Stalin herrschte 26 Jahre lang, von 1927 bis zu seinem Tod 1953. Das wird Wladimir Putin wahrscheinlich nicht ganz schaffen; aber auf 24 Jahre könnte er es bringen, weit mehr als Nikita Chruschtschow (11 Jahre), mehr auch als Leonid Breschnew, der immerhin 18 Jahre Generalsekretär der KPdSU war.
Wladmir Putin war acht Jahre lang Staatspräsident; danach konnte er laut Verfassung bekanntlich nicht wiedergewählt werden. Daß dies das Ende seiner Macht bedeuten würde, konnte man füglich bezweifeln. Leser von ZR haben über solche Zweifel schon im Februar 2007 erfahren, und dann immer einmal wieder. Wie Putin es machen würde, weiter an der Macht zu bleiben, das war ja eine spannende Frage über das ganze Jahr 2007 hinweg.
Er hat damals, vor vier Jahren, den eigentlich riskanten Weg gewählt, formal ins Amt des Ministerpräsidenten zu wechseln. Riskant, weil der Staatspräsident von der Verfassung mit so umfassenden Rechten ausgestattet ist, daß eine dort hingesetzte Marionette leicht auf den Gedanken hätte kommen können, die Schnüre zu kappen und es mit Selbstbewegung zu versuchen.
Wie Putin dieses Problem gelöst hat, zeigt, was für ein berechnender, langfristig planender Machtpolitiker er ist. Nicht nur hat er mit dem getreuen Medwedew einen gefunden, der sich kaum gegen ihn erheben würde. Aber wer weiß, wer weiß. Machtmenschen vertrauen selten darauf, daß ein anderer sich an die ihm zugedachte Rolle hält.
Also hat Putin mit einem genialen Schachzug, ohne ein einzige Jota an der Verfassung zu ändern, damals, vor vier Jahren, das Amt des Ministerpräsidenten in der Machtbalance so aufgewertet, daß ihm der Staatspräsident nicht gefährlich werden konnte; daß Putin auch nach dem Wechsel ins Amt des Ministerpräsidenten selbst die Fäden in der Hand behalten würde.
Diesen Schachzug habe ich im Mai 2008 beschrieben, gestützt auf eine Analyse von Vincent Jauvert vom Nouvel Observateur:
Zuvor waren die Ministerpräsidenten vom Staatspräsidenten berufen worden und von ihm abhängig gewesen; so, wie es die französischn Verfassung vorsieht, der die russische in vielen Punkten nachgebildet ist. Putin selbst hat noch kurz vor Ende seiner Amtszeit den Ministerpräsidenen abrupt ausgewechselt; in eigener Machtvollkommenheit.
Putin aber kandidierte nun bei den Duma-Wahlen 2007 ausdrücklich für das Amt des Ministerpräsidenten und erreichte (mit welchen Mitteln auch immer), daß seine Partei "Einiges Rußland", die ihm vollständig ergeben ist, 70 Prozent der Sitze in der Duma erreichte; auch die anderen Parteien sind überwiegend von ihm abhängig, teils sogar in seinem Auftrag gegründet worden.
Dadurch wurde er in Personalunion Ministerpräsident und der unangefochtene Chef der Duma. Mit seiner dortigen Zweidrittel-Mehrheit konnte er jedes Gesetz durchbringen und - wichtiger - jede Verordnung des Staatspräsidenten blockieren. Er war nicht mehr, wie die Ministerpräsidenten vor ihm, von der Gnade des Staatspräsidenten abhängig; sondern er hatte umgekehrt diesen in der Hand.
Zugleich hatte Putin noch in seiner Funktion als Staatspräsident ihm ergebene Gouverneure ernannt; und er hatte dafür gesorgt, daß die Provinzparlamente von seiner Partei dominiert wurden. Diese müssen die Gouverneure bestätigen; Medwedew konnte also keinen von ihnen gegen den Willen Putins auswechseln. Damit war ihm eines der wichtigsten Machtinstrumente in der Innenpolitik genommen.
