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1. Oktober 2008

Zitat des Tages: Wen hörte Sarah Palin als Zweitkläßlerin?

I've been hearing his speeches since I was in the second grade.

(Ich höre seine Reden, seit ich Zweitklässerin war).

Sarah Palin über ihren Konkurrenten Joe Biden, dem sie morgen Nacht in einem TV-Duell gegenüberstehen wird; zitiert im heutigen Wall Street Journal.

Kommentar: Der Artikel im WSJ hat die Überschrift: "Palin Proved to Be Formidable Foe in Alaska Debates" - In Debatten in Alaska erwies Palin sich als eine gefürchtete Gegnerin.

Wer meint, daß Joe Biden sie mühelos an die Wand debattieren wird, der sollte diesen Artikel lesen.

Das Zitat ist im übrigen bezeichnend für Palin: Kurz und bissig. In einem kleinen Satz bringt sie unter, wie alt ihr Gegner im Vergleich zu ihr ist - und daß er gern und viel redet. Und macht zugleich auch noch darauf aufmerksam, daß er natürlich der gewieftere Rhetoriker ist.

Seit Palins Nominierung versuchen die demokratischen Strategen ihr das Etikett des geistig unbedarften, bigotten Trampels aus der Provinz anzuheften.

Für die Debatte kann ihr das nur nützen. Die meisten Wähler erwarten nicht viel von ihr. Wenn sie nur Biden einigermaßen Paroli bietet, wird das schon als Erfolg gewertet werden.



Allerdings hat das Team McCain/Palin einen Erfolg auch bitter nötig. Gut einen Monat vor den Wahlen hat sich Obamas Vorsprung in den Umfragen stabilisiert. Schlimmer noch für McCain: Es ist jetzt deutlich zu sehen, daß der Aufschwung McCains Anfang September nur die vorübergehende Umkehrung eines langfristigen Trends zugunsten von Obama gewesen ist. Eine Schwalbe, auf die kein Sommer folgte.

Nimmt man hinzu, daß das Thema Wirtschaft die kommenden Wochen beherrschen wird und daß Obama in diesem Bereich als kompetenter eingeschätzt wird als McCain (warum auch immer), dann sieht es in der Tat düster aus für McCain und Palin.

Im Grunde können sie nur noch gewinnen, wenn etwas ganz Unerwartetes geschieht - sei es, daß Obama einen tödlichen Fehler macht, sei es, daß es zu einer außenpolitischen Krise kommt. Diese müßte freilich schon gewaltig sein, um in der Bewertung der Amerikaner das Thema Wirtschaftskrise auf den zweiten Platz zu verweisen.



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31. August 2008

Der 44. Präsident der USA (15): Warum die Nominierung von Sarah Palin eine brillante Entscheidung sein könnte. Oder im Fiasko enden (Teil 2)

Im ersten Teil habe ich mich mit der Qualifikation der Kandidatin Sarah Palin befaßt.

Aber natürlich wird ein Running Mate nicht nur nach Qualifikation für das Amt ausgesucht - im Grunde ja für zwei Ämter, das des Vizepräsidenten und dasjenige des Präsidenten, das ihm zufallen kann. Sondern ein wesentlicher Gesichtspunkt ist auch, daß er dem Kandidaten für die Präsidentschaft Wähler zuführen soll, die dieser allein nicht erreichen kann.

Da nun könnte die Unerfahrenheit von Sarah Palin sogar ein Vorteil sein. Denn mit ihrer Nominierung rückt das Thema der politischen Erfahrung jedenfalls für einige Zeit in den Mittelpunkt des Wahlkampfs. Und das wird am Ende Obama schaden und McCain nützen.

Viele werden zunächst denken: Eine so unerfahrene Frau als Vize, kann das gutgehen? Und sich dann überlegen, daß ja auch Obama nicht erfahrener ist; sogar unerfahrener, was das Regieren angeht. Das könnte manchen zur Entscheidung für McCain bringen.

