18. September 2011

Ein Staatsbesuch, eine Apostolische Reise. Abdullah Gül und Papst Benedikt XVI in Deutschland. Eine Handreichung zur Würdigung der beiden Besuche












Heute kommt der türkische Staatspräsident Abdullah Gül nach Deutschland. Morgen wird ihn Bundespräsident Wulff in Schloß Bellevue begrüßen; "mit allen militärischen Ehren". Am Abend wird er in der Humboldt-Universität zu dem Thema "Türkisch-deutsche Beziehungen - vom Deutschen Bund zur Europäischen Union" sprechen. Gül bleibt bis Mittwoch.

Einen Tag später, am Donnerstag um 10.30 Uhr, trifft Papst Benedikt XVI. in Berlin ein. Er bleibt bis Sonntag, besucht nach Berlin noch Erfurt und Freiburg und wird zahlreiche Gespräche und Begegnungen haben; unter anderem am Freitag mit Vertretern des Islam.

Beide Besuche sind nicht unumstritten. Zu der Rede Güls in Berlin wurden beispielsweise Proteste von Linksextremisten angekündigt. Wenn der Papst am Donnerstag vor dem Bundestag spricht, dann werden rund hundert Abgeordnete sich den Affront leisten, während der Rede vor die Tür zu gehen.

Eine weitere Gemeinsamkeit ist es, daß beide Besucher sich zwar an alle Menschen in Deutschland wenden werden; aber doch in besonderem Maß an jeweils eine spezielle Gruppe, der sie durch ihr Amt verbunden sind: Der Papst an die Katholiken; der Präsident an die in Deutschland lebenden Türken, die mit Abstand größte in Deutschland lebende Gemeinschaft von Moslems. Beide Besuche haben damit auch eine religiöse Dimension.

Das sind Parallelen, die es nahelegen, die beiden Besuche zu vergleichen - in Bezug auf das Echo in der Bevölkerung; in Bezug auf die Berichterstattung und die Kommentierung in den Medien.

Hierzu einige Handreichungen: Worauf solle man in der kommenden Woche achten?
  • Wie werden die beiden Besucher als Personen dargestellt? Wie weit ist die Darstellung sachlich, wie weit kommentierend? Falls kommentiert wird - wie verteilen sich dann positive und negative Stellungnahmen?

  • Wie werden die Reden Güls am Montag und des Papsts am Donnerstag kommentiert? Wie wird über die Proteste gegen sie berichtet (mit Verständnis für die Protestierenden oder mit Verurteilung des Protests)?

  • Falls die Besucher sich kritisch zu den Verhältnissen in Deutschland oder zur Politik der Bundesregierung äußern sollten - wie wird das kommentiert?

  • Wie wird zum Katholizismus, wie zum Islam Stellung genommen? Kommen Kritiker des Islam und des Katholizismus im TV zu Wort? Wenn ja, wie verhalten sich die Interviewer oder Moderatoren ihnen gegenüber?

  • Wie respektvoll gehen die Medien mit den beiden Personen und mit den beiden Religionen um? Gibt es Herabwürdigungen Güls oder des Papstes; etwa in Form respektloser Formulierungen, von Karikaturen, Satiren und dergleichen?

  • In welchem Umfang wird anläßlich der beiden Besuche für Verständnis und Toleranz gegenüber dem Islam und gegenüber dem Katholizismus geworben?
  • Ich werde das zu verfolgen versuchen. Ihre Beobachtungen dazu würden mich interessieren; vielleicht liefern sie das Material zu einem weiteren Artikel. Sie können sie entweder in dem zu diesem Artikel gehörenden Thread in Zettels kleinem Zimmer posten oder, falls Sie dort nicht angemeldet sind, an mich mailen (die Adresse finden Sie, wenn Sie oben rechts auf meinen Namen klicken).
    Zettel



    © Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Abbildungen von der Agência Brasil (Papst Benedikt) und vom World Economic Forum (Staatspräsident Gül) unter Creative Commons-Lizenzen freigegeben.