Im Ergebnis waren Medwedew, trotz der dem Staatspräsidenten von der Verfassung zugedachten starken Stellung, faktisch die Hände gebunden. Selbst wenn er Putin untreu hätte werden wollen, hätte er scheitern müssen. Putin hatte in den fast vier Jahren seiner Zeit als Ministerpräsident stets eine ähnliche Machtfülle wie die Generalsekretäre der KPdSU, die ja auch protokollarisch hinter dem Staatspräsidenten rangierten.
Den "Machtkampf", von dem auch heute wieder beispielsweise "Spiegel-Online" schreibt, hat es nie gegeben. Die Macht lag auch in den vergangenen vier Jahren in den Händen von Putin. Er, und nur er, entschied, ob er im März nächsten Jahres in das Amt des Staatspräsidenten zurückkehren wird, oder ob er es vorzieht, weiter im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Die Gesichtspunkte, die ihn dabei bestimmt haben dürften, habe ich kürzlich im Anschluß an Stratfor geschildert: Welches Amt wird Wladimir Putin für sich wählen?; ZR vom 22. 9. 2011).
Für die Wahl im kommenden März hat Putin bereits 2008 die Vorbereitungen treffen lassen, indem er die Amtszeit des Präsidenten von vier auf sechs Jahre verlängern ließ. Da eine einmalige Wiederwahl erlaubt ist, hat er also im Jahr 2012 noch einmal zwölf Amtsjahre als Präsident vor sich; zusätzlich zu den schon absolvierten acht Jahren als Staatspräsident und den jetzigen vier Jahren mit dem Interim als Ministerpräsident.
Putin würde dann mit 71 Jahren abtreten, nach einer Regierungszeit von fast einem Vierteljahrhundert. Ab März 2012 mit einer Machtfülle, wie sie seit Stalin niemand mehr im Kreml hatte: Nicht nur mit den Rechten des Staatspräsidenten ausgestattet, sondern als Chef der Staatspartei "Einiges Rußland", welche die Duma beherrscht, zugleich der unangefochtene Führer der Legislative.
Und damit nicht genug: Inzwischen hat Putin auch noch eine Massenorganisation namens "Volksfront" gründen lassen, die nach faschistischem und kommunistischem Vorbild alle Lebensbereiche durchdringen soll; siehe "Nach einem Jahrzehnt der Aggression konsolidiert sich Rußland jetzt unter einer Volksfront"; ZR vom 9. 7. 2011. Ihr Führer, wie anders: Wladimir Putin.
Wladmir Putin war acht Jahre lang Staatspräsident; danach konnte er laut Verfassung bekanntlich nicht wiedergewählt werden. Daß dies das Ende seiner Macht bedeuten würde, konnte man füglich bezweifeln. Leser von ZR haben über solche Zweifel schon im Februar 2007 erfahren, und dann immer einmal wieder. Wie Putin es machen würde, weiter an der Macht zu bleiben, das war ja eine spannende Frage über das ganze Jahr 2007 hinweg.
Er hat damals, vor vier Jahren, den eigentlich riskanten Weg gewählt, formal ins Amt des Ministerpräsidenten zu wechseln. Riskant, weil der Staatspräsident von der Verfassung mit so umfassenden Rechten ausgestattet ist, daß eine dort hingesetzte Marionette leicht auf den Gedanken hätte kommen können, die Schnüre zu kappen und es mit Selbstbewegung zu versuchen.
Wie Putin dieses Problem gelöst hat, zeigt, was für ein berechnender, langfristig planender Machtpolitiker er ist. Nicht nur hat er mit dem getreuen Medwedew einen gefunden, der sich kaum gegen ihn erheben würde. Aber wer weiß, wer weiß. Machtmenschen vertrauen selten darauf, daß ein anderer sich an die ihm zugedachte Rolle hält.
Also hat Putin mit einem genialen Schachzug, ohne ein einzige Jota an der Verfassung zu ändern, damals, vor vier Jahren, das Amt des Ministerpräsidenten in der Machtbalance so aufgewertet, daß ihm der Staatspräsident nicht gefährlich werden konnte; daß Putin auch nach dem Wechsel ins Amt des Ministerpräsidenten selbst die Fäden in der Hand behalten würde.