Wie überhaupt, so sieht es jedenfalls gegenwärtig aus, die Nominierung von Sarah Palin McCains Wahlkampf sehr beflügeln dürfte. Sie spricht just diejenigen Gruppen an, die McCain selbst nicht gut erreicht - die Frauen, die Jungen, die frommen Konservativen. Hillary- Wähler ebenso wie Huckabee- Wähler; und vielleicht sogar den einen oder anderen Obama- Wähler, der vor allem jemanden unter fünfzig haben möchte.

Insofern hat McCain sich an diejenigen Kriterien gehalten, die ihn auch zur Auswahl von Tim Pawlenty hätten veranlassen können; er hat sich für eine radikalere Variante derselben Option entschieden.

Und er hat mit Sarah Palin jetzt auch noch eine glänzende Debattiererin, die Joe Biden in den Duellen der Vize- Kandidaten zumindest rhetorisch gewachsen sein wird. Was das Wissen angeht, wird sie bis dahin allerdings kräftig büffeln müssen.



Und schließlich wird Palin auch viel Medieninteresse an ihrer Person auf sich ziehen; ganz anders als der redselige, seit Jahrzehnten den Wählern geläufige Joe Biden.

Nicht nur, weil sie bisher ziemlich unbekannt war und viele sich folglich fragen werden, wer denn diese Frau ist, deren Stern so schnell aufging. Sondern das, was die Medien über sie publizieren werden, verspricht auch einen hohen Human Interest- Wert zu haben:

Sie war einmal Schönheitskönigin, wenn auch nur Miss Wasilla. Ihr Mann Todd hat Yupik- Eskimos als Vorfahren; sein Hobby sind Rennen mit Motorschlitten. Einer ihrer Söhne ist Soldat und wird demnächst in den Irak gehen. Ihren jüngsten Sohn bekam sie erst im April dieses Jahres; es ist ein Kind mit Down- Syndrom. Daß sie es bekommen hat, darf man bei den heutigen pränatalen Routine- Tests als Beleg dafür ansehen, daß sie sich bewußt dafür entschieden hat, es trotz der Behinderung zu bekommen.

Und wenn sie auch das Jagen, Fischen und vor allem das Schießen liebt - sie ist zugleich, so das Magazin People, dem ich auch die anderen Informationen entnommen habe, eine ausgesprochen modebewußte Frau: "... on the job as governor she wears Kazuo Kawasaki designer glasses and black Franco Sarto boots!", im Amt trägt sie Kazuo- Kawasaki- Designerbrillen und schwarze Franco- Sarto Stiefel.

Was immer das ist; es klingt jedenfalls gut.

Ach ja, (das nur nebenbei für Sie, liebe Leser in Deutschland): deutsche Vorfahren hat sie auch, die Sarah Palin. In ihrem Stammbaum finden sich die Namen Müller und Schmolz. Schmolz ist ein eher seltener Name, dessen Verbreitung man sich hier ansehen kann. Mit recht großer Wahrscheinlichkeit stammen Vorfahren der künftigen US-Vizepräsidentin aus dem Raum Heilbronn- Böblingen - Göppingen.



Der künftigen Vizepräsidentin? So wird sie jedenfalls auf der Convention in St. Paul, Minnesota, wieder und wieder genannt werden. Wird sie es auch werden?

In den Umfragen hat sich in den letzten Wochen der Abstand zwischen Obama und McCain kontinuierlich verringert und war in einigen Umfragen bereits verschwunden; allerdings hatte Obama in der zweiten Hälfte der jetzt zu Ende gegangenen Woche der National Convention den zu erwartenden Aufschwung.

Man darf gespannt sein, wie sich die Nominierung Palins und dann die republikanische National Convention, die morgen beginnt, auswirken werden. Wenn es McCain schaffen sollte, am Ende der kommenden Woche gleichauf mit Obama oder sogar leicht vor ihm zu liegen, dann hat er ausgezeichnete Chancen, es im November zu schaffen.

