Wie schon in einem vorausgehenden Artikel erwähnt, ist die Analyse von Stratfor für das kommende Jahr nicht allgemein zugänglich. Ich kann aber Auszüge daraus zusammenfassen und aus meiner eigenen Sicht kommentieren: Nach Syrien heute zu Rußland; auch diesmal ergänzt durch Links zu früheren Artikeln in ZR.
Im Inneren wird es weiter Unruhen geben; aber keine, die ernsthaft die Herrschaft Wladimir Putins bedrohen. Dieser hat es auf eine beeindruckende Weise verstanden, eine Macht zu erlangen, die ihn - was diese Machtfülle und die schiere Dauer seiner Regierungszeit angeht - in die Reihe der großen Zaren und der kommunistischen Diktatoren Lenin und Stalin stellt.
Ich habe das über die Jahre zu analysieren versucht. Eine Auswahl:
Ein Wendepunkt war der Krieg gegen Georgien 2008, mit dem Rußland seinen Anspruch als regionale Hegemonialmacht klargemacht und durchgesetzt hat (siehe die Serie in ZR von 2008 Georgien und der russische Imperialismus). Seither konnte Rußland es erreichen, daß nicht nur in Georgien, sondern auch in der Ukraine und in Kirgisien die Regierungen wieder beseitigt wurden, die aus den sogenannten "Farbrevolutionen" hervorgegangen waren (der "orangenen" zum Beispiel in der Ukraine). Dort regieren jetzt wieder Freunde des Kreml.
Zweitens hat Rußland eine Zollunion gegründet, die ebenfalls dem Ziel dient, seine Hegemonie im Bereich der ehemaligen Sowjetunion wieder herzustellen. Dieser Zollunion gehören unter anderem Weißrußland und Kasachstan an. Am Ende soll eine umfassende Eurasische Union entstehen:
Von kritischer Bedeutung für die russische Expansion wird 2013 die Ukraine sein. Auch das jetzige rußlandfreundliche Regime versucht seine Abhängigkeit von Rußland in Grenzen zu halten. Entscheidend ist, wie weit die Ukraine es erreichen kann, nicht völlig von russischen Erdgaslieferungen abhängig zu sein. Bisher ist das - anders als in Polen und im Baltikum - nicht gelungen. Solange die Ukraine vom russischen Erdgas abhängig ist, ist sie auch politisch von Rußland abhängig.
In Georgien hat sich mit dem Aufstieg von Bidzina Ivanischwili, auch er ein Freund Rußlands, dessen Einfluß ebenfalls weiter verstärkt. Stratfor erwartet, daß es dadurch zu Spannungen mit anderen Staaten der Region kommen wird, die sich dem russischen Einfluß zu entziehen versuchen; beispielsweise Aserbeidschan.
Was Westeuropa angeht, setzt Rußland weiter auf dessen Abhängigkeit von russischem Erdgas. Da es aber Wettbewerber gibt (und in Form der Lieferung flüssigen Gases mit Schiffen zunehmend geben wird), ist Rußland bei den Preisen für sein Erdgas inzwischen großzügig.
Vor allem geht es Putin darum, eine strategische Partnerschaft mit Deutschland zu erreichen. Allerdings sei Deutschland, meint Stratfor, in diesem Jahr eher auf die Innenpolitik konzentriert.
Stratfors Analyse - auf die ich mich im Folgenden nicht mehr beziehe - bestätigt das, was seit Putins Machtübernahme zu beobachten ist und was in den meisten deutschen Medien auf eine bemerkenswerte Weise ignoriert wird: Rußland ist im Begriff, die alte Sowjetunion unter geänderten Vorzeichen wieder zu errichten. Nicht nur, was die diktatorischen Tendenzen im Inneren angeht, sondern vor allem auch in der Außenpolitik.
