

Der NSU hat es vorgemacht. Die Zeit der Bekennerschreiben ist vorbei.
Sie waren auch wirklich überflüssig. Niemanden interessieren noch sinnlose Pamphlete mit Sätzen so lang und aussagekräftig wie die Reden von Staatsratsvorsitzenden zur Planerfüllung.
Heute werden diese Rechtfertigungen und Verantwortungsübertragungen in Pressemitteilungen verlautbart. Das hat den Vorteil, dass nicht nur eine Zeitung mit guten Kontakten in die "Szene" Exklusivrechte für "Erklärungen" erhält, sondern die zu Kontradiktionen geschrumpften Botschaften nun einer breiteren Masse unter die Nase gerieben werden können.

28. Juli 2013

Anmerkungen zum Fall Gustl Mollath


Groß ist die Aufregung, nachdem das Landgericht Regensburg die Wiederaufnahme des Verfahrens im Fall Gustl Mollath abgelehnt hat, weil die erkennbaren Verfahrensfehler der Vorinstanzen nicht von hinreichender Schwere gewesen seien. Hier finden Sie eine grobe Chronologie des Falles. Die Unterstützer Mollaths, allen voran die Süddeutsche Zeitung, sehen hierin einen veritablen Justizskandal, und nachdem sich große Teile der bayerischen Politik im gegenwärtigen Wahlkampf ebenfalls auf die Seite der Unterstützer geschlagen haben, stehen die Justiz und die behandelnde Ärzteschaft ziemlich isoliert da. 
Viele gängige Klischees über Psychiatrie werden da bemüht. Die zwangssedierende, womöglich mit "Elektroschocks" gegen den Willen der Patienten vorgehende "Verwahrpsychiatrie" im Dienste einer vertuschenden Justiz usw. Einer flog über das Kuckucksnest reloaded, wenn man so sagen darf; auch Assoziationen zur unrühmlichen Rolle der Psychiatrie in den beiden deutschen Diktaturen werden erzeugt. Dabei scheinen viele Menschen, die, ebenso wie ich, lediglich auf die in den Medien verfügbaren Informationen zugreifen können, getragen von einer Sicherheit in der Beurteilung dieses Falles zu sein, über die ich nur staunen kann: Experten allerorten. 
Ich dagegen gebe unumwunden zu: Ich weiß nicht, ob Mollath eine Wahnerkrankung hatte oder hat, und ich habe festgestellt, daß unabhängige Informationen zum Thema kaum recherchierbar sind. Dennoch möchte ich ein paar Anmerkungen zu dem Fall machen mit der Idee, mich eines abschließenden Urteils zumindest halbwegs zu enthalten.

26. Juli 2013

„Ersatzreligion“ - eine abzuschaffende Bezeichnung? Gastbeitrag von Ludwig Weimer

Es hat sich eingebürgert, die Fangemeinde des Fußballs, die absoluten Verfechter einer grünen Ideologie, die Kunstverehrer in der Warteschlange vor Museen und Ausstellungshallen, die Erotomanen ebenso wie die auf ein ‚Tierkadaver‘-Essen Verzichtenden, die Wissenschaftsgläubigen so wie die Esoteriker und die Sternbildgläubigen wie die Menschenrechtskämpfer als Vertreter einer „Ersatz-Religion“ zu bezeichnen.

23. Juli 2013

Kurioses, kurz kommentiert. In Baden-Württemberg ist das #Internet gefährliches #Neuland


Aktuell ist Spiegel Online und weiteren Medien zu entnehmen, daß die grün-rote Landesregierung in Baden Württemberg Lehrern zukünftig verbietet, zur dienstlichen Kommunikation Soziale Netzwerke wie, so das Dekret wörtlich, Face-book (sic!), Studi VZ (gibt es das noch?) usw. zu nutzen. Im Klartext heißt das, daß weder Lehrer untereinander noch Lehrer mit Schülern über diese Plattformen kommunizieren dürfen. Hintergrund seien datenschutzrechtliche Bedenken. Hier die Quelle der Nachricht.  Dort heißt es:
Generell ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen der schulischen Arbeit auf Sozialen Netzwerken von Anbietern unzulässig, soweit deren Server außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes betrieben werden, es sich um US-Amerikanische Unternehmen handelt oder ein Zugriff von außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes möglich ist.
Warum amerikanische Unternehmen hier speziell genannt werden, obwohl sie doch unter die anderen Kriterien mühelos und automatisch subsumiert werden könnten, bleibt  in der Verlautbarung ungeklärt.

