4. März 2007

Viel Phil

Ich bin frankophil.

Ich liebe die französische Sprache, die französische Kultur. Wenn es irgend geht, fahre ich nach Paris, steige in meinem Lieblingshotel im 1. Arrondissement ab, in der Rue du Roule, gehe in meinem Lieblingslokal essen, wo die Wirtin mich kennt, mir ihre neueste Création empfiehlt und mit dem deutschen Gast über dies und jenes schwatzt.

Sie war schon Wirtin, als es die Halles noch gab, sie erzählt gern über diese gute alte Zeit, die ich ja auch erlebt habe, weil ich seit fast einem halben Jahrhundert nach Paris fahre.

Vielleicht habe ich schon 1965 bei ihr gegessen; wir konnten das leider nicht klären.



Ich bin ein großer Freund Amerikas. Ich bewundere dieses Land, dessen Verfassung die Aufklärung in Realität umgesetzt hat. Nie in der Geschichte der Menschheit ist ein so gutes politisches System ersonnen und realisiert worden; sonst hätte es sich ja nicht mehr als 200 Jahre halten können.

Ich bin also amerikophil, so wie ich frankophil bin.



Und ich bin germanophil. Ich bin ein deutscher ... naja, man sagt gern: Patriot. Man könnte auch sagen: Ich bin ein bewußter Deutscher.

Denn ich bin in dieser meiner deutschen Kultur verwurzelt.

Ja, gewiß, ich lese und schreibe das Englische und Französische fast so gut wie das Deutsche. Einen wissenschaftlichen Text auf Englisch zu schreiben fällt mir leichter, als ihn auf Deutsch zu schreiben. Ich lese einen französischen Text so wie einen deutschen.



Aber ich bin Deutscher. Es gibt für mich überhaupt keinen Zweifel an meiner nationalen Identität.

Je älter ich werde, umso mehr sehe ich mich sehr bewußt als einen Deutschen.

Man muß das natürlich präzisieren.

Für mich bedeutet mein Deutschsein, daß ich erstens in der Tradition Preußens stehe - dieses wunderbaren Staats, der die Aufklärung in politische Realität umgesetzt hat, bevor das dann den USA ungleich besser gelang. Der erste Rechtsstaat der modernen Geschichte.

Preußen kann man nicht genug loben. Seine Verteufelung durch die Kommunisten diskreditiert nicht Preußen, sondern die Kommunisten. Ich hoffe sehr, daß aus der Vereinigung von Berlin und Brandenburg ein neues Preußen hervorgehen wird.



Zweitens sehe ich mich in der Tradition der süddeutschen Demokraten.

Da entstand am Ende des 18. Jahrhundets, am Anfang des 19. Jahrhunderts ein liberales Bürgertum, ein Freiheitsbewußtsein, das in Europa seinesgleichen sucht.

Deutschland war damals das Land der Freiheit.

Ja, es ist wahr, daß daraus wenig wurde - so, wie überall, wo die Restauration von Metternich siegte.

Deutschland, das von Bismarck, von Wilhelm II - das war kein Musterstaat.

Es war aber auch kein schlechter Staat. Es war halt so, wie Staaten nun einmal sind. Durchwachsen, normal.



Und heute? Ich lebe gern in diesem Land. Nein, es ist nicht vollkommen. Manches ist in den USA besser, anderes in Frankreich.

Aber das gleicht sich so ungefähr aus. Alles in allem freue ich mich, in Deutschland zu leben, ein bewußter deutscher Patriot zu sein.