Putin und seine Berater sehen den Zerfall der Sowjetunion als eine Schmach an, die rückgängig gemacht werden muß. Sie finden dazu u.a. diese Artikel in ZR:
Dabei spielt die deutsche Energiepolitik eine entscheidende Rolle. Es ist ausgeschlossen, die Energieversorgung auf Sonne und Wind aufzubauen, weil der Output dieser Energiequellen trivialerweise nicht steuerbar ist. Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, dann können ja in Deutschland nicht die Lichter ausgehen. Da wir in einem Akt kollektiver Besoffenheit zugleich aus der Atomenergie aussteigen, bleiben allein die fossilen Energien.
Und hier vor allem das Erdgas, bei dem wir von Rußland abhängig sind. Der deutsche "Ausstieg aus der Atomenergie" ist, außenpolitisch gesehen, ein Glücksfall für Rußlands Machtpolitik.
Wir können nur darauf hoffen, daß dank Fracking in den USA das dort geförderte Erdgas bald so billig wird, daß es verflüssigt rentabel in Schiffen nach Europa verfrachtet werden kann. Wenn nicht, haben wir den russischen hegemonialen Bestrebungen wenig entgegenzusetzen.
Im Inneren wird es weiter Unruhen geben; aber keine, die ernsthaft die Herrschaft Wladimir Putins bedrohen. Dieser hat es auf eine beeindruckende Weise verstanden, eine Macht zu erlangen, die ihn - was diese Machtfülle und die schiere Dauer seiner Regierungszeit angeht - in die Reihe der großen Zaren und der kommunistischen Diktatoren Lenin und Stalin stellt.
Ich habe das über die Jahre zu analysieren versucht. Eine Auswahl:
Was wird aus Wladimir Putin?; ZR vom 6. 2. 2007Ausführlicher als auf die Innenpolitik geht Stratfor auf die russische Außenpolitik ein:
Randbemerkung: Putin 2007, Hitler 1936; ZR vom 10. 2. 2007
So hat er's gemacht. Wie Wladimir Putin das Amt des Staatspräsidenten aufgeben und doch die Macht behalten konnt; ZR vom 7. 5. 2008
Bildzitat des Tages: Gratulation an Wladimir Putin zum Zehnjährigen. Welch ein Mann!; ZR vom 6. 8. 2009
Marginalie: Hat Putin wirklich verloren? Nein. Er hat genau das erreicht, was er wollte; ZR vom 5. 12. 2011
Vierundzwanzig Jahre Macht für Putin? Dann würde er Stalin fast erreichen; ZR vom 24. 9. 2011
Zitat des Tages: Putin, der ewige Präsident. Wie er wurde, was er ist; ZR vom 3. 3. 2012
Ein Wendepunkt war der Krieg gegen Georgien 2008, mit dem Rußland seinen Anspruch als regionale Hegemonialmacht klargemacht und durchgesetzt hat (siehe die Serie in ZR von 2008 Georgien und der russische Imperialismus). Seither konnte Rußland es erreichen, daß nicht nur in Georgien, sondern auch in der Ukraine und in Kirgisien die Regierungen wieder beseitigt wurden, die aus den sogenannten "Farbrevolutionen" hervorgegangen waren (der "orangenen" zum Beispiel in der Ukraine). Dort regieren jetzt wieder Freunde des Kreml.
Zweitens hat Rußland eine Zollunion gegründet, die ebenfalls dem Ziel dient, seine Hegemonie im Bereich der ehemaligen Sowjetunion wieder herzustellen. Dieser Zollunion gehören unter anderem Weißrußland und Kasachstan an. Am Ende soll eine umfassende Eurasische Union entstehen:
Der Hintergrund von Putins Plan einer "Eurasischen Union". Das Ende der "Selbstverstümmelung" des russischen Reichs; ZR vom 5. 10. 2011Auf der anderen Seite wird der russischen Hegemonialpolitik weiter Widerstand entgegengesetzt. Das gilt vor allem für die drei baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen, die von den Kommunisten zwangsrussifiziert worden waren. Sie versuchen sich aus der Energie-Abhängigkeit von Rußland zu befreien und orientieren sich in Richtung Westeuropa, vor allem aber nach Skandinavien.
Von kritischer Bedeutung für die russische Expansion wird 2013 die Ukraine sein. Auch das jetzige rußlandfreundliche Regime versucht seine Abhängigkeit von Rußland in Grenzen zu halten. Entscheidend ist, wie weit die Ukraine es erreichen kann, nicht völlig von russischen Erdgaslieferungen abhängig zu sein. Bisher ist das - anders als in Polen und im Baltikum - nicht gelungen. Solange die Ukraine vom russischen Erdgas abhängig ist, ist sie auch politisch von Rußland abhängig.
In Georgien hat sich mit dem Aufstieg von Bidzina Ivanischwili, auch er ein Freund Rußlands, dessen Einfluß ebenfalls weiter verstärkt. Stratfor erwartet, daß es dadurch zu Spannungen mit anderen Staaten der Region kommen wird, die sich dem russischen Einfluß zu entziehen versuchen; beispielsweise Aserbeidschan.
Was Westeuropa angeht, setzt Rußland weiter auf dessen Abhängigkeit von russischem Erdgas. Da es aber Wettbewerber gibt (und in Form der Lieferung flüssigen Gases mit Schiffen zunehmend geben wird), ist Rußland bei den Preisen für sein Erdgas inzwischen großzügig.
Vor allem geht es Putin darum, eine strategische Partnerschaft mit Deutschland zu erreichen. Allerdings sei Deutschland, meint Stratfor, in diesem Jahr eher auf die Innenpolitik konzentriert.
Stratfors Analyse - auf die ich mich im Folgenden nicht mehr beziehe - bestätigt das, was seit Putins Machtübernahme zu beobachten ist und was in den meisten deutschen Medien auf eine bemerkenswerte Weise ignoriert wird: Rußland ist im Begriff, die alte Sowjetunion unter geänderten Vorzeichen wieder zu errichten. Nicht nur, was die diktatorischen Tendenzen im Inneren angeht, sondern vor allem auch in der Außenpolitik.
Putin und seine Berater sehen den Zerfall der Sowjetunion als eine Schmach an, die rückgängig gemacht werden muß. Sie finden dazu u.a. diese Artikel in ZR:
Zar Putin und die Kontinuität der russischen Politik; ZR vom 2. 4. 2007Gewiß wird Rußland bei diesen hegemonialen Bestrebungen nicht gleich auch noch Deutschland unter seine Kontrolle bringen können oder wollen. Aber angesichts der wachsenden Orientierung der USA in Richtung Pazifik werden sich die Kräfteverhältnisse in Europa zugunsten von Rußland verändern.
"Mit dem Rückzug ist es vorbei". Igor Maximytschew stellt die Frage von Leben und Tod; ZR vom 10. 10. 2008
Hat Rußland Anspruch auf den Status einer Großmacht?; ZR vom 14. 11. 2008
Entkolonialisierung oder "Selbstverstümmelung"? Rußlands auf dem Weg zurück zu einer imperialen Politik; ZR vom 16. 11. 2008
Dabei spielt die deutsche Energiepolitik eine entscheidende Rolle. Es ist ausgeschlossen, die Energieversorgung auf Sonne und Wind aufzubauen, weil der Output dieser Energiequellen trivialerweise nicht steuerbar ist. Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, dann können ja in Deutschland nicht die Lichter ausgehen. Da wir in einem Akt kollektiver Besoffenheit zugleich aus der Atomenergie aussteigen, bleiben allein die fossilen Energien.
Und hier vor allem das Erdgas, bei dem wir von Rußland abhängig sind. Der deutsche "Ausstieg aus der Atomenergie" ist, außenpolitisch gesehen, ein Glücksfall für Rußlands Machtpolitik.
Wir können nur darauf hoffen, daß dank Fracking in den USA das dort geförderte Erdgas bald so billig wird, daß es verflüssigt rentabel in Schiffen nach Europa verfrachtet werden kann. Wenn nicht, haben wir den russischen hegemonialen Bestrebungen wenig entgegenzusetzen.
Zettel
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