21. Juli 2013

Zitat des Tages: Trayvon Martin could have been me, 35 years ago.


So der Präsident der USA, Barack Obama, vor wenigen Tagen. Hiermit bezog er Stellung in der gegenwärtigen Rassismusdebatte, die in der Folge des kürzlichen Freispruchs von George Zimmerman entbrannt ist. Zu den Merkwürdigkeiten in dieser Diskussion gibt es einen exzellenten Text von Hansjörg Müller auf der Achse des Guten, dessen Lektüre ich empfehlen darf und der nicht nur die ausgesprochene mediale Schräglage in dieser Debatte zum Gegenstand hat, sondern auch die Absurditäten des vergangenen Prozesses richtigerweise auf seiten der Anklage verortet. Aber was will man erwarten? Schließlich lassen sich anhand dieses Falles gleich zwei Lieblingsthemen insbesondere deutscher Journalisten, nämlich institutioneller Rassismus und Schußwaffen in privater Hand, erschöpfend behandeln. 

20. Juli 2013

Mecker-Marginalie: Trau, schau, wem


Nicht nur die Medienzunft, auch die Musikindustrie wird alle Jahre wieder von einem Sommerloch geplagt. Beide Branchen reagieren auf die gähnende Leere mit der Verwertung zweitklassigen Materials. Bei den akustisch Kreativen wird das Lückenbüßerwerk „Sommerhit“ genannt: Es zeichnet sich durch einen – auch für Mainstream-Pop-Verhältnisse – ausgesucht einfältigen Text und lateinamerikanisch-karibische Tanzmelodien aus.

Nun wäre es eigentlich eine naheliegende Idee, beide Löcher auf einen Streich zu stopfen, nämlich indem man mit einem skandalösen Werk der Tonkunst nicht nur die schwach besetzten Charts, sondern auch die nur mühsam am Leben gehaltenen Nachrichten- und Kommentarspalten der Zeitungen stürmt.

19. Juli 2013

Gedanken zum 20. Juli 1944. Ein Gastbeitrag von adder

Passend zum Monat, in dem sich alljährlich dieser Gedenktag wiederholt, wurde ja in Bezug auf Edward Snowden in den letzten Wochen gerne der Vergleich mit den Verschwörern aus der Wehrmacht gezogen. Nein, ich möchte nicht so sehr auf Edward Snowden eingehen, obwohl ich diese Vergleiche als unpassend empfinde, sondern mich mit vier Personen beschäftigen, die im Untergrund teilweise bereits seit 1934 gegen Hitler und die Nazis planten, Attentate organisierten und Umsturzpläne fassten. Personen, deren Zielstrebigkeit, Opferbereitschaft und moralische Integrität uns heute durchaus immer noch Vorbild sein kann.

Die Hand am Regler (2) - Die Strompreise

Im ersten Teil der Serie habe ich versucht aufzuzeigen, dass sich der deutsche Strommarkt durch die Energiewende gespalten hat - in einen planwirtschaftlich organisierten Teil (der Komplex der durch das EEG garantierten Einspeisevergütungen) sowie einen marktwirtschaftlich organisierten Teil, dem die Erzeuger konventioneller Energie sowie die Händler unterliegen.

Meine These ist, dass dieser Dualismus ceteris paribus zwangsläufig zu steigenden Strompreisen führt. Jedoch hat diese These starke Konkurrenz von den Energiewendebefürwortern, die die privaten (konventionellen) Stromerzeuger sowie die teilweise von der EEG-Umlage befreite stromintensive Industrie als Strompreistreiber identifiziert.

Die Brutto-Verbraucherpreise für Strom in Deutschland steigen - für Privathaushalte seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 um gut die Hälfte (Preisindex von 151 gegenüber 1998; wenn ich das Jahr 2000 ansetzen würde, wäre der Anstieg noch etwas spektakulärer, aber diese Taschenspielertricks überlasse ich lieber den Klimaforschern). Dass dieser Anstieg gerade einkommensschwachen Haushalten zu schaffen macht, ist offensichtlich.

Hand aufs Herz, lieber Leser - könnten Sie ohne einen Blick auf Ihre Stromrechnung sagen, aus welchen Komponenten sich die durchschnittlich 28,73 Cent, die Sie bei Vertragsabschluss im Jahr 2013 für eine kWh Haushaltsstrom zahlen, zusammensetzen? Denn das ist unerlässlich für eine Antwort auf die Frage, warum die Strompreise steigen. 

18. Juli 2013

Kurioses, kurz kommentiert: Friedrichs Supergrundrecht und die Freiheit

Vermutlich wäre es beängstigend, wenn ein Innenminister die Freiheit als wichtigstes Grundrecht hervorheben würde: Tut der Mann etwa seine Arbeit nicht? Hat er den Überblick bei den Gefahren verloren? Hat er gar vor dem Verbrechen kapituliert?

Nein, "Freiheit" ist ein bedenkliches Wort aus dem Mund von Machthabern. Es klingt falsch, selbst dann, wenn diese Machthaber keine Diktatoren, sondern demokratisch auf Zeit gewählte Staatsdiener sind. Die Opposition darf gerne von Freiheit reden, aber im vollen Sinne wahr ist dieses Wort nur im Munde der Untertanen, auch wenn es sich bei diesen um Bürger eines freiheitlichen Rechtsstaats handelt.

Für die Freiheit kann der Staat wenig tun, außer sie zu respektieren. Seine Aufgaben sind andere, und immer, wenn der Staat etwas tut, geht es auf Kosten der Freiheit. Er ordnet an, vollstreckt, reguliert, übt unmittelbaren Zwang aus. Gesetze gelten, ob man sie mag oder nicht. Sie sind keine Verträge, denen man beitreten könnte oder nicht. Was immer sie Wohltuendes bewirken mögen, zuerst sind sie Einschränkungen der Freiheit.

Wenn also der Bundesinnenminister von der Sicherheit als "Supergrundrecht" spricht, dann zeigt er damit nicht nur, dass er seine Amtspflicht verstanden hat. Für die Sicherheit der Bürger zu sorgen, ist der wesentliche Daseinszweck des Staates überhaupt, und daher ist Sicherheit das Grundrecht, um das er sich vor allem zu kümmern hat, sie ist das einzige, welches kein Abwehrrecht gegen den Staat, sondern eine Aufgabe für ihn ist. Wer die Idee der Freiheit hochhält, wird vielleicht sogar sagen, es handele sich bei der Sicherheit um das Einzige, worum der Staat sich überhaupt kümmern sollte, während alles andere von den Bürgern und ihren freiwilligen Vereinigungen selbst geregelt werden könne.

Das heißt nun keineswegs, dass der Staat für die Sicherheit der Bürger unbedingt notwendig ist: auch Sicherheit ist ein Gut, das von privaten Firmen angeboten werden kann. Es heißt nur, dass ein Staat, der sich nicht um die Sicherheit der Bürger kümmert, keine wirkliche Aufgabe mehr hat und genausogut verschwinden könnte. In diesem Sinne ist aus Regierungssicht die Sicherheit das Grundrecht, das über den anderen steht, das Supergrundrecht, weil es sich um jene Aufgabe handelt, deren Erfüllung die Existenz des Staates selbst legitimiert.

Wie angenehm aufrichtig, wenn ein Innenminister nicht so tut, als seien er und sein Staat Garanten der Freiheit!

meint Kallias

© Kallias. Für Kommentare bitte hier klicken.

17. Juli 2013

Das Dilemma des Westens in Syrien


Der seit nunmehr zwei Jahren andauernde Krieg in Syrien berührt die Interessen einer ganzen Reihe von Nationen. Abzulesen ist dies an den Ländern welche den Nachschub an Waffen sicherstellen. 
Aber nicht nur Nationen haben Interessen dort.

Neben der Freien Syrischen Armee und den Truppen Assads gibt es noch eine dritte Partei in diesem Krieg - Al-Qaida.  

16. Juli 2013

Die Hand am Regler (1) - Der Strommarkt


­Die Bundesregierung wird erpresst. Von den mächtigen privatisierten Stromriesen, die mit ihren Dreckschleudern weiter fette Gewinne einkassieren möchten. So jedenfalls der Tenor eines Artikels bei SPON und der dazugehörigen Leserkommentare.