Chancen, aber keineswegs eine Sicherheit. Denn seine Entscheidung für Palin ist mit einem hohen Risiko behaftet. In dem auf die Analyse von Umfragen spezialisierten Blog FiveThirtyEight gibt es dazu eine interessante entscheidungstheoretische Analyse. Danach ist McCain nach dem Parteitag der Demokraten - genauer: nach Bill Clintons enthusiastischer Unterstütung für Obama - zu der Überzeugung gekommen, daß er hinten liegt, und mußte deshalb ein Risiko eingehen:

Palin wird ihm, wenn alles gut geht, vielleicht (als Denkmodell) drei Prozentpunkte bringen - just die drei, die er für den Sieg braucht. Aber unerfahren wie sie ist, kann ihr leicht ein katastrophaler Fehler unterlaufen, eine Gaffe. Dann könnte McCain auch um zehn Prozentpunkte abrutschen; ein Fiasko.

Nur: Wenn er verliert, ist es egal, wie hoch er verliert. Wenn eine Chance von, sagen wir, fünfzig Prozent besteht, daß Sarah Palin einen solchen Fehler nicht begeht, dann hat McCain sich richtig entschieden.

Und noch eine bedenkenswerte Überlegung in dem Artikel und der anschließenden Diskussion: Sarah Palin spielt nicht nur - wie Obama das jetzt auf dem Parteitag versucht hat - den Menschen wie du und ich, den Kumpel. Sie ist es wirklich.

Ihr Authentizitäts- Faktor sprenge alle Maßstäbe, heißt es in dem Artikel. "But do Americans really want their next- door- neighbor running for Vice President, or rather someone who seems like one?" Aber wollen die Amerikaner wirklich die Nachbarin von nebenan als Bewerberin um die Vizepräsidentschaft - oder nicht doch eher jemanden, der nur so wirkt?



Für Kommentare zu diesem Artikel gibt es einen Thread in "Zettels kleinem Zimmer". Dort findet man auch eventuelle Aktualisierungen und Ergänzungen.

Der 44. Präsident der USA (15): Warum die Nominierung von Sarah Palin eine brillante Entscheidung sein könnte. Oder im Fiasko enden (Teil 1)

Wie man sich denken kann, hat die Entscheidung John McCains, die Gouverneurin Sarah Palin zu seiner Partnerin im Kampf um das Weiße Haus zu machen, zu sehr unterschiedlichen Reaktionen geführt.

Nicht oft gab es bei CNN so gegensätzliche Kommentare wie die von Paul Begala und von Ed Rollins zu diesem Thema. "Is McCain out of his mind?" fragt Begala - ob McCain übergeschnappt sei. Rollins hingegen nennt die Entscheidung McCains brillant, wenn auch riskant.



Sehen wir uns an, wie Begala, ein ehemaliger Mitarbeiter Bill Clintons, argumentiert:
Palin, a first-term governor of a state with more reindeer than people, will have to put on a few pounds just to be a lightweight. Her personal story is impressive: former fisherman, mother of five. But that hardly qualifies her to be a heartbeat away from the presidency.

For a man who is 72 years old and has had four bouts with cancer to have chosen someone so completely unqualified to become president is shockingly irresponsible. Suddenly, McCain's age and health become central issues in the campaign, as does his judgment.

Palin, in ihrer ersten Amtszeit als Gouverneurin eines Bundeslands mit mehr Rens als Einwohnern, wird ein paar Pfund zulegen müssen, um wenigstens ein Leichtgewicht zu sein. Ihre persönliche Geschichte ist eindrucksvoll: Ehemalige Fischerin, Mutter von fünf Kindern. Aber das qualifiziert sie kaum dazu, einen Herzschlag vom Amt des Präsidenten entfernt zu sein.

