22. September 2011

Marginalie: Welches Amt wird Wladimir Putin für sich wählen?

Bis zur Wahl eines neuen amerikanischen Präsidenten ist es noch mehr als ein Jahr. Aber schon in weniger als einem halben Jahr wird der Präsident Rußlands gewählt; am 4. März 2012. Unsere Medien scheint das wenig zu interessieren.

In gewisser Weise zu Recht. Denn daß Wladimir Putin der Herrscher aller Reußen ist und bleiben wird, liegt auf der Hand. Dieser Berufs-Geheimdienstler hat in einer brillanten Aktion dafür gesorgt, daß auch sein von der Verfassung verlangter Wechsel in das Amt des Ministerpräsidenten seine Macht nicht schmälerte (siehe So hat er's gemacht. Wie Wladimir Putin das Amt des Staatspräsidenten aufgeben und doch die Macht behalten konnte; ZR vom 7. 5. 2008).

Das war vor vier Jahren. Inzwischen beherrscht Putin Rußland wie ein Diktator. Die Frage ist aber nun allerdings, ob er es vorzieht, weiter als Ministerpräsident im Hintergrund zu bleiben und Medwedew auf der Bühne agieren zu lassen, oder ob er selbst wieder Staatspräsident werden wird.

Das ist eine ausschließlich taktische Entscheidung; und allein Putin wird sie treffen. Stratfor hat jetzt (in einem nur Abonnenten zugänglichen Artikel) die Gesichtspunkte analysiert, die Putin dabei leiten werden:

Vom 23. bis 24. September findet der Parteitag der Russischen Staatspartei statt; der diktatorisch regierenden Einheitspartei. Ihr Führer ist Putin. Er wird am zweiten Tag des Parteitags, also am Samstag, eine Grundsatzrede halten. Stratfor analysiert (gestützt auf Quellen im Kreml) die Entscheidungslage folgendermaßen:

Der Geheimdienstler Putin schätzt es, hinter den Kulissen alle Fäden in der Hand zu halten. Er ist nicht erpicht auf das Rampenlicht.

Das spricht dafür, daß er auch weiter Medwedew im Amt des Staatspräsidenten beläßt. Aber es gibt eine Überlegung, die Putin dennoch dazu bringen könnte, wieder selbst in dieses Amt zu wechseln: Die internationale Reaktion.

Medwedew wird als schwach wahrgenommen; Rußland hat aus der Sicht Putins nicht das Image, das es verdient. Medwedew hat in den vergangenen Monaten viel unternommen, um als hart zu erscheinen. Aber für Putin könnte das zu wenig sein. Dann würde er entscheiden, selbst wieder sichtbar die Macht Rußlands zu verkörpern.
Zettel



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