Die nimmermüde Wind- und Sonnentrommlerin Marlies Uken stößt auf "Grüne Geschäfte" ins gleiche Horn:
Zwar haben die Energieriesen die absehbaren Folgen der Energiewende viel zu lange verschlafen und in einige Kraftwerke investiert, die im künftigen Energiemix kaum noch gebraucht werden. Doch angesichts ihrer aufgehäuften Milliardenreserven könnten sie das leicht verschmerzen. Wenn die vier größten Betreiber jetzt mit Stilllegungen drohen, dann geht es ihnen nicht um den Abbau von Überkapazitäten, sondern um Kompensationszahlungen.
Die notwendigen Maßnahmen sind auch klar - die "Stimme des Volkes" ist ja selten kreativ - Energieversorgung verstaatlichen, stromintensive Industrie nicht mehr von der EEG-Umlage befreien usw.

Was war passiert? Seit dem exponentiellen, durch die im EEG garantierte Einspeisevergütung geförderten Ausbau von Wind onshore und Photovoltaik sind gerade Öl- und Gaskraftwerke oft nicht mehr rentabel zu betreiben. Irsching V, eines der modernsten Kraftwerke in Deutschland, ist bei weitem nicht ausgelastet.

Ist auch klar - die Grundlast wird - noch - von den verbliebenen Kern- sowie Kohlekraftwerken geleistet, da kann das Gaskraftwerk aufgrund der Brennstoffkosten nicht mithalten. Dazu drängen die volatilen Erneuerbaren mit Einspeisevorrang ins Netz. Nun werden die Energiewendebefürworter sagen - "super, genau das war doch der Sinn der Sache!" Allerdings wollen die meisten von ihnen auch nachts und bei Windstille Strom haben. Und wenn sie dann auch noch im Süden Deutschlands wohnen, haben sie dabei aufgrund der Beschaffenheit des deutschen Stromnetzes ziemlich schlechte Karten.

Ich werde nun in einer kleinen Serie versuchen, den Hintergrund dieses komplexen Themas zu beleuchten.

15. Juli 2013

Die Vereinten Nationen und Deutschland in der Gruppentherapie


Sie ist ja schon eine etwas abgetakelte alte Diva, die UNO; sie hat ihre besten Tage hinter sich. Und wie das bei Diven oft der Fall ist, gelingt es ihr nicht, in Würde zu altern. Sie schminkt sich grell und läßt sich liften; dennoch fällt es schwer, bei den Nationen noch das Vereinte zu entdecken. Es ist eben nicht eine Welt, sondern eine multipolare mit vielen einzelstaatlichen Partikularinteressen. Die USA haben sich ohnehin längst abgewandt
Was läge für diese alternde Patientin also näher als eine erfahrungsorientierte Gruppentherapie, zur Selbstvergewisserung eigener Bedeutsamkeit und Wichtigkeit vor dem Publikum der Welt? Gesagt, getan.

14. Juli 2013

Das Eigentor in der Studie der Heinrich-Böll-Stiftung

Die Heinrich-Böll-Stiftung hat eine Studie zur Kritik an »Gender Studies« veröffentlicht. Um den Inhalt in einem Satz zusammenzufassen: Glaubt man den Autoren der Studie, hat es noch nie eine seriöse Kritik an den »Gender Studies« gegeben.

Schon in der Einleitung werden die Kritikerinnen und Kritiker der »Gender Studies« unter anderem in die politisch »rechte Ecke« gestellt, den christlichen Fundamentalisten zugeordnet oder als frauenfeindliche Antifeministen eingestuft.

Die Autorin und die Autoren der Studie gestehen keiner Kritikerin und keinem Kritiker an den »Gender Studies« auch nur eine Spur von Legitimität zu. Im besten Fall wird die Kritik aus dem Zusammenhang gerissen, im schlimmsten Fall werden Personen und Aussagen denunziert.

Feu tricolore (4): Die permanente Revolution

Frankreich begeht heute seinen Nationalfeiertag. Wie sattsam bekannt, wird gemeinhin die legendär überhöhte Erstürmung des Staatsgefängnisses Bastille am 14. Juli 1789 als Auftakt der Großen Revolution betrachtet. Frankreich feiert heute also diese von ihm ausgegangene historische Zäsur, die der junge Hegel als einen „herrlichen Sonnenaufgang“ bezeichnete.

Aber nicht nur, was den Nationalfeiertag anbelangt, auch sonst hat die Revolution in der Staatssymbolik unseres Nachbarlandes tiefe Spuren hinterlassen.

13. Juli 2013

Antiamerikanismus


Es ist wohl lange her, daß ein politischer Vorgang diesen Blog so intensiv beschäftigt hat wie der Fall Snowden. Eigentlich, scheint mir, haben die geschätzten Kollegen Erling Plaethe und R. A. das Wesentliche bereits gesagt. Auf einen kleinen Nebenaspekt des Skandals möchte ich aber noch hinweisen. Der Fall scheint mir auch ein Lehrstück über antiamerikanische Affekte zu sein. Und damit meine ich nicht, daß die üblichen Verdächtigen, wie etwa Jakob Augstein, sofort auf diesen Zug aufgesprungen sind. Das war zu erwarten und ist in seiner Vorhersehbarkeit geradezu langweilig. Nein, es ist der schwer zu fassende Tenor der Berichterstattung, der tief sitzende antiamerikanische Ressentiments bedient.

50 Euro

Kunst soll ja Denkanstöße bieten. Was ihr aber recht selten gelingt.

Eine interessante Ausnahme durfte ich unlängst in einer Vorstellung des Kabarettisten Vince Ebert erleben. Wohl einer der besten seines Fachs in Deutschland, sehr intelligente und teilweise sehr hintergründige Texte. Leider ist sein aktuelles Programm gerade am auslaufen, das nächste dürfte aber auch zu empfehlen sein.

Er philosophierte in seinem Programm "Freiheit ist alles" über verschiedene Aspekte von Freiheit, die Chancen, die Risiken.
Der interessanteste Punkt des Programms kommt ab Minute 41: Er nimmt sich die Freiheit, etwas Unsinniges zu tun. Was noch niemand im Publikum getan hat. Er vernichtet Geld. Konkret: Er verbrennt auf offener Bühne einen 50-Euro-Schein.

Er hätte sich davon etwas Schönes kaufen können, er hätte es für edle Zwecke spenden können. Einen Geldschein statt dessen zu verbrennen, das ist nach normalen Maßstäben völlig unsinnig. Aber genau so etwas tun zu dürfen, das ist eben Freiheit - Kollege Llarian hat das erst vor kurzem beschrieben.

Und es war interessant mitzubekommen, wie sehr genau diese eine Sache das Publikum beschäftigt hat. Über keinen anderen Punkt des Programms wurde hinterher so intensiv diskutiert. Das war kein gefälliger Witz mehr, wie man ihn von einem Kabarettisten erwartet. Sondern das war unerwartet, das hat verstört, das war Kunst.

R.A.

© R.A.. Für Kommentare bitte hier klicken.

12. Juli 2013

Desinformation

FAZ-NET schreibt heute in Ihrem Artikel "Snowden unterschreibt angeblich Asylantrag für Russland" folgenden Satz:
Nachdem ihm die amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, floh Snowden über Hongkong nach Moskau, wo er sich seit knapp drei Wochen im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo aufhält.
Wie bitte? Edward Snowden ist nicht mehr Staatsbürger der USA?

Der Unterschied

Nicht erst seit dem Versuch eine "Brüderle-Affäre" zu konstruieren muß man den Verdacht haben, daß man beim STERN nur mit einem IQ knapp oberhalb Gefrierpunkt mitmachen darf. Ein aktuelles Beispiel bestätigt das. Aber dieses Beispiel ist nur die Spitze des bundesweiten Eisbergs ...

10. Juli 2013

Farben der Hilfe

Vor wenigen Wochen noch ein großer Skandal - inzwischen sind neue Säue durchs Mediendorf gejagt worden. Ein kleiner Rückblick:
Ein "Neonazi-Netz" ist aufgedeckt worden, große Aufregung in den Medien. Wegen diverser Delikte einsitzende Neonazis haben versucht, die Kontrollen der jeweiligen Haftanstalten zu unterlaufen und miteinander bzw. mit Unterstützern von außerhalb Kontakt aufzunehmen.

Wobei erst einmal unklar ist, wo eigentlich das Problem ist. Abgesehen natürlich davon, daß das wohl alles sehr widerliche Typen sind. Aber strafbar haben sie sich nicht gemacht (jedenfalls nicht durch ihre Kontaktversuche). Es ist legal, Briefe zu schreiben - auch an Beate Zschäpe. Es ist legal, Gefangene finanziell zu unterstützen. Und es ist legal, daß sich Gleichgesinnte zusammenschließen, auch wenn die Gesinnung verfassungsfeindlich ist.