Für einen Mann, der 72 Jahre alt ist und der viermal akuten Krebs hatte, ist es entsetzlich unverantwortlich, jemanden ausgewählt zu haben, der so völlig unqualifiziert für das Amt des Präsidenten ist. Plötzlich werden McCains Alter und seine Gesundheit zentrale Themen des Wahlkampfs - und auch sein Urteilsvermögen.
Rollins hingegen, ein altgedienter Republikaner seit der Zeit Ronald Reagans, weist auf die Vorzüge von Sarah Palin hin:
Conservatives love her, and she shares John McCain's value system. She is also known for taking on the establishment and ethics is her forte. She defeated the longtime senator and Republican governor in a primary and then went on and defeated the former Democratic governor. (...)

I think the potential for her to attract women voters is immense. And I am betting, win or lose or draw, she is a future star of a party in desperate need of young people and women role models.

Die Konservativen mögen sie, und sie teilt John McCains Wertesystem. Sie ist auch dafür bekannt, sich mit dem Establishment anzulegen, und Ethik ist ihre Stärke. Sie schlug den langjährigen Senator und republikanischen Gouverneur in einer Vorwahl und dann auch gleich noch den ehemaligen demokratischen Gouverneur. (...)

Ich glaube, ihr Potential, weibliche Wähler anzuziehen, ist immens. Und ich wette darauf, daß sie einmal Star in einer Partei sein wird, die Junge und Frauen als Rollenmodelle dringend braucht.



Die Argumente beider Seiten sind nicht von der Hand zu weisen, auch wenn Begala, wie er das gern tut, übertreibt; er ist der Typ Kommentator, der für einen guten Witz seine Großmutter verkauft. Bei Diskussionen in CNN immer für eine Pointe gut.

Aber er hat im Kern recht - natürlich wäre es problematisch, wenn Sarah Palin, frisch nach Washington gekommen, Präsidentin werden müßte.

Würde McCain dagegen nach einigen Jahren im Amt ausfallen, dann sähe es anders aus, denn diese offenbar mit einem glänzenden Intellekt und einem starken Charakter begabte Frau scheint - soweit ich das beurteilen kann, nachdem ich mich ein wenig über sie informiert habe - durchaus das Zeug zur Präsidentin zu haben. Wenn sie, sagen wir, zwei Jahre Vizepräsidentin war und dann für McCain einspringen müßte, dann wäre sie sicher besser auf das Amt vorbereitet als jetzt Barack Obama.

Und damit sind wir beim entscheidenden Punkt: Wie man die Kandidatur von Sarah Palin beurteilt, ist eine Frage der Risiko- Abwägung. Wenn Obama Präsident wird, dann kommt mit Sicherheit jemand in dieses Amt, dem es dafür an Erfahrung fehlt. Wenn McCain mit Palin als Running Mate Präsident wird, dann kann das passieren.

Ja, aber ist Obama, immerhin eine Legislaturperiode lang Senator, nicht doch qualifizierter als Sarah Palin? Als eine Frau, die seit noch nicht einmal zwei Jahren Gouverneurin im fernen Alaska ist, wo sie ungefähr so viele Einwohner regiert wie bei uns die Oberbürgermeisterin Petra Roth, nämlich weniger als 700.00? Zuvor war sie Bürgermeisterin von Wasilla gewesen; Einwohnerzahl je nach Quelle 5470, 6715 oder 8471 Seelen.

Nun, das kann man so und so sehen. Natürlich hat Obama aus seiner Zeit als Senator Erfahrungen mit den Verhältnissen in Washington, mit den Themen, die im Senat verhandelt werden. Palin hat das nicht. Aber sie steht immerhin seit zwölf Jahren in der politischen Verantwortung. Anders als Obama. Die einzige Organisation oder Körperschaft, für die er jemals Verantwortung getragen hat, war in Chicago das Developing Communities Project; maximale Zahl der Mitarbeiter: 13.

(Fortsetzung folgt)



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