Diesen Schachzug habe ich im Mai 2008 beschrieben, gestützt auf eine Analyse von Vincent Jauvert vom Nouvel Observateur:
Zuvor waren die Ministerpräsidenten vom Staatspräsidenten berufen worden und von ihm abhängig gewesen; so, wie es die französischn Verfassung vorsieht, der die russische in vielen Punkten nachgebildet ist. Putin selbst hat noch kurz vor Ende seiner Amtszeit den Ministerpräsidenen abrupt ausgewechselt; in eigener Machtvollkommenheit.
Putin aber kandidierte nun bei den Duma-Wahlen 2007 ausdrücklich für das Amt des Ministerpräsidenten und erreichte (mit welchen Mitteln auch immer), daß seine Partei "Einiges Rußland", die ihm vollständig ergeben ist, 70 Prozent der Sitze in der Duma erreichte; auch die anderen Parteien sind überwiegend von ihm abhängig, teils sogar in seinem Auftrag gegründet worden.
Dadurch wurde er in Personalunion Ministerpräsident und der unangefochtene Chef der Duma. Mit seiner dortigen Zweidrittel-Mehrheit konnte er jedes Gesetz durchbringen und - wichtiger - jede Verordnung des Staatspräsidenten blockieren. Er war nicht mehr, wie die Ministerpräsidenten vor ihm, von der Gnade des Staatspräsidenten abhängig; sondern er hatte umgekehrt diesen in der Hand.
Zugleich hatte Putin noch in seiner Funktion als Staatspräsident ihm ergebene Gouverneure ernannt; und er hatte dafür gesorgt, daß die Provinzparlamente von seiner Partei dominiert wurden. Diese müssen die Gouverneure bestätigen; Medwedew konnte also keinen von ihnen gegen den Willen Putins auswechseln. Damit war ihm eines der wichtigsten Machtinstrumente in der Innenpolitik genommen.
Im Ergebnis waren Medwedew, trotz der dem Staatspräsidenten von der Verfassung zugedachten starken Stellung, faktisch die Hände gebunden. Selbst wenn er Putin untreu hätte werden wollen, hätte er scheitern müssen. Putin hatte in den fast vier Jahren seiner Zeit als Ministerpräsident stets eine ähnliche Machtfülle wie die Generalsekretäre der KPdSU, die ja auch protokollarisch hinter dem Staatspräsidenten rangierten.
Den "Machtkampf", von dem auch heute wieder beispielsweise "Spiegel-Online" schreibt, hat es nie gegeben. Die Macht lag auch in den vergangenen vier Jahren in den Händen von Putin. Er, und nur er, entschied, ob er im März nächsten Jahres in das Amt des Staatspräsidenten zurückkehren wird, oder ob er es vorzieht, weiter im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Die Gesichtspunkte, die ihn dabei bestimmt haben dürften, habe ich kürzlich im Anschluß an Stratfor geschildert: Welches Amt wird Wladimir Putin für sich wählen?; ZR vom 22. 9. 2011).
Für die Wahl im kommenden März hat Putin bereits 2008 die Vorbereitungen treffen lassen, indem er die Amtszeit des Präsidenten von vier auf sechs Jahre verlängern ließ. Da eine einmalige Wiederwahl erlaubt ist, hat er also im Jahr 2012 noch einmal zwölf Amtsjahre als Präsident vor sich; zusätzlich zu den schon absolvierten acht Jahren als Staatspräsident und den jetzigen vier Jahren mit dem Interim als Ministerpräsident.
Putin würde dann mit 71 Jahren abtreten, nach einer Regierungszeit von fast einem Vierteljahrhundert. Ab März 2012 mit einer Machtfülle, wie sie seit Stalin niemand mehr im Kreml hatte: Nicht nur mit den Rechten des Staatspräsidenten ausgestattet, sondern als Chef der Staatspartei "Einiges Rußland", welche die Duma beherrscht, zugleich der unangefochtene Führer der Legislative.
Und damit nicht genug: Inzwischen hat Putin auch noch eine Massenorganisation namens "Volksfront" gründen lassen, die nach faschistischem und kommunistischem Vorbild alle Lebensbereiche durchdringen soll; siehe "Nach einem Jahrzehnt der Aggression konsolidiert sich Rußland jetzt unter einer Volksfront"; ZR vom 9. 7. 2011. Ihr Führer, wie anders: Wladimir